Protokoll der Sitzung vom 24.01.2018

Das muss man so deutlich sagen. Es war auch damals schon aus Sicht vieler nicht richtig, diesen Studiengang zu schließen,

(Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Stimmt!)

wenngleich man - Herr Dr. vom Bruch, vielleicht interessieren Sie sich insgesamt für das Thema - 2007 natürlich mit ganz anderen Schülerzahlen gerechnet hat. Die Prognosen gingen eher dahin, dass wir in Zukunft sinkende Schülerinnen- und Schülerzahlen haben werden.

Zu dieser Einschätzung der Jahre 2006 und 2007, aber auch in den Folgejahren will ich noch einmal den Runden Tisch Schulsport zitieren und meinen Respekt und meine Anerkennung für das Engagement derer, die dort zusammensitzen, zum Ausdruck bringen.

(Beifall SPD)

Sie legen den Finger in die Wunde und sagen: Es muss etwas geschehen.

Aber was muss geschehen? Sicherlich sind wir uns einig, dass es nicht angehen kann, dass möglicherweise komplette Jahrgänge von Schülerinnen und Schülern ohne Bewegung und Sport aus der Grundschule in die weiterführenden Schulen gehen. Das Bildungsressort muss alle Anstrengungen unternehmen und Lösungen erarbeitet, die einen regelmäßigen Sportunterricht in der Schule möglich machen.

Insoweit bin ich sehr zuversichtlich. Die Gespräche, die in den letzten Wochen und Monaten geführt worden sind, werden sicherlich dazu führen, dass es hier - auch kurzfristig - Lösungen geben wird. Darum geht es doch. Wir brauchen in der jetzigen Zeit zunächst einmal Zwischenlösungen. Das können nicht die Lösungen sein, die wir uns auf lange Zeit vorstellen und wünschen, aber wir brauchen in der Zwischenzeit auch Lösungen, und dies ist der erste und auch der richtige Schritt.

Darüber hinaus ist im Wissenschaftsausschuss, wie mir berichtet wurde, das Thema Wiedereinführung des Studiengangs Sport durchaus sehr kontrovers diskutiert worden. Wenn meine Informationen stimmen, sprechen aber nicht alle Bildungspolitiker der Fraktionen, die heute sagen, wir brauchten diesen Studiengang wieder, auch mit Ihren Kolleginnen und Kollegen aus dem Wissenschaftsausschuss darüber. Dies zu tun, ist meine herzliche Bitte. Sie sollten sich dafür einsetzen und sagen: Wir brauchen das; dann, bitteschön, müssen wir auch auf dieser Schiene miteinander reden. Ich bitte sehr herzlich darum - auch Sie, Herr Dr. vom Bruch -, das mit ins Auge zu fassen.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Wir reden pausenlos!)

Wenn wir nicht nur an anderen Perspektiven arbeiten, sondern sagen, dass Sport auch an der Universität ein wichtiges Feld ist, dann bin ich ganz zuversichtlich, dass wir einen großen Schritt weiterkommen werden.

Noch einmal: Sport ist durch kein anderes Fach zu ersetzen. Man muss einfach sehen - das muss man fairerweise sagen -, dass wir zunächst in eine falsche Richtung unterwegs gewesen sind. Jetzt gibt es aber Lösungen, und diese Lösungen - davon bin ich fest überzeugt - werden auch relativ rasch greifen. - Herzlichen Dank!

(Beifall SPD)

(Abg. Röwekamp [CDU]: Was Willi Lemke wohl heute über das denkt, was er damals gemacht hat? - Abg. Frau Kohlrausch [FDP]: Der hat auch seinen Teil dazu beigetragen! - Zurufe CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Güldner.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Unruhe)

Ich störe nur ungern die Redebeiträge des Abgeordneten Röwekamp aus dem Plenum, allerdings würde ich, wenn Sie erlauben, vorschlagen, dass wir die Debatte von hier vorn fortführen.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Wenn Sie sich auch daran halten!)

Ich teile größtenteils die Einschätzung meiner Vorrednerinnen und Vorredner, dass wir an unseren Schulen durchaus ein Problem haben. Allerdings bin ich zusammengezuckt, als der Kollege Dr. vom Bruch das Wort „Katastrophe“ benutzte, weil die Zahlen, die uns heute in der Antwort des Senats vorliegen, wenn man sie wirklich studiert, eigentlich nicht anzeigen, dass wir heute schon eine Katastrophe haben. Ich wäre aber bei Ihnen, dass sich ein Trend abzeichnet und dass wir, wenn man ihn in Zukunft fortschreiben würde, in einigen Jahren in der Tat einen so gravierenden Mangel im Bereich des Sports hätten, dass man dieses Wort dann vielleicht anwenden könnte. Heute, finde ich, sind wir noch ein ganzes Stück davon entfernt.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Sehen Sie, da unterschei- den wir uns!)

Genau! Das ist ja auch gut so.

Sie legen im Wesentlichen Wert auf die Frage des fachfremden Unterrichts.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Zum Beispiel!)

Ich bin der Kollegin Vogt dankbar, dass sie, obwohl sie als Oppositionspolitikerin gesprochen hat, einen fachlichen Hinweis gegeben hat. Sie hat nämlich gesagt, je nachdem, welche Schulstufe wir uns ansehen, ist es von der Tradition her ein Unterschied, ob wir von der Sekundarstufe I oder von der Sekundarstufe II sprechen - dort sind die Quoten vergleichsweise niedrig - oder ob wir von der

Grundschule sprechen. Ich würde nie so weit gehen zu sagen, in der Grundschule würde das überhaupt keine Rolle spielen. Im Gegenteil. Natürlich werden in der Grundschule motorisch ganz viele Grundlagen gelegt. Je fachlicher der Unterricht dort erteilt wird, desto besser ist es. Allerdings besteht in der Grundschule, wie die Kollegin Vogt sagte, die Tradition des Klassenlehrerprinzips und nicht die strenge Fachlichkeit der Sekundarstufe I und der Sekundarstufe II, wo sozusagen in jedem Fach - Kunst, Sport, in den anderen Fächern - immer ein wissenschaftliches Studium in dem jeweiligen Fach dahintersteht.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Jetzt kommen wir aber langsam ins Schönreden!)

Nein! In der Grundschule war es weder früher noch ist es heute zu hundert Prozent abgedeckt noch wird es in Zukunft zu hundert Prozent abgedeckt sein. Das ist meines Erachtens auch nicht nötig, weil das dort von anderen Kolleginnen und Kollegen mit geleistet werden kann.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Aha! Das kann also je- der sozusagen?)

Nein! Ich sage ja: Je höher die Quote der studierten Sportlehrerinnen und -lehrer ist, desto besser ist es. Aber ich bin weit davon entfernt zu sagen, dass wir an unseren Grundschulen schon eine Katastrophe hätten.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: In der Grundschule kann jeder alles?)

Die Wiedereinführung des Studiengangs ist eine Entwicklung, die sich jetzt abzeichnet, und ich denke, da sie sich konsensual abzeichnet, werden wir in der Lage sein, an der Uni entsprechende Maßnahmen in die zukünftigen Wissenschaftspläne einzuarbeiten. Das wird an uns mit Sicherheit nicht scheitern. Man muss sich aber noch einmal die Frage stellen, wieso wir es in unserer heutigen extrem vernetzten Welt, in der Menschen auch über Grenzen hinweg mobil sind, noch nicht einmal schaffen, Sportlehrerinnen und Sportlehrer, die an anderen Universitäten in Norddeutschland ausgebildet werden,

(Abg. Frau Dr. Müller [Bündnis 90/Die Grünen]: In Oldenburg!)

sozusagen nach Bremen zu locken und hier in den Schulen einzusetzen. Während sie woanders möglichweise gar keine Verwendung finden, müsste es

uns doch gelingen, in Bremen attraktiver zu sein und aus Oldenburg und all den anderen Universitäten, an denen Sportlehrer nach wie vor ausgebildet werden, Menschen auch nach Bremen zu locken.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Das schaffen wir ja of- fensichtlich nicht, zumindest nicht in Bremer- haven!)

Diese Frage muss man zumindest geklärt haben, bevor man dann den nächsten Schritt geht und sagt, man müsse den Sportstudiengang an der Universität wieder einführen. Das ist ja kein ganz gewöhnlicher Vorgang: Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln, wieder rein in die Kartoffeln. Wenn es am Ende des Tages aber die einzige Lösung ist und sich hierüber ein politischer Konsens abzeichnet, kann das zumindest perspektivisch das Problem lösen.

Wir haben aber in der Zwischenzeit - Kollegin Rosenkötter sprach von zeitnahen Lösungen oder auch von Zwischenlösungen - in diesem Bereich wie in vielen anderen Bereichen auch eine hervorragende Arbeit des LIS zu verzeichnen. Dort gibt es Kurse, die jetzt noch einmal ausgeweitet und intensiviert worden sind, für Quereinsteiger unter dem schönen Titel „Sport fachfremd unterrichten“ - das ist in dem Fall etwas Positives und nichts Negatives -, in denen Kolleginnen und Kollegen, die andere Fächer studiert haben, ausgebildet werden, um inzwischen in einer durchaus nennenswerten Zahl von Stunden mit sehr wichtigen und breitgefächerten Inhalten den Sportunterricht an ihren Schulen mit zu übernehmen. Das ist eine Maßnahme, die uns sehr kurzfristig hilft.

Wenn man von diesem Instrument der Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger spricht, dann ist das immer auch etwas, bei dem wir die nötige Flexibilität an den Tag legen, um mit solchen Situationen, wie wir sie in diesem Bereich gerade haben, umzugehen und schnell Lösungen zu finden. Wir haben ja auch in anderen Fächern Seiteneinsteiger und zusätzliche Ausbildungen gehabt - denken Sie nur an den Sprachunterricht und an viele andere Dinge - und haben das auch durch Fortbildungen am Landesinstitut für Schule hinbekommen.

Insofern stecken - da würde ich Ihnen, Herr Dr. vom Bruch, völlig recht geben - in dieser Antwort des Senats, die sehr ehrlich und offen ist, besorgniserregende Dinge, die uns für die Zukunft auf jeden Fall vorgeben, dass wir das Problem aktiv angehen müssen.

(Glocke)

Ich bin schon bei meinem letzten Satz, Herr Präsident!

Es stecken aber auch Lösungen darin, die jetzt schon in Angriff genommen wurden. Weitere werden in nächster Zeit hinzukommen, weil das Problem erkannt und keineswegs beiseitegeschoben und als politisch oder pädagogisch nicht relevant erachtet wurde, sondern weil wir es seit vielen Jahren in angemessenem Rahmen bearbeiten. Daher denke ich, dass wir auch für die Zukunft eine vernünftige Lösung finden werden. - Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Kohlrausch.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sportlehrerinnen, Sportlehrer und Sportunterricht an Bremer Schulen - wir alle kennen die Bedeutung dieses Themas, und wir alle wissen, dass uns die Antwort des Senats auf die Große Anfrage der CDU nicht zufriedenstellen kann.

Seit Jahren hören wir immer wieder aus den Schulen, dass Lehrkräfte, Eltern und auch Schüler die Ausstattung des Sportunterrichts als höchst unbefriedigend empfinden. Auch für die Zukunft gibt es keine Hoffnung auf eine entscheidende Besserung. Dabei wissen wir doch alle, wie wichtig Bewegungsangebote für die Gesundheit der Kinder sind, und auch die positiven Auswirkungen auf die kognitive und emotionale Entwicklung sind unbestritten.

(Beifall FDP)

In seiner Antwort unterstreicht der Senat diese Bedeutung des Sportunterrichts. Zusätzlich wird die große Bedeutung der Bewegungsangebote für die Integration der Flüchtlingskinder und im Bereich der Inklusion gesehen. Natürlich gibt es Chancen, innerhalb des Ganztagsunterrichts zusätzliche Bewegungsmöglichkeiten zu schaffen. Das heißt aber nicht, dass diese Schulen deswegen mit weniger ausgebildeten Sportlehrerinnen und Sportlehrern ausgestattet werden dürfen.

Vor allem an Grundschulen steigt die Zahl der fachfremd erteilten Sportstunden. Ich weiß zwar aus eigener Erfahrung, dass es sinnvoll ist, dass

Klassenlehrer in den ersten Klassen den Sportunterricht selbst erteilen, in der Praxis hatten Kinder aber teilweise bis zur vierten Klasse keinen Unterricht bei ausgebildeten Sportlehrern. 45,4 Prozent fachfremd erteilter Unterricht sind ein viel zu hoher Anteil.