Darüber hinaus wollte das Bundesfinanzministerium eine Reihe von Auflagen und Sanktionen durchsetzen, die bei einer Nichteinhaltung von Vereinbarungen gelten sollten, und zwar bis hin zur Nichtzahlung der 400 Millionen Euro. Ich war mir mit meiner saarländi schen Kollegin Frau Kramp-Karrenbauer sehr einig, dass wir einen solchen Weg nicht akzeptieren werden.
Ich kann Ihnen auch sagen, dass wir beide nicht allein gestanden haben, sondern dass die anderen Länder uns weiterhin voll und ganz unterstützt haben, und zwar aus gutem Grund, denn die Forderungen des Bundesfinanzministeriums hätten einen bisher nicht dagewesenen Durchgriff des Bundes auf die Haus haltsautonomie der Länder bedeutet. Ich will das hier noch einmal deutlich sagen, damit wir nicht darüber reden, dass vielleicht ausschließlich der Senat die einen oder anderen Schwierigkeiten gehabt hätte. Dieser Durchgriff des Bundes hätte den Haushalts gesetzgeber getroffen, den Haushaltsgesetzgeber Bremische Bürgerschaft und seine frei gewählten Abgeordneten, deren Hoheit eingeschränkt worden wäre. Diesen Weg konnten und durften wir nicht mitgehen, meine Damen und Herren!
Wir haben aber sehr wohl im Auge gehabt, dass wir die Akzeptanz für das gute Ergebnis sichern müssen. Wir haben deshalb im Laufe der Verhandlungen – und da bitte ich um Nachsicht von allen, die in den vergangenen Tagen eine große Ungeduld hatten – unsere Karten erst zum Schluss endgültig auf den Tisch gelegt. Deshalb haben wir zusammen mit dem Saarland natürlich an einem eigenen Sanierungsweg gearbeitet und dem Bund dann auch Vorschläge unterbreitet, die am Ende akzeptiert worden sind.
Darauf komme ich gleich noch zu sprechen, ich möchte aber an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, mich bei all denen zu bedanken, den vielen Mitarbeite rinnen und Mitarbeitern aus dem Finanzressort, aus der Senatskanzlei und vielen anderen Bereichen, die engagierte Vorarbeit und Unterstützung für die Verhandlungen geleistet haben, und zwar bis spät in die Nacht hinein. Sie haben einen guten Job gemacht, vielen Dank dafür!
Diese Arbeit hat auch dazu geführt, dass wir – und das ist für Bremen von großer Bedeutung, darum will ich das hier auch erwähnen – weitere Eckpunkte vereinbart und festgelegt haben: Die Hafenlasten sind entfristet, und vor allen Dingen, darauf will ich hinweisen, findet nun die immer umstrittene Einwohnerwertung für Stadtstaaten Eingang in die Begründung des Grundgesetzes und ist damit sat telfester als zuvor.
Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfas sungsgerichts haben wir eine Formulierung entwickelt, nach der den Mehrbedarfen von Stadtstaaten und Flächenländern mit besonders geringer Siedlungs dichte durch eine Modifikation der Einwohnerzahlen, wie es dort heißt, damit Rechnung getragen wird. Das ist eine Absicherung, die auch die Selbständig keit unseres Bundeslandes weiter festigt und gegen politische Hasardeure wetterfest macht.
Es gab eine Reihe weiterer Themen, und weil sie auch große Wirkung auf Bremen haben, will ich sie hier ansprechen und Ihnen kurz zur Kenntnis geben! Sie wissen, dass es im Weiteren darum ging, unterschied liche Thematiken in den Zuständigkeiten zwischen dem Bund und den Ländern neu und wirksamer zu regeln. Wir haben das aus Bremer Sicht seitens des Senats in den meisten Punkten sehr unterstützt, unter anderen darin, dass die Zukunftsaufgaben der Digitalisierung zukünftig dahin gehend geöffnet und standardisiert werden, dass es einen neuen Online zugang zu Verwaltungsdienstleistungen und Verwal tungsleistungen von Bund und Ländern geben wird. Es soll diesbezüglich ein Portalverbund eingerichtet werden, der eine einheitliche Grundlage bietet. Ich glaube, das unterstützt die Anstrengungen, die wir und die Finanzsenatorin in ihrem Hause und durch ihr Haus unternehmen und die in allen Ressorts an gestrebt werden. Wir brauchen einen moderneren öffentlichen Dienst, und dies war ein wichtiger Schritt in diese Richtung.
Ein weiterer Punkt ist die viel diskutierte Verkehrs infrastrukturgesellschaft. Dazu hat es jetzt auch eine Verständigung gegeben. Ein Eckpunkt dazu ist, dass die Privatisierung öffentlicher Infrastruktur nicht stattfindet. Das beinhaltet die im Grundgesetz dazu verankerte Einigung. Des Weiteren ist jetzt durch Grundgesetzformulierungen eine Förderung der kommunalen Bildungsinfrastruktur durch den Bund gesichert. Das ist für uns ein wichtiges Thema. Damit ist ein wenig auch das Kooperationsverbot gelockert worden, sodass der Bund zukünftig finanzschwache Kommunen unterstützen kann. Dafür werden ins
gesamt 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, von denen Bremerhaven und Bremen auch Vorteile haben werden.
Ich sage ganz offen, die drei Stadtstaaten hatten sich einen anderen Verteilerschlüssel gewünscht, aber gleichwohl werden Bremen und Bremerhaven aus diesem neuen Bundestopf 40 Millionen Euro bekom men, und zwar schon deutlich vor dem Jahr 2020. Es sind 40 Millionen Euro, die uns schon in den nächsten Jahren helfen, unsere notwendigen Aufgaben sehr konkret bewältigen zu können.
Des Weiteren wurde für den Bereich der Steuerver waltung vereinbart, Regelungskompetenzen ins besondere im Bereich des Informationsaustausches beziehungsweise der Informationstechnik zu schaffen.
Keine Einigung ist zu dem auch in Bremen intensiv diskutierten Thema des Unterhaltsvorschusses erzielt worden, weil es hier noch offene Fragen gibt. Der Regelungsbedarf ist aber von allen anerkannt worden, und es bleibt das Ziel, dass der Unterhaltsvorschuss auch für ältere Trennungskinder gewährt werden soll.
Die Bundesregierung sah sich im Augenblick noch nicht in der Lage, einen tragfähigen Vorschlag im Hinblick auf die Kostenverteilung und ein damit durchaus nicht zu unterschätzendes Belastungsrisi ko für die Länder zu machen. Deshalb wird dieses Thema weiter beraten, und es ist eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden. Es besteht von allen Seiten ein großes Interesse daran, hier sehr schnell zu Ergeb nissen zu kommen.
So weit vielleicht meine Ausführungen zu den an deren Rahmenpunkten, die aber Ihre Möglichkeiten, Ihre Politik, unsere Handlungschancen und Gestal tungsmöglichkeiten in Bremen durchaus beeinflussen werden.
Der zentrale Punkt sind in der Tat die 400 Millionen Euro, und darauf will ich noch einmal zurückkom men! Dieser Weg ist jetzt unterlegt und präzisiert, und der Unterschied zu der Grundvereinbarung vom 14. Oktober 2016 ist, dass die drei Ziele, die Schuldenbremse einzuhalten, die Wirtschafts- und Finanzkraft zu stärken und Schulden abzubauen, präzisiert worden sind. In dem Sinne ist quasi mit den drei Elementen für die 400 Millionen Euro ein konzeptioneller Rahmen geschaffen worden, wie sie sich aufteilen, nämlich nicht generell nach der Höhe, sondern in unterschiedlichen Proportionen.
Darauf will ich jetzt noch einmal im Einzelnen ein gehen, weil ich nach den unterschiedlichen Debat ten, Kommentaren und Missverständnissen, die ich wahrnehme, der Auffassung bin, dass wir als Senat gemeinsam für unsere Arbeitsgrundlage diesbezüglich
Wir haben uns, das habe ich gesagt, vor dem Hinter grund der Debatte und der Notwendigkeit, auch für die weiteren – auch parlamentarischen – Beratungen, die Akzeptanz für das gute Ergebnis für Bremen und des Saarlands zu stärken – –. Sie haben in den Me dien verfolgt, dass wir in einem besonderen Fokus stehen, weil wir einen überdurchschnittlichen Wert erzielen. Ich habe Ihnen die überdurchschnittlich hohe Zahl pro Einwohner bereits in meiner letzten Regierungserklärung genannt.
Wir haben deshalb vorgeschlagen, von den 400 Mil lionen Euro 50 Millionen Euro an ein Band zu hän gen – dieses Bild möchte ich einmal nehmen – und zu sagen, dass wir in der Lage und bereit sind, ab 2020 50 Millionen Euro als Sockeltilgung einzuset zen. Diese Aussage hätte ich am 14. Oktober nicht getroffen und nicht treffen können. Das hat natürlich damit etwas zu tun, dass die Finanzsenatorin und ich – und vor allen Dingen unsere beiden Häuser – uns die Karten gelegt und geschaut haben, welche Möglichkeiten wir haben. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass dies aus jetziger Sicht im Rahmen der Haushaltseckzahlen für uns leistbar sein wird und damit verantwortbar ist. Das ist der Grund, warum wir diesen Schritt gegangen und auf den Bund und alle anderen zugegangen sind, die uns kritisch sehen.
Wir haben darüber hinaus quasi ein Gummiband eingeführt, indem wir gesagt haben, dass wir uns für fünf Jahre jeweils sehr elastisch verpflichten wollen, weitere 150 Millionen Euro in die Tilgung zu geben: Selbst wenn die Rechnung so einfach ist, 150 geteilt durch fünf ergibt 30, und wenn man dann glaubt, dass jedes Jahr 30 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden müssten, dann ist es gerade nicht so, wir hätten ja sonst gleich von 80 Millionen Euro ausgehen kön nen. Nein, wir haben hier deshalb eine Veränderung vorgenommen, weil wir die Elastizität brauchen und weil wir Ihnen als Haushaltsgesetzgeber natürlich auch die Möglichkeit einräumen wollen, in einem schwierigen Jahr sagen zu können, wir bleiben bei den 50 Millionen Euro und die Mittel, die wir dann zur Erreichung der 150 Millionen Euro nicht bereit stellen können, stellen wir in einem anderen Jahr dieser Fünf-Jahres-Periode zur Verfügung. Deshalb bitte ich, sehr genau unser Vorgehen zu beachten.
Ein entscheidender Punkt, den wir bis spät in die Nacht diskutiert haben und über den wir uns auch am Ende erst kurz vor Mitternacht in kleiner Runde verständigen konnten, ist die Antwort auf die Frage stellung, was passiert, wenn wir die Tilgungsschritte nicht schaffen oder nicht wahrnehmen, wenn es zu einer politisch gewollten Entscheidung kommt, dass wir das in einem Landesparlament nicht wollen.
Wir haben dem Bundesfinanzministerium eingeräumt, dass es, wenn wir die Verpflichtung nicht erfüllen, diese Verpflichtung in dem Jahr auch nicht erfüllt.
Bundesfinanzminister Schäuble hat es im Schluss gespräch auf den Punkt gebracht und gesagt, dass dieses Geld dann auf ein Konto bei der Bundesbank gelegt wird. Damit wollte und will er auch deutlich machen, dass das Geld nicht vom Bund einbehalten wird – was viele glauben –, sondern dass es zurück gelegt und dass es in keiner Weise zu einer Kürzung des Volumens kommen wird.
Das ist auch ein ganz wichtiger Punkt, der in eine ganz andere Richtung geht, als es das Bundesfi nanzministerium ursprünglich wollte. Wir werden deshalb auch nicht unter der Regie des Stabilitätsrats in besonderer Weise stehen, sondern wir werden dem Bundesfinanzministerium über unsere Aktivitäten und das, was Sie in den jeweiligen Haushalten beschlie ßen, natürlich Bericht erstatten und den Rahmen so, glaube ich, sehr ordentlich fassen. Ich denke, das ist ein ausgesprochen vertretbarer und vernünftiger Weg, den wir dort gehen.
Der zweite eigentlich entscheidende Punkt – sozu sagen das Herz – der Vereinbarung ist, dass Bremen und dass das Saarland damit in die Lage versetzt werden, die Schuldenbremse sowie das Neuver schuldungsverbot einzuhalten, und zwar auch im Jahr 2020. Die Vereinbarung hat unterschiedliche Elemente. Erstens: Wir bekommen dieses Geld, diesen Belastungsausgleich, diese Sanierungshilfe, damit wir wirklich keine Kredite mehr aufnehmen müssen, denn das dürfen wir nicht.
Zweitens: Die Zinslast ist als besondere Last unse rer hohen Verschuldung anerkannt worden. Das bedeutet auch, dass wir damit eine Sicherung für Zinsänderungsrisiken bekommen haben. Zurzeit ge nießt insbesondere die Finanzsenatorin die niedrigen Zinssätze; das kann sich aber ändern, wie wir wissen.
Schauen wir uns nur die Veränderungen in der USamerikanischen Politik an. An der Stelle ist deshalb eine Möglichkeit notwendig, damit umzugehen. Sie ist uns ausdrücklich eingeräumt worden.
Drittens: Die Sicherung gleichwertiger Lebensbe dingungen in unserem Land ist in der Vereinbarung festgehalten worden. Dazu ist ein grundgesetzliches Postulat vorhanden. Wir alle hier in diesem Hause wissen, dass Studien belegen, dass der Zwei-StädteStadt Bremen bei ganz vielen Indikatoren deutlich unterhalb des Bundesdurchschnitts liegt. Die Wirt schaftsprüfungsgesellschaft PwC, die, glaube ich, nicht im Verdacht steht, die staatlichen Organe oder die Politik zu stützen, hat das trotz der Tatsache, dass Bremen aus zwei Städten besteht, vor Kurzem noch einmal sehr deutlich gemacht.
Meine Damen und Herren, man will auch mit diesen 400 Millionen Euro dazu beitragen, dass diese Ab koppelung gestoppt wird, meine Damen und Herren. Deshalb ist dies das zweite wesentliche Element. Ich möchte es noch einmal sagen: Die Abkoppelung stoppen und die gleichwertigen Lebensbedingungen herstellen, heißt auch, dass wir bei allen Aufgaben des Landes und der Kommunen darauf achten werden, dass dies gewährleistet ist.
Ein weiteres Element betrifft uns als Freiheitsstaat. Es sind die Möglichkeiten und auch der eindeutige Wunsch, über eine Stärkung unserer Wirtschafts- und Steuerkraft die eigene Kraft zu gewinnen, um eine erhöhte Tilgung in Zukunft und von Jahr zu Jahr leisten zu können. Die Aufgabe besteht natürlich darin, dass wir unsere enorme Schuldenlast verrin gern, damit wir perspektivisch auch die Zinslasten reduzieren können.
Man wäre jedoch mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn man nur mit dem Geld, das wir hier bekommen haben, agiert, nicht in die Zukunft denkt und Vorsor ge trifft, dafür sorgt, dass Wachstum möglich wird, sodass wir unsere Steuereinnahmen stärken können. Das ist nicht nur ganz harte Wirtschaftsinfrastruktur, sondern – und das will ich hier ausdrücklich sagen – es geht darum, dass wir attraktive Wohn- und Ar beitsorte bieten, dass wir für Neubürgerinnen und -bürger attraktiv sind, und das heißt heute, wenn man Einwohner gewinnen will, dass man an vielen Elementen etwas schaffen will.
Wenn man heutzutage die Wirtschaftskraft stärken will, dann muss man sich mit der Situation auf dem Fachkräftemarkt befassen. Man hat also durchaus auch einen Link zu den Aufgaben der Ausbildung, der Bildung, der Wissenschaft und zu vielen ande ren Dingen. Das alles ist ein Feld, auf dem wir uns bewegen können und müssen. Jedenfalls heißt die Grundidee – und das ist die Strategie, die das Saar land und wir gemeinsam verfochten haben und die wir jetzt grundgesetzlich verbrieft bekommen haben –, dass wir ab dem Jahr 2020 mit unterschiedlichen Instrumenten Kraft tanken werden, um eine nachhal tige Reduzierung des Schuldenstandes auf den Weg zu bringen. Meine Damen und Herren, das und eine Stärkung unserer Länder ist das Ziel dieser Politik.
Ich glaube, dieser Weg wird uns Handlungsspielräume schaffen. Er wird uns den Weg zu einer nachhaltigen Steigerung der Wirtschafts- und Finanzkraft sowie der Haushaltssanierung eröffnen. Das sind finanzpo litische Perspektiven, die – und so fühle ich es sehr stark und werde auch so angesprochen – von den Kammern in unserem Lande, von den Gewerkschaften, der Wissenschaft und von vielen anderen unterstützt
werden. Ich bedanke mich auch ausdrücklich bei den Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen, die den Senat tragen, dass sie diesen Weg die ganze Zeit mitgetragen und unterstützt haben. Herzlichen Dank für diese Unterstützung!
Ich darf zum Schluss ansprechen – wir werden das Thema ja gleich debattieren –, dass ich über die Einlassungen der Opposition in diesem Hause etwas überrascht gewesen bin. Lassen Sie es mich bitte in meiner Regierungserklärung ansprechen, weil wir uns hier über den zukünftigen Weg weiter auseinan dersetzen müssen. DIE LINKE ist sich mit ihrer Kritik treu geblieben, das darf ich so sagen. Sie lehnt alles ab, was, wie sie es nennt, dem Primat der Schulden bremse folgt. Ich glaube aber, ich habe das sehr gut dargelegt, und ich kann Sie beruhigen. Das Ergebnis, das ich am Freitagmorgen mit nach Bremen gebracht habe, untergräbt eben nicht die Lebensperspektiven der Menschen, sondern es sichert die Zukunft.
Die CDU hingegen betritt genau den entgegengesetz ten Weg, sie geht in die entgegengesetzte Richtung, und ich darf es so sagen: Sie redet einem Tilgungs dogma das Wort und kommt zu der fulminanten Forderung, dass wir eigentlich alles in die Tilgung stecken sollten, und zwar die gesamten 400 Millionen Euro. Diese Forderung toppt fast den Vorschlag des Bundesfinanzministers, den wir gemeinsam zurück gedrängt haben.