Protokoll der Sitzung vom 24.09.2015

(Heiterkeit, Beifall)

Das Wort hat der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident! Ich werde die ersten zwanzig Seiten meines Redebeitrags überspringen. Ich habe kurz drei Dinge zu sagen. Wenn man sich mit Reedereien beschäftigt, kommt man auf ein paar wirklich steuerpolitische Eigenheiten, die ich vorher nicht gekannt habe. Die Reederinnen und Reeder nehmen die Lohnsteuer von Ihren Seeleuten und müssen davon nur 60 Prozent an den Bund abführen. Jetzt sagen sie, das ist noch zu wenig, wir wollen die Lohnsteuer ganz für uns behalten. Das ist Subvention! Dann sagen sie, wir erhalten jetzt pro Person 8 000 Euro bis 15 000 Euro Zuschläge für die Sozialversicherung, und nun wollen wir diese Sozialversicherungsbeiträge auch noch behalten. Sie sagen des Weiteren, wenn wir das machen, dann werden viel mehr Schiffe mit deutscher Flagge fahren, das haben sie schon einmal versprochen. Da hat man Ihnen nämlich gesagt, ihr müsst euren richtigen Gewinn nicht versteuern, sondern die Versteuerung wird nach dem Volumen, das ihr transportieren könnt, errechnet. Das ist ungefähr so, als wenn eine Spedition ihre Einkommensteuer oder ihre Steuer danach bezahlt, wieviel Platz auf ihren Lastwagen vorhanden ist. Das kann ja alles Sinn machen, wenn man am Schluss die Versprechen einhält und sagt, wir haben mehr deutsche Schiffe. Die haben wir aber nicht. Im Moment werden bei deutschen Reedereien ungefähr 3 000 Schiffen betrieben, 350 Schiffe fahren unter deutscher Flagge – 600 sollten es werden, – und sie sind weit davon entfernt, ihr Ziel zu erreichen. Die Tatsache, dass sie nach wie vor damit einverstanden sind, diese Tonnagesteuer, also die Gewinnsteuer nach Tonnage, zu behalten, zeigt, dass die realen Gewinne deutlich höher sind, sonst würden sie von dieser Tonnagesteuer nichts mehr wissen wollen. Für mich kann deswegen diesem Antrag nicht zugestimmt werden, denn erstens fehlt jede Verknüpfung mit den Bedingungen, die sie einhalten sollen. Zweitens schlage ich vor, dass wir sagen, wir gehen wieder zurück auf eine normale Gewinnbesteuerung, schaffen einen Pool, mit dem die Reedereien, die viele Gewinne erzielen, unter Umständen Reedereien, die nicht so viele Gewinne machen, unterstützen können nach dem Modell der GHB, sodass man auf diese Art und Weise die Wettbewerbsfähigkeit und die deutsche Flagge auf See unterstützt und nicht durch zusätzliche Subventionen! – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort Herr Staatsrat Siering.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hätte Ihnen auch gern noch das gesamte Lohnsteuersystem unter den besonderen Implikationen der Seeschifffahrt erläutert. Eingedenk der fortgesetzten Stunde verzichte ich einmal darauf.

Herr Bödeker, wenn es nur um die Frage geht, wie es denn im Bundesrat aussieht, hätte man das Thema auch vielleicht in einer Fragestunde behandeln können und nicht mittels eines solchen Antrags.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bin aber neu hier und ich lerne ja gern noch dazu. Gern will ich versuchen, auch die Frage zu beantworten. Wir haben im Senat sehr ausführlich darüber diskutiert, weil wir nämlich hier zwischen zwei wichtigen Polen stehen. Einerseits sind wir Bestandteil der Küstenländer, wir müssen zu unserem Standort, zu unserer maritimen Wirtschaft stehen, andererseits müssen wir uns hier im Geleitzug bewegen, das ist unzweifelhaft!

(Beifall SPD)

Ob an der Stelle der Lohnsteuereinbehalt das richtige Instrument ist, das vermag ich nicht abschließend zu beurteilen, ich kann aber sagen, es ist das einzig zulässige Instrument, das wir kennen, das für die deutschen Seeleute einschlägig ist, ansonsten befinden wir uns sofort in der europäischen Dimension und müssen das für alle gewährleisten. Vor allen Dingen müssen wir an der Stelle sehen, dass es tatsächlich die einzige Chance bedeutet, das Instrument, das wir haben, hier ausprobieren zu können, was auch in anderen Ländern übrigens angewandt wird. Von daher scheint es das am wenigsten schlechte Instrument zu sein, es ist vor allem das einzige, das wir in dem Bereich rechtmäßig und gut anwenden können.

Ich will noch einmal sehr deutlich machen, dass die Zerrissenheit, oder nein, nicht die Zerrissenheit, sondern der Abwägungsprozess, der im Senat dort erfolgt ist, deswegen so schwierig war, weil, wir ein Haushaltsnotlageland sind und sehr genau darauf achten müssen, wo wir Mittel möglicherweise verlieren. Genau in diesem Disput befinden wir uns ja. Was sollen wir also tun? Sollen wir auf Geld verzichten? Sollen wir die maritime Wirtschaft stärken? Wir wollen am liebsten natürlich vermeiden, dass wir auf Geld verzichten, aber wir müssen auch etwas für die maritime Wirtschaft tun.

Der Senat hat deshalb an der Stelle beschlossen, diesem Antrag im Bundesrat, die sogenannte freie Hand zu geben. Das heißt, das Bundesland Bremen wird hochrangig dort im Bundesrat besetzt sein. Der Bürgermeister und die Finanzsenatorin sind anwesend, und es wird darum gehen, den Abwägungsprozess, den wir hier auch in Bremen durchlaufen haben, im Bundesrat sehr genau zu verfolgen. Die Debatten dort

werden es am Ende zeigen, wie das Abstimmungsverhalten sein wird. Mit Sicherheit werden die Argumente – auf der einen Seite, Haushaltsnotlageland, und wir können auf Geld nicht verzichten, und auf der anderen Seite, wir wollen die Solidarität mit den norddeutschen Ländern, wir wollen etwas für die maritime Wirtschaft tun – genau auch dort letztendlich eine Rolle spielen. Morgen sind wir schlauer, morgen ist die Abstimmung, lassen Sie sich davon überraschen! – Vielen Dank!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Ich lasse jetzt über den Antrag abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktion der CDU, Drucksache 19/81, Neufassung der Drucksache 18/54, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür CDU, FDP, ALFA, Abg. Timke [BIW])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Meine Damen und Herren, das war der letzte Tagesordnungspunkt für heute.

Es ist 18.18 Uhr. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Abend.

Ich schließe die Sitzung.