Protokoll der Sitzung vom 20.04.2016

Die Schulen, meine Damen und Herren, da bin ich mir sicher, wollen ihren Beitrag zur Integration leisten, auch zur Inklusion. Aber die Rahmenbedingungen stimmen nicht. Statten Sie die Schulen mit den notwendigen Ressourcen aus, versetzen Sie sie endlich in die Lage, ihre Arbeit zu machen!

(Beifall FDP)

Wir haben das hinlänglich an anderer Stelle debattiert und möchten es jetzt nicht wiederholen. Ihr Antrag, liebe Kollegen der SPD und der Grünen, wäre überflüssig, wenn Sie in der Vergangenheit nicht nur Versprechungen gemacht, sondern gehandelt hätten. Aber vielleicht trägt der Antrag dazu bei, dass in Bremen nicht mehr über das Was, sondern endlich über das Wie gesprochen und ein verbindlicher Maßnahmen- und Ressourcenplan aufgestellt wird. Deshalb werden wir uns Ihrem Antrag nicht verschließen und stimmen zu.

(Beifall FDP)

Wir von der FDP-Fraktion wünschen uns allerdings, dass es sich bei dem Konzept nicht um einen weiteren zahnlosen Papiertiger handelt, der in der Schublade verschwindet. Wir benötigen Maßnahmen, die die Integration von Flüchtlingen in der Praxis und nicht nur auf dem Papier ermöglichen. – Ich danke Ihnen!

(Beifall FDP)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Güngör.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich weiß, man macht sich nicht viele Freunde, wenn man sich um diese Uhrzeit ein zweites Mal zu Wort meldet, aber der eine oder andere Wortbeitrag haben mich zur späten Stunde etwas gereizt. Für die eine Fraktion hängt sich die gesamte Ganztagsfrage an Standorten auf, für die andere hört das politische Leben nach den Haushaltsberatungen auf.

(Zuruf DIE LINKE: Nein, für Sie! Nicht für uns!)

Insofern verstehe ich die Welt nicht mehr. Ich weiß auch nicht, ob es hilfreich ist, Herr Dr. vom Bruch, sich hier permanent als Bedenkenträger zu äußern. Um den Ganztagsausbau geht es in diesem Antrag im Übrigen überhaupt nicht. Man könnte den Eindruck haben, Sie haben den Antrag nicht gelesen, aber das will ich Ihnen nicht unterstellen. Aber wenn Sie, wie seit 2007, seitdem Rot-Grün hier losgelegt

hat, Bedenkenträger sein wollen, will ich kurz in die Historie blicken.

Wir haben von 2007 bis 2011 zwölf Ganztagsschulen auf den Weg gebracht und eingerichtet, sowohl in der Sekundarstufe I als auch in der Grundschule, im Übrigen nicht alle gleich im ersten oder zweiten Jahr der Koalition. Ganztagsschulen entscheiden sich und stellen einen Antrag. Übrigens stellen alle einen anderen Antrag und haben ein eigenes Konzept für den Ganztag. Es gibt kein einheitliches Konzept, jede Ganztagsschule hat ihr eigenes. Das ist wichtig.

Was haben wir nach 2011 gemacht? Da haben Sie hier weiter als Bedenkenträger agiert, wir haben zehn weitere Ganztagsschulen auf den Weg gebracht. Dann gab es einen kleinen, holprigen Stolperstein, aber danach haben wir sechs weitere auf den Weg gebracht. Jetzt hängen Sie sich daran auf, dass wir in den letzten Wochen eine Debatte gehabt haben, nach der wir nur eine Schule für das nächste Schuljahr auf den Weg bringen, weil wir noch keinen Haushalt haben und die Schulen es nicht wollten.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Da haben die Schulen einen ganz anderen Eindruck!)

Aber Sie können sicher sein, Herr Dr. vom Bruch, dass wir nur solche Schulen zu Ganztagsschulen umwandeln, die das wollen. An diesem Kriterium orientieren wir uns.

(Beifall SPD)

Sie können sich sicher sein, dass Sie in nächster Zeit auch das nächste Ganztagspaket erreichen wird, und dann können Sie überlegen, ob Sie zustimmen. Hier permanent so zu tun, als mache Rot-Grün nichts für den Ganztagsausbau an Standorten, ist ehrlich gesagt einfach unredlich.

(Beifall SPD)

Im Übrigen finde ich es nicht in Ordnung, dass Sie den Antrag mit der Standortdebatte oder den Rahmenbedingungen vermengen. In ihm geht es, wie ich vorhin kurz und knapp beschrieben habe, erstens um die unterschiedlichen Lernstände, die wir in nächster Zeit insbesondere auch an Grundschulen zu erwarten haben. Zweitens geht es darum, ein Konzept für die veränderten Bedingungen zu erarbeiten. Wir könnten zum Beispiel fragen, wie es mit muttersprachlichem Angebot beziehungsweise Förderung der Muttersprache unter den veränderten Voraussetzungen aussieht. Wir müssen gemeinsam schauen, wo wir mit der Zuwanderung stehen. Brauchen wir im Ganztag vielleicht mehr Lehrerwochenstunden? Brauchen wir dafür ein anderes Konzept? Nichts anderes fordert der Antrag. Das sind keine Punkte, die wir ausblenden können.

Der Antrag möchte auf Veränderungen reagieren; er eröffnet keine weitere Baustelle. Eine solche wäre es, wenn wir demnächst nicht reagierten. Er ist eine Weiterentwicklung des Ganztagsangebotes, eine Grundsatzdebatte. Ich würde mich freuen, wenn Sie dem folgten. – Vielen Dank!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Dr. Bogedan.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme mir manchmal ein bisschen wie ein Wiederholapparat vor, denn ich werde Ihnen jetzt nochmals einige der Grundzüge erläutern, wie wir die schulische Integration der Kinder der Geflüchteten im Land Bremen bislang gestalten.

Ich habe hier mehrfach erläutert, wir setzen auf ein sogenanntes teilintegratives Konzept, eine teilintegrative Beschulung, das heißt die sprachliche Erstintegration ist mit der Zuweisung an eine Regelschule verbunden. Genau dieses Konzept praktizieren wir in den Grundschulen und der Sekundarstufe I. Das sind letztlich die Schulen, um die es im Antrag geht. Das Modell ist höchst voraussetzungsvoll. Eben wurde gesagt, es gibt Probleme bei der Schaffung von Schulplätzen. Ich will kurz den Faktenstand berichten, denn mehr Mythos als Wahrheit ist im Umlauf.

Die Leistungen, die die Schulen bei der Schaffung der Schulplätze und der Integration der Kinder erbracht haben, kann nicht hoch genug gelobt werden. Nicht nur die Schulen allein haben sich massiv angestrengt, Schulplätze zur Verfügung zu stellen, sondern auch der Verwaltungsaufwand ist in der Behörde mit großer Tatkraft hervorragend umgesetzt worden. Für den berufsbildenden Bereich sind allein in den letzten zwei Wochen 392 neue Schulplätze geschaffen worden. Im Moment stehen auf unserer Warteliste 70 Schülerinnen und Schüler, für die wir hoffen, weitere Plätze schaffen zu können, sobald wir weitere Mittel haben.

Im Grundschulbereich steht im Moment kein einziges Kind auf einer Warteliste. Alle Plätze sind belegt, und für weiter ankommende Schülerinnen und Schüler werden sukzessive Plätze frei. Im Bereich der Sekundarstufe I stehen aktuell noch 65 Kinder und Jugendliche auf einer Warteliste. Ich erinnere daran, dass wir hier im Februar von 660 unbegleiteten minderjährigen Ausländern und über 300 Schülerinnen und Schülern im Bereich von Grundschule und Sekundarstufe I gesprochen haben. Der Großteil der Kinder wurde also in kürzester Zeit mit Schulplätzen versorgt.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Und das mit Erfolg!)

Integration geht aber weit über Sprachförderung und die Teilnahme an normalem Unterricht hinaus. Das genau will der Antrag zum Ausdruck bringen. Durch Begegnung und gemeinsames Erleben mit Gleichaltrigen entsteht echte Integration, denn dann gibt es nicht mehr auf der einen Seite Bremerinnen und Bremer, Bremerhavenerinnen und Bremerhavener und auf der anderen die Flüchtlinge. Dann gibt es nur noch Kinder. Hierfür bietet der Ganztag genau den hilfreichen Raum. Er schafft Begegnung, ermöglicht gemeinsames Erleben. Neben der bildungspolitischen Dimension, für die wir im Ganztag immer stehen, verlängert sich die Lernzeit am Tag, die Zeit in einem deutschsprachigen Umfeld und in – das ist mir besonders wichtig – Normalität für Kinder und Jugendliche, die häufig ewig lange Zeit in Übergangswohnheimen verbringen, wo ein normales Leben nicht möglich ist.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Von der Möglichkeit, sich im Ganztag zu begegnen, gemeinsame Erlebnisse zu teilen, profitieren insbesondere frisch zugewanderte Kinder. Ich bin froh, dass im Moment 57 Prozent aller Flüchtlinge, die wir in Vorkursen haben, an Ganztagsschulen untergebracht sind und von ihm profitieren können.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Acht weitere Ganztagsschulen – auch das will ich betonen – sind bis 2017 geplant. Dafür sind Mittel in den Eckwerten des Haushaltes hinterlegt. Deshalb brauchen wir nicht darüber zu diskutieren, ob sie kommen. Diese acht Schulen werden kommen. Wir werden dann gemeinsam mit der Deputation beraten, an welchen Standorten.

(Zuruf CDU: Wie soll das denn gehen?)

Da wir die dezentrale Beschulung als Ziel haben, können bislang leider nicht alle Schülerinnen und Schüler von einer Ganztagsschule profitieren, aber es soll keine gesonderte Ansprache für geflüchtete Kinder im Nachmittagsbereich des Ganztagsangebots sein. Es ist wichtig, dass wir das Konzept an dieser Stelle nicht missverstehen. Wir wollen Integration, nicht Ausschluss oder Exklusivität. Hier geht es um eine ganz normale Schulentwicklung.

Wenn die Auseinandersetzung mit Heterogenität eine Anforderung an unsere inklusiven Schulen im Lande Bremen sind, stellt sich auch im Nachmittagsbereich die Frage, wie wir mit Heterogenität umgehen können. Da sind pädagogische Konzepte gefordert. Das ist ein ganz normaler Gegenstand normaler Schulentwicklung, für die ich angetreten bin, die im Rahmen der Stabilisierung und Qualitätssteigerung an den Schulen im Land Bremen stattzufinden hat. – Vielen Dank!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Der Antrag wird mit der Maßgabe gestellt, dass der Senat bis zum Ende des zweiten Quartals 2016 ein Konzept vorlegen muss, nicht, wie hier steht, im ersten Quartal.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 19/245 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU, ALFA, Abg. Tassis [AfD])

Stimmenthaltungen?

(DIE LINKE)

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Ich schließe die Sitzung der Bürgerschaft (Landtag).