Protokoll der Sitzung vom 24.01.2018

Den Änderungsantrag der Koalition lehnen wir im Übrigen auch ab, weil er eigentlich inhaltlich nichts aussagt, entweder ist es schon umgesetzt oder in die Wege geleitet. Er hätte nicht gestellt werden müssen. Der CDU-Antrag hätte einfach als erledigt erklärt werden können. - Ich bedanke mich für die Debatte!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Timke!

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Kriminalität ist nicht statisch, sondern sie verändert sich stetig. Straftaten, die vor wenigen Jahren eher eine untergeordnete Rolle in der Polizeilichen Kriminalstatistik gespielt haben, wie

beispielsweise Betrugsdelikte im Internet, sind mittlerweile zu einem Massenphänomen unter dem Namen Cybercrime geworden.

Darüber hinaus haben andere Ereignisse dazu geführt, dass wir eine veränderte Sicherheitslage haben, wie beispielsweise das Aufkommen des Islamischen Staates, der den Terror nach Europa und damit auch nach Deutschland gebracht hat. Der Staat muss auf diese veränderte Kriminalitäts- und Sicherheitslage reagieren, und zwar zeitnah und konsequent, gefahrenabwehrrechtlich sowie strafprozessual und mit einem neuen Personalansatz bei der Polizei und bei den Gerichten.

Ich danke ausdrücklich der CDU-Fraktion, dass sie mit ihrem Antrag mit dem Titel „Pakt für die innere Sicherheit“ die notwendige Diskussion über den Zustand unserer Sicherheitsarchitektur in Deutschland und damit auch im Land Bremen angestoßen hat.

Die Innendeputation hat sich im vergangenen Jahr mit dem CDU-Antrag befasst und - wie nicht anders zu erwarten - die berechtigten Forderungen mit der Mehrheit von SPD, den Grünen, der LINKEN bei Stimmenthaltung der FDP vom Tisch gewischt. Auf einige Punkte aus diesem Antrag möchte ich gleich eingehen.

Die CDU-Fraktion hat in ihrem Antrag eine Aufstockung der Stellen bei der Polizei gefordert. Der Senat hat entgegnet, dass die Einstellungszahlen bereits erhöht wurden. Richtig ist, dass die Zielzahl bei der Bremer Polizei auf 2 600 sogenannte Vollzeiteinheiten aufgestockt wird. Diese Zielzahl ist aber bereits zehn Jahre alt und damit längst überholt. Mittlerweile bräuchten wir etwa 2 800 Stellen bei der Bremer Polizei, um die öffentliche Sicherheit aufrechtzuerhalten und die Kriminalität in den Fachkommissariaten wirksam zu bekämpfen. Auch hier ist noch Luft nach oben. Wenn sich der rotgrüne Senat jetzt immer wieder für diese Personalaufstockung feiern lässt, dann sollte nicht vergessen werden, dass es sich hierbei um ein seit zehn Jahren nicht eingelöstes Versprechen an die Polizei und die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt handelt, das man jetzt endlich umsetzt. Meine Damen und Herren, Herr Innensenator, ich hoffe, dass die nächste notwendige Personalaufstockung nicht wieder zehn Jahre auf sich warten lässt.

In Bremerhaven wurde die Zielzahl auf 474 Stellen festgelegt. Allerdings geschah dies ebenfalls bereits vor zehn Jahren. Auch das ist deutlich zu wenig, um der veränderten Kriminalitätsentwicklung

Herr zu werden. Offenbar sehen SPD, Grüne und LINKE auch hier keinen Handlungsbedarf. Das ist bedauerlich, denn auch in Bremerhaven hat es in den letzten Jahren eine deutliche Arbeitsverdichtung bei der Polizei gegeben. Deshalb ist es schon fast ein Hohn, meine Damen und Herren, wenn in der Deputationsvorlage ausgeführt wird - ich zitiere -: „Auf gesteigerte Sicherheitsanforderungen hat der Senat bedarfsgerecht reagiert.“

Herr Innensenator, bedarfsgerecht wären 2 800 Beamte für Bremen und 500 Stellen bei der Ortspolizeibehörde in Bremerhaven. Ich weiß natürlich, dass man sich Stellen nicht schnitzen und auch nicht von heute auf morgen schaffen kann. Herr Mäurer, Sie müssen sich aber zumindest den Vorwurf gefallen lassen, dass Sie die dringend notwendige Personalaufstockung in beiden Städten jahrelang ausgesessen haben.

(Beifall BIW)

Nicht nur im Polizeibereich, sondern auch bei der Justiz gibt es dringenden Handlungsbedarf. Gefühlt debattieren wir in jeder Sitzung der Bürgerschaft über die mangelnde Personalausstattung bei der Staatsanwaltschaft und bei den Gerichten.

(Beifall BIW)

Wer heute die „Nordsee-Zeitung“ gelesen hat, wird festgestellt haben, dass derzeit über ein aktuell laufendes Verfahren vor dem Bremer Landgericht berichtet wird. In dem Verfahren wird ein Ehepaar beschuldigt, sein vierjähriges Kind misshandelt zu haben, indem es das kleine Mädchen mit heißem Wasser verbrüht hat. Das Gerichtsverfahren ist erst dreieinhalb Jahre nach der Tat anberaumt worden. Das wurde heute von dem Rechtsbeistand des kleinen Opfers zu Recht kritisiert.

Auch hier gibt es noch viel Luft nach oben. Ich erwarte von dem rot-grünen Senat, dass deutlich mehr Anstrengungen unternommen werden, um die Personalsituation bei den Gerichten und auch bei der Staatsanwaltschaft zu verbessern.

Meine Damen und Herren, die Auffassung des Senats, dass man bei der Ausstattung der Polizei gut aufgestellt sei, ist ebenfalls wohl eher das Wunschdenken der Regierungskoalition als eine realistische Einschätzung. Man denke nur an den in die Jahre gekommenen Fuhrpark der Polizei oder an die Tatsache, dass die Body-Cams bei der Polizei immer noch nicht als Standardausrüstung eingeführt wurden.

Übrigens, Herr Zenner, ist es nicht so, dass wir noch im Pilotprojekt sind. Vielmehr haben wir dieses längst abgeschlossen. Jetzt ging es nur darum, wie das in den aktiven Polizeidienst eingeführt werden soll. Da mauert der rot-grüne Senat: Es ist auf wenige Bereiche beschränkt, und in Bremerhaven gibt es das beispielsweise gar nicht.

Einen Punkt aus dem Antrag der CDU hat sich die rot-grüne Koalition dann doch herausgepickt und als eigenen Antrag neu eingereicht. Dabei geht es um die technische Ausstattung der Polizei. Es reicht natürlich nicht aus, dass Sie sich hier einen einzigen Punkt herauspicken, liebe rot-grüne Koalition. Das zeigt vielmehr Ihre Ideenlosigkeit, die Sie bei dem Thema innere Sicherheit in dieser Landesregierung an den Tag legen.

(Glocke)

Ich komme zum Schluss. Ich habe übrigens siebeneinhalb Minuten zur Verfügung.

Mit der Ablehnung des CDU-Antrags lassen SPD, Grüne und LINKE heute eine wichtige Chance verstreichen, die Sicherheitsarchitektur neu zu ordnen und Polizei, Gerichte und Staatsanwaltschaft mit dem notwendigen personellen, materiellen und gesetzlichen Rüstzeug auszustatten, um den Herausforderungen im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung wirksam zu begegnen.

Wir Bürger in Wut werden dem Antrag der CDUFraktion jedenfalls zustimmen, denn wir glauben, dass darin notwendige Forderungen aufgeführt sind, die bei einer Umsetzung zu einer spürbaren Senkung der Kriminalität führen würden. - Vielen Dank!

(Beifall BIW)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Abgeordneter Hinners.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf den einen oder anderen Beitrag, den ich für relativ unqualifiziert gehalten habe, möchte ich nun doch noch eingehen. - Herr Fecker, Sie sind nicht dabei.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Diesmal nicht! - Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Da klappt Jamaika!)

Herr Zenner, ich fange mit Ihnen an. Sie sprechen hier von sicherheitspolitischen Allgemeinplätzen. Da muss ich Ihnen vorhalten, dass Sie die Probleme

der aktuellen Sicherheitslage in Deutschland überhaupt nicht begriffen haben.

(Beifall CDU)

Demzufolge werden Sie Ihrer Verantwortung auch nicht gerecht. Wo bleiben denn Ihre Vorschläge? Liegt der Grund, wenn Sie keine haben, vielleicht darin, dass Sie kein Hintergrundwissen haben? - Eine andere Erklärung habe ich dafür nicht.

Herr Senkal, es ist richtig und gut, dass die Bürger nicht massiv verunsichert sind.

(Abg. Senkal [SPD]: Täglich!)

Das begrüßen wir alle. Das entbindet uns Politiker aber nicht davon, Verbesserungsvorschläge in Sachen Terrorabwehr zu machen und diese auch zu beschließen, wenn sie gut und sinnvoll sind. Das ist doch völlig klar.

(Abg. Senkal [SPD]: Aber das habe ich auch nicht gesagt! Da bin ich bei Ihnen!)

Gerade um zu verhindern, dass die Verunsicherung weiter fortschreitet, müssen wir Politiker uns genau diesen Aspekt immer wieder vor Augen führen.

(Zuruf Abg. Senkal [SPD])

Dann haben wir uns darüber schnell geeinigt.

Frau Vogt,

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Wir werden uns nicht einig!)

wir werden uns - wie häufig - nicht so richtig einig.

(Lachen bei BIW)

Trotzdem war an der einen oder anderen Stelle durchaus etwas Ausgewogenes von Ihnen zu hören. Insofern möchte ich Sie an dieser Stelle auch einmal loben. - Danke schön!

(Heiterkeit und Beifall CDU)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Mäurer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie werden sich daran erinnern, dass es bald zehn Jahre her ist, dass Sie -

oder mindestens die Mehrheit dieses Hauses - mir die Verantwortung für den Bereich Inneres übertragen haben. Rückblickend kann ich sagen, dass sich in diesen fast zehn Jahren sehr viel verändert hat. Als ich angefangen habe, fuhren noch Rocker in Kutten mit 500 Maschinen durch die Innenstadt auf die Hochstraße. Heute sehe ich dort allenfalls noch Radfahrer.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Das macht es aber auch nicht besser!)

Nun sind aber Dinge dazugekommen, von denen wir damals noch nicht geträumt haben. Das Thema Terrorismus - IS und der Terror, den die Anhänger verbreiten - ist angesprochen worden. Das sind Herausforderungen der Gegenwart, auf die wir eine Antwort geben müssen.

Wenn man sich die Entwicklung der letzten Jahre anschaut, so ist es richtig: Von diesen zehn Jahren habe ich sieben Jahre als magere Jahre empfunden. Der Stabilitätsrat auf der einen Seite und unsere Lage hier auf der anderen Seite - das ist nicht immer erfreulich gewesen. Wir alle haben gemeinsam unter dem Diktat der leeren Kassen gelitten. Es war auch nicht das Werk der Senatorin für Finanzen, sondern es war der gemeinsame Beschluss, der noch aus der Zeit der Großen Koalition herrührt, Jahr für Jahr fast 2 Prozent des Personals in allen Bereichen abzubauen.