Darüber hinaus führt es bei den Kindern dazu, dass sie sich in ihrer häuslichen Umgebung nicht mehr sicher fühlen, was natürlich mit der Traumatisierung einhergeht. Die Täter gehen bei ihren Handlungen strategisch vor und haben häufig große Erfahrung mit der Psyche von Kindern. Es gelingt den Tätern, schnell das Vertrauen der Kinder zu gewinnen, zumal die Kinder glauben, es mit Gleichaltrigen zu tun zu haben, mit dem Ergebnis, den Eltern oder älteren Geschwistern von dem Geheimnis nichts zu berichten beziehungsweise es zu verleugnen. Dabei sind die Täter in der Lage, die Wahrnehmung der Kinder zu manipulieren und sie mehr und mehr in eine Abhängigkeit zu bringen oder sogar zu problematischem Verhalten zu motivieren.
Aus den Antworten des Senats auf unsere Große Anfrage geht hervor, dass von Anfang 2015 bis Ende Oktober 2016 im Land Bremen insgesamt elf Fälle – das hört sich ganz wenig an, aber jeder einzelne Fall ist problematisch – zur Anzeige gebracht worden sind. Die Anzeigen kamen ausnahmslos von den Eltern oder aus dem Umfeld der Kinder. Das bedeutet, dass die Strafverfolgungsbehörden offensichtlich proaktiv gar nicht recherchiert haben.
Das geht auch aus den Antworten des Senats hervor, denn bisher ist von der Polizeien in Bremen und Bremerhaven proaktiv keine Recherche im Cybergrooming durchgeführt worden. Allerdings hat die Polizei Bremerhaven das Problem erkannt, denn dort sind zwischenzeitlich zwei Beamte entsprechend ausgebildet worden und mit entsprechenden Aufgaben betraut worden. In Bremen soll das erst im Rahmen der laufenden Polizeireform umgesetzt werden.
Angesichts der im Rahmen kriminologischer Forschung für möglich gehaltenen und in mehreren Untersuchungen bestätigten Dunkelziffern von bis zu 30 Prozent – aufgrund der Tatsache, dass Kinder das bei Befragungen in Schulen und so weiter deutlich gemacht haben – für Cybergrooming anfällig sind, fordert die CDU-Fraktion den Senat auf, auch in Bremen schnellstmöglich eine spezialisierte Ermittlungsgruppe zur Bekämpfung dieser Straftaten einzurichten.
Dazu gehört auch die in der Antwort des Senats geforderte Gesetzesänderung, wonach der Versuch auch dann unter Strafbarkeit gestellt werden soll, wenn der Täter nicht mit Kindern umgeht und er zwar glaubt, mit Kindern in dem Chatroom umzugehen, sich aber tatsächlich Eltern oder Ermittlungsbeamte dahinter befinden. Dieser Kontakt führt bisher, wenn es sich, wie gesagt, nicht um Kinder, sondern um Eltern handelt, nicht zu einem strafbaren Versuch. Wir als CDU finden – dazu gibt es auch bundesweite Bestrebungen, es umzusetzen –, dass das so nicht funktionieren kann, weil es aus der Sicht des Täters anders zu beurteilen ist.
Natürlich gehört dazu, für die Kinder Aufklärung zu betreiben, Präventionsarbeit im Elternhaus, in Schulen, aber auch in den Medien, um deutlich zu machen, wie gefährlich dieser Umgang im Internet sein kann. Nur auf diesem Weg können wir die Gefahr für unsere Kinder verringern und den Tätern möglichst das Handwerk legen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich fand es erst einmal sehr interessant, als die CDU-Fraktion diese Anfrage eingereicht hat. Ich habe die Antwort des Senats auch durchgelesen. Ich bin leider immer noch nicht so richtig schlau, wie wir in Zukunft mit dem Problem umgehen. Das ergibt sich zum einen natürlich aus dem Tatfeld an sich, zum anderen aber auch dadurch, dass es zwar richtig ist, Herr Hinners, wenn Sie sagen, Sie wollen eine Ermittlungsgruppe, dass wir aber dadurch die Straftaten und die Traumatisierung, die Sie zu Recht genannt haben, nicht verhindern können. Deshalb bin ich ein bisschen ratlos, weil ich nicht nur hinterher eine Ermittlungsgruppe haben, sondern vor allen Dingen präventiv eingreifen möchte.
Wenn man sich das anschaut und wenn man sich auch die Zahlen noch einmal anschaut, stellt man fest, es sind in erster Linie Kinder von Cybergrooming betroffen, vor allen Dingen immer jüngere Kinder. Cybergrooming ist seit 2004 unabhängig von einem möglichen sexuellen Missbrauch strafbar – das finde ich erst einmal richtig – und wird mit einer Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren bestraft.
Der Senat stellt in seiner Antwort richtigerweise fest – das ist mein Problem, Herr Hinners –, dass sich die Sexualstraftäter regelmäßig nicht vom Strafmaß abschrecken lassen. In diesem Deliktfeld gibt es einfach vor der Tatbegehung keine rationalen Abwägung, die die Täter – –.
Herr Hinners, es wäre schön, wenn Sie mir zuhören würden! Ich habe gerade gesagt, der Senat stellt in seiner Antwort zu Recht fest, dass sich Sexualstraftäter regelmäßig nicht von dem Strafmaß abschrecken lassen, weil sie im Vorfeld vor ihrer Tatbegehung keine rationalen Abwägungen vornehmen. Deshalb finde ich auch in diesem Feld die ressortübergreifende Kriminalprävention aussichtsreicher als eine weitere Verschärfung des Strafrechts.
Ich glaube, darauf sollten wir tatsächlich ein Augenmerk legen. Bei beiden Polizeien in Bremen und Bre
merhaven gingen in den letzten Jahren 13 Strafanzeigen wegen Cybergrooming ein. Das klingt erst einmal wenig. Wir gehen aber von einer erheblich höheren Dunkelziffer aus. Die angezeigten Fälle werden von den Kommissariaten für Sexualdelikte mit Unterstützung – das bietet sich an – der jeweiligen IT-Abteilungen.
Was ich sehr problematisch finde, ist, dass nicht nur die Opfer immer jünger werden, sondern auch die Tatverdächtigen immer jünger werden und dass es sich nicht um klassische Pädophile handelt, die wir in anderen Sexualstraftaten zum Nachteil von Jugendlichen und Kindern oft erleben.
Zehn Prozent der Tatverdächtigen sind selbst Kinder, weitere 25 Prozent sind Jugendliche. Das sagte ein Experte der Polizeihochschule Brandenburg jüngst im „Weser-Kurier“. Nach seiner Aussage nimmt auch der Anteil junger Tatverdächtiger weiter zu. Auch das finde ich alarmierend. Das zeigt, dass wir natürlich nicht nur einen hohen Bedarf haben, hinterher, wenn die Tat begangen ist, tatsächlich die Täter zu ermitteln – insofern widerspreche ich Ihrer Forderung gar nicht –, sondern dass wir vor allen Dingen auch einen hohen Bedarf an Aufklärung im Vorfeld haben, insbesondere an den Schulen. Insofern würde ich mir eigentlich eine vertiefte Debatte über das Thema wünschen. Das gibt die Antwort auf die Anfrage leider nicht her. Deswegen meinte ich eingangs, dass ich ein bisschen ratlos bin, weil ich glaube, dass wir nur mit einer Ermittlungsgruppe nicht weiterkommen.
Wie man junge Menschen davor schützen kann, Sexualstraftätern im Internet zum Opfer zu fallen, ist tatsächlich ein sehr, sehr schwieriges Feld, gerade weil sie nicht wissen, mit wem sie da chatten, ob es wirklich eine 13-Jährige ist, als die sie sich ausgibt, oder ob dahinter ein junger Mann oder ein Jugendlicher oder ein älterer Mann steckt, der das Mädchen nur sexuell ansprechen und misshandeln will. Das ist einfach, wie gesagt, alles sehr schwierig. Wir wissen, dass Chatten in allen möglichen sozialen Netzwerken für Jugendliche zum Alltag gehört. Deshalb ist natürlich auch die Gefahr sehr groß, dass Jugendliche sexuellen Straftaten über die Anbahnung im Internet zum Opfer fallen. Wie gesagt, ich wünschte mir, wir würden das Thema weiter behandeln und würden zu einer Lösung kommen. Insofern bin ich über Ihre Anfrage sehr dankbar, Herr Hinners. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Erstens. Cybergrooming im Land Bremen: Internetkriminalität unter Ausnutzung sexu
eller Bedürfnisse von Straftätern gegenüber Kindern ist nicht zu tolerieren. Wir müssen alles dafür tun, dass dem Einhalt geboten wird.
Zweitens. Wir stehen, betrachtet man Cyberkriminalität im Ganzen, in vielen Bereichen noch am Anfang. Hier ist noch eine ganze Menge an Nacharbeit zu leisten. Die Leute, die im Internet gut zu Hause sind, sind den Ermittlungsbehörden weit voraus.
In diesem Fall muss erwähnt werden, dass der Strafrechtsausschuss des Bundestages eine Expertenkommission zu den Themen, die sich mit dieser Thematik befassen, eingesetzt hat – ich will jetzt nicht die ganze Beantwortung hier wiederholen, das ist von den Vorgängen getan worden –, dass er das noch einmal unter seine Fittiche nimmt und ausarbeitet, welche Vorschläge für die Zukunft gemacht werden können. Bestandteil dieser Überlegung ist auch, ob man diesen Straftatbestand nicht nur als Erfolgsdelikt begreift – dass also wirklich ein Kind auf der anderen Seite betroffen ist und auf dieses eingewirkt wurde –, sondern dass man auch den Versuch, ganz gleich, wer auf der anderen Seite an dem Prozess beteiligt ist, als ausreichend betrachten möchte.
Das hat zudem zu der Überlegung geführt, ob wir nicht durch Ermittlungsbeamte quasi versuchen können, dass uns entsprechende Täter auf den Leim gehen, so will ich das einmal sagen, sodass wir auf diese Weise mehr Tätern habhaft werden und dadurch auch diesen Sumpf vielleicht personalmäßig austrocknen können. Das ist eine Überlegung, die man anstellen kann. Da würde ich aber abwarten wollen, was der Ausschuss von Fachleuten dazu ausarbeitet.
Hier in der Kurzdebatte gebe ich zu bedenken, dass es strafrechtlich dogmatisch darauf ankommt, ob es noch eine freie Entscheidung des Betroffenen bleibt. Es gibt auch Rechtsprechungen des Europäischen Menschengerichtshofs, dass, wenn man zu einer solchen Straftat verleitet worden ist, dies auch ein Gesichtspunkt für ein unfaires Verfahren sein kann. Deswegen sollten wir abwarten, was dort kommt.
Aus der weiteren Beantwortung kann man entnehmen, dass es offenbar eine Vielzahl von solchen Verfahren in der Ermittlung bisher nicht gegeben hat. Wie hoch die Dunkelziffer ist, wissen wir nicht. Sie mag hoch sein. Wir begrüßen, dass man ein Kommissariat für Cyberkriminalität einrichten will. Wir sollten ein halbes oder ein Jahr abwarten, um die Frage zu beantworten, ob dieses stärker personell aufgebaut werden muss.
Worauf es aber ankommt, ist, noch mehr das Augenmerk auf die Prävention zulegen. Wir müssen, was die Eltern anbelangt und was die Schulen anbelangt, etwas dafür tun, dass die Kinder, die Heranwachsenden auf diese Gefahrmomente hingewiesen werden und dass sie von sich aus merken, dass hier ein rechts
widriger Angriff auf die Persönlichkeitsrechte, auf die sexuelle Selbstbestimmung der Kinder erfolgt. Darauf muss noch ein Schwergewicht in der Präventionsarbeit gelegt werden.
Ansonsten warten wir einmal ab, was uns der Ausschuss des Rechtsausschusses bietet. Dann wird man sehen, ob man hier weitere gesetzliche Änderungen schaffen muss. – Danke schön!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Besucher! Vielen Dank, Herr Hinners, Sie haben das Ergebnis der Anfrage schon sehr gut vorgestellt. Wir wissen jetzt alle, worum es geht. Deshalb möchte ich jetzt nur ganz kurz noch auf die Antworten eingehen. Ich habe es so verstanden, dass der Senat keinen akuten Bedarf sieht. Das ergibt sich für mich zu der Antwort auf Frage fünf, ob es im Rahmen der Polizeireform 2017 zu diesem Thema – das werden wir gleich noch hören – spezielle Beamte geben soll.
Der Senat hält, so in Frage sechs, die bisherigen gesetzlichen Vorschriften für ausreichend, so habe ich das verstanden.
Ich möchte noch kurz auf zwei, drei Sachen eingehen – es ist gerade auch von Herrn Zenner angesprochen worden, vielen Dank! –, beispielsweise die Prävention. Wichtig ist bei diesem Thema, dass man sich da nicht wegducken kann. Das Internet geht auch nicht weg, sondern das ist fester Lebensinhalt. Wichtig ist, dass Eltern und Kinder zusammen solche Dienste, die man da benutzt, anschauen. Wichtig ist auch, dass Eltern den Kindern erläutern, was solche Dienste machen. Wenn man sich also zum Beispiel bei einer Onlineplattform anmeldet, die kostenlos ist, dann ist sie nicht kostenlos, sondern sie kostet etwas, nämlich die persönlichen Daten und das Verhalten, das man an den Tag legt. Das muss erläutert werden.
Wichtig ist auch, dass sich Eltern und Kinder gemeinsam anschauen, was da gemacht wird. Das bedeutet aber nicht, dass sie daneben sitzen. Gerade Kinder haben ein Recht auf Privatheit, auf Privatsphäre, um sich dort auch eigenständig zu bewegen. Das bedeutet natürlich nicht, dass man das laufen lässt, sondern dass man darüber redet, genauso wie Eltern sich auch die Frage stellen, welchen Umgang die Kinder im analogen Leben haben, mit welchen Freunden sie umgehen. Es ist sinnvoll, dass man das auch in der digitalen Welt macht.
Dann ist es auch wichtig, Sicherheitsregeln wie zum Beispiel Anonymität einzuhalten. Es ist eine der wich
tigsten Regeln überhaupt. Gebe niemals deine echten Daten auf irgendwelchen Plattformen preis! Das ist die wichtigste Regel überhaupt an dieser Stelle. Das beißt sich ein bisschen mit der aktuellen Diskussion, die wir jetzt zum Beispiel über Facebook haben, dass Leute Anonymität eben nicht haben möchten. Sie wissen von den Diskussionen, sich ohne Verschleierung im Internet zu bewegen. Nein, gerade bei Kindern ist es eben wichtig, dass sie das machen, dass es von den Eltern auch aktiv dargestellt wird, dass sie ihre echten Daten nicht irgendwo angeben.
Es ist auch wichtig, dass die Eltern den Kindern wie in der analogen Welt erklären, dass nicht alle Menschen gut sind, sondern dass ein gesundes Misstrauen völlig normal ist und dass es auch sehr gut ist.
Ein weiterer Punkt, den ich persönlich sehr wichtig finde, ist, dass die Eltern ein bisschen Vorbildcharakter haben sollten. Ich finde es eher störend und verstörend, wenn Eltern von ihren Kindern Fotos machen und sie dann zum Beispiel in irgendwelchen sogenannten sozialen Medien teilen.
Das geht los mit dem Babyfoto bei irgendwelchen Festivitäten. Nein, Kinder haben auf solchen Fotos meines Erachtens – aber das ist meine private Meinung – nichts, aber auch gar nichts zu suchen.
Das muss man den Leuten sagen! In der Tat. Das machen viele Menschen nicht. Deswegen ist es auch ganz wichtig, das hat Herr Zenner auch gesagt: Ja, wir müssen gerade auch Eltern aufklären, wie sie mit solchen Sachen umzugehen haben.
Deshalb sage ich: Vielen Dank, für die Antworten! Wir hören gleich noch, welche konkreten Forderungen oder welche konkreten Änderungen sich vielleicht mit der Polizeireform 2017 ergeben. – Vielen Dank!