erfasst. Das sind über 1 000 Ermittlungsverfahren mehr als noch im Jahr 2008, und bei der Polizei und der Staatsanwaltschaft sind rechnerisch 60 Personen dauerhaft mit der Bearbeitung von Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz gebunden.
Das sind sowohl bei der Staatsanwaltschaft als auch in den Gerichten, aber vor allen Dingen bei der Polizei personelle Kapazitäten, die wir durchaus sinnvoller woanders einsetzen können!
Letztlich muss man festhalten, der Aufwand, der in der Strafverfolgung von Drogendelikten anfällt, ist massiv. Die Polizei sagt übrigens selbst, dass sie gar kein Interesse daran hat, die Besitzer für den Eigenbedarf zu verfolgen. Die gehen ihnen aber einfach in die Fänge, wenn sie versuchen, im Handel an die Hinterleute zu kommen. Durch unsere landesrechtlichen Regelungen ist es so, dass die geringfügige Menge, die als Eigenbedarf nicht strafrechtlich verfolgt wird, in Bremen bei sechs Gramm liegt.
Andere Bundesländer sind da wesentlich weiter und waren vor allen Dingen schon einmal wesentlich weiter. Da sagt die Polizei selbst: Es ist eigentlich nicht unser Interesse, diese Leute zu fangen. Wir haben einen Auftrag, an die Leute zu kommen, die das gewerbsmäßig auf dem Schwarzmarkt betreiben. Aber was sollen wir denn machen? Sie gehen uns in die Finger, und wir haben diese Anweisung von der Justiz. Dann wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, obwohl unser Fokus gar nicht auf diesen Leuten liegt, die selbst Cannabis konsumieren.
Der massive Aufwand, der in die Strafverfolgung von Drogendelikten gesteckt wird, steht in keinerlei Verhältnis zu dringend notwendigen Angeboten in der sozialpädagogischen Drogenhilfe oder ärztlichen Angeboten, denn die Träger der Drogenhilfe müssen unter der Haushaltsnotlage wie viele andere Organisationen auch bei jeder Haushaltsverhandlung befürchten, dass die öffentlichen Zuschüsse gekürzt werden. Das ist auch in der Vergangenheit der Fall gewesen, bei comeback zum Beispiel, und viele, die in diesem Bereich arbeiten, haben seit Jahren keine Tarifsteigerung mehr erhalten.
Es ist also absolut richtig, andere Wege zu gehen. Es gibt international eine breite drogenpolitische Reformbewegung. Nicht nur in den USA haben diverse Bundesstaaten den Gebrauch von Cannabis entkriminalisiert. Auch in Europa gehen viele Länder andere Wege, der Kollege Buhlert hat das eben gesagt. Das ist ganz interessant: Es gibt Langzeitstudien und auch Erfahrungen aus diesen Ländern, die besagen: In dem Moment, in dem der Gebrauch von Drogen entkriminalisiert wird, steigt der Konsum eben gerade nicht. Die Erfahrungen in Portugal – die noch viel weiter gegangen sind in der Entkriminalisierung von Drogen; wir reden
ja erst einmal nur über Cannabis – waren sogar sehr positiv, weil die Schwerstabhängigkeit zurückgegangen ist
und weil viel weniger Menschen überhaupt einen problematischen, missbräuchlichen Drogengebrauch haben. Ich komme ich zum Schluss! Darüber reden wir, und das habe ich hier vor zwei Jahren auch schon gesagt: Die Prohibition verhindert eine vernünftige Prävention, und Menschen, die ein Suchtproblem haben, haben andere Probleme, die dem zugrunde liegen. Bei einer Illegalisierung können sie aber schlecht Hilfe erwarten und schlecht Hilfe suchen. Genau das wird mit einer Entkriminalisierung einfacher. Daher: toller Antrag! – Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem nun Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, SPD, Freien Demokraten und der Fraktion DIE LINKE einer Politik des Drogeneinstiegs, der Drogenfreigabe regelrechte Liebeserklärungen erteilt haben,
(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Weil es ja richtig ist! – Abg. Zicht [Bündnis 90/Die Grünen]: Von Freigabe spricht niemand!)
entgegne ich für die CDU-Fraktion: Wir stehen für solch eine aus unserer Sicht und aus gesundheitspolitischer Sicht unverantwortliche Drogeneinstiegspolitik nicht zur Verfügung und lehnen Ihren Antrag entschieden ab!
Meine Damen und Herren, zu Ihrem Antrag! Ich habe nichts gegen Diskussionen auf Bundesebene. Ich habe im Januar selbst eine große Anhörung geleitet. Herr Zicht, Sie waren dabei. Ich bin schon für den Diskurs, aber bitte schön: Was für Signale senden Sie eigentlich an die Bürgerinnen und Bürger, an die Wählerinnen und Wähler Bremerhavens und Bremens? Fragen Sie einmal die Menschen in den Stadtteilen, wo konkrete Bedarfe für aktive Politik sind! Wie ist die Erwartungshaltung der Menschen in Bremerhaven, in Bremen-Nord und Bremen-Stadt? Die werden Ihnen alle sagen, wir brauchen KitaPlätze, wir brauchen qualitativ gute Schulen –
Sie wollen das nicht hören! –, wir brauchen Kontaktpolizisten in sozial benachteiligten Gebieten, wir haben einen ganz hohen Bedarf an die Wiedereingliederung von Arbeitslosen, und, und, und. Von den Menschen wird doch kaum einer sagen: Wir haben als oberste Priorität den Wunsch, dass Sie sich um die Drogenliberalisierung kümmern. Das geht an den Wünschen der Menschen vorbei!
(Beifall CDU, ALFA, Abg. Tassis [AfD] – Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist doch absurd!)
Ihre Politik geht an den konkreten, tatsächlichen Bedarfen vorbei, und das hat in Deutschland schon längst die Runde gemacht. Ich möchte nicht, dass Bremen eines Tages mit Amsterdam nach dem Motto „Kiffen und Abtreiben!“ in einem Munde erwähnt wird. Das möchte ich nicht!
(Beifall CDU, ALFA, Abg. Tassis [AfD] – Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Was ist das denn für ein Unsinn?)
Auch aus gesundheitspolitischen Gründen haben wir eine völlig andere Auffassung. Für uns – wir haben uns damit sehr ausführlich beschäftigt – haben Erwägungen des Gesundheitsschutzes oberste Priorität. Dies hat auch bei allen Debatten um Steuermehreinnahmen und Entkriminalisierung höchste Priorität. Für uns hat Gesundheit Priorität, und wir wollen die Prävention stärken. Wenn Sie sich die Drogenaffinitätsstudie anschauen, stellen Sie fest, Rauchen geht bei Jugendlichen zurück, Alkoholkonsum geht zurück. Wissen Sie, warum? Weil jahrelang gute und qualitativ verbesserte Prävention geleistet wurde!
(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Ohne Verbot! – Abg. Zicht [Bündnis 90/Die Grünen]: Eben, da brauchen Sie kein Verbot!)
Cannabiskonsum ist der Hauptgrund für ambulante und stationäre Behandlungen junger Menschen, und darüber reden wir nicht nur bei den kritischen 12- bis 17-Jährigen, sondern auch bei den 18- bis 25-Jährigen. 600 000 junge Menschen brauchen tatsächlich Beratung und konkrete Hilfe. Da sehen Sie, dass wir einen Bedarf bei Prävention, Beratung und Behandlung haben. Dafür Haushaltsgelder zur Verfügung zu stellen, dafür Prävention zu stärken stünde die CDU sehr gerne zur Verfügung. Wenn Sie sich aber den Produktgruppenhaushalt Gesundheit anschauen, stellen Sie fest: Da ist eine
ehrliche Kiste drin, die Drogenhilfe, die Suchtberatung steht sozusagen kurz vor dem Kollaps. Das ist ein Eingeständnis, dass Rot-Grün in den letzten Jahren hierfür zu wenig Geld zur Verfügung gestellt hat. Sie sollten Ihre Hausaufgaben machen und nicht die hängen lassen, die sich konkret um Suchtkrankenhilfe kümmern!
Gesundheitlich, das hat Frau Dehne von der SPD erwähnt, gibt es schwere Schädigungen: körperliche Schäden bei Lunge und Herz, Persönlichkeitsstörungen, das heranwachsende Gehirn wird stark geschädigt. Deswegen ist es so verdammt schwierig, die Grenze zwischen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu ziehen. Allein schon mit der Debatte und Ihrer Ankündigung, da könnte etwas in Richtung Teillegalisierung kommen, verändern Sie das Klima. Dann sorgen Sie nämlich dafür, dass die Risikowahrnehmung des Cannabiskonsums zurückgeht. Wir alle wissen aus der Psychologie, wenn eine Risikowahrnehmung zurückgeht, und das ist der Fall durch Ihre Botschaft „Kiffen ist harmlos“,
Sie haben gleich noch Zeit! Herr Zicht hat erwähnt, heute ist Welt-Cannabis-Tag. Zeitgleich zu unserer Plenarwoche gibt es eine UN-Sondersitzung zum Thema Drogenpolitik. Wenn ich bei der UN bin, dann erinnere ich einmal daran, dass wir eine gültige und von Deutschland mitgetragene UN-Konvention zur Drogenpolitik haben.
180 Staaten – Herr Zicht, das ist einfach die Wahrheit –, Deutschland ist dabei, sagen: Wir verpflichten uns im Umgang mit Cannabis dazu, Cannabis ausschließlich zu medizinischen und wissenschaftlichen Zwecken zu fördern; eine Legalisierung ist schlichtweg nicht vorgesehen.
Dies ist der richtige Weg: Wir wollen bei dem Verbot bleiben, wir wollen die Prävention stärken, wir wollen aber auch, dass die UN-Konvention zur Drogenpolitik geachtet und umgesetzt wird.
Unter dem Strich kann man unsere Haltung wie folgt zusammenfassen: Wir wollen denen helfen, die Cannabis bereits konsumieren, und wir wollen diejenigen aufklären, die vor dem Cannabiskonsum stehen. Wir sagen deshalb, es muss mehr in Prävention, in Frühintervention und auch in Ausstiegsangebote investiert werden. Dafür steht die CDU zur Verfügung, aber nicht für Ihren Teileinstieg, für Ihre Teillegalisierung.
Wir haben große Sorgen, dass Ihr Bremer Modell eher für mehr Cannabiskonsum sorgt, und das wollen wir nicht! – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen! Liebe Kinder und Jugendliche zu Hause an den Geräten! Cannabis ist nicht gut für euch. Cannabis ist weit weniger harmlos, als viele glauben. Es kann das Gehirn dauerhaft verändern, es kann psychische Störungen bis hin zur Schizophrenie auslösen, auch sind Cannabiskonsumenten häufiger in Verkehrsunfälle verwickelt als Leute, die das nicht konsumieren. Außerdem sagt man, Cannabis mache gleichgültig. Vielen von uns wird das egal sein, und ich nehme mich da nicht aus, weil wir in Zeiten, die längst verjährt sind, selbst Cannabis konsumiert haben. Die Tatsache aber, dass wir eine Regel übertreten haben, kann doch nicht bedeuten, dass wir die Regel grundsätzlich abschaffen wollen.
Ganz ehrlich, ich fahre ab und zu zu schnell mit dem Auto. Deswegen komme ich aber nicht auf die Idee, die Geschwindigkeitsbegrenzung abzuschaffen. Ich bin auch schon bei Rot über die Ampel gefahren. Des- wegen komme ich nicht auf die Idee, Signalanlagen grundsätzlich zu verteufeln. Was die Fremdgefährdung angeht, Herr Dr. Hilz: Es ist auch schon vorgekommen, dass ich mich nicht angeschnallt habe. Deswegen komme ich aber nicht auf die Idee, dass die Anschnallpflicht in Autos grundsätzlich abzuschaffen ist.
Tatsache ist, dass Drogen nicht gut für uns sind. Drogen sind von Übel, deswegen sind Drogen verboten, und dabei soll es auch bleiben. – Vielen Dank!
(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Wenigstens war das kurz! – Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Alkohol ist allerdings nicht verboten!)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die aktuelle Drogenpolitik ist auf ganzer Linie gescheitert.