In der Hamburgischen Bürgerschaft hingegen ist die Situation schon etwas anders. Es gibt in der Tat den von Ihnen, Frau Kollegin Vogt, skizzierten Gruppenantrag zum 8. März. Ein weiterer Gruppenantrag hat schon so viele Unterstützungsunterschriften, dass man davon ausgehen kann, dass er die Lösung darstellen wird. Dieser fordert die Einführung eines „Tages der Reformation“ - nicht des Reformationstages! - und liefert eine Neuinterpretation dieses Tages gleich mit: Das Mittelalter endete und die Neuzeit begann. - Das ist die Argu
mentation in Hamburg. Auf jeden Fall steht zu erwarten, dass auch in Hamburg der 31. Oktober, mit neu gefasstem Inhalt, Feiertag wird.
In Niedersachsen hingegen ist die Situation unübersichtlich, wenn ich es einmal vorsichtig formulieren darf. Ministerpräsident Weil war mit der klaren Aussage, den Reformationstag zum Feiertag zu machen, in den Wahlkampf gezogen. Der Bewerber der CDU, Spitzenkandidat Althusmann, war mit derselben Aussage in den Wahlkampf gezogen. Im Koalitionsvertrag findet man dazu aber eine andere Passage. Dort heißt es sinngemäß: Wir streben einen zusätzlichen Feiertag an und wollen dazu einen gesellschaftlichen Konsultationsprozess durchführen.
Im Rahmen dieses Konsultationsprozesses haben sich schon einige geäußert. Der Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen - es gibt solche Äußerungen nicht in Bremen - führt aus: „Der Reformationstag ist von dem Reformator Luther nicht zu trennen. Luther ist die Reformation und der Reformationstag ist ein Luther-Tag.“ Ein solcher Tag wäre für die jüdische Gemeinschaft in Niedersachsen „eine Zumutung.“
Das Katholische Büro Niedersachsen, das legitimiert ist, entsprechende Stellungnahmen gegenüber dem Landtag abzugeben, führte in diesem Konsultationsprozess aus, wenn man einen religiösen Gedenktag als staatlichen Feiertag einführen wolle, dann solle man einen Tag wählen, der von den unterschiedlichen Religionsgemeinschaften mit Inhalt und Leben gefüllt werden könne. Der Reformationstag stehe stattdessen trotz Ökumene für eine Trennungsgeschichte und für die Verschiedenheit der Konfessionen. Eine bessere Wahl sei etwa das Fest Heilige Drei Könige oder auch der Buß- und Bettag.
Ich betone ausdrücklich, entsprechende Einlassungen gibt es in Bremen nicht. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass auch die Präsidentin des Niedersächsischen Landtags erklärt hat, dass sie sich viel besser den 8. März als gesetzlichen Feiertag vorstellen könne.
Wenn man darunter einen Strich zieht - Argumente soll man nie bewerten -, dann kann man vielleicht vorsichtig formulieren, dass der Meinungsbildungsprozess in Niedersachsen noch nicht abgeschlossen ist. Ich hätte es vor diesem Hintergrund für ausgesprochen wünschenswert erachtet, dass wir diese Debatte nicht heute führen, sondern dann, wenn Niedersachsen sich in erster Lesung
dazu verhalten hat. Leider war das mit der Opposition auf dem Verhandlungsweg nicht erreichbar, aber ich glaube, es wäre hilfreich gewesen. In Anbetracht der vielfältigen wirtschaftlichen Verflechtungen, die wir im nordwestdeutschen Raum haben, und der daraus resultierenden Pendlerströme ist es nämlich für die SPD-Fraktion kaum vorstellbar, dass Bremen in dieser Frage eine andere Regelung trifft als Niedersachsen.
Wenn die Niedersachen den Tag ihrer Landesverfassung zum Feiertag machen, dann müssen wir neu denken. Ansonsten kann ich mir eine abweichende Regelung nur schwer vorstellen.
Der Landesparteitag der SPD hat bereits im vergangenen Jahr beschlossen, dass er sowohl den 8. Mai als auch den 8. März als auch den Reformationstag für geeignete Feiertage hält. Es ist kein Geheimnis, dass es in der SPD unterschiedliche Einschätzungen zu der Frage gibt, welcher dieser Tage vielleicht ungeeignet, welcher besser geeignet und welcher besonders gut geeignet sein könnte. Nichtsdestoweniger stellt sich hier die faustische Gretchenfrage in aller Deutlichkeit: Wie hält es der säkulare mit der Religion und den Religionsgemeinschaften? - Fragen wie diese müssen in einem ständigen gesellschaftlichen Aushandlungsprozess beantwortet werden. In einem Staat, in dem die größte Gruppe der Einwohner inzwischen die Konfessionslosen ist und die größte Religionsgemeinschaft nur noch knapp ein Drittel der Bevölkerung umfasst, ist die Antwort auf religionspolitische Fragestellungen immer auch mehr als das übliche Austarieren zwischen Mehrheiten- und Minderheitenrechten.
Welche Position einzelne Abgeordnete in solchen Prozessen einnehmen, ist in einer derartig fragmentierten Gesellschaft wie der unsrigen eine höchst individuelle Frage. Die Position wird geprägt durch eine gegebenenfalls bestehende Konfessionszugehörigkeit, die individuell positive oder negative Bewertung aktuellen Wirkens, die Ein- und Zuordnung von Religion in den geistesgeschichtlichen Kontext und die jeweils gesehene Verantwortlichkeit für geschichtliche Prozesse.
So mannigfaltig entsprechende Determinanten sind - Kollege Röwekamp, Sie haben recht, dass vieles von dem, was dazu geäußert wird, geäußert werden darf, zumal in einem demokratischen Staat, und seine Berechtigung hat -, so individuell ist die
Abwägungsentscheidung, die der einzelne Abgeordnete trifft. Diese Determinanten und vielleicht auch andere Faktoren sind es, die ihn zu seiner Meinung kommen lassen. Deswegen finde ich es völlig richtig, dass heute bei der SPD und den Grünen - ich habe verstanden, auch bei den Linken - jeder diese Gretchenfrage für sich, das heißt individuell beantworten wird.
Lassen Sie mich zum Abschluss Folgendes klarstellen - Kollege Röwekamp, ich bin dankbar, dass auch Sie es gesagt haben -: Am Ende des heutigen Tages kann maximal ein Meinungsbild erstellt werden. Es kann nicht die endgültige Entscheidung in dem Sinne sein, dass Bremen sich für einen Tag entscheidet, egal was Niedersachsen sagt. Zumindest meine Fraktion ist der Auffassung, dass wir eine zweite Lesung erst dann durchführen können, wenn Niedersachen eine endgültige Regelung getroffen hat, und dass wir dann mit höchster Wahrscheinlichkeit die niedersächsische Regelung übernehmen werden. - Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte eines vorwegschicken - es ist von meinem Vorredner schon gesagt worden -: Auch wir Freien Demokraten halten die Abstimmung über einen zusätzlichen Feiertag für eine reine Gewissensentscheidung. Dabei soll es keinen Fraktionszwang geben, sondern jeder soll fest hinter seiner eigenen Meinung stehen.
Wir haben in unserer Fraktion sehr offen, übrigens auch sehr lange, über das Thema Feiertage diskutiert. Es war eine lebhafte Diskussion, und wir waren uns nicht immer einig. Daraufhin haben wir beschlossen, das Thema dem Landesparteitag zur Beratung vorzulegen. Dort ist es komplett aufgerollt worden, die Meinungen dazu sind ausgetauscht worden. Am Ende ist eine klare Präferenz deutlich geworden, nämlich die für den Reformationstag. Die Präferenz für den Reformationstag wird von den Ministerpräsidenten beziehungsweise Bürgermeistern von Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen geteilt. Bürgermeister Dr. Sieling ließ am 1. Februar dieses Jahres eine entsprechende Pressemitteilung verschicken.
Der Bürgermeister begründet den Bedarf an einem neuen Feiertag unter anderem mit dem Nord-SüdGefälle bei der Anzahl der Feiertage. Dazu muss
ich sagen, das finde ich persönlich doof. Das ist zwar ein Argument, aber es ist für mich kein überzeugendes. Sicherlich wird ein zusätzlicher Feiertag für Norddeutschland nicht schädlich sein. Aber dies sollte eigentlich nicht das tragende Argument für einen neuen Feiertag sein. Wenn nach dem Motto argumentiert wird: „Lasst uns noch ein paar Feiertage beschließen! Hauptsache, wir schließen bezüglich der Anzahl nach Süden auf!“, dann ist das irgendwie komisch. Einen Wettbewerb auf diesem Gebiet kann niemand wollen. Vor diesem Hintergrund ist es ein bisschen lustig, dass die Linke gleich zwei neue Feiertage fordert.
Wir brauchen eine Diskussion um die Qualität des Feiertags, nicht um die Quantität der Feiertage. Der inhaltliche Grund für den Feiertag sollte im Vordergrund der Debatte stehen. Wir, die FDPFraktion, haben uns im Sinne der Qualität für den Reformationstag entschieden.
Der 8. März als Internationaler Frauentag und der 8. Mai als Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus sind ohne Frage wichtige Daten, das ist unbestritten. Noch mehr Sympathien hatten wir übrigens für den 23. Mai als Tag des Grundgesetzes, der heute gar nicht zur Abstimmung steht. Den 23. Mai hielten wir für ein geeignetes Datum, da wir dann auch einmal etwas uneingeschränkt Positives zu feiern hätten.
Als neuen Feiertag unterstützen wir nun den 31. Oktober als Reformationstag. Denn die Reformation war eines der bedeutendsten Ereignisse der deutschen Geschichte, ein Ereignis, das nicht nur Deutschland, sondern auch Europa und sogar die ganze Welt nachhaltig beeinflusst hat. Luthers theologische Ansätze und die durch seine Thesen hervorgerufenen politischen Kämpfe innerhalb des damaligen deutschen Reiches haben erhebliche Auswirkungen gehabt. Ich nenne als Beispiel den theologischen Ansatz der Zwei-Reiche-Lehre. Diese spricht von einem weltlichen Reich, in dem Staat und Politik das Sagen haben, und einem geistlichen Reich, in dem Religion und Kirche die entscheidende Rolle spielen. Mit dieser Theorie und ihren Deutungen wurde ein erheblicher Beitrag zur Trennung von Kirche und Staat geleistet, von der wir heute noch profitieren.
Luthers Reformation hat noch viel mehr geleistet. Mit seiner Bibelübersetzung ist ein Hochdeutsch entstanden, das die damals über 70 deutschen Dialekte als gemeinsame Sprache in Schrift und Wort zusammengeführt hat.
Uns ist natürlich bewusst, dass Luther als historische Figur seiner Zeit auch viele negative Seiten hat. Ich erinnere an seine Haltung und seine Äußerungen bezüglich der Juden, die von Frau Vogt und anderen Vorrednern ausführlich erwähnt wurden. Deswegen, und genau deswegen, wollen wir als Feiertag keinen Luther-Tag, sondern einen Tag der Reformation, den Reformationstag, der sich eben nicht ausschließlich auf die Person Luther konzentriert. Dieser Feiertag ist für uns ein Tag der Aufklärung, der die westliche Welt nachhaltig verändert hat und von dem wir noch heute profitieren. Deswegen werden wir diesen Antrag unterstützen. - Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn man die Menschen in Bremen fragt: „Wollt ihr einen zusätzlichen Feiertag?“, dann bin ich mir ziemlich sicher, dass die meisten mit „Ja, wollen wir!“ antworten. Nicht ganz unwahrscheinlich - das gehört zu dieser Debatte und zur Wahrheit dazu - ist, dass es vielen Menschen dabei nicht ganz so wichtig ist, warum sie einen weiteren Tag freihaben.
Ich finde, ein Feiertag ist nicht nur ein Tag, den man nett mit seiner Familie verbringt oder an dem man im Garten herumwerkelt. Er sollte eben nicht sinnbefreit sein. Daher ist es richtig, sich Gedanken genau darüber zu machen, welchen Sinn man mit diesem Feiertag auch verbindet.
Es wurde schon gesagt, im Vergleich zu den südlichen Bundesländern haben Bremen und die anderen norddeutschen Länder weniger Feiertage. Während Bremen, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg und Berlin jeweils nur neun Feiertage im Jahr haben, liegt die Zahl in Bayern, in Baden-Württemberg und im Saarland jeweils bei zwölf. Wir haben also drei Feiertage weniger, und das empfinden viele Menschen in Norddeutschland als ungerecht, zumal vor Jahren zugunsten der Pflegeversicherung der Buß- und Bettag gestrichen wurde.
Daher war das 500. Jubiläum des Reformationstages Anlass für einige CDU-Politiker - Herr Röwekamp hat uns die Sicht seiner Partei vorgestellt -,
aber auch für die Ministerpräsidenten der norddeutschen Bundesländer, laut über einen neuen Feiertag nachzudenken und den Reformationstag als Feiertag einzufordern, wobei auch ich finde, dass die Entscheidung über einen Feiertag am Ende ganz klar bei der Legislative, dem Parlament, liegen muss und nicht bei der Exekutive liegen darf.
Die Reformation war zugegebenermaßen ein bedeutendes Ereignis in Deutschland, das zu einem Wandel der Kirche und der gesamten Gesellschaft führte. Die Praxis der Kirche, den Menschen gegen Geld die Sünden zu erlassen, widerstrebte Martin Luther. Ich sage, zu Recht! Er sah im Ablasshandel einen Missbrauch und forderte stattdessen eine Rückbesinnung auf die biblischen Grundlagen des Evangeliums. Das waren am Ende die 95 Thesen. Er wollte die Kirche reformieren, er wollte sie erneuern. Er wollte sie eigentlich nicht spalten, aber einmal angestoßen ließ sich diese Bewegung nicht mehr stoppen.
Ich teile allerdings nicht die Einschätzung, dass der Reformationstag kein kirchlicher, sondern ein weltlicher Feiertag sei. Das erscheint mir, ehrlich gesagt, als Argument, um die Menschen, die sich gegen einen weiteren kirchlichen Feiertag wehren, doch noch vom Reformationstag zu überzeugen. Mir geht es genauso mit dem Antrag, der in Hamburg beschlossen werden soll. Demnach soll der Feiertag nicht „Reformationstag“, sondern „Tag der Reformation“ heißen. Angesichts dessen komme ich mir ein bisschen veräppelt vor. Auch der Hamburger Vorschlag hat den Anschein, dass man versucht, weil man um die Kritik an der Person Luther weiß, dem Ganzen einen weltlichen Anstrich zu geben.
Der Reformationstag ist nicht von der Person Luther zu trennen, auch wenn behauptet wird, man wolle keinen Luther-Tag, sondern es solle ein Reformationstag werden. Wir brauchen uns doch nur anzuschauen, wie das 500. Jubiläum der Reformation gefeiert wurde: Es war ein Luther-Kult, es war ein Personenkult. Herr Röwekamp, Sie selbst haben das Playmobilmännchen hier vorn hingestellt. Das ist doch Ausdruck eines Luther-Kults. Daher kann man nicht behaupten, die Reformation habe gar nicht so viel mit Luther zu tun oder man wolle seiner nicht gedenken. Am Reformationstag 2017 hat man seiner sehr wohl gedacht! Es ist nun einmal so, dass diese Person nach 500 Jahren nicht unumstritten ist. Das gehört zu dem Gesamtbild dazu.
Ich bin evangelisch, aber auch ich sehe Luther durchaus kritisch. Luther war ganz klar ein Antisemit. Darauf sind etliche Vorredner schon eingegangen. Er war nicht tolerant gegenüber anderen Religionen. Aus diesem Grund hat auch die Jüdische Gemeinde in Niedersachsen gegen die Einführung des Reformationstags als gesetzlicher Feiertag protestiert.
In der letzten Bürgerschaftswoche haben wir eine Antisemitismusdebatte geführt. Wir haben erfahren, dass sich der Antisemitismus nicht nur im übrigen Europa, sondern auch bei uns wieder ausbreitet. Auch das sollten wir in dieser Debatte berücksichtigen.
Luther ist auch aus anderen Gründen umstritten. Er stellte sich nämlich im Bauernkrieg nicht auf die Seite der Unterdrückten, des armen, hungernden Landvolks, der Bauern. Im Gegenteil, er unterstützte die Unterdrücker. Wer bei der Reformationsfeier im vergangenen Jahr im Dom war, der erinnert sich sicherlich noch an verschiedene Zitate Luthers, die dort Thema waren. Eines lautet: „Tritt fest auf, mach’s Maul auf, hör bald auf!“ Das soll übersetzt heißen: Sei selbstbewusst! Misch dich ein, wo es nötig ist! - Ich finde, das ist ein gutes Zitat. Aber es galt eben nicht für die Bauern!
Betont wird oft die Kritik des Reformators am Klerus. Luther war aber eindeutig ein Befürworter der Obrigkeitshörigkeit. Auch dafür gibt es Belege. Als am Ostersonntag des Jahres 1525 Graf Ludwig von Helfenstein mitsamt seinen Begleitern vor den Toren der Stadt Weinsberg von Bauern ermordet wurde, reagierte Luther tollwütig. Er sagte - ich zitiere -: „Man soll sie zerschmeißen, würgen, stechen, heimlich und öffentlich … wie … einen tollen Hund …“ Damit waren die Bauern gemeint, nicht die Obrigkeit. Aus diesem Grund sehen viele Menschen den Reformationstag kritisch.
Zum anderen muss man zugeben, es wäre ein Feiertag, der nur für Protestanten wirklich eine Bedeutung hätte. In Bremen sind nur noch gut 32 Prozent der Einwohner evangelisch. Gut 50 % der Bremer sind konfessionslos. Es ist ein legitimer Kritikpunkt, dass sich nicht alle Bremerinnen und Bremer hinter diesem Feiertag versammeln können. Der Reformationstag ist meines Erachtens kein Feiertag, der verbindet.
Herr Röwekamp, Sie haben vorhin gesagt, mit der Einführung des Reformationstags solle auch den Fliehkräften in der Gesellschaft, der Angst vor
Überfremdung entgegengewirkt werden. Der Reformationstag solle im Prinzip ein Allheilmittel sein. Diese Auffassung teile ich nicht. Der Reformationstag ist kein Feiertag, in dem sich die Gemeinsamkeit der Gesellschaft wiederfindet. Ich finde, es ist nicht der Tag der Gemeinsamkeit, sondern vielmehr ein Tag, der nicht nur in der Politik, nicht nur in den Landtagen, sondern auch in der gesamten Gesellschaft durchaus Kontroversen ausgelöst hat.
Aus den genannten Gründen sind wir Grünen mehrheitlich für einen echten weltlichen Feiertag. Unser Favorit ist der 8. Mai, der Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus. An diesem Tag im Jahr 1945 endete in Europa der Zweite Weltkrieg, dem Millionen Menschen zum Opfer fielen. Es endete der Holocaust, die Schoah, der nationalsozialistische Völkermord an 5,6 Millionen bis 6,3 Millionen europäischen Juden. Der Tag der Befreiung von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft ist unseres Erachtens ein Tag für die Demokratie. Die Einführung des 8. Mai als gesetzlicher Feiertag wäre ein starkes Signal für die Demokratie. Gerade in der heutigen Zeit mit einer erstarkten Rechten, in der AfDAbgeordnete wie Herr Höcke vom HolocaustDenkmal als einem „Mahnmal der Schande im Herzen der Hauptstadt“ und von einer „dämlichen Bewältigungspolitik“ sprechen, müssen wir ein Zeichen setzen, dass die Gesellschaft für die Demokratie einsteht und den Nationalsozialismus ächtet. Nationalsozialistisches, völkisches Gedankengut hat in unserer Gesellschaft nichts zu suchen. Wir finden mehrheitlich, dass der 8. Mai hier ein demokratisches Zeichen setzen würde.
Weitere Vorschläge, zum Beispiel der Tag des Grundgesetzes, wurden an uns herangetragen. Im Moment sieht man allerdings hier in der Bürgerschaft keine Chance, für diesen Feiertag eine Mehrheit zu finden und ihn zu beschließen.
Die Fraktion DIE LINKE hat in einem Antrag den 8. März, den Weltfrauentag, als Feiertag benannt. Auch hierfür gibt es bei uns Grünen durchaus Sympathien. Frau Vogt ist darauf eingegangen. Der Weltfrauentag geht zurück auf die Initiative sozialistischer Organisationen in der Zeit vor dem und im Ersten Weltkrieg im Kampf um die Gleichberechtigung, das Wahlrecht für Frauen und die Emanzipation von Arbeiterinnen. Das Frauenwahlrecht wurde 1918 eingeführt, vor genau 100 Jahren. Auch das ist, wie der Reformationstag 2017, ein runder Geburtstag. Deswegen hielten wir es für ein
gutes Signal, wenn der Weltfrauentag zum Feiertag erklärt würde. Die Vereinten Nationen erkoren ihn später zum Tag der Vereinten Nationen für die Rechte der Frau und den Weltfrieden.
Wir diskutieren hier oft über die Ungleichbehandlung der Frauen, das höhere Risiko für Altersarmut, die Bürden von Alleinerziehenden, die ungleiche Bezahlung bei gleicher Arbeit und so weiter. Wir sind auch heute noch weit von einer echten Gleichberechtigung von Männern und Frauen entfernt.