Protokoll der Sitzung vom 21.02.2018

(Beifall SPD)

Patrick Öztürk - und das sage ich hier ganz deutlich - hat das Parlament belogen. Er hat sich hier hingestellt und hat gesagt, dass er mit den ganzen Vorgängen nichts zu tun habe, er habe nichts davon gewusst, es sei sein Vater gewesen, und er sei völlig schuldlos. Der Untersuchungsausschussbericht - und wer es nachlesen möchte, der kann es tun - belegt, dass er bis in die Details hinein, ich habe immer gesagt, dein Vater weiß doch gar nicht, was Gender-Mainstreaming ist, den Sozialleistungsbetrug mitorganisiert hat.

Man kann auch nachlesen, dass sich Patrick Öztürk in der Verwaltung informiert hat, auf welche Weise die Anträge zu den unterschiedlichen Programmen gestellt werden müssen. Die eingeholten Informationen sind innerhalb kürzester Zeit bei seinem Vater gelandet. Es ist alles richtig, was in dem Bericht zu den Diskussionen steht, wer bei den Kontrollen versagt hat, nicht, dass ich missverstanden werde, aber ich will, dass die Täter genannt werden. Die Täter waren diejenigen, die den Sozialbetrug organisiert haben.

(Beifall SPD)

Die Täter sind nicht diejenigen, die im Rahmen des Kontrollverfahrens versagt haben. Für mich ist das ein ganz elementarer Unterschied.

Ich bin von einem Patrick Öztürk sehr enttäuscht, der sich im Grunde genommen bis zuletzt hinstellt und sagt: Er sei tief in seinem Herzen Sozialdemokrat, und dann betrügt er genau diejenigen, die es im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets am nötigsten haben. Das bringt mich als Sozialpolitiker auf die Palme. Das sind die Kinder, die auf die Sprachförderung angewiesen sind,

(Beifall SPD)

und genau an der Stelle zockt er das System ab. Ich glaube, dass eine Wort war jetzt nicht parlamentarisch. Entschuldigung!

(Abg. Frau Grotheer [SPD]: Das ist, glaube ich, un- tergegangen!)

Ich glaube, wir müssen darüber nachdenken - und das ist auch meine Erfahrung in einem größeren Kreis, als nur in diesem konkreten Fall -, dass die Sozialsysteme an bestimmten Punkten betrugsanfällig sind. Das ist nicht nur in diesem Fall so gewesen, sondern das ist insgesamt so. Wenn sich ein

paar Leute zusammenschließen, wenn sie sich absprechen und wenn sie gemeinsame Sache machen, dann ist das ganz schwer kontrollierbar.

Ich will es auch noch einmal sagen: Als es am Anfang um die Frage der Freizügigkeit ging, haben sowohl das Jobcenter als auch die Sozialbehörde Seminare durchgeführt, wie der Sachverhalt rechtlich einzuordnen ist. Es ist eine riesengroße Unsicherheit im Hinblick auf die Freizügigkeit vorhanden gewesen. Man war sich darüber im Klaren, dass das nicht einfach wird. Man hat versucht, sich zu informieren, wie mit der Freizügigkeit umzugehen ist. Das war in der Anfangsphase.

Dann ist es zu dem Betrug gekommen, der nur möglich geworden ist, weil sich mehrere zusammengetan haben. Die Wohnungseigentümer, die Hauseigentümer der Schrottimmobilien, die Arbeitgeberseite, die auch Arbeitsverträge ausgefertigt hat, und dann ist es sehr schwer, dieses Dickicht zu durchdringen. Sie haben ein paar Fehler gemacht, obwohl sie sehr klug gewesen sind. Sie haben teilweise das gleiche Kopierpapier genommen, und es war letztlich ersichtlich, dass irgendetwas nicht stimmt. Es gab Hinweise, und das stimmt auch. Meine Kolleginnen und Kollegen haben in der Debatte sehr deutlich gemacht, dass das Kontrollsystem im weiteren Verfahren komplett versagt hat.

Ich glaube aber, dass man mit Fug und Recht hier und heute das sagen kann, was meine Vorredner auch gesagt haben: Dieser Mensch hat hier in diesem Parlament nichts mehr verloren! Ich glaube, es ist auch eine Frage der eigenen politischen Moral - und ich argumentiere jetzt überhaupt nicht juristisch an dieser Stelle -, wenn ich mich hier hinstelle und mich so verhalte, als ob nichts gewesen sei. Heute ist er gar nicht gekommen, und ich kann gut verstehen, warum er nicht gekommen ist.

Ich hätte es ihm auch gern selbst gesagt - und ich habe es auch schon in einigen Debatten gesagt -, ich finde, es wäre jetzt politisch anständig, einen Schlussstrich zu ziehen und das Mandat niederzulegen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. vom Bruch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich aus meiner Sicht zum Schluss ein paar Bemerkungen

zu dem machen, was die Kollegen hier zum Teil vorher kundgetan haben.

Zunächst einmal sage ich deutlich, ich freue mich, dass in Bezug auf die Frage, inwieweit Patrick Öztürk Teil des Systems ist und inwieweit hat Patrick Öztürk hier Konsequenzen zu ziehen, keine Meinungsunterschiede festzustellen sind. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass das Haus dies auch an dieser Stelle noch einmal deutlich macht.

Frau Grotheer, ich bedaure ein bisschen, dass Sie in Ihrem letzten Beitrag ganz zum Schluss der Versuchung nicht ganz haben widerstehen können, hier einen parteipolitischen Aspekt und eine parteipolitische Diskussion davon zu machen.

(Abg. Frau Grotheer [SPD]: Ich? Starker Tobak, Herr Kollege!)

Denn ich sage Ihnen ganz deutlich, lassen Sie mich zwei Bemerkungen machen. Die erste Bemerkung ist, Eingangs des Untersuchungsausschusses war es tatsächlich eine legitime und auch naheliegende Vermutung, dass Patrick Öztürk seine parteiwerberischen Aktivitäten in Ausbeutung von Betroffenen in Bremerhaven nicht ohne Bemerken der SPD hat machen können. Das will ich an dieser Stelle feststellen. An dieser Vermutung kann man aus heutiger Sicht in meinen Augen überhaupt nichts beanstanden, denn sie war naheliegend, meine Damen und Herren!

(Beifall CDU - Abg. Frau Grotheer [SPD]: Aber heute ist sie widerlegt! - Abg. Röwekamp [CDU]: Sie ist nicht widerlegt, sie ist nur nicht belegt!)

Das Zweite, was ich mit Blick auf die SPD gern sagen würde, ist nur ein Satz. Ich habe auch gesagt, dass ich mich eigentlich nicht an einem weiteren Bashing in Bezug auf Herrn Rosche nicht weiter äußern möchte. Trotzdem sage ich auch im Hinblick auf dessen, was Sie hier provoziert haben, Folgendes: Herr Rosche wäre das, was er geworden ist und was er nie hätte sein dürfen, ohne die SPD nie geworden, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU)

Lassen Sie mich zwei Bemerkungen zum Kollegen Janßen machen. Herr Kollege, ich bin in der Hinsicht sehr bei Ihnen, wenn Sie sagen - und darauf haben Sie immer wieder hingewiesen -, günstiger Wohnraum, günstiger verfügbarer Wohnraum war ein Teil dessen, was Menschen vom Balkan nach Deutschland gelockt hat. Ich bleibe aber dabei,

dass auch ein mangelhaft in Europa harmonisiertes Kindergeld mit dazu beigetragen hat, Fehlanreize zu geben, dass Menschen nach Deutschland kommen, die eigentlich ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten können. Deshalb bleibt es das Ziel, das Kindergeld zu harmonisieren. Meine Damen und Herren, das Kindergeld war in diesem Zusammenhang ein Teil des Problems.

(Beifall CDU)

Mit Blick auf den Zoll, den Sie ja auch erwähnt haben! Ja, man kann die Arbeit des Zolls kritisieren, das habe ich an dieser Stelle auch getan. Das ist legitim, und das ist sicherlich auch notwendig. Die Arbeit des Zolls war kritikwürdig. Man kann sich sicherlich auch darüber streiten, ob es in diesem Zusammenhang möglicherweise zweckmäßig ist, einen Aufgabenzuschnitt zu verändern. Ich finde es allerdings abseitig, dies mit irgendwelchen Kontrollrechten im Bund zu begründen und damit den Zoll unter einen generellen Verdacht der mangelnden Kontrolle zu stellen. Das ist für mich ein abseitiges Argument, und das ist für mich in diesem Falle auch ein begründungsloses Argument, dem ich nicht folge.

Meine Damen und Herren, zu dem, was die FDP meistens richtig gesagt hat! In einem Punkt bleiben wir möglicherweise unterschiedlicher Meinung, ich will aber, weil der Kollege Timke darauf eingegangen ist, noch einmal etwas dazu sagen.

Niemand hat, glaube ich, hier gespart, darauf hinzuweisen, welche Rolle Herr Rosche tatsächlich gespielt hat. Ich bin auch nicht Ihrer Meinung, Herr Timke, dass das irgendjemand im Bericht verharmlost hätte. Ich bleibe aber dabei, dass es nicht die Aufgabe eines parlamentarischen Ausschusses ist, individuelle Schuld, individuelle Verantwortung im Sinne von Strafrecht, im Sinne von Dienstrecht und im Sinne von Haftungsrecht festzustellen. Wir sind kein Gericht, sondern wir sind ein parlamentarisches Gremium, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU)

Weiterhin möchte ich dazu sagen, dass es natürlich so ist, dass andere Behörden, die etwas mit den agierenden Personen zu tun haben, ob es der Magistrat ist oder ob es andere sind, das sei dahingestellt, nicht daran gehindert sind, diesen Bericht zu lesen und die eigenen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen. Es ist auch nicht so, dass wir mit dem, was wir gesagt haben, in Abrede stellen wollen, dass es dienstrechtliche oder haftungsrechtliche

Konsequenzen geben könnte. Sie sind aber nicht Teil der Feststellungen des Untersuchungsausschusses. - Herzlichen Dank!

(Beifall CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen

Im Übrigen teile ich Ihnen mit, dass der Abgeordnete Patrick Öztürk eine Erklärung abgegeben hat, die er aus gesundheitlichen Gründen hier nicht persönlich vorgetragen kann. Sie wird allen Abgeordneten per E-Mail zugeleitet.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von dem Bericht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Sozialbetrugsverdacht“ Kenntnis.

Menschen entlasten - Zeitumstellung auf europäischer Ebene abschaffen Antrag (Entschließung) der Fraktion der FDP vom 14. Februar 2018 (Drucksache 19/1539)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Schulz.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Professor Dr. Hilz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herrn Schulz sehe ich im Moment nicht, vielleicht kommt er gleich noch.

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Eben war er zu Bremer- haven da, jetzt ist er gar nicht mehr da!)

Wir haben die Debatte im Europäischen Parlament zum Anlass genommen, in die Bürgerschaft einen Entschließungsantrag einzubringen. Es handelt sich um eine langjährige Forderung, die aus FDPKreisen mehrfach - und auch von mir persönlich - vorgetragen worden ist. Die Zeitumstellung soll abgeschafft werden, um die Menschen zu entlasten.

Wer kennt es nicht, Ende März und Anfang Oktober muss man einmal durch das Haus gehen, um die Uhren neu zu stellen. Dann steigt man in das

Auto, man muss dann wieder das Bedienungshandbuch heraussuchen und schauen, welche Schritte zu tun sind, um die Uhr im Auto umzustellen.

(Abg. Timke [BIW]: Bei mir geht das automatisch! - Abg. Röwekamp [CDU]: Ich muss das auch immer tun! - Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Beim Fahrrad ist das unproblematisch!)

Einige investieren in etwas anderes, einige investieren gern in Autos, und dann geht das automatisch. Funkuhren gibt es auch!