Protokoll der Sitzung vom 16.03.2016

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist selten, dass zwei Grüne nacheinander reden, aber ich möchte an dieser Stelle das Zitat meiner Kollegin Maike Schaefer aufnehmen, Herr Kollege Rohmeyer.

Frau Dr. Schaefer hat das Gesetz zitiert. Der ursprüngliche Absatz drei ist lediglich um das Wort „Flüchtlinge“ erweitert worden. Der Begriff „Migranten“ stand bereits im gesetz. Kein Mensch hat sich beschwert! Das Radio-Bremen-Gesetz ist das letzte Mal im Jahr 2014 novelliert worden. Niemand hat sich beschwert!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Es muss doch die Frage gestattet sein, warum man sich jetzt bei dem Wort „Flüchtlinge“ beschwert. Zum einen Teil kann ich die Bedenken verstehen, weil auch ich mit dem einen und anderen telefoniert habe. Der Fairness halber gehört es aber auch dazu zu sagen, dass die Verwendung des Wortes „Flüchtlinge“ mit der Terminologie der UN-Flüchtlingskonvention und diverser europäischer Bestimmungen konform geht. Es ist ein feststehender Begriff.

Migranten sind verpflichtet, Rundfunkgebühren zu zahlen. Flüchtlinge, die aus einem Zelt in eine Wohnung ziehen, sind ebenfalls verpflichtet, Rundfunkgebühren zu zahlen. Sie erhalten eine Mitteilung, dass sie Rundfunkgebühren zu entrichten haben.

Die Ergänzung des Gesetzes trägt in der Tatsache der gesamten Integration Rechnung, auch der der Flüchtlinge. Wir begeben uns auf die Ebene und sagen, das dass eine Tatsache ist, die im Moment real vorhanden ist. Die Unterstellung, wir versuchten, über das Wort „Flüchtlinge“ die Pressefreiheit einzuschränken, ist total irre. Einige haben das die ganze Woche über propagiert.

Herr Özdal, Sie lachen darüber! Es ist irre – Sie kommen nicht darum herum –, uns zu unterstellen, wir wollten bei den Programminhalten von Radio Bremen intervenieren. Kein Mensch hat sich etwas Böses dabei gedacht, die Formulierung des dritten

Absatzes um das Wort „Flüchtlinge“ zu ergänzen. Wenn Sie handfeste Beweise dafür haben, dass der gewählte Begriff schädlich sein kann, dann sollten Sie sie hier vortragen.

Ich kann auf die anderen Punkte kaum noch eingehen, da die gesamte Debatte in der Tat inhaltlich eine ganz andere Richtung genommen hat. Es ist zu zahlreichen Verbesserungen gekommen. Unter dem Strich kann das Gesetz jederzeit den gesellschaftlichen Realitäten entsprechend verbessert und novelliert werden. Meine Vorrednerin, Frau Antje Grotheer, hatte die LAG der Freien Wohlfahrtspflege und andere Initiativen erwähnt, die auch gern einen Sitz im Rundfunkrat gehabt hätten. Am Ende des Tages ist die Zusammensetzung des Rundfunkrats immer eine politische Entscheidung, aber auch ein Abbild der gesellschaftlichen Realitäten.

Wir als Grüne und die SPD vertreten die Auffassung, dass im Rundfunkrat ein Abbild der Gesellschaft vorhanden sein muss, insofern sind weitere Beratungen notwendig, um an der Stelle das eine oder das andere zu novellieren. Gesetze leben durch die Novellierung. Sie sind nicht in Stein gemeißelt. Es ist nicht immer einfach, ein Gesetz auf einen bestimmten Weg zu bringen und es so zu verabschieden, dass das gesamte Haus einem Gesetz zustimmen kann. Manchmal gelingt es, aber bei diesem Gesetz gelingt es heute nicht. – Danke schön!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Schäfer.

(Abg. Dr. Güldner [Bündnis 90/Die Grünen]: Ob er jetzt daran denkt, dass er nicht mehr in der AfD ist?)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir hatten uns eingangs über das Thema Fraktionsstärke unterhalten. Einmal ganz abgesehen davon, dass die AfD in der Tat in Fraktionsstärke in den Landtag eingezogen wäre, wenn in Bremerhaven richtig ausgezählt worden wäre –

(Abg. Frau Grotheer [SPD]: Was noch zu beweisen wäre!)

das Ganze befindet sich, glaube ich, im Moment im Revisionsverfahren vor Gericht, im Moment wird die Unabhängigkeit des Richters angezweifelt, weil er Mitglied der SPD in Bremen ist –, zeigt dieses Gerangel doch, dass es um eines geht, nämlich um den politischen Einfluss auf unsere Medien. Wenn ich den Namen Humanistische Union höre, helfen Sie mir doch bitte auf die Sprünge: Ist das die gleiche Humanistische Union, die Strafverteidiger stellt, wenn es um Mauerschützenprozesse geht, und die die Verbrechen der DDR systematisch verharmlost?

Das spielt aber auch keine Rolle, denn im Grunde genommen sind wir als Politiker gewählt worden, um die Interessen unserer Wähler – die AfD würde sagen, die Interessen des Volkes – zu vertreten, nicht um unsere Interessen den Wählern – die AfD würde sagen, dem Volk – zu oktroyieren. Medien müssen selbstverständlich unabhängig sein. Medien, die heute öffentlich-rechtliche Medien sind, wie Phoenix beispielsweise – ein Qualitätsmedium –, hätten durchaus das Potenzial, auf dem freien Markt erfolgreich zu sein.

(Abg. Dr. Güldner [Bündnis 90/Die Grünen]: Mit 1,6 Prozent?)

Die öffentliche Finanzierung und die politische Einflussnahme der Medien und des Fernsehens als Tool für Propaganda, lehen wir ab. Wir lehnen nicht nur die Zwangsabgabe für diese Propaganda ab, sondern wir lehnen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Sprachrohr der fünf Fraktionen generell ab. Insofern fordern wir die Abwicklung und ersatzlose Schließung von Radio Bremen.

(Beifall ALFA – Unruhe SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Strunge.

(Abg. Tschöpe [SPD]: Ja, ist denn noch Karneval? Machen wir eine Prunksitzung daraus! Mit Nar- renkappen!)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ja, was soll ich dazu sagen? Ich glaube, das lohnt sich nicht!

(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Ich hatte mich zu Wort gemeldet, weil ich noch einmal auf drei Punkte kurz eingehen wollte. Erstens: Frau Grotheer, Sie haben gesagt, wir würden es falsch verstehen, wenn es darum geht, ob die Besetzung des Verwaltungsrats geschlechterparitätisch erfolgt oder nicht. Wenn wir uns alle einig sind, dann ist es ja gut, aber trotzdem muss man sich auf den Gesetzestext beziehen. Im Paragrafen 14 Absatz 1 steht: „Von den vom Rundfunkrat gewählten Mitgliedern, von denen die Hälfte Frauen und die Hälfte Männer sein sollen,

(Abg Frau Grotheer [SPD]: Steht in Ihrem Vorschlag auch!)

muss ein Mitglied…“, es folgt dann die Aufzählung, die Sie sich als Qualifikation überlegt haben. Das zeigt für mir, dass es dort eine Hierarchisierung gibt. Es ist also wichtig, dass die angeblichen Qualifikationen vorhanden sind, es ist aber weniger wichtig, ob der

Verwaltungsrat paritätisch besetzt ist. Das ist der Unterschied zwischen muss und soll, und nur das haben wir angesprochen.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn es dann de facto so ist, dass es zu einer paritätischen Besetzung kommt – das ist bei neun Verwaltungsratmitgliedern sowieso schwierig –, dann bin ich ja zufrieden. Trotzdem möchte ich sagen, dass es einen Unterschied zwischen einer Muss- und einer Sollvorschrift gibt. Das wollte ich klarstellen. Der zweite Punkt ist – und das haben wir bereits im WMDI gesagt, und wir sagen es hier gern auch noch einmal –, dass wir es natürlich sehr gut finden, dass die Koalition darauf eingegangen ist, dass der Landesteilhabebeirat über einen festen Sitz im Rundfunkrat verfügt. Wir sagen aber, man muss die Sitzverteilung nicht gegen den Sozialverband Deutschland ausspielen. Man kann einfach beiden einen Sitz zugestehen. Das würde für uns eine weitere Stärkung der Rechte der Menschen mit Behinderungen bedeuten. Wir sehen es nicht ein, dass man sich gegeneinander ausspielen muss.

(Beifall DIE LINKE)

Ich möchte einen dritten Punkt ergänzen, damit zu diesem Bereich auch ein Statement der LINKEN vorhanden ist: Wir hatten bereits ausgeführt, dass das Verfahren im Endeffekt sehr schnell durchgeführt worden ist. Im Ausschuss wurde bereits angesprochen, dass es vielleicht sinnvoll wäre, wenn die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege einen Sitz erhalten würde. Nach meinem Kenntnisstand sind in Bremen sechs Wohlfahrtsverbände vertreten. Wir würden es ehr gut finden, wenn wir darüber reden und schauen würden, wie wir dies ermöglichen könnten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall DIE LINKE)

So, ich glaube, als nächster Redner hat das Wort Her Bürgermeister Dr. Sieling.

Herr Präsident, verehrte Abgeordnete, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem heutigen Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens werden Sie hier das wohl wichtigste medienpolitische Vorhaben in dieser Legislaturperiode beschließen und in Gesetzesform gießen. Ich möchte mich an dieser Stelle sehr für die Beratungen bedanken, die im Ausschuss stattgefunden haben.

Ich weiß, dass wir vor dem Hintergrund des komplizierten und durchaus komplexen Urteils des Bundesverfassungsgerichts, aber auch der Herausforderungen, die sich natürlich dadurch ergeben, dass für das ZDF und andere Anstalten Gesetze entworfen werden und wir schauen müssen, dass wir die Grundlagen

in einer Vergleichbarkeit darstellen, durchaus ein wenig in eiliger Sorgfalt gearbeitet haben. Diese Eile hat aber nicht ausgereicht, um auch Sie zu bitten, in dieser eiligen Sorgfalt zu arbeiten und dieses Gesetz so zu behandeln, wie es behandelt werden musste. Ich bin Ihnen sehr dankbar dafür, weil wir den Zeitdruck haben, dass wir den Rundfunkrat sehr schnell neu zusammensetzen müssen und wollen. Die Frist läuft, und deshalb war das erforderlich. Ich will Ihnen hier auch sehr deutlich sagen, dass das gewählte Verfahren nicht die Regel sein und nicht die Regel werden soll. In Zukunft wird es mehr Zeit für solche Beratungen geben.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Ich will den Punkt Radio Bremen selbst aufnehmen, weil wir uns dessen hier noch einmal selbst versichern sollten. Ich finde, wir können in Bremen stolz darauf sein, dass wir als kleinstes Bundesland eine eigenständige ARD-Rundfunkanstalt haben!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Eine eigenständige ARD-Rundfunkanstalt, die durchaus auch mit hochwertigem Journalismus im Fernsehen, im Hörfunk und auch über das Internet mit den neuen Medien Unterhaltung produziert sowie viel zum kulturellen Leben in unserem Bundesland beiträgt! Deshalb, Herr Abgeordneter Schäfer, kann ich Ihnen sagen: Eine Abwicklung Radio Bremens wird es mit diesem Senat nicht geben, und ich bin sicher, die Mehrheit des Hauses teilt diese Auffassung!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Ich bitte auch darum, solche Reden wirklich zu unterlassen! Wenn man sich für Bremen einsetzen will und sagt, dass man für dieses Bundesland einsteht und in diesem Landtag Politik machen will, dann bitte ich darum, sich darauf zu konzentrieren, dass wir aus dem, was wir haben, das Beste machen und dafür sorgen, dass auch die neuen Akzente, die neuen gesellschaftlichen Herausforderungen von dieser Rundfunkanstalt, die häufig die innovativste Rundfunkanstalt Deutschlands gewesen ist, die immer noch zu den innovativsten gehört und die wir noch innovativer machen wollen, wahrgenommen werden können.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Das Radio-Bremen-Gesetz wird in der Fassung, in der Sie es hier gleich beschließen werden, daran anknüpfend drei wichtige Neuerungen beinhalten. Die Neuerungen haben Sie hier teilweise kontrovers diskutiert. Ich will aber einmal darauf hinweisen, dass wir damit auch die gesellschaftlichen Veränderungen aufnehmen.

Das Erste ist, dass wir natürlich das Thema Flucht und Vertreibung richtigerweise hier im Zusammenhang mit der Integration aufgegriffen haben. Herr Abgeordneter Rohmeyer, die Bundeskanzlerin sagt, wir stünden vor einem Jahrhundert der Flucht und der Migration. Es ist dann doch richtig, dass wir diese Jahrhundertaufgabe auch als Auftrag in das RadioBremen-Gesetz aufgenommen haben.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Ich freue mich sehr, dass das gemacht worden ist. Ich kann überhaupt nicht ersehen, dass hiermit die Hand an die Rundfunkfreiheit gelegt wird, es ist nämlich dem Umgang, dem Inhalt und dem Meinungsstreit über die richtigen Wege überhaupt kein Ende gesetzt worden, sondern wir setzen einen Rahmen, damit er stattfinden kann. Das ist lebendige Demokratie!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Zur lebendigen Demokratie gehört auch, dass wir den Gruppen Raum und Möglichkeiten geben. Ich bin sehr froh, dass eine alevitische Gemeinde zum ersten Mal in einem deutschen Rundfunkrat vertreten ist.

Ich bedanke mich auch für die Ergänzungen, die hier aus dem Hause gekommen sind. Ich finde es richtig, dass durch die Beteiligung von Lesben und Schwulen sowie der Humanistischen Union abgebildet wird, dass unser Land bunter und vielfältiger geworden ist und dass die Zusammensetzung des Rundfunkrats dokumentiert.