Protokoll der Sitzung vom 21.09.2016

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Der hat es immer schwer! Schaut euch seine Fraktion an!)

Denn damals haben Bürgerinnen und Bürger den Petitionsausschuss angerufen, um gegen die Geset zesnovelle zur Waffenkontrolle in Bremen eine Petition einzureichen, und Tausende haben unterschrieben. Tausende haben übrigens auch Petitionen gegen die rot-grüne Bildungspolitik in Bremen, gegen die Veränderung des Privatschulgesetzes unterschrieben. So etwas ärgert einen SPD-Fraktionsvorsitzenden. Was kann man machen? Man kann versuchen, entwe der eine bessere Politik zu machen oder die Mitwir kungsmöglichkeiten von Bürgerinnen und Bürgern einzuschränken oder auszuhöhlen.

(Beifall CDU, ALFA)

Zum Glück hat es ja noch gereicht mit der Regierungs mehrheit, und bevor im Sommer 2015irgendetwas anderes in diesem Haus passierte, lag nur wenige Tage nach Unterzeichnung des Koalitionsvertrages ein Antrag der frischen rot-grünen Koalition vor, das Petitionsrecht zu verändern.

(Zuruf SPD: Ist doch auch gut so!)

„Aushöhlen“ habe ich gesagt, „einschränken“ die Kollegin Leonidakis. Es wurde überwiesen, es gab eine Anhörung mit neun Gutachtern. Sieben haben Ihren Entwurf in der Luft zerrissen, „verfassungs widrig“ war das Wort, das immer wieder kam. Zwei Gutachter, beide Mitglied der SPD oder von der SPD benannt, haben gesagt: Das geht so nicht! Das Wort „verfassungswidrig“ haben sie nicht benutzt. Das war also eine ziemliche Klatsche, die Sie dort bekommen haben.

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist doch überhaupt nicht wahr!)

Doch, Frau Dr. Schaefer! Genau darum geht es hier. Es geht darum: Sie versuchen mit allen Mitteln, das, was Sie wollen, nämlich die Mitwirkungsmöglichkeiten von Bürgerinnen und Bürgern einzuschränken und das voranzutreiben.

(Beifall CDU – Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/ Die Grünen]: Nein, stimmt nicht! Das ist überhaupt nicht wahr!)

Für eine Partei, die „Bündnis 90“ und damit eine Bür gerrechtsbewegung im Namen trägt, ist das schlimm, was Sie als Fraktionsvorsitzende gerade dazwischen quaken.

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Wirklich unwahr! Einfach nicht richtig!)

Sie sind ja nicht so oft bei uns im Ausschuss. Zum Glück haben Sie den Kollegen Mustafa Öztürk, der Schlimmeres verhindert hat, der zumindest einiges, was dort auf den Weg gebracht wurde, hat nicht ganz so schlimm werden lassen.

Meine Damen und Herren, Frau Leonidakis hat Ihnen schon einige Punkte zur Arbeit des Unterausschus ses dargestellt und mir damit eine Menge Redezeit erspart. Ich habe ja in diesem Unterausschuss mit gearbeitet. Das wären substanzielle Veränderungen gewesen, und darum werden wir all den Änderungen zustimmen, die im Antrag der LINKEN genannt sind und die Arbeit des Unterausschusses darstellen. Den anderen Punkten werden wir nicht zustimmen, darum werden wir gleich eine getrennte Abstimmung zum Antrag der LINKEN beantragen.

Ich möchte jetzt noch einmal die Frage beleuchten: Worum geht es Ihnen? – Sie möchten Sachen weg delegieren. Sie möchten, dass Bürger den Eindruck haben, sie können sich noch an den Ausschuss wen den, aber – das ist eben schon dargestellt worden –, Widerspruchsverfahren und Petitionsverfahren werden künftig so getrennt, dass ein Petitionsverfahren in dieser Sache gar keinen Sinn mehr macht.

(Abg. Tschöpe [SPD]: So ein Quatsch!)

Das Anliegen des Petitionsausschusses, das Anliegen einer Petition – das Petitionsrecht stammt noch aus der Antike – ist es, sich an den Gesetzgeber zu wenden, damit geholfen wird. Ihnen geht es hier im Ansatz nicht mehr darum, Menschen zu helfen,

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist totaler Quatsch!)

Sie haben das eben mit zwei Worten gesagt, sondern Sie wollen es „effektiv wegarbeiten“. Das ist Ihr Ansatz – das ist ganz eindeutig nicht unser Ansatz.

(Beifall CDU, DIE LINKE)

Das Petitionsrecht steht in Artikel 17 des Grundge setzes – Herr Tschöpe weiß es –, das sind die Grund rechte, meine Damen und Herren. Diese stellen einen besonders qualifizierten, einen besonders wertvollen Bereich der Artikel des Grundgesetzes dar. Ihr Um gang mit diesem besonderen Grundrecht entspricht nicht dem, was das Petitionsrecht für die Menschen eigentlich bedeuten sollte. – Vielen Dank!

(Beifall CDU, DIE LINKE, ALFA)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Buchholz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Den Weg der rot-grünen Gesetzesvor lage hat Herr Rohmeyer in ausführlicher und, wie ich finde, anschaulicher Form beschrieben, insofern kann ich mich relativ kurz fassen.

Wir Freien Demokraten wollen am bewährten Peti tionsrecht festhalten.

(Beifall FDP)

Wir wollen keine Verwässerung der klaren Vorgaben, und wir verweisen, wie auch Herr Tschöpe, auf den Artikel 17 des Grundgesetzes, dass sich jeder schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die Volksvertretung wenden kann. Darin ist nicht die Rede davon, sich an Petitionsausschüsse oder andere Gremien zu wenden.

Diese Geschichte ist auch aus anderen Gründen umstritten. Ihr Gesetzentwurf ist von Staatsrechtlern im Grunde genommen widerlegt. Sie haben gesagt, Bürger haben ein Recht darauf, dass der angerufene Parlamentsausschuss die Eingabe nicht nur entge gennimmt, sondern auch sachlich prüft und dann dem Beschwerdeführer eine Antwort übermittelt.

(Abg. Tschöpe [SPD]: Nicht der Ausschuss! Das Par lament!)

Fazit: Der Gesetzentwurf bedeutet eine weitreichen de Verkürzung des Anspruchs der Bürgerinnen und Bürger auf sachliche Bescheidung durch den Petiti onsausschuss und – Sie haben recht, Herr Tschöpe – in letzter Konsequenz durch das Parlament, also uns.

(Abg. Tschöpe [SPD]: Nein, immer das Parlament!)

Ja! – Sie haben ausgeführt, dass Parallelverfahren vermieden werden sollen. Sie haben dafür, wenn ich richtig zugehört habe, aber keine Beispiele genannt. Fachleute der Bürgerschaftskanzlei haben auch eine Bewertung Ihrer Gesetzesvorlage abgegeben und gemeint, dass die vorgeschlagene Gesetzesänderung dem Grundgesetz zuwiderlaufe.

(Abg. Tschöpe [SPD]: Oha! Das stimmt doch gar nicht!)

Das ist so gewesen.

(Abg. Frau Aulepp [SPD]: Die aktuelle nicht!)

Das mag sein.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Da hätte die Berichterstat terin ja mal berichten können!)

Um es zusammenzufassen: Wir Freien Demokraten werden Ihrem Antrag nicht zustimmen. – Wir werden auch dem Antrag der LINKEN nicht zustimmen. Ich nenne nur drei Beispiele: Wir werden keiner Strei chung der Verpflichtung zu würdiger Sprache zustim men. Wir werden nicht zulassen, dass Petitionen auch in Englisch verfasst werden. Wir sind ein deutsches Parlament, und in Deutschland gilt die deutsche Sprache als Amtssprache, jedenfalls bis heute. Schließlich wollen Sie von der Linksfraktion auch eine Debatte über einen Jahresbericht, das bedeu tet im Umkehrschluss, dass erst einmal die Behörde aufgefordert wird, einen Jahresbericht zu erstellen. Dieses Verfahren halten wir für überflüssig. Wenn Sie das Bedürfnis haben, einen Jahresbericht zu diskutieren, dann stellen Sie doch bitte die Fakten zusammen und tun Sie dies. – Wir werden also alle Vorhaben ablehnen.

(Beifall FDP)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Öztürk.

Sehr geehrter Herr Präsident! Eines möchte ich noch einmal entschieden zurückweisen: Der Vorwurf, dieses Gesetz würde Bürgerrechte aushöhlen oder einschränken, ist nicht die Wahrheit.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Lesen Sie sich das Gesetz durch! Hören Sie auf, dieser Politikerverdrossenheit, dieser Politikverdrossenheit, dieser Parteienverdrossenheit Vorschub zu leisten, indem Sie Unwahrheiten aussprechen.

(Abg. Frau Leonidakis [DIE LINKE]: Wer macht das denn? – Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü nen]: Sie, Frau Leonidakis! Unter anderem mit Ihrem Facebook-Eintrag gestern!)

Wenn Sie das Gegenteil beweisen können, dann zie hen Sie doch vor Gericht, wenn Sie so viel Mut haben und der Meinung sind, dass dieses Gesetz, so wie wir es vorgelegt haben, fehlerhaft ist, verfassungswidrig ist. Ein Gesetz, Kollege Rohmeyer, kann man immer kritisieren. Man kann immer anderer Meinung sein, man kann immer den einen oder anderen Gutachter zitieren und sagen: Das ist nicht gut; das ist besser; das hätte man besser machen können. – Am Ende des Tages, wenn man mit einem Gesetz nicht ein verstanden ist, sucht man den Rechtsweg, geht zum Staatsgerichtshof, strebt eine Klage an und lässt das Gericht entscheiden.

(Zuruf Abg. Dr. vom Bruch [CDU])

Im Vorfeld immer angekündigt, in der Debatte nicht gesagt! Das ist das Erste. Das Zweite ist: In dem

Gesetz machen wir aus Petentensicht die Petitionen schneller und effektiver.

(Abg. Frau Leonidakis [DIE LINKE]: Das wird jetzt auch nicht kürzer werden!)

Sie sitzen doch alle beide seit Jahren in den Gremien, zumindest mein Kollege rechts hier im Haus, und Sie wissen doch ganz genau, welche Petitionen wir auf dem Tisch haben, aus welcher Legislaturperiode diese stammen, wie uns oft diese Menschen anschreiben, die Ausschussassistenz anschreiben, weil wir es immer noch nicht geschafft haben, diese Petitionen form- und fachgerecht in einer angemessenen Frist für die Petenten abzuarbeiten. Dass eine Petition ruht, wenn man im Widerspruchsverfahren ist, steht nicht im Widerspruch zu einem Gesetz. Das gehört dazu. Ich bin kein Jurist, Sie sind auch keine Juristin, aber wenn ich keinen Sachverstand habe, dann hole ich mir juristischen Sachverstand und erwähne das korrekt in der Debatte.

Sie treiben dieses Spiel schon die ganze Zeit, und mich nervt es mittlerweile, dass immer, wenn wir über solche grundlegenden Sachen sprechen, in einer Zeit, in der es wirklich um extrem wichtige Sachen geht, der Bevölkerung da draußen das Gefühl vermittelt wird, wir würden lügen, das wäre die Unwahrheit, wir würden Bürgerrechte einschränken. Das ist nicht in Ordnung.

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Das ist doch aus dem Geist geschrieben worden, die Rechte einzuschränken! Erzählen Sie doch nichts!)