Protokoll der Sitzung vom 20.09.2017

Ich möchte einen Punkt, der mir sehr wichtig ist, nennen: Die letzten Jahre, die durch enorme und oft unbeliebte Sparmaßnahmen in Bremen geprägt wurden, haben in der Stadt Spuren hinterlassen. Vieles von dem, was man sich gewünscht hätte oder manchmal auch für notwendig gehalten hat, ließ sich nicht oder nicht in vollem Umfang finanzieren. Darunter fällt auch die personelle Ausstattung der Verwaltung.

Die Finanzsenatorin hat die PEP-Quote angesprochen. Die PEP-Quote wurde in den 90erJahren eingeführt und hat über all die Jahre dazu geführt, dass die Verwaltung in einigen Bereichen ausgelaugt worden ist und zum Teil am Rand der Arbeitsfähigkeit steht. Allen Beschäftigten, die sich tagtäglich engagieren, muss an dieser Stelle deutlich gedankt werden.

In den Deputationssitzungen, in denen ich anwesend war, habe ich gesagt, dass es meiner Meinung nach nicht so weitergehen kann. Daher ist für mich ganz klar: Ab 2020, wenn wieder mehr Geld zur Verfügung steht, muss Schluss mit der PEP-Quote sein. Sie gehört dann definitiv der Vergangenheit an, denn weitere Personaleinsparungen gehen zulasten der Dienstleistungen für die Öffentlichkeit und damit auch zulasten des Bürgerservices und zulasten der übrigen Beschäftigten.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Anders als in der Vergangenheit hat der Senat diesmal nicht am Anfang der Haushaltsberatungen die Eckwerte verringert, sondern diese mehr oder weniger in gleichem Umfang belassen. Das heißt, dass die Mittel für viele Investitionen und Projekte nicht gekürzt wurden. Ich denke, dies war eine gute Strategie, zumal für die Haushaltsberatungen eine kurze Zeit angesetzt wurde, der Zeitplan der Haushaltsberatungen also sehr ambitioniert ist.

Die Koalition hat sich Schwerpunkte gesetzt. Ganz klar liegt für uns Grünen einer der Schwerpunkte im Bereich Kinder und Bildung. Der Etat für diesen Bereich wird von 2017 auf 2018 um über 100 Millionen Euro auf insgesamt 930,5 Millionen Euro erhöht. 2019 stehen dann 949 Millionen Euro zur Verfügung.

Meine Damen und Herren, es ist absolut richtig, in diesem Bereich zu investieren, denn die Investition in unsere Kinder ist eine Investition in unsere Zukunft. Wir wissen, dass eine gute Bildung und Ausbildung der Schlüssel gegen

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Armut sind. Bildung beginnt schon im frühesten Alter. Frühkindliche Bildung wie das Erlernen von Sprache, von geistigen und motorischen Fähigkeiten und von sozialer Kompetenz kann nicht früh genug gefördert werden. Daher ist es richtig, in den Ausbau von Krippen zu investieren - für Kita-Bauten sind 20,9 Millionen im Jahr 2018 und 24,3 Millionen Euro im Jahr 2019 eingeplant - und dafür zu sorgen, dass möglichst alle Kinder im Kindergartenalter mit Kindergartenplätzen versorgt sind.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Ich bin überzeugt, dass nur dann Chancengleichheit für alle Kinder sowohl beim Schuleintritt als auch später im Leben besteht.

Mit dem Bau von Kitas und dem Ausbau von Ganztagsschulen ist es aber nicht getan, denn wir müssen die Gebäude auch mit Leben füllen. Daher steht angesichts stark steigender Schülerzahlen Geld für mehr Personal an Bremens Schulen zur Verfügung. Dies ist ein Plus von 384 Stellen.

Ich weiß, dass das wahrscheinlich einigen im Haus nicht ausreicht. Es ist aber nicht nur ein bremisches, sondern ein bundesweites Problem, dass im Kita-, aber auch im Schulbereich ein enormer Fachkräftemangel besteht. Das ist in fast jeder Kommune so. Insofern wären wir froh, wenn alle Stellen, die nun zusätzlich geschaffen und im Haushalt verankert werden, am Ende auch besetzt würden.

Für Schulbauten stehen 28,5 Millionen Euro im Jahr 2018 und 39,1 Millionen Euro im Jahr 2019 zur Verfügung. Für das Gebäudesanierungsprogramm, das hauptsächlich für die Schulsanierung herangezogen wird, sind es noch einmal 26 Millionen Euro jährlich.

Eine Anmerkung sei mir gestattet. Ich finde, die Ausstattung im Kinder- und Bildungsbereich darf nicht allein von der Finanzkraft und dem Geldbeutel eines Bundeslandes abhängen.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Aus diesem Grund sind wir Grünen für die Abschaffung des Kooperationsverbotes. Der Bund hat eine Verantwortung für die Ausbildung unserer Kinder. Für uns bedeutet dies, dass sich der Bund viel mehr an der Finanzierung im Bildungsbereich beteiligen muss, als bisher.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Das sagen Sie einmal in Hessen und in Baden-Württemberg!)

Wissen Sie was, Herr vom Bruch? Chancengerechtigkeit in der Bildung und die Integration aller Kinder - geflüchtet oder nicht - gelingen eben nur, wenn der Bund den Ländern finanziell hilft.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD - Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Das ist Ihr Versagen, Ihre Verantwortung! Die können Sie nicht an alle anderen delegieren!)

Herr vom Bruch, ich sage Ihnen auch: Das Kooperationsverbot war von Anfang an eine grandiose Fehlentscheidung der Großen Koalition. Im Jahr 2006 ist unter CDU-Regierung im Zuge der Föderalismusreform im Grundsatz verankert worden, die Kooperation zwischen Bund und Ländern genau da gesetzlich zu verbieten, wo es die Jüngsten betrifft. Das halte ich für eine groteske Auslegung der Länderhoheit im Bereich Bildungspolitik. In Anbetracht der immer größer werdenden Herausforderungen, vor denen die Schulen stehen - zum Beispiel Inklusion, Ausbau von Ganztagsschulen, digitale Bildung und Sprachförderung -, muss der Bund endlich wieder mehr Verantwortung übernehmen.

Ich möchte gleich etwas anschließen, was schon in früheren Debatten erwähnt wurde: Der Bund muss auch eine größere Verantwortung bei der Unterbringung und Integration von Flüchtlingen übernehmen. Wir finden es richtig - das sage ich ganz ausdrücklich -, dass Menschen, die in Not geraten, weil in ihrem Land Terror, willkürliche Verfolgung oder Krieg herrschen, bei uns Schutz finden.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Gerade die deutsche Vergangenheit und Geschichte sollten uns gelehrt haben, dass Leben gerettet werden können, wenn ein reiches und sicheres Land diesen Menschen Asyl gewährt. Es ist aber zu einfach, wenn die Bundesregierung - in dem Fall Frau Merkel - die Aufgaben und vor allen Dingen die Finanzierung am Ende den Ländern und Kommunen überlässt.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Mein Gott, ist das armselig! Sprechen wir eigentlich über Frau Merkel oder über den Haushalt?)

Ich erwarte, dass sich der Bund viel mehr als bisher an der Integration beteiligt und sich hier nicht aus der Verantwortung stiehlt.

Ein weiterer Schwerpunkt, den sich die Regierung in Bremen gesetzt hat, ist der Bereich der sicheren und der sauberen Stadt. Wir leben in einer Zeit, in der wir leider immer wieder europa- und weltweit mit schrecklichen Terroran

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schlägen konfrontiert sind. Ob es London, Paris, Berlin, Brüssel oder Barcelona ist - die Unsicherheit besteht einfach. Auch wenn es den einen oder anderen überrascht, stehen wir Grünen dazu, dass wir mehr und besser ausgerüstete Polizisten brauchen, um den Terrorismus zu bekämpfen.

Wir wollen allerdings keinen Überwachungsstaat, in dem an jeder Ecke eine Videokamera hängt, von der man weiß, dass sie keine Straftaten oder Anschläge verhindert. Wir glauben, dass Kameras an einigen herausragenden Orten zur Aufklärung beitragen können. Wir sind aber eine Partei, die für Freiheit steht und für die Freiheit ein hohes Gut ist, und wir wollen weiterhin in einem Land leben, in dem diese Freiheit gewährleistet ist.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Wir leben alle frei im Sportamt!)

Wissen Sie was, Herr vom Bruch? Ich habe Ihrem Redner sehr geduldig zugehört,

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Bei Ihnen fällt das nur sehr schwer! - Abg. Röwekamp [CDU]: Das war ja auch schlüssig und nachvollzieh- bar!)

vielleicht schaffen Sie das auch. Mir ist das bei Ihrem Redner auch schwergefallen. Vielleicht hören Sie einfach zu und respektieren, dass es hier Leute gibt, die eine andere Meinung haben und vielleicht auch andere Schwerpunkte setzen als Sie. Das unterscheidet uns nämlich am Ende des Tages.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD - Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Gott sei Dank!)

Wir wollen eine Politik der inneren Sicherheit, die die Bürgerrechte wahrt. Wir wollen eine gut ausgestattete und ausgebildete Polizei und Sicherheitsbehörden, bei denen die Achtung der Menschenrechte, die Verhältnismäßigkeit des Handelns und demokratische Kontrolle selbstverständlich sind. Wir brauchen eine starke Polizei.

Im letzten Haushalt haben wir Grünen die personelle Aufstockung der Polizei mitgetragen. Jetzt wird die Ausrüstung der Polizistinnen und Polizistinnen verbessert. Für die bessere Ausrüstung werden500 000 Euro pro Jahr in Bremen und 150 000 Euro in Bremerhaven bereitgestellt, und der Verfassungsschutz erhält auch zusätzliche 16 Stellen. Gerade nach dem Fall Amri bedarf es bundes- und europaweit einer verbesserten Kommunikation und eines verbesserten Informationsaustausches zwischen den Behörden. Wenn jeder nur für sich

muckelt, kommt man in der Terrorbekämpfung nicht effektiv weiter.

Das erste Paket mit insgesamt 36 Projekten wird die Sicherheit erhöhen und die Sauberkeit in der Stadt verbessern. Für beides zusammen stehen je 15 Millionen Euro im Jahr 2018 und im Jahr 2019 zur Verfügung. 120 Stellen sollen in diesem Bereich neu geschaffen werden.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Gerade die Sauberkeit in der Stadt liegt vielen Bürgerinnen und Bürger am Herzen. Dazu zählen die Beseitigung von illegalem Müll und die Reinigung von Grünanlagen und Badeseen. Zusätzliche Papierkörbe wurden ebenso immer wieder angefordert. 500 werden nun neu im Stadtgebiet aufgestellt. Die Pflege von Grünstreifen entlang der Straßen ist ebenfalls zu nennen. Mehr Sauberkeit in der Stadt kommt der Stadtbevölkerung zugute. Wir sind ein Tourismusstandort. Das ist auch besser für das Gesamtstadtbild.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Auf den Bereich der Digitalisierung ist Senatorin Linnert schon eingegangen. Ich will das daher nicht im Detail tun. Wir halten den Schwerpunkt Digitalisierung für richtig, denn er bedeutet effizienteres Arbeiten, schnellere Prozesse und am Ende auch mehr Bürgerfreundlichkeit.

Wir hatten am Freitag Besuch vom GrünenMinister Robert Habeck, der in SchleswigHolstein für die Digitalisierung zuständig ist. Er hat zu Recht und sehr anschaulich dargestellt, dass man es den Menschen heute nicht mehr vermitteln kann, dass man, wenn man Kindergeld mit viel Formalismus beantragt hat, dieses nach einer Pause neu beantragen muss. Man wundert sich, warum der Behörde die Daten nicht vorliegen, und fängt mit dem ganzen Aufwand wieder an, obwohl man denkt, es müsse eine Datei dazu geben. Das macht einen wahnsinnig. Das macht alle wahnsinnig. Deswegen ist die Finanzierung der Digitalisierung der Verwaltung gut angelegtes Geld.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Uns Grünen sind Umwelt, Klimaschutz und Klimaanpassung wichtig. Ich bin froh, dass der Bereich des Generalplans Küstenschutz für die Jahre 2018 und 2019 im Haushalt mit 31,5 Millionen Euro ausfinanziert ist. Die Energiekonsens GmbH wird weiterfinanziert. Sie leistet eine enorm wichtige Arbeit für den Klimaschutz. Viele andere Umweltprojekte - auch zur Umweltbildung - sind mit Geld im Haushalt

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hinterlegt, ob es Flussrenaturierungen, Gewässerschutz- oder Bodenschutzmaßnahmen sind.