Protokoll der Sitzung vom 15.12.2016

Zu einer Kurzintervention erhält das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zu der Rede von Frau Bernhard, die eher den Charakter einer persönlichen Erklärung hatte, kurz Stellung nehmen, indem ich darauf hinweise, dass wir gerade deswe gen eine ausführliche Veranstaltung als Anhörung durchgeführt haben, bei der jeder Abgeordnete und jede Abgeordnete die Chance hatte, das auch mit denen, die wir angehört haben, ausgiebig zu disku

tieren und sich einzubringen. Einige haben davon Gebrauch gemacht, und ich fand es gut.

Es hat keiner die Erwartung, dass Ermittlungsverfah ren in solchen Fällen, die Frau Bernhard eben ange sprochen hat, im Zweifel geräuschlos über die Bühne gehen, sondern wir haben vielmehr die Erwartung, dass sie so verlaufen, wie bei jedem anderen Bürger und wie bei jeder anderen Bürgerin auch.

(Beifall FDP, SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, LKR)

Ein Letztes! Es war uns ein Anliegen – und das ist auch entsprechend diskutiert worden –, das Immunitätsrecht nicht vollständig aufzuheben, sondern schlichtweg zu sagen, ein demokratischer Staat braucht ein Im munitätsrecht, und in der jetzigen Zeit benötigt man auch so etwas wie eine Blaupause in der eigenen Verfassung, wenn man auf entsprechende Rechte und auf Verletzungen dieser Rechte in anderen Län dern hinweisen will. Deswegen wollen wir weiter ein Immunitätsrecht für Abgeordnete, aber eben ein anderes, und diese Möglichkeiten, die mit dem VGO gegeben sind, eröffnen eben auch dem Parlament Recht, dort weiter tätig werden zu können. – Danke!

(Beifall FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Gemäß Artikel 125 Absatz 3 der Landesverfassung kommt ein Beschluss zur Änderung der Verfassung außer durch Volksentscheid nur zustande, wenn die Bürgerschaft mit der Mehrheit von zwei Dritteln ihrer Mitglieder zustimmt.

Gemäß Paragraf 37 a unserer Geschäftsordnung findet eine namentliche Abstimmung statt.

Wer dem Gesetz zur Änderung der Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen, Drucksache 19/871, in dritter Lesung seine Zustimmung, seine Stimm enthaltung oder sein Nein signalisieren möchte, möge sich dann deutlich mit Ja, Nein, Enthaltung zu Wort melden.

Ich rufe die Namen auf.

(Es folgt der Namensaufruf.)

Ich unterbreche die Sitzung der Bürgerschaft (Land tag) für die Auszählung der Stimmen.

(Unterbrechung der Sitzung 10.25 Uhr)

Präsident Weber eröffnet die Sitzung wieder um 10.28 Uhr.

Die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet.

Meine Damen und Herren, ich gebe Ihnen nun das Abstimmungsergebnis bekannt: Für den Antrag mit der Drucksachen-Nummer 19/871 haben 69 Abge ordnete gestimmt, dagegen sechs Abgeordnete, acht Abgeordnete sind entschuldigt.

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in dritter Lesung mit der erforderlichen Mehrheit von zwei Dritteln ihrer Mitglieder.

Ich lasse jetzt über den Antrag des nicht ständigen Ausschusses nach Artikel 125 der Bremischen Lan desverfassung zur Änderung des Immunitätsrechts mit der Drucksachen-Nummer 19/872 – hier geht es um die Änderung der Anlage 2 zur Geschäftsord nung – abstimmen.

Wer diesem Antrag mit der Drucksachen-Nummer 19/872 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU, Bündnis 90/Die GRÜNEN, FDP, LKR, Abg. Tasis [AfD], Abg. Timke [BIW])

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

(DIE LINKE, Abg. Leidreiter [LKR])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von dem Bericht des nicht ständigen Ausschusses nach Artikel 125 der Bremischen Landesverfassung zur Änderung des Immunitätsrechts, Drucksache 19/872, Kenntnis.

Regierungserklärung des Senats zum Thema „BundLänder-Finanzbeziehungen“

Dazu als Vertreter des Senats Herr Bürgermeister Dr. Sieling.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort Herr Bürgermeister Dr. Sieling.

Herr Präsident, verehrte Abgeordnete, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am vergangenen Donnerstag haben Bund und Länder im Kanzleramt einen weiteren, einen entscheidenden Schritt auf dem Weg zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen gemacht. Damit sind nun lange Verhandlungen mit unterschiedlichen Schritten beendet worden. Wir haben uns mit der Bundesregierung auf wichtige Grundgesetzänderun

gen verständigt. Nach der Rahmenverständigung am 14. Oktober sind das am 8. Dezember die rechtlich notwendigen Schritte gewesen. Das Bundeskabinett hat gestern die entsprechenden formellen Beschlüsse gefasst. Jetzt haben der Deutsche Bundestag und dann auch der Bundesrat das Wort.

Mit der Verabschiedung der Gesetze ist im März des kommenden Jahres im Bundestag zu rechnen, und wenn alles wie geplant verläuft, dannsoll am 31. März der Bundesrat seine Zustimmung geben. Danach können die Regelungen in Kraft treten.

Ich will an dieser Stelle hier sagen, ich glaube, dass damit die Debatten nicht beendet sein werden. Ich denke, gerade hier im Landesparlament ist uns allen klar, ist Ihnen sehr klar, dass natürlich der Deutsche Bundestag der Gesetzgeber ist und dass der Deutsche Bundestag jetzt auch in verschiedene Debatten und Anhörungen eintreten wird. Es ist aber zu erwarten, nachdem die Bundesregierung einstimmig votiert hat, nachdem sich auch die Koalitionsspitzen, mehrere Parteien und Fraktionen mit diesem Ergebnis befasst haben, dass es keine wesentlichen Änderungen des Vereinbarten geben wird. Ich will dies hier nur er wähnen, weil ich immer wieder feststelle, dass die Debatten darüber in der Öffentlichkeit doch sehr aufgenommen werden und große Verunsicherung auslösen.

Ich jedenfalls finde es richtig, dass in unserer Demokra tie natürlich die Parlamente und auch der Bundestag diese Auseinandersetzung aufnehmen und sich damit befassen. Wir wissen natürlich alle, dass es vielen im Deutschen Bundestag ausgesprochen schwerfällt, dem erzielten Ergebnis zuzustimmen. Ich sage immer, je weiter sie von ihren landespolitischen Bindungen entfernt sind, desto schwerer und je stärker das grelle Scheinwerferlicht des Reichstages seine Wirkung ausstrahlt, ist das so, aber nichtsdestoweniger, auf dieses Ergebnis können wir uns verlassen, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Die für Bremen ganz wesentliche Entscheidung ist die Änderung des Artikels 143 d des Grundgesetzes, den es ja jetzt schon gibt, in dem die Konsolidierungshilfen festgeschrieben sind und in dem die jetzige Regelung, die noch bis zum Jahr 2020 gilt, ihre Grundlage hat.

Der Artikel 143 d Absatz 4 wird zukünftig wie folgt neu lauten – und ich darf den Text hier zitieren, weil er für uns sehr wesentlich ist, Zitat –: „Als Hilfe zur zukünftig eigenständigen Einhaltung der Vorgaben des Artikels 109 Absatz 3“ – damit ist die Einhaltung der Schuldenbremse gemeint, sie ist in diesem Ar tikel geregelt – „können den Ländern Bremen und Saarland ab dem 1. Januar 2020 Sanierungshilfen in Höhe von insgesamt jährlich 800 Millionen Euro aus dem Haushalt des Bundes gewährt werden.“ Weiter heißt es: „Die Länder ergreifen hierzu Maßnahmen

zum Abbau der übermäßigen Verschuldung sowie zur Stärkung der Wirtschafts- und Finanzkraft.“

Es wird dann auf ein entsprechendes Ausführungs gesetz verwiesen. Die Eckpunkte des Gesetzes sind ebenfalls bereits verständigt worden. Als Eckpunkte sind zu nennen, dass die Zahlung der Sanierungshil fen an Bremen und an das Saarland von jeweils 400 Millionen Euro im Grundgesetz verankert ist und dass sie für die Gesamtlaufzeit der Neuordnung der BundLänder-Finanzbeziehungen abgesichert, also bis zum Jahr 2030, mit einer sogenannten Kündigungsklausel abgesichert ist. Die Kündigungsklausel enthält eine Nachlauffrist von fünf Jahren, sodass wir das Jahr 2035 erreichen.

Wir haben damit, glaube ich, die dringend notwen digen politischen Handlungsspielräume für die Si cherung unserer Selbstständigkeit und die Sanierung unserer Finanzen gesichert. Ich werde darauf gleich im Einzelnen auch mit den Konsequenzen für Bremen und den Veränderungen und Präzisierungen, die wir am letzten Donnerstag vorgenommen haben, eingehen.

Der guten Ordnung halber will ich hier darauf hin weisen, dass die 400 Millionen Euro das eine sind und dass zum anderen die Neuordnung insgesamt im Grundgesetz in einem anderen Artikel verankert wird. Die Neuordnung, die für uns bedeutet, dass wir im Jahr 2020 87 Millionen Euro, nach neueren Berech nungen schon 89 Millionen Euro, mehr bekommen als jetzt, und dieser Betrag wird aufwachsen. Es sind dann insgesamt knapp 500 Millionen Euro.

Ich will hier noch einmal sagen, weil ich immer den Eindruck habe, dass die Dimension und der Umfang nicht richtig wahrgenommen werden: Sie als Haus haltsgesetzgeber wissen, dass der Haushalt unseres Stadtstaates zurzeit etwa fünf Milliarden Euro um fasst und bis zum Jahr 2020 ohne diese Regelung nur knapp über fünf Milliarden Euro liegen würde. Im Augenblick bedeuten zusätzliche 500 Millionen Euro ein zusätzlichen Spielraum von zehn Prozent. Ich will das hier noch einmal unterstreichen, weil ich so viel irritierende Dinge darüber lese, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Der Weg dorthin war nicht ganz einfach. Das haben Sie nachvollziehen können, weil das Bundesfinanz ministerium im Vorfeld der Beratungen einen Refe rentenentwurf vorgelegt hat, mit dem die erreichten Verhandlungsergebnisse vom 14. Oktober in entschei denden Punkten konterkariert wurden. Der Referen tenentwurf betraf und betrifft im Übrigen nicht nur den Belastungsausgleich für das Saarland und für uns, sondern fast alle Themen, die noch abschließend zu regeln waren. Natürlich ist es deshalb auch vor dem 8. Dezember zu einer heftigen Debatte gekommen.

Im Hinblick auf den Belastungsausgleich sah der vorgelegte Referentenentwurf des Finanzministeri

ums beispielsweise vor, dass Bremen und das Saar land Jahr für Jahr die Notwendigkeit der Zahlungen nachweisen sollten und zwar die Notwendigkeit, die bereits in dem Beschluss von Oktober dieses Jahres anerkannt worden war. Des Weiteren wollte das Bun desfinanzministerium verbindlich eine Tilgungstreppe festlegen. Danach wären die 400 Millionen Euro, um die es ja dabei geht, bereits im Jahr 2023 vollständig in die Tilgung geflossen, beziehungsweise sie hätten in die Tilgung fließen sollen.

Darüber hinaus wollte das Bundesfinanzministerium eine Reihe von Auflagen und Sanktionen durchsetzen, die bei einer Nichteinhaltung von Vereinbarungen gelten sollten, und zwar bis hin zur Nichtzahlung der 400 Millionen Euro. Ich war mir mit meiner saarländi schen Kollegin Frau Kramp-Karrenbauer sehr einig, dass wir einen solchen Weg nicht akzeptieren werden.