Protokoll der Sitzung vom 06.12.2017

Meine These ist, dass in den bremischen Kinderzimmern ein höherer digitaler Sachverstand vorhanden ist als jeden Dienstagmorgen im rot-grünen Senat des Rathauses.

(Beifall CDU)

Wir werden sicherlich mit dem Staatsrat gleich einen Auszubildenden im Bereich der Schönfärberei hören. Dem brauchen wir gar nicht vorzugreifen.

Ich finde, eine selbstkritischere Haltung hätte den Rahmenbedingungen der Wirtschaft gutgetan. Diese ist notwendig, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Man könnte die Reihe der Beispiele dafür, dass Sie nur suboptimale Politik betreiben, fortsetzen. Da ist zum Beispiel das Thema der Anbindung an Gewerbegebiete, ob es das GVZ, die A 281 - meine Kollegin wird sicher gleich hierauf eingehen - oder der Hafentunnel ist. Es interessiert das Ressort gar nicht, warum Mehrkosten entstehen und warum der Hafentunnel verspätet fertig wird. Die Antwort des Senats auf unsere erweiterte Berichtsbitte lautete: Wir haben leider keine Ahnung; das ist nicht unser Ressort; das lassen wir einmal liegen. Das ist doch keine verantwortungsvolle Politik! Wir werden uns die Information von anderer Stelle holen.

Ich kann Sie nur bitten, selbstkritischer an die Dinge heranzugehen. Bremen und Bremerhaven brauchen Infrastruktur, um die Unternehmen in die Lage zu versetzen, Produkte wettbewerbsfähig herzustellen und nachhaltige Arbeitsplätze zu schaffen, damit wir endlich wieder den Anschluss an den Bundesdurchschnitt finden, ob das im Bereich der Arbeitslosigkeit oder im Bereich des Wirtschaftswachstums ist. Auf keinen Fall benötigen wir Wachstum in Schönfärberei. - Herzlichen Dank!

(Beifall CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Steiner.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Haushaltsentwurf im Bereich Wirtschaft und Arbeit ist in unseren Augen gar nicht so schlecht. Er sieht eine Menge guter Ideen und Maßnahmen vor. Wir glauben, dass im Wirtschaftsplan wirklich einiges für das Ankurbeln der Gründerkultur in Bremen getan wird. Das ist von unserer Seite absolut zu begrüßen.

(Beifall FDP)

Wir würden uns sehr freuen, wenn wir doch noch die Idee eines Gründerpreises für Jugendliche umsetzen könnten. Das wäre etwas ganz Tolles. Damit würden wir ein Signal an die jungen Leute für ein bisschen mehr Mut zur Selbstständigkeit und Gründung senden. Das würde dem Ganzen das Sahnehäubchen aufsetzen.

(Beifall FDP)

Gut ist, dass wir ein START Haus haben und der Gründerfonds an den Start geht. Insoweit ist ganz viel getan worden. Es wurde viel umgesetzt. Wir haben das schon seit zwei Jahren immer wieder eingefordert und finden es toll, dass das jetzt passiert.

Geplant wird mit zusätzlichen EFRE-Mitteln. Die europäischen Mittel bringen natürlich auch Risiken wie bürokratische Hürden mit sich. Es bestehen hohe Anforderungen, um die Mittel überhaupt zu bekommen. Hinzu kommt das Risiko, die Mittel gegebenenfalls wieder zurückzahlen zu müssen. Allerdings - das gehört ebenfalls zur Wahrheit - bieten diese Mittel auch enorme Handlungsspielräume. Die Wirtschaftsförderung nur auf die EFREMittel zu stützen, halten wir dennoch für fahrlässig und falsch.

(Beifall FDP)

Des Weiteren fehlen Mittel zur Gewerbeflächenentwicklung. Das haben wir erst gestern sehr ausführlich diskutiert. Das Problem geht insofern noch weiter, als Bremen nicht unbegrenzt viele Flächen zur Verfügung hat. Dies erfordert ein Konzept, das weiter greift. Wir dürfen die kleinen und mittelständischen Unternehmen nicht vergessen, die ganz andere Bedarfe bezüglich der Gewerbeflächen und der Grundstücke haben als die großen Unternehmen.

Es darf eben nicht passieren, dass wir die Unternehmen über die Gewerbesteuererhöhung noch mehr belasten. Wir sehen das als total falsch und schwierig an, auch wenn Sie jetzt sagen, das sei auf zwei Jahre begrenzt. Hoffentlich ist das so, aber ich weiß, dass die Stimmen der Kritik extrem laut sind. Ich finde, das ist zu Recht so. Das ist ein schlechtes Signal und zeigt überhaupt keine Wertschätzung der KMU.

(Beifall FDP)

Hinsichtlich der Umstrukturierung der WFB sind wir tatsächlich sehr verhalten. Wir sehen vor allem die Unabhängigkeit der Innovationsmanager und derer, die sich um die richtige Gründungsförderung kümmern, als gefährdet an. Auch wurden die Personalausgaben zum Teil gekürzt, die Sachausgaben in der Konsequenz aber nicht. Das ist für uns unrealistisch und seltsam.

In anderen Bereichen des Produktgruppenplans sieht es so aus, als ob eine breite Personaldecke

eingezogen wird. Allein die sieben Vollzeiteinheiten für die Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes scheinen uns - gerade im Verhältnis zu anderen Bundesländern - unrealistisch hoch zu sein.

Noch ein Wort zum Arbeitshaushalt: Das Programm LAZLO zur Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen ist in unseren Augen ein wichtiges Projekt. Wir würden uns allerdings wünschen, dass es messbarer gemacht wird, damit wir nachvollziehen können, wie viele Personen tatsächlich erfolgreich langfristig vermittelt werden, wie viele dadurch die Chance bekommen, wieder ein geregeltes Leben anzufangen und zu führen, wie viele es in den ersten Arbeitsmarkt schaffen.

Es geht uns auch darum, endlich 50 Prozent dieser Plätze in der privaten Wirtschaft zu schaffen.

(Beifall FDP)

Dass so viele Millionen Euro in die Ausbildungsgarantie fließen, ist für uns überhaupt nicht nachvollziehbar. Wir sollten uns darauf konzentrieren, Jugendliche ausbildungsfähig zu machen und sie nicht von Anfang an in die Hängematte des Staates fallen zu lassen. Wir sind in der Pflicht, unser Augenmerk auf die Bildung zu legen und das Geld nicht für solche Maßnahmen mit trügerischem Erfolg auszugeben.

(Beifall FDP)

Das Meister-BAföG wurde weiter ausgestattet. Wir befürchten, dass dieses Modell nur wenige erreicht und die Kosten in Höhe von bis zu 10 000 Euro viele davon abschreckt, überhaupt den Weg einer anspruchsvollen Meisterausbildung einzuschlagen. Niedersachsen hat ein effektiveres Modell mit einem niedrigschwelligen Angebot gefunden, das eine echte Förderung darstellt. Wir müssen aufpassen, dass uns die Handwerker nicht nach Niedersachsen abwandern. Ich kann von unserer Seite eine Initiative ankündigen, die wir auf unserem Landesparteitag beschlossen haben. Diese werden wir demnächst vorstellen. - Vielen Dank!

(Beifall FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Strunge.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Da der Bereich Kultur viel zu oft hinten herunterfällt,

wie es gerade in der Debatte der Fall ist, fange ich mit ihm an.

Das größte Problem ist hier die flächendeckende Unterfinanzierung. An der Kultur wird an allen Ecken und Enden gespart. Das merken wir als Nutzerinnen und Nutzer oft gar nicht unbedingt, weil die Selbstausbeutung der Kulturakteure dazu führt, dass die Kulturlandschaft weiterhin funktioniert. Das ist aber weder nachhaltig noch sozial, sondern eine Sparpolitik auf dem Rücken der Kulturschaffenden. Deshalb fordern wir ein Programm zur Stärkung der Einrichtung der freien Szene, damit das Personal nicht für eine halbe Stelle, sondern für eine ganze Stelle bezahlt wird und nicht mehr die Hälfte der Woche ohne Vergütung zur Arbeit gehen muss.

(Beifall DIE LINKE)

Prekäre Arbeitsbedingungen gibt es auch in den Weiterbildungseinrichtungen. Musiklehrer und Musiklehrerinnen sowie Kursleiter und Kursleiterinnen an der Volkshochschule arbeiten zu viel zu niedrigen Honorarsätzen. Arbeitsschutz ist ein Fremdwort. Wir wollen angemessene Bezahlung nicht am Sankt-Nimmerleins-Tag, sondern jetzt. Die Stadt muss die Zuschüsse deutlich erhöhen, damit „Gute Arbeit“ endlich auch an der VHS und an der Musikschule gilt.

(Beifall DIE LINKE)

Im Kulturbereich verstehen viele die Kunst, mit wenig Geld viel zu schaffen und Erstaunliches auf die Beine zu stellen. Wenn aber gar kein Geld da ist, verpuffen die besten Ideen. Die Stadt lässt tolle Projektideen verkümmern und verschwendet das Potenzial unserer Bremer Künstlerinnen und Künstler. Das darf nicht so weitergehen. Deshalb benötigen wir wesentlich mehr Geld für die freien Projekte.

(Beifall DIE LINKE)

Das heißt für uns, den Projektmitteltopf zu erhöhen, einen Kofinanzierungsfonds einzurichten, der greift, wenn Drittmittel für Projekte eingeworben werden, und einen Fonds zur Förderung von interkultureller Kulturarbeit zu schaffen, der ernsthaft mit Geld unterfüttert ist statt mit einem Kleckerbetrag von 20 000 Euro, wie es die Regierung derzeit vorsieht.

(Beifall DIE LINKE)

In die Kultur muss mehr Geld fließen, sonst lassen sich diese Probleme nicht lösen. Wenn nur an den Punkten interveniert wird, an denen dies absolut notwendig ist, benötigen wir mindestens 3 Millionen Euro mehr für die Kultur. Wenn wir neue Impulse setzen und junge Akteure unterstützen wollen, die sich derzeit außerhalb der Förderung bewegen, und wenn wir die Abwanderung von Nachwuchsbands verhindern wollen, dann müssen wir noch deutlich mehr Geld in die Hand nehmen.

(Beifall DIE LINKE)

Deshalb verstehe ich nicht, warum man dort, wo der Kulturetat zumindest ein Stück weit erhöht werden könnte, nicht zuschlägt. Die City-Tax wird jetzt erhöht. Die Einnahmen werden steigen. Es gibt aber keine Koppelung der höheren Einnahmen mit dem Kulturhaushalt. Das finden wir falsch. Wir finden, die Kultur muss zumindest anteilmäßig an den höheren Einnahmen der City-Tax beteiligt werden.

(Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Dafür ma- chen wir keine Jugendarbeit mehr, oder was?)

Ich komme nun zum Bereich „Arbeit und Wirtschaft“. Wir benötigen dringend wesentlich mehr Ausbildungsplätze, denn derzeit haben wir rund 2 000 Ausbildungsplätze zu wenig. So stehen Altbewerber und neue Schulabgänger in einer Konkurrenz, in der vor allem Schülerinnen und Schüler ohne Abitur das Nachsehen haben. Um allen jungen Menschen das Recht auf Ausbildung zu ermöglichen, müssen wir zeitnah die Umsetzung einer Landesausbildungsumlage vorantreiben. Dies ist ein Modell, das den Haushalt nicht belastet, aber die Betriebe in die Pflicht nimmt, auszubilden. Da die Lage auf dem Ausbildungsmarkt so zugespitzt ist, dass sofort gehandelt werden muss, fordern wir 500 zusätzlich finanziell geförderte Ausbildungsplätze für das kommende Ausbildungsjahr.

(Beifall DIE LINKE)

Zum Thema sozialversicherte geförderte Beschäftigungen.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Bimm! Game over!)

Positiv ist, dass weiterhin Landesmittel für sozialversicherte geförderte Beschäftigungen vorgesehen sind. Allerdings funktioniert dieses Programm nach wie vor schleppend. Viele Stellen sind nicht besetzt. Wir finden es problematisch, dass die För

derung von Stadtteilprojekten immer stärker in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen besteht. Deshalb beantragen wir ein Programm, das für die sozialen Stadtteilprojekte eine personelle Grundausstattung fördert, als echte Zuschussförderung, die es den Projekten erlaubt, festes Personal zu beschäftigen. Leistungsfähige Stadtteilprojekte halten wir auch unter dem Aspekt der Armutsbekämpfung für einen wichtigen Faktor.

(Beifall DIE LINKE)

In der Wirtschaftsförderung wollen wir eine thematisch ausgerichtete Zuschussförderung einführen, mit der insbesondere die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die Digitalisierung von Klein- und Mittelbetrieben und die Gründungsaktivitäten von Frauen unterstützt werden.