Protokoll der Sitzung vom 23.08.2017

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum zweiten Mal in diesem Jahr debattieren wir hier im Parlament über den Ausbau der Mittelweser.

(Abg. Frau Böschen [SPD]: Erst zum zweiten Mal?)

Viele wissen vielleicht gar nicht, worum es sich dabei überhaupt dreht. Das ändert sich aber vielleicht im Laufe der Debatte.

Bereits im April wurde ein Antrag, den wir gemeinsam mit der FDP gestellt hatten, vonseiten der Regierungsfraktionen abgelehnt. So weit, so gut! Das ist ja nichts Unübliches in diesem Haus.

In dem seinerzeitigen Antrag forderten wir den Senat auf, sich beim Bund für den Ausbau der Mittelweser nach der ursprünglichen Planfeststellung einzusetzen. Im Raum stand nämlich

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nach dem damals vorliegenden Verkehrswegeplan lediglich die Umsetzung der sogenannten Basisvariante, das heißt ein Ausbau ohne die erforderlichen neuen Uferrückverlegungen an der Weser.

Um am Ball zu bleiben, haben wir noch im April eine Große Anfrage an den Senat gerichtet. Diese Antwort liegt seit dem 6. Juni vor. Sie wirft aber in Teilen mehr Nachfragen auf, als dass sie eindeutige Antworten gibt. Das spielt jedoch keine so große Rolle mehr, denn die Realität hat die Antwort des Senats in vielen Punkten überholt.

Etwas mehr als eine Woche später, am 14. Juni, erklärte das Bundesverkehrsministerium, dass sechs der neun ausstehenden Uferrückverlegungen an der Weser - ich erinnere an den Planfeststellungsbeschluss - jetzt durchgeführt und weitere Engpässe zwischen Nienburg und Minden auf der Mittelweser beseitigt werden. Der Senat war - zumindest hatte es den Anschein - zu diesem Zeitpunkt über die Pläne des Bundes noch nicht informiert.

Der Erfolg hat natürlich viele Väter. Das haben Erfolge meistens an sich. Vielleicht muss ich hinzufügen, dass sich durch die Entscheidung des Bundesverkehrsministeriums die Chance auf einen bedarfsgerechten Ausbau der Mittelweser erheblich verbessert hat, und zwar durch die Rückverlegungen, die jetzt durchgeführt werden.

Wie gesagt, hat der Erfolg viele Väter. Zum einen ist das die Hafenwirtschaft in Bremen selbst. Die dort handelnden Personen haben sich bei den entsprechenden Stellen im Bundesverkehrsministerium immer wieder persönlich eingesetzt. Sie haben dort vorgesprochen und Druck gemacht. Zum anderen sind es der Wirtschaftsverband Weser und seine Mitgliedsbetriebe unter dem Vorsitz von Bürgermeister a. D. Klaus Wedemeier, für dessen unermüdlichen Einsatz ich im Namen der CDUBürgerschaftsfraktion sehr danke.

Der Wirtschaftsverband Weser hat uns in den letzten Jahren bei seinen Forderungen stets an seiner Seite gehabt, was man vom Bremer Senat und den ihn tragenden Koalitionsfraktionen nicht behaupten kann.

(Beifall CDU - Abg. Fecker [Bündnis 90/- Die Grünen]: Ach Gottchen!)

Die Lektüre der Antwort des Senats reicht dafür bei Weitem aus. Die Ablehnung unserer Anträge auf leistungsgerechten Ausbau der Weser im März 2011 und im Februar 2016 durch RotGrün beweist das ebenfalls. Nein, Sie zählen

definitiv nicht zu den Vätern des Erfolgs, auch wenn Bürgermeister Sieling bei der Inbetriebnahme der neuen Weserschleuse den Eindruck erwecken wollte, als ob Sie großen Anteil daran hätten. Herr Sieling, ich freue ich, dass Sie da sind. Am vergangenen Freitag durften wir beide die Schleuseneinweihung miterleben.

Ich durfte der Schleuseneinweihung, wie gesagt, beiwohnen und konnte sehen, wie das erste Großmotorgüterschiff - ein etwas sperriges Wort - die Schleuse in Richtung Bremen verließ. Sieben Jahre dauerte der Bau. Neben der ingenieurmäßigen Meisterleistung ist die Schleuse ein Meilenstein im Hinblick auf das Ziel, das Wasserstraßensystem bundesweit so auszubauen, dass es für den Containertransport wirtschaftlich genutzt werden und letztlich damit auch das Straßennetz entlasten kann.

Diese Vision von einem bundesweiten Wasserstraßennetz, das wirtschaftlich tragfähige Transporte ermöglicht, hat der parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann, in seiner Eröffnungsrede eindrucksvoll geschildert. Es wurde noch einmal sehr deutlich, wie wichtig diese Uferrückverlegungen entlang der Weser sind, um Großmotorgüterschiffen eine wirtschaftliche Fahrt zu ermöglichen. Begegnungsverbote und Einbahnregelungen führen nämlich zu einer deutlichen Verlängerung der Fahrt auf der in diesem Abschnitt sehr kurvenreichen Weser und damit natürlich zu weniger Wirtschaftlichkeit und zu geringeren Anreizen für die Verlader, diese Transportwege zu nutzen.

Über die Finanzierung des Mittelweserausbaus und den Anteil Bremens wird weiter gerungen. Auch das wurde deutlich. Es ist ein Unding, dass der Senat gegenüber dem Bund mittlerweile mit 23 Millionen Euro in Zahlungsverzug ist.

(Beifall CDU)

Noch schwerer wiegt aber, dass es keinen Plan gibt.

(Glocke)

Bin ich schon am Ende meiner Redezeit?

Ja!

Okay, dann komme ich gleich zum Schluss! Wenn Sie in dieser Geschwindigkeit weitermachen, dann dauert es noch mindestens neun Jahre, bis Sie fertig werden. Wenn Sie dieses Zeitverständnis haben, ist das sehr problematisch. Zudem liegt das Angebot des Bundes auf dem Tisch, Bremen von

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seinem Anteil an der Finanzierung des Mittelweserausbaus zu entlasten. Im Gegenzug wären die Kosten für die Unterhaltung der Nebenarme zu übernehmen. Seit drei Jahren ringen Sie um diesen Kompromiss. Ich würde vom Wirtschaftssenator gern hören, wie weit Sie in dieser Diskussion gekommen sind, und wann Sie dieses Angebot anzunehmen gedenken. - Vielen Dank!

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat der Abgeordnete Tsartilidis das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es fällt mir schwer zu glauben, dass wir in diesem Jahr erst zum zweiten Mal über dieses Thema beraten. Ich habe das Gefühl, dass dies öfter der Fall gewesen ist. Wir haben zwar im Plenum erst zweimal darüber beraten, aber wir haben auch im Hafenausschuss darüber gesprochen. Wir haben also mehrmals darüber gesprochen.

Ich habe Folgendes verstanden: Wir haben das Ausbauziel, dass Großmotorgüterschiffe diesen Wasserweg möglichst einfach und gut befahren können. Im Ausschuss haben wir festgestellt, dass das Bundesministerium für Verkehr eine Verkehrssimulation vornahm. Dazu gehörten eine Simulationsfahrt und weitere Untersuchungen. Als Ergebnis wäre es möglich, durch weitere Uferrückverlegungen einen Zeitgewinn zu erreichen, sofern diese Rückverlegungen in größerem Maßstab stattfänden. Es geht zugegebenermaßen nicht um all das, was ursprünglich planfestgestellt worden ist. Dieser Zeitgewinn wäre aber nicht so groß, dass er den Aufwand rechtfertigen würde.

Die nächste Frage betrifft die Schleusenoptimierung. Das Bundesverkehrsministerium sagt uns, dass mit der neuen Schleusenbetriebszentrale und weiteren Schleusenertüchtigungen ein Zeitgewinn hinzubekommen sei. Wir haben außerdem die Zusage erhalten, dass man über weitere Anpassungen nachdenken werde, wenn es zu einer Verkehrsentwicklung in höherem Maße als angenommen käme.

Ich selbst bin der Auffassung, dass weitere Uferrückverlegungen sogar sinnvoll sein können. Trotzdem verstehe ich im Moment den Grund für die von Ihnen angestoßene Diskussion nicht. Wir haben auf der einen Seite Umweltbelange, die die Realisierung der von Ihnen genannten Vorhaben beeinflussen. Wir müssen auf der anderen Seite schauen, welcher Nutzen dem relativ großen Investitionsvolumen gegenübersteht.

Schauen wir uns doch zuerst einmal an, was die jetzige Ertüchtigung und die sonstigen Maßnahmen ergeben. Nehmen wir zudem einmal an, dass es eine positive Entwicklung ist, wenn der Bund einen Großteil der Kosten übernimmt und das Bundesland Bremen an dieser Stelle davon profitiert. Vielleicht können Sie in der zweiten Runde genauer definieren, was aus Ihrer Sicht die Problemstellung ist. Ich habe das Gefühl, wir spielen dieselbe Platte mehrmals.

(Beifall SPD - Abg. Frau Grobien [CDU]: Haben Sie nicht zugehört?)

Ich habe Ihnen zugehört, aber ich habe keinen Punkt entdeckt, der eine neue Debatte rechtfertigen würde. - Vielen Dank!

(Beifall SPD)

Als nächster Redner hat der Abgeordnete Janßen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mir eine ähnliche Frage gestellt: Worin liegt die Neuerung gegenüber der Anfrage der FDP und dem gemeinsamen Antrag? - Wir können die Debatte um die Mittelweser hier mit Sicherheit noch einmal aufgreifen. In jüngster Zeit gab es ja auch Neuerungen.

Im Kern geht es darum, die Weser so weit zu ertüchtigen, dass Großmotorschiffe diesen Wasserweg nutzen können. Das ist ein Ziel, das wir durchaus begrüßen, um der Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene und die Wasserwege weiteren Vorschub zu leisten. Wir wollen nicht, dass alle Güter über die Straßen transportiert werden. In Ihrem grundsätzlichen Bemühen, die Wasserstraßen verstärkt für den Güterverkehr zu nutzen, haben Sie unsere Zustimmung.

Ich habe in dem gesamten Prozess von Anfang an nicht verstanden, worauf Sie eigentlich hinauswollen. Unabhängig davon, ob ich die ausstehenden Uferrückverlegungen richtig finde oder nicht, gibt es die Einschätzung der Linkspartei, der Grünen und des BUND, ob sie notwendig sind. Der Knackpunkt ist doch, das Bundesverkehrsministerium hat festgestellt, dass diese Uferrückverlegungen nur zu ein paar Minuten Fahrzeitverringerung führen würden. Das heißt, die Schiffe kämen nur unwesentlich schneller die Weser hinunter. Es käme zu einer Verbesserung, aber eben nur um wenige Minuten. Man hat es durch erfolgreiche Lobbypolitik geschafft, diese paar Minuten noch einmal herauszuarbeiten. Sie hätten diese Diskussion aber die ganze Zeit mit Ihrem Ministerium führen können. An

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dieser Stelle hat sich doch überhaupt nichts geändert.

(Beifall DIE LINKE - Abg. Frau Grobien [CDU]: Das haben wir auch!)

Das haben Sie? Jetzt wissen wir, dass es ein paar Minuten schneller geht.

Relevant ist zum Beispiel die neue Weserschleuse Minden. Ich stimme Ihnen zu, das ist eine relevante Verbesserung. Bei der Taktung der Schleusenzeiten gibt es noch Optimierungsmöglichkeiten. Es ist richtig, darin weiter zu investieren. Weitere Uferrückverlegungen halte ich an dieser Stelle nicht für nötig. Insoweit folge ich ausnahmsweise dem Bundesverkehrsminister.

(Abg. Prof. Dr. Hilz [FDP]: Dem können Sie fol- gen?)

Für wenige Minuten. Er sieht das ja jetzt anders.

Die Anfrage ist in einem Punkt tatsächlich relevant. Es geht nämlich um die Finanzierung. Diese ist auch in der Antwort auf die Große Anfrage offengeblieben. Ein Vorschlag sieht vor, dass die ausstehenden Zahlungen an den Bund vom Bund übernommen werden und stattdessen Bremen in den nächsten Jahren für die Instandhaltung aufkommt.

Ich fühle mich derzeit nicht in der Lage, diesen Vorschlag finanziell einzuschätzen. Ich weiß nicht, was auf Bremen in den nächsten Jahren zukäme, das heißt, welche Verpflichtungen das Land Bremen damit eingehen würde. Ich finde es richtig, nachzuhaken. Der Senat ist uns aber eine Antwort schuldig geblieben. Ich gehe davon aus, dass wir vor Abschluss der Verhandlungen darüber zumindest im Ausschuss informiert werden, sodass wir uns ein Bild vom derzeitigen Beratungsstand machen können.

(Präsident Weber übernimmt wieder den Vor- sitz.)

Ich komme zum Abschluss, ohne dass ich viele Neuerungen eingebracht hätte. Ich glaube, das gilt für alle Rednerinnen und Redner in dieser Debatte. Die relevanten Veränderungen, um die Weser für das Befahren mit Großmotorschiffen zu ertüchtigen, sind bereits umgesetzt. Die anstehenden Veränderungen sind dagegen eher marginal.