Klaus Möhle
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Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für mich ist es in gewisser Weise eine kleine Premiere, denn so nah, Herr Röwekamp, war ich Ihren Positionen in den ganzen Jahren, glaube ich, noch nie. Ich sehe Vieles von dem, was Sie gesagt haben, und auch von dem, was mein Kollege Fecker gesagt hat, ganz genauso.
Ich erinnere mich sehr gut an das Jahr 2015, als in sehr kurzer Zeit sehr viele Menschen nach Bremen kamen. Das Problem war nie die Vielzahl der Menschen, sondern die Kürze der Zeit. Das Sozialhilfesystem ist damals kollabiert. Ich habe mich noch öffentlich aufgeregt und gesagt: Container bauen, das können wir nicht machen. Wir können Menschen nicht in Containern unterbringen. Nachher waren wir froh, dass wir Container hatten, und sind irgendwann bei Zelten gelandet.
In dieser wirklich sehr aufgeregten Zeit, finde ich, hat Bremen klug gehandelt, dass wir es nicht den Populisten überlassen haben, Hetze zu treiben, sondern dass wir sehr sorgfältig darüber nachgedacht haben, in welchem Bereich wir welche Initiativen, welche Verbesserungen ergreifen müssen. Da will ich einmal sagen, dass Bremen das im Großen und Ganzen doch sehr gut gemacht hat
bei allem, das man vielleicht auch kritisieren könnte, aber im Großen und Ganzen sehr gut. Ich finde, zu der Zeit damals, als Herr Schäuble noch Finanzminister war, hat die Erwartung, dass der Bund sich an den Kosten für die Flüchtlinge beteiligt, dass die überhaupt stattfindet, das hat eine
Zeit gedauert, und es war auch notwendig, darauf hinzuweisen, dass man die Verantwortung nicht auf die Kommunen und auf die Bundesländer abwälzen kann, weil wir gar nicht in der Lage sind, schon gar nicht als Haushaltsnotlageland, die Situation zu bewältigen.
Dass das am Ende geglückt ist und dass wir tatsächlich Zuschüsse und Unterstützung bekommen haben, das war auch bitter nötig. Es geht ja nicht nur darum, dass diejenigen, die hier ankommen, etwas zu essen, zu trinken und zum Wohnen haben. Wir haben teilweise Flüchtlinge, hoch traumatisiert, die eine spezialtherapeutische Behandlung brauchen. Die ist nicht umsonst zu haben. Uns fehlten Therapeuten, uns fehlten Übersetzer, uns fehlten überall diejenigen Menschen, die sich als Fachpersonal um diese Geflüchteten kümmern. So gesehen schließe ich mich absolut an, was den Aufruf an unseren Bürgermeister in Berlin betrifft, dafür zu kämpfen, dass genau die Seite im Haushalt geändert werden muss.
Ich sage das als Sozialpolitiker, nicht als Finanzpolitiker, und ich will jetzt auch gar nicht über Steuerpolitik reden, obwohl ich da auch einiges zu sagen hätte. Wenn Ihr Spitzenkandidat der Fraktion der CDU jetzt schon andeutet, im Sozialbereich müsse man Kürzungen vornehmen, da sei etwas zu streichen, wenn das auch der neue Junge-UnionVorsitzende überall schon laut erzählt, dann sage ich Ihnen einmal ganz ehrlich, dass im Sozialressort zu kürzen fast nicht möglich ist. Wir haben eher in allen Bereichen, sei es die Jugendhilfe, sei es der Kinderschutz, egal wohin Sie schauen, eine sehr angespannte Situation.
Dass sich das allmählich etwas lockert und verbessert, dass man in der Sozialpolitik wieder Luft bekommt, das halte ich für einen positiven Aspekt. Aber wenn das Geld nun gleich wieder gestoppt wird, dann sehe ich ehrlich gesagt sehr viel an Gemeinsamkeit mit der Frage der Integration, mit der Frage der Inklusion. Die sehe ich insgesamt dann eher auf dem absteigenden Ast.
Es hat damals ja schon einmal eine Zeit gegeben, in der man meinte, man könnte 40 Millionen Euro aus dem Sozialaushalt einfach so herausschneiden. Ich warne davor, immer zu denken, in dem Bereich sei es nicht nötig. Ganz im Gegenteil. Wir haben in diesem Bundesland eine große Schere zwischen Arm und Reich. Wenn wir allein das betrachten, dann kann es nicht sein, dass wir insgesamt weniger Geld haben, und wenn wir für die Flüchtlinge weniger Geld von der Bundesebene bekommen,
dann müssen wir das mit eigenen Mitteln kompensieren. Woher sollen die denn dann kommen? Die Frage stelle ich einmal an dieser Stelle.
Ein Projekt, das mir selbst und im Übrigen auch der Fraktion DIE LINKE, dem Kollegen Tuncel, der jetzt nicht da ist, ganz stark am Herzen liegt, ist, dass wir in Bremen eigentlich die Verantwortung haben, 20 jesidische Frauen hierher zu holen, weil die ganz besonders gequält, gedemütigt, vergewaltigt werden, alles, das ganze üble Programm. Dass wir uns so schwertun, diese 20 Frauen nach Bremen zu holen, hat nicht nur etwas mit Bremen zu tun, das hat auch mit der Bundesebene zu tun. Auch das kostet Geld, weil das einer Spezialbehandlung bedarf, und ich bin sehr davon überzeugt, dass wir das aus humanitären Gründen leisten können müssten.
Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, plädiere ich dafür, dass – –. Ich weiß gar nicht, ob man den Erfolg des Bürgermeisters an der jeweiligen Lautstärke erkennt. Ich glaube, dass er schon sehr genau weiß, worum es uns an der Stelle geht und dass wir diese Mittel in der Sozialpolitik dringend vom Bund brauchen und nicht allein kompensieren können. In dem Sinne, lieber Herr Bürgermeister, haben Sie die volle Unterstützung der Fraktion der SPD, in Berlin zu handeln und dafür zu kämpfen.
Der frühere Bürgermeister in Hamburg, Olaf Scholz, müsste eigentlich aus eigener, ganz naher Anschauung sehr genau wissen, was das mit den Kommunen und den Ländern macht. Ich finde, daran kann man den auch einmal erinnern – und ich spreche wirklich nur für diesen Bereich des Haushalts –, dass man da seine sozialpolitische Sicht der Dinge nicht verstecken kann, sondern dass man auch im Interesse des Gemeinwohls vornweg sein muss. Ich möchte nämlich nicht, dass wir in Bremen irgendwann eine Situation bekommen, in der die Flüchtlinge hinten hinunterfallen und man den Populisten freie Bahn für Hetze jeder Art lässt.
Ich möchte, dass wir das, was wir bisher geleistet haben, ordentlich fortsetzen, vielleicht sogar in der einen oder anderen Frage verbessern können. Das Argument, es kämen jetzt weniger, das ist wahr. Es kommen jetzt weniger. Jetzt haben wir endlich in den Einrichtungen einmal ein bisschen mehr Luft,
ein bisschen mehr Platz. Man kann das Ganze ein bisschen entzerren und das kostet natürlich Geld.
Wenn Sie glauben, wir könnten von nun an auf einen Schlag einmal alle Einrichtungen abschaffen – –. Ich plädiere in der Deputation für Soziales, Jugend und Integration ständig dafür, dass wir einen ordentlichen Puffer behalten müssen, weil niemand weiß, ob es nicht eine Situation gibt, in der es dann doch wieder mehr sind, die nach Bremen kommen. Das muss sehr genau diskutiert, sehr genau abgewogen werden, aber einen gewissen Puffer an Unterkünften, den müssen wir uns erhalten und das muss man sich auch leisten können. In diesem Sinne bitte ich Herrn Bürgermeister Dr. Sieling, sich in Berlin dafür einzusetzen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit Verlaub, die Bemerkung, dass das gewollt sei, die weise ich dann doch entschieden zurück.
Ich glaube, es gibt hier im Hause niemanden, den der hohe Anteil der Armut, insbesondere bei Kindern und alleinerziehenden Frauen unberührt lässt.
Ich fange einmal anders an. Ich möchte gern aus den Kinderrechten zitieren. In Artikel 2 heißt es: „Alle Kinder haben die gleichen Rechte, kein Kind darf benachteiligt werden.“ Dann heißt es: „Kinder haben das Recht, bei allen Fragen, die sie betreffen, mitzubestimmen und zu sagen, was sie denken.“ Das sind Artikel 12 und 13. „Kinder haben das Recht, gesund zu leben, Geborgenheit zu finden und keine Not zu leiden.“ Das ist Artikel 24. Allein diese drei Artikel weisen ganz deutlich darauf hin, dass wir an der Frage gründlich weiterarbeiten müssen. Niemand kann wollen, dass es Kindern in diesem Land schlecht geht. Den Vergleich zu ziehen und zu sagen: Eigentlich ist es eine Gesellschaft, die reich ist, und auf der anderen Seite diese Kinderarmut zu ertragen, das kann ich auch nicht. Ich kann das, ehrlich gesagt, kaum ertragen.
Wenn man die Folgen von Kinderarmut aus der Sicht des Kindes betrachtet, und ich habe mir angewöhnt, in Fragen des Kindeswohls, bei all diesen Fragen, diese so zu stellen, was für die Kinder das Beste und was für die Kinder richtig ist. Da hat man sicherlich im Laufe der Geschichte, auch der Pädagogikgeschichte, heute andere Maßstäbe als vielleicht noch vor 100 Jahren. Aber Armut ist immer eine Geißel gewesen und ein sehr großes Problem.
Ich glaube, dass wir in der Frage, wie wir das Problem auflösen können, mit der Grundsicherung gar nicht so weit auseinander liegen. Ich glaube, dass der Weg nur so sein kann. Man muss dann aber gerechterweise sagen, dass wir für eine Änderung in diese Richtung eine Bundesgesetzgebung brauchen. Das können wir von Bremen aus allein nicht hinbekommen. Genau das sagt im Übrigen der Bericht aus dem Sozialressort, dass man auf Bundesebene in einer Arbeitsgruppe der Sozialminister und -senatoren arbeite, um in der Bundesrepublik zu einer einheitlichen Lösung zu kommen.
Das zu unterstützen finde ich richtig, finde ich notwendig, und ich glaube, dass man immer auch fragen kann, welche Probleme wir denn im Land Bremen lösen können. Da haben wir vieles probiert. Wir haben das mit der blauen Karte, mit der Teilhabe probiert, wir haben relativ viele Maßnahmen beschlossen und auch durchgeführt. Ich habe den Eindruck, dass der Kern der Kinderarmut an der Stelle aber tatsächlich nicht aufzubrechen ist. Teilhabe kann man organisieren, das machen wir sogar einigermaßen erfolgreich, aber am Ende des Tages ist Kinderarmut im Grunde genommen die Armut der Eltern.
Deswegen gibt es für uns zum Beispiel zu der Frage einen unmittelbaren Zusammenhang, wie hoch eigentlich der Mindestlohn ist. Ich finde die aktuelle Forderung richtig, dass er auf zwölf Euro erhöht werden muss, das finde ich wegweisend. Das hilft gerade den Familien, die Kinder haben, Kinder großziehen und den Kindern Gutes tun wollen, das tatsächlich tun zu können. Ich unterstelle keinen Eltern, dass sie das nicht wollen, dass sie ihren Kindern nicht die nötige Aufmerksamkeit, Unterstützung, die nötigen Hilfen et cetera geben wollen. Aber wenn die finanziellen Ressourcen dafür nicht da sind, dann hat man natürlich ein großes Problem. Deswegen glaube ich, dass wir insbesondere in den Bereichen der Löhne und der Bezahlung für Arbeit eine deutliche Verbesserung bräuchten.
Wir haben in Bremen nach wie vor, – man muss nicht so tun, als sei das Armutsproblem ein ganz isoliertes, – über 600 Kindern, die in Obhut genommen werden müssen, weil es in den Familien nicht geht. Das ist für mich eine unerträglich hohe Zahl. Ich glaube, dass der Ansatz, Familien zu helfen, nicht nur finanzieller Art sein darf, sondern immer auch eine soziale und psychosoziale Hilfestellung anbieten muss. Das ist allein über die Frage des Geldes nicht zu entscheiden und nicht hinzubekommen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass das eine Aufgabe ist, bei der man in all den Fragen, wie Grundsicherung ja oder nein, am Ende des Tages immer auch Geld in die entsprechenden sozialen Strukturen geben muss, damit man das leisten kann. Das heißt, wir brauchen gut ausgestattete Kitas, wir brauchen gut ausgestattete Grundschulen. Das alles brauchen wir, und das alles gehört im Grunde genommen dazu, den Kindern, die in Armut leben, zu helfen.
Lassen Sie mich kurz etwas sagen: Ich bin sonst kein begeisterter Anhänger davon, Studien zu zitieren, aber ich finde die Studie der BertelsmannStiftung zu Bedarfen von Kindern und Jugendlichen in Deutschland dieses Mal ausnehmend gut, weil die tatsächlich Kinder und Jugendliche befragt haben, was diese glauben, zu entbehren und zu benötigen. Das kann man sehr gut in dieser Studie nachlesen, ich will das hier nicht alles vortragen. Ich will aber sagen, dass mich erschüttert, dass es wenige Kinder gibt, die Hunger, also nicht genug zu essen haben, aber es Kinder gibt, die nicht genug zu essen bekommen.
Und das wird in dieser Studie auch klar. Das müsste uns eigentlich alle in hohem Maße aufrütteln.
Um das noch in einem Satz zu sagen: Den Antrag der FDP-Fraktion, dessen Fragen schon im Mai 2017 das erste Mal verhandelt worden sind, zwei Tage vor der Sitzung einzureichen, finde ich ein wenig absurd, aber das nur am Rande. Ich glaube, dass ein neuer Begriff mit Chancen oder Ähnlichem die Diskussion eher verwirrt als befördert.
Ich würde mir wünschen, dass Sie auf allen Ebenen Ihrer politischen Möglichkeiten dafür sorgen, dass wir ein vernünftig austariertes Grundeinkommen und eine Kindergrundsicherung bekommen. Ich wäre glücklich, wenn uns das gelänge. In dem Sinne sollten wir alle hier im Hause weiterarbeiten. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich verstehe, dass Wahlkampf ist und dass jede Partei für sich beansprucht, das beste Konzept zu haben, das es auf der Welt so gibt. Es nützt nur nichts.
Wir brauchen am Ende des Tages ein Konzept, das hat Herr Dr. Güldner auch gesagt, das auf Bundesebene mehrheitsfähig ist, und zwar in beiden Kammern, sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat. Wenn ich mir dann die Debatte hier und heute anschaue und feststelle, dass es doch sehr viele Gemeinsamkeiten gibt, dann sollten wir uns irgendwie darauf verständigen, dass wir die Gemeinsamkeiten nach vorn und das Trennende nach hinten stellen, damit wir hier wenigstens zu einer gemeinsamen Haltung des Bremer Parlaments kommen, um dann auch mit der geballten Kraft dieses Parlaments mit drei Stimmen im Bundesrat für Mehrheiten zu sorgen. Ich habe den Senat so verstanden, dass er genau das auf Bundesebene in den Verhandlungen in den entsprechenden Arbeitsgruppen probiert. Das als eine lahme Ente zu bezeichnen entspricht nicht meinem Politikverständnis.
Ich wünschte mir schon vor zehn Jahren, dass wir das Problem gelöst hätten. Wir haben ganz viele Ansätze probiert. Ich sage einmal, selbst wenn man für Teilhabe Angebote macht, dann muss man feststellen, dass das die Kinderarmut nicht verhindert oder beseitigt, sondern dass es sie bestenfalls lindert. Deswegen glaube ich, dass wir, und da gebe ich dem Kollegen Dr. Buhlert ganz recht, das System tatsächlich ganz grundsätzlich neu aufstellen müssen. Und ich finde den Einwand, je mehr man verdient, desto besser wird man gefördert, auch absurd. Das muss genau umgekehrt werden. Das will aber die Fraktion DIE LINKE an der Stelle, glaube ich, auch, wenn ich das richtig verstanden habe. Mein Appell an dieser Stelle geht jedenfalls in die Richtung, eher über das Gemeinsame zu diskutie
ren und zu versuchen. Überhaupt soll auch niemand so tun, als hätte man schon die beste Lösung aller Zeiten, sondern das wird am Ende ein sehr schwierig auszuhandelnder Kompromiss sein. Ich hoffe, dass das Ende für die Kinder gut ausgeht, denn die sollte man bei all den auch ideologischen, politischen und sonstigen Streitereien nicht aus dem Blick verlieren. Es geht um die Kinder, die darunter leiden, in Armutsverhältnissen aufzuwachsen. Hier zu erzählen, wie schwer das für genau diese Kinder ist, sich im Leben zurechtzufinden, ist, glaube ich, nicht nötig. Ich gehe davon aus, dass das jeder im Kopf hat.
Also denken Sie nicht nur an Ihre eigene politische Sichtweise, sondern gehen Sie von den Kindern aus und versuchen Sie, insgesamt mit allen zusammen eine Lösung zu finden, die den Kindern hilft. Denn das wird wirklich Zeit an der Stelle. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass meine Vorrednerin in dem Punkt völlig recht hat, dass es gar keinen neuen Regelungsbedarf an der Stelle gibt. Das Problem, das Sie, Frau Grönert, beschreiben, ist, dass es vielleicht bei der aufsuchenden Altenarbeit und ähnlichen Einrichtungen nicht ausreichend viel Ehrenamtliche gibt, das sehe ich auch. Da muss man schauen, wie man das Ehrenamt stärken kann, damit mehr Menschen ein Interesse daran haben, solche Tätigkeiten auszuführen.
Ich glaube, dass wir im Übrigen sehr sorgfältig darüber diskutieren müssen, um welchen Pflegegrad es eigentlich geht. Es geht ja nicht darum, dass diejenigen, die schwerst zu pflegende Menschen zu Hause haben, in dem Sinne Ihres Antrags gemeint sein können. Die schließe ich auch aus, die meinen Sie, glaube ich, auch nicht, sondern es geht darum, dass man so etwas wie Haushaltshilfen, wie Unterstützung im Alltag im Alter erleben kann.
Wenn man jetzt einfach sagt, die Angehörigen können per se diese 125 Euro bekommen, und sie machen das dann schon, dann ist das aus meiner Sicht, ehrlich gesagt, auch ein Stück weit betrugsanfällig. Dann sagt die Oma, mein Neffe erledigt das, der kommt aber gar nicht. Wenn das über einen Träger passiert, ist sowohl die fachliche als auch die finanzielle Kontrolle deutlich besser gegeben, und ich bin fest davon überzeugt – was auch meine Vorrednerin gesagt hat –, dass wir in Bremen außerordentlich gut ausgebildete Angebote haben, die auskömmlich sind.
Was wir verbessern können, und das ist eine Frage des Ehrenamts generell, warum wird es eigentlich immer schwieriger, sich ehrenamtlich zu engagieren? Wenn ich in meinem Sozialverband, in dem ich ehrenamtlich tätig bin, feststelle, dass man noch nicht einmal einfach eine Einladung zum Butterkuchen treffen kann, weil dies dann sozusagen Schwierigkeiten mit dem Amt gibt, dann ist das natürlich auch ein Aspekt, ob ich eigentlich das Ehrenamt noch so gestalten kann, dass ich auch meine Anerkennung denjenigen zukommen lasse, die ehrenamtlich tätig sind. Ich würde eher in diese Richtung nachdenken, wie wir das Ehrenamt stärken können, als jetzt zu sagen, wir geben das in dem von Ihnen vorgetragenen Sinne frei.
Der Vergleich mit einem Bundesland, ich weiß gar nicht mehr genau welches – Sie haben ein Flächenland genannt und gesagt, die machen das anders – , also, in einem Flächenland herrscht auch eine komplett andere Situation. In Bremen ist es nicht nötig, solche Einrichtungen oder derartige Veränderungen, wie Sie es wünschen, zu schaffen. In dem Sinne würde ich gern länger über Pflege reden, aber der Antrag gibt das eigentlich nicht wirklich her. Es ist ein ganz kleiner Mosaikstein, der aus Ihrer Sicht helfen könnte und aus meiner Sicht nicht. Deswegen lehnen wir den Antrag ab. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich vor einiger Zeit über diesen Antrag nachgedacht habe, war die Diskussion über Hartz IV noch nicht so richtig im Gang. Aber es zeichnete sich ab, dass an der Stelle Reformbedarf besteht. Ich glaube, dass man im Nachhinein, wenn man sich Hartz IV vor Augen führt, nicht so tun darf, als wäre es auch damals schon ein Fehler gewesen. Was ich glaube, ist, dass es damals durchaus eine kluge Einrichtung war, dass aber die Zeiten sich deutlich verändert haben und man heute – ich glaube, zehn Jahre danach oder noch ein paar Jahre mehr – neu darüber nachdenken muss.
Die zentrale Frage ist: Was ist das Existenzminimum? Wie hoch ist das Existenzminimum und wie wird das eigentlich fair berechnet? Wir haben festgestellt, dass das bisher nun einmal nicht fair war, und fordern auf, diese Hartz-IV-Berechnung fair zu gestalten. Die entsprechenden Grundsätze, die die Existenzsicherung betreffen, die wird es in jedem anderen System geben, ob man das Harzt IV nennt oder anders, die werden bleiben. Es wird immer um die Frage gehen, wie wir das hinbekommen, diejenigen Menschen existentiell abzusichern, die nicht
in der Lage sind, durch ihrer Hände Arbeit ihr Einkommen, ihren Lebensunterhalb zu sichern.
Das können übrigens vielfältige Gründe sein, warum jemand nicht in der Lage ist. Aber Herr Schulz hat gerade von zwei Geschwindigkeiten in Bremerhaven geredet. Ich würde sagen, die ganze Republik hat zwei Geschwindigkeiten. Wir haben eine wunderbare Wirtschaftsentwicklung, eine Steigerung der Wirtschaftsfakten, der Wirtschaftszahlen, wir haben aber gleichzeitig die Schere zwischen Reichtum und Armut, die sich ständig weiter öffnet. Auf der unteren Hälfte, und das ist natürlich der Bereich, auf den man als Sozialpolitiker eher schaut, haben wir zunehmende Armut und auf der anderen Seite zunehmenden Reichtum. Ich finde, dass an der Stelle die Frage der Verteilung durchaus eine berechtigte ist. Ich glaube, der kann man sich tatsächlich nicht entziehen. Ich sage auch einmal, jeder der glaubt, dass einem das egal sein kann, wie die Menschen leben, die kein Auskommen haben, die kein Existenzminimum haben, der begreift nicht, was für eine sozialpolitische Sprengkraft in solchen Haltungen steckt.
Man darf sich über bestimmte Auseinandersetzungen in Europa insgesamt nicht wundern, wenn man auf der einen Seite Armut in dieser Dimension zulässt und so tut, als ginge einen das nichts an, und dann die Revolten auf der Straße hat. Da gibt es meiner Meinung nach klare Zusammenhänge. Ich möchte also, dass wir im Grunde genommen eine faire, eine ehrliche Berechnung des Existenzminimums machen. Da haben wir den Antrag gestellt, dass das auf Bundesebene eingebracht werden soll, weil Bremen das allein sicherlich nicht schaffen kann.
Nun gibt es einen Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE, der besagt, auf Landesebene, beispielsweise durch die Vertreterinnen und Vertreter der senatorischen Behörden, in der Trägerversammlung der Jobcenter auf die derzeitige Sanktionspraxis der Jobcenter im Sinne einer deutlichen Reduzierung und Entschärfung von Sanktionen einzuwirken. Das wollen wir gern mitmachten. Es gibt nichts Entwürdigenderes, nichts Erbärmlicheres als einen Bittsteller im Jobcenter, der wegen jeder Kleinigkeit drangsaliert und dann auch noch im Existenzminimum gekürzt wird. Das kann und darf an der Stelle nicht so weitergehen. Das müssen wir tatsächlich verändern.
Nun muss man fairerweise sagen, dass die Praxis der Bremer Jobcenter eigentlich schon länger eine rückläufige ist. Die Sanktionen haben abgenommen, sind nicht mehr so im Zentrum, wie das vielleicht noch vor ein paar Jahren war. Das muss man fairerweise sagen. Ich glaube gleichwohl, dass wir den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE gut und gern mitmachen können, weil er auch eine Frage der Würde, der Gerechtigkeit und insofern völlig in Ordnung ist.
Dem Antrag der Einzelabgeordneten Frau Wendland werden wir allerdings nicht zustimmen. Das hat einerseits den Grund, dass ich es überhaupt nicht in Ordnung finde, was sie inhaltlich sagt, aber auch formal ist das natürlich so, dass wir das als Bremer Parlament ohnehin nicht regeln können. Jetzt sagt sie, man solle sich auf Bundesebene für eine Abschaffung der Bedarfsgemeinschaften einsetzen. Ich halte das nicht für gerecht. Ich halte das nicht für ausgewogen und ich glaube, dass es wenig Sinn macht, das jetzt hier zu vertiefen. Frau Wendland wird das hier sicherlich anders vortragen. Wir werden jedenfalls diesem Änderungsantrag nicht zustimmen.
In diesem Sinne hoffe ich, dass wir eine faire Diskussion bekommen, die sich um soziale Gerechtigkeit rankt und die die Frage des Existenzminimums ins Zentrum stellt und nicht so sehr die Frage darüber, ob das Hartz IV heißt oder anders. Das ist für mich die ganz zentrale Botschaft. Im Übrigen vernimmt man auch von dem Bundesvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen, Herrn Habeck, ähnliche Wortmeldungen. Ich glaube, dass wir da eine gute Diskussion in der ganzen Republik hinbekommen können, und wünsche mir, dass das erfolgreich sein wird. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident! Ich wollte noch einmal darauf hinweisen, dass der Kern dieses Antrags ist, ausschließlich das Existenzminimum abzusichern. Ich wollte an dieser Stelle keine Debatte über das gesamte Sozialsystem führen,
weil das mindestens eineinhalb bis zwei Jahre dauert, bis man das reformiert hat. Diese Existenzsicherung ist aber relativ zügig herstellbar, das wollte ich gerade Herrn Dr. Buhlert noch einmal sagen.
Der zweite Punkt, den ich nicht in Ordnung finde, ist, dass hier nach wie vor ein Subtext transportiert wird, als seien die Arbeitslosen an ihrem Schicksal selbst schuld und als müssten sie nur ordentlich drangsaliert werden, um arbeiten zu gehen. Das Problem ist, dass die Arbeitsplätze nicht da sind. Das ist das Problem.
Das wollen Sie von der CDU und auch von der FDP einfach nicht zur Kenntnis nehmen. Jedwede Sanktion hat noch keinen einzigen Menschen zusätzlich in Arbeit gebracht. Das ist völliger Unsinn.
Der letzte Punkt, das wollte ich zu Herrn Schäfer sagen: Die Frage nach dem Erfolg unseres Sozialsystems so zu stellen, als wenn es nicht funktioniert, weil viele Sozialhilfe bekommen – –. Der Erfolg liegt einfach darin, dass die Menschen nicht elend auf der Straße sterben, –
sondern dass selbst diejenigen, die sozial geschwächt sind, hier noch eine Chance haben. Und das ist Erfolg einer Sozialpolitik und nicht nach dem Motto: Wir lassen das einmal alles so laufen und schauen, wohin es führt. Die war unterirdisch, Ihre Bemerkung zum Erfolg unserer Sozialpolitik. Das ärgert mich tatsächlich maßlos.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Als ich vor ungefähr 19 Jahren zum ersten Mal Abgeordneter dieses Parlaments geworden bin und in der Baudeputation war, gab es einen Ausschuss für Behinderte. Wenn ich mir ansehe, wo wir heute stehen, in der Frage der Inklusion, in der Frage der Teilhabe, mit diesem Thema, dann will ich an dieser Stelle einfach einmal sagen, dass im Laufe der Zeit eine ganze Menge Positives passiert ist.
Ich finde, man kann nach vorn schauen und sagen, es sind noch ganz viele Aufgaben vor uns. Man muss aber auch fragen: Was hat man eigentlich schon erreicht? Ich finde, das ist nicht unerheblich, und deswegen finde ich es wichtig, das zu erwähnen und auch die Schwierigkeiten, die es macht in dem Bereich voranzukommen, die sind durchaus vorhanden.
Ich habe das auf dem Behindertenparlament, das hier kürzlich stattgefunden hat, auch genauso gesagt. Ich habe aber dann auch gesagt, dass jeder, der das möchte – und ich finde, das muss man wollen – dass jedem, der das will, klar sein muss, dass das mehr Geld kostet. Das ist nicht umsonst zu haben. Wenn ich hier die Diskussion verfolge, in der immer gesagt wird: Na ja, demnächst haben wir ja mehr Spielraum. Das mag sein. Wenn ich alle Schulen, alle Gebäude, Neubauten ja sowieso, aber auch Altbauten barrierefrei hinbekommen will, wenn ich alle Einrichtungen in dieser Stadt, in diesem Bundesland barrierefrei, behindertengerecht machen will, dann kostet das mehr Geld.
Ich finde, dass man das auch als eine der Prioritäten setzen muss. Wir können nicht so tun, als wäre das ein Randproblem. Wir haben Behinderte in dieser Stadt. Im Übrigen, jeder, der glaubt, dass er heil durchs Leben kommt und dann vielleicht nicht in irgendeiner Weise einmal behindert wird, hat ja Glück. Wir werden alle älter, und wenn man dann sieht, wie viele Menschen auch gerade im Alter auf einen Rollstuhl angewiesen sind - - -. Das ist ja eine viel breitere Entwicklung, der wir da Rechnung tragen müssen.
Ich glaube, dass das Gesetz, das jetzt hier vorliegt, dem entspricht, was die UNO-Behindertenkonvention möchte, nämlich Teilhabe umfänglicher Art für alle Menschen mit jedweder Behinderung. Das muss das Ziel sein, und der Weg ist noch sehr lang.
In den ersten Diskussionen, deswegen erwähnte ich das in der Deputation für Umwelt, Bau, Verkehr, Stadtentwicklung, Energie und Landwirtschaft, haben die Rollstuhlfahrer gemeint, man müsste die Bordsteinkanten absenken, weil sie dann besser durch den Verkehr kommen. Dann kamen die Blindenverbände und haben gesagt: Wenn ihr uns die Kanten wegnehmt, haben wir keine Orientierung mehr im Stadtteil.
Ich sage: Es ist nicht immer nur leicht, sich in der Frage so zu entscheiden, dass man am Ende zu einem Kompromiss kommt, dass alle etwas davon haben, dass es wirklich weiterhilft, diese Stadt behindertengerecht zu machen. Noch einen Punkt will ich erwähnen: Es geht nicht nur darum, dass das eine Frage der Sozialpolitik ist. Das ist eine Frage der Arbeitsmarktpolitik, der Baupolitik, der Kulturpolitik. Alle politischen Bereiche sind davon betroffen.
Wenn wir wollen, und deswegen haben wir – –. Das ist ja nicht nur der Antrag der Grünen, die SPD hat
den Entschließungsantrag ja auch unterstützt, so gesehen muss man das an dieser Stelle noch einmal begründen. Da aus dem Wissenschaftsressort die Frage kam, welche Rechte letztlich tatsächlich konkret einklagbar seien, fordern wir jetzt mit diesem Entschließungsantrag, dass man darüber nachdenkt, welche das sein können, um sie dann beizeiten – das machen dann wahrscheinlich andere als wir hier in dieser Zusammensetzung – in ein Gesetz hineinzuschreiben.
Ich will noch kurz einen Satz zu der Frage der leichten Sprache sagen. Jeder, der hier im Parlament sitzt und Vorlagen des Senats bekommt, wünscht sich gelegentlich schon: Könnte das nicht ein bisschen verständlicher formuliert werden?
Als Nichtbehinderter hat man schon Probleme, die Dinge zu verstehen. Den Anspruch zu formulieren, dass alle Menschen das, was Behörden aufschreiben, möglichst verstehen können sollen, diesen Anspruch halte ich für außerordentlich berechtigt.
Jetzt muss man nicht glauben, dass das in leichter Sprache so ganz leicht ist. Das merkt man hier schon bei einigen Rednern. Da hört man zu und denkt: Na ja, leicht zu verstehen war das jetzt vielleicht auch noch nicht. Da muss man sich Mühe geben, daran muss man arbeiten. Es gibt mittlerweile sogar Büros, die Übersetzungen von schwierigen Texten in leichte Sprache machen. Auch das ist ja eine Möglichkeit, da voranzukommen.
Ich sage Ihnen: Letztendlich haben wir im Gesetzgebungsverfahren eine Anhörung gemacht, wir haben viele Diskussionen geführt, wir haben mit den Verbänden geredet, mit den Behindertenverbänden, mit allen möglichen Ressorts.
Das, was jetzt vorliegt, ist ein Kompromiss. Die Behindertenverbände werden an einigen Stellen nicht erfreut sein. Die hatten sich das eine oder andere noch ein bisschen weitergehender versprochen, aber ich finde, das ist ein Kompromiss, der sich sehen lassen kann, der aus meiner Perspektive, aus meiner Sicht, auch ein Meilenstein in dieser Frage ist.
So gesehen bitte ich erst einmal um Zustimmung zu dem Gesetz, aber auch zu dem Entschließungsantrag, denn er hilft, auch in Zukunft die Fragen, was in der Wissenschaft als subjektive Beeinträchtigungen verstanden wird, zu definieren, um das dann in Gesetzesform umsetzen zu können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man über solche Fragen wie den Sozialindex redet und nachdenkt, möchte ich am Anfang einmal darauf hinweisen, dass es dabei um sehr viele Menschen mit Einzelschicksalen geht, die nicht immer einfach sind. Diese statistischen Zahlen hören sich irgendwie für mich erst einmal so emotionslos kalt an, sind in Wahrheit aber ein Spiegelbild derzeitiger Lebenssituationen in den Stadtteilen, in denen es mehr Menschen gibt, denen es, ich sage es einmal verkürzt, nicht gerade so gut geht. Dem entgegenzuwirken ist eine derjenigen Aufgaben, die Sozialpolitik hat, die aber nicht nur Sozialpolitik hat, sondern die die Arbeitsmarktpolitik, Wirtschaftspolitik, Stadtentwicklungspolitik, die eigentlich alle Politikfelder betrifft, die sich damit beschäftigen, wie man diesen Menschen helfen kann, aus ihrer prekären Lebenssituation herauszukommen. Das wollte ich vorwegschicken.
Wir haben früher in der Stadtgemeinde Impulsmittel gehabt. Wir hatten die „Stiftung Wohnliche Stadt“, wir hatten „WiN“-Mittel und wir haben immer gesagt, alles das, was die Stadt, was der Staat tun kann, um dort zu helfen, muss man in Gang setzen. Leider sind einige dieser Fördertöpfe abhandengekommen. Das heißt aber nicht, dass es nur „WiN“-Mittel gibt. Nein, es gibt auch soziale Stadtmittel, das sind dann bundesfinanzierte Mittel, und es gibt mittlerweile auch in den Beiräten ein eigenes Budget. Man muss also sehen, dass da sehr viel passiert. Die Frage ist aber, wie zielgenau, wie zielgerichtet können wir in den Stadtteilen helfen? Und da haben wir in der Georg-Albrecht-Straße damals schon, als die Probleme dort sehr virulent wurden, gemerkt, dass wir wegen der Kleinheit des Gebiets mit den bisherigen Mitteln nicht zurechtgekommen sind. Wir haben dann eine Ausnahmeregelung getroffen. Es gibt jetzt in der GeorgAlbrecht-Straße ein „WiN“-Gebiet, das diese Fördermöglichkeiten hat.
Der tiefere Sinn dieses Antrags ist, zu schauen, dass man nicht nur nach der großflächigen Sozialindikation Hilfen anbietet, sondern schaut, wo die Problemlagen konkret sind. Wenn ich unseren Stadtteil Obervieland anschaue, dann haben wir in Obervieland Sozialindikatoren, da würde man schlankweg sagen, alles hervorragend, alles gut, keine Probleme. Wenn ich mir aber den Ortsteil Kattenturm anschaue, stelle ich fest, dort gibt es sehr wohl eine Menge sozialer Probleme. Wenn ich auf das kleinere Gebiet Arsten-Nord schaue, kann ich genau dort auch sagen, es gibt da ein paar Blocks, in denen sich die Probleme konzentrieren. Um diese mit unseren Hilfsangeboten zu erreichen, braucht man eine Erfassung, die kleinräumiger ist, was meine Kollegin vorhin ja auch schon gesagt hat.
Ich glaube, dass das eigentlich gar nicht nötig ist, oder ich dachte, es wäre nicht nötig, das vertieft zu diskutieren, weil sich die Logik dessen, was dieser Antrag fordert, eigentlich von allein erschließt. Wir können das aber auch gern diskutieren, dagegen habe ich ja nichts. Ich werbe jedenfalls dafür, diesem Antrag zuzustimmen, weil er uns die Chance gibt, die Hilfen zielgenauer zu organisieren.
Es hat ja keinen Sinn, Geld dort auszugeben, wo es nicht wirksam ist. Mein Leitsatz in der Sozialpolitik „Hilfen müssen helfen“ hört sich banal an, ist aber extrem wichtig. Denn, wenn wir Geld ausgeben, um Menschen aus ihrer prekären Situation herauszubekommen, braucht man auch eine Wirkung. Die „WiN“-Mittel, das wissen wir, sind gut angelegt. In all den Stadtteilen, in denen es diese „WiN“-Gebiete gibt, helfen die tatsächlich Menschen vor Ort in prekären Lagen. Sie helfen übrigens nicht in dem Sinne, dass diejenigen, die in den Stadtteilen wohnen, in Anführungsstrichen persönlich bereichert sind, sie helfen aber, Teilhabe zu organisieren.
Ein ganz wesentliches Element dieser Mittel ist Teilhabe. Die sozialen Stadtmittel sind durchaus auch dafür da, die einen oder anderen Gebäude zu verändern, zu verbessern und auf diese Weise ein Hilfsangebot zu unterbreiten. Die Beiratsmittel, die Globalmittel, die gab es ja auch schon vorher, aber es gibt jetzt auch ein Budget, das tatsächlich hilft, in den Stadtteilen entsprechende Infrastrukturprojekte anzugehen, umzusetzen, und das zu einer Verbesserung in dem jeweiligen Stadtteil führt. Ich würde einmal sagen, meine Redezeit ist noch nicht um, aber meine Erklärung müsste ausreichend
sein. Ich bitte also um Zustimmung für diesen Antrag. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist noch gar nicht so lange her, da haben der SoVD, die Seniorenvertretung und Der Paritätische Bremen eine gemeinsame Veranstaltung zur Pflege durchgeführt. Auf dieser Veranstaltung hat Herr Künzel, Bremer Heimstiftung, allgemein bekannt, sehr kompetent, fast wörtlich gesagt: „Wir haben im Grunde genommen seit 20 Jahren verschlafen, im Bereich der Pflege das Richtige zu tun, und zwar nicht nur die Politik, sondern auch die Anbieterseite“.
Insgesamt hat die Gesellschaft auf diese Frage schon vor 20 Jahren, als man erkennen konnte, dass der demografische Wandel unzweifelhaft dazu führt, dass der Pflegebedarf wachsen wird, nicht entsprechend reagiert. Das jetzt zu korrigie
ren ist in der Situation des Pflegenotstandes natürlich für alle Beteiligten außerordentlich schwer. So charmant sich der Antrag der Fraktion DIE LINKE mit der Überschrift – ich glaube, das war einmal ein Schlagertext – „Mehr Pflegekräfte braucht das Land“, anhört, so schwierig ist das konkret umsetzbar.
Für mich ist das Zentrale an der Frage: Können wir es schaffen, möglichst schnell, möglichst zügig, möglichst gründlich die Ausbildung zu organisieren? Derzeit gibt es auf dem Arbeitsmarkt eben jene Pflegekräfte, die die Fraktion DIE LINKE jetzt unmittelbar und sofort einstellen will, nicht. Das Personal ist knapp, und die Ressourcen sind im Übrigen auch nicht endlos vorhanden. In der Situation ist es aber so, dass das Sozialressort, meiner Auffassung nach, wenn ich das richtig beurteile, die Fragestellung sehr genau im Blick hat.
Es gibt Angebote, die Bremer Heimstiftung selbst macht auch Ausbildungsangebote, die zumindest mutmachend sind. Meiner Meinung nach muss man die Frage Pflege insgesamt in den Blick nehmen. Es geht nicht nur darum, dass eine bessere Bezahlung gewährleistet sein muss. Das ist selbstverständlich, davon bin ich überzeugt. Es geht auch um die Frage: Wie anerkannt ist das Berufsbild der Altenpflege eigentlich?
Es ist bis heute so, dass es als unattraktiv gilt. Das ist, wie gesagt, nicht nur eine Frage der Bezahlung. Wir müssen uns als Gesellschaft der Aufgabe stellen, dass die Zeiten der Pflege im Sinne von vielleicht vor 50 Jahren, als die Großfamilie Oma und Opa pflegte, vorbei sind. Es wird so sein, dass wir zunehmend Menschen in verschiedenen Pflegestufen haben, die Hilfebedarfe haben, und dem muss adäquat nachgekommen werden. Übrigens hat das auch etwas damit zu tun, wie die Situation in den Einrichtungen ist, wie hoch die Sicherheit ist.
Natürlich ist übermäßiger Stress nicht dazu angetan, gelassen mit den älteren Menschen, die durchaus auch einmal schwierig sein können, umzugehen. Da braucht man Gelassenheit, da braucht man eine Ausbildung, da braucht man Professionalität.
Letzter Punkt, den ich erwähnen will: Das Ressort hat eine Fachanhörung zum Thema Pflege gemacht, in deren Rahmen auch Professor Rothgang gesprochen hat, der auf Bundesebene die Untersuchung durchführen soll, wie viel Pflegepersonal notwendig ist. Das ist die Untersuchung, auf die
Frau Grönert schon hingewiesen hat, die 2020, glaube ich, abgeschlossen sein soll. Dann hat man eine wissenschaftlich fundierte Größenordnung.
Ich will auch nicht bis 2020 warten. Wir müssen jetzt die Aufgaben anpacken, aber es wäre schon hilfreich, wenn man genauer belegen könnte, was tatsächlich notwendig ist. Was mich bei der Anhörung erschreckt hat, ist, dass die freien Anbieter das Wunder- und Zauberwort Personalmix ins Gespräch bringen. Natürlich gibt es einen Personalmix in dem Bereich, damit habe ich auch kein Problem. Aber wenn der Personalmix ausschließlich dazu angedacht wird, Kosten zu senken und Qualifikation abzuqualifizieren, dann warne ich ausdrücklich davor. Diese Art von Personalmix ist jedenfalls nicht in meinem und auch nicht im Interesse der Fraktion der SPD. Übrigens glaube ich, das für die Fraktion DIE LINKE an der Stelle gleich mit sagen zu können.
Personalmix heißt im Grunde genommen, dass Hilfsfachkräfte, Fachkräfte und alles Mögliche an Personal gemixt wird, und damit soll man dann die Pflege sicherstellen. Das ist auch richtig, das ist auch nachvollziehbar, aber unterschwellig habe ich zumindest auf der Fachtagung herausgehört, dass es ein großes Interesse daran gibt, darüber auch Kosten einzusparen. Das finde ich unanständig.
Ich sage noch einmal, –
wenn wir mutig wären, ich komme zum Ende, dann würden wir sagen, dass wir Pflegeeinrichtungen nur dann eine Betriebserlaubnis erteilen, wenn sie gemeinnützig und nicht profitorientiert sind.
Eine der größten Unmenschlichkeiten in dem Bereich ist das ausschließliche Profitstreben einiger Finanzmenschen, die versuchen, mithilfe der Pflege schnell und möglichst sehr reich zu werden. Das geht auf Kosten des Personals, das geht auf Kosten der Pflege, und das ist von der Struktur her für mich ein Teil des Übels.
Alle diejenigen Einrichtungen, allerletzter Satz, die im Bereich von Stiftungen, im Bereich des Deutschen Roten Kreuzes, der AWO, gemeinnützig arbeiten, sind eben nicht in der Weise profitorientiert
und leisten aus meiner Sicht auch eine deutlich bessere Arbeit. – In diesem Sinne vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal freue ich mich, dass die Frage der Gewalt gegen Kinder und Jugendliche Thema hier im Haus ist, darüber kann man aus meiner Sicht gar nicht oft genug sprechen. Frau Böschen und auch Frau Kohlrausch haben eben in der Bildungsdebatte auch gesagt, da kommen die Kinder verschiedenster Art her, aber das ist das Fundament für eine Bildungskarriere. Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass Kinder mit Gewalterfahrungen es unglaublich schwer haben, genau dieses Fundament für eine Bildungskarriere aufzubauen. Das wissen Sie aus Ihrer Lehrpraxis mit Sicherheit genauso. Gewalt gegen Kinder ist sehr zerstörend und hat Auswirkungen, die man in Wirklichkeit ganz schlecht beschreiben kann.
Ich sage es einmal so: Es ist noch gar nicht so lange her, als körperliche Züchtigung ein probates Mittel der Pädagogik war. Ich kann mich selbst an meine Schulzeit erinnern, ich war ein bisschen ein quirliges Kind und musste in der ersten Klasse in der Ecke stehen,
vor der ganzen Klasse. Auch das ist eine Form von Gewalt und Demütigung, die heute mit Sicherheit keiner mehr machen würde. Der Klassenlehrer ist schon gestorben, er hieß damals Stock, und sein Name war tatsächlich Programm. Wenn man nicht so gehorcht hat, wie er sich das vorstellte, mussten wir die Hände vor ihm hinhalten, und er hat dann mit dem Lineal auf die Hände geschlagen. Auch das ist Gewalt.
Es gibt viele, die sagen, ach, so eine kleine Tracht Prügel schadet nichts, und viele, die es erlebt haben, sagen hinterher, es hat mir ja auch nicht wirklich geschadet. Das ist ein riesengroßer Irrtum! Ich glaube, jeder Mensch, der solche Erfahrungen macht, trägt ein gewisses Päckchen mit sich. Im Übrigen, um das an dieser Stelle auch zu sagen, ist
sexuelle Gewalt dann noch einmal eine Stufe zerstörender als körperliche Gewalt in „normaler“ Form.
Ich finde es gut, dass Gewalt als Mittel der Erziehung verboten ist.
Es ist nun aber auch so, und das wissen wir, dass Gewalt in den Familien äußerst häufig vorkommt und gerade die Einrichtungen, die wir haben – das Bremer JungenBüro, dass Mädchenhaus, Schattenriss und der Kinderschutzbund – sehr gute Arbeit machen, das möchte ich an dieser Stelle durchaus auch lobend erwähnen. Sie machen sehr gute Arbeit, aber sie sagen auch, sie erreichen natürlich nicht alle Kinder und Jugendlichen. Das ist klar, weil viele sich nicht trauen, eine Einrichtung aufzusuchen.
Deswegen muss man die Frage, ob man eine solche Interventionsstelle einrichtet, meiner Meinung nach noch weiter diskutieren. Der Antrag besagt, wir wollen ein Konzept, wir wollen einen Vorschlag, wie es geht und wie es gehen kann, und genau das finde ich richtig. Ich finde, wir brauchen genau über die Frage, wie es geht, an welcher Stelle man wie eine solche Stelle einrichten kann, jetzt eine Fachdiskussion mit den beteiligten Trägern. Ich werde ganz bestimmt nicht jetzt schon sagen, das ist zusätzlich, wenn ich noch nicht einmal weiß, wo eine solche Stelle möglicherweise angesiedelt werden kann und welche Kosten dann entstehen. Das werden wir dann besprechen und dann mit Sicherheit auch entsprechend finanziell hinterlegen, da seien Sie einmal ganz gewiss, Frau Ahrens!
Ich glaube nur, dass wir die Diskussion jetzt erst einmal führen müssen, da gibt es einiges zu diskutieren. Die Wächterfunktion des Jugendamtes darf eine solche Stelle überhaupt nicht infrage stellen. Es darf an dieser Stelle keine Schwächung des Jugendamtes geben, weil es gar nicht anders geht. Im Zweifel ist das Jugendamt die Institution, die überhaupt Inobhutnahmen einleiten kann. Das kann nicht eine irgendwie geartete Stelle, sondern das kann und muss das Jugendamt machen. Da muss man also schauen, welche Aufgaben eine solche Stelle hat und wie die Verbindung zum Jugendamt und zu den anderen Trägern in der Gesamtkonzeption passt.
Ich glaube, wir sind uns alle einig darüber, dass Gewalt etwas Dramatisches in der Entwicklung
von Kindern und Jugendlichen ist, und ich bin manchmal froh, dass wenigstens im Bildungsbürgertum völlig klar ist, dass man Gewalt nicht anwenden soll. Im Übrigen muss man sich aber auch nichts vormachen, es gibt sehr subtile Gewaltformen, auch psychische Gewalt kann man an dieser Stelle ansprechen. Wenn wir alle diese Fragen fachlich korrekt auf einem Fachtag diskutieren, dann werden wir auch mit den Trägern, die schon am Start sind, eine gemeinsame und gute Lösung finden, die uns weiterhilft, mehr von diesen Opferkindern und -jugendlichen zu erreichen, und das ist ja das Ziel, das dahintersteht.
Ich weiß, dass viele sich nicht trauen, sich dem Jugendamt zu nähern, weil oft gesagt wird, das Jugendamt nehme ja die Kinder weg. Das ist so eine gängige Vorstellung.
Ich komme zum Schluss! Ich glaube, dass der Ruf des Jugendamtes schlechter ist als seine Arbeit, aber das kann helfen, eine Stelle einzurichten, die mit dem Jugendamt gemeinsam versucht, mehr Kinder und Jugendliche zu erreichen, die Gewalterfahrungen gemacht haben. In diesem Sinne hoffe ich, dass wir weiter eine erfolgreiche Debatte über dieses Thema führen und einen entsprechenden Fachtag einrichten, auf dem man das noch einmal ausführlich diskutieren kann, und dann werden wir das auch vernünftig finanzieren.
Der Antrag der CDU ist wortgleich mit unserem, außer dass das Wort „zusätzlich“ darin steht, und das Zusätzliche machen wir erst dann, wenn wir es inhaltlich so weit geklärt haben, dass wir genau wissen, wie es dann gehen soll. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mich noch gut an Zeiten erinnern, als die Wirtschaft ein bisschen danieder lag und man gesagt hat: Wir müssen Wirtschaftsförderung betreiben, denn wenn die Wirtschaft floriert, dann schafft das Arbeitsplätze. Jetzt haben wir die Situation, dass die Wirtschaft floriert, aber wo bleiben eigentlich die Arbeitsplätze?
Es gibt ganz augenscheinlich nicht diesen unmittelbaren Zusammenhang, sondern es gibt offensichtlich eine Lücke für Menschen, die nicht in der Lage sind, am ersten Arbeitsmarkt zu bestehen. Das sind diejenigen, um die ich mich als Sozialpolitiker kümmern muss. Mein Kollege Dieter Reinken, der musste sich um Arbeitsmarktpolitik kümmern. Das sind in der Regel diejenigen, die in der Lage sind, am ersten Arbeitsmarkt zu bestehen, aber keine Stelle haben, die vermittelt werden müssen, die vielleicht auch noch geschult und weitergebildet werden müssen. Alles das gibt es, aber am Ende der Kette haben wir sehr, sehr viele Menschen, die aus vielfältigen Gründen nicht in der Lage sind, am ersten Arbeitsmarkt zu bestehen. Das überhaupt erst einmal zu akzeptieren und einzusehen, dass es auch keinen Sinn macht, bestimmte Maßnahmen auszuprobieren, sondern dass man einfach einmal sagen kann und muss, dass es vielleicht klug wäre, genau für diese Menschengruppen einen so genannten sozialen Arbeitsmarkt ins Leben zu rufen.
Genau das ist es, was die Große Koalition in Berlin in Vorbereitung hat. Ich hoffe für Bremen, dass genug übrig bleibt und wir in Bremen einen vernünftigen sozialen Arbeitsmarkt implementieren können.
Mir ist das oft zu akademisch, sage ich ganz ehrlich, diese ganzen Statistiken und Debatten. Das
sind Schicksale von Menschen die daniederliegen, die nicht auf die Beine kommen, von deren Situation man sich überhaupt kein Bild macht. Wenn wir in Bremen 600 Kinder in Obhut nehmen müssen, weil die Eltern nicht in der Lage sind, mit diesen Kindern auch nur annähernd vernünftig umzugehen, dann ist das das pure Elend. Und dann frage ich einmal: Was wird aus diesen 600 Kindern, wenn die nicht vernünftige Pflegeeltern bekommen, wenn die keine vernünftige Unterstützung bekommen und wenn man sich nicht vernünftig um sie kümmert?
Ich bin in einer Pflegefamilie aufgewachsen. Ich bin mit eineinhalb Jahren aus einem Säuglingsheim in die Pflegefamilie gekommen. Ich war in der Entwicklung zwei Jahre zurück, weil man es nicht aufholt, wenn einem am Anfang des Lebens bestimmte Zuwendung fehlt. Ich bin sonst niemand, der gern über das Persönliche spricht, aber das ist so. Diese Kinder haben einen ganz, ganz schwierigen Start, egal wie gut die Pflegeeltern sind, aber wichtig ist, dass sie gut sind. Ich finde, dass diese Gesellschaft sich in vielen Bereichen nicht richtig darum kümmert, sondern liebend gern wegschaut und akademische Debatten über Armut führt. Armut ist konkret. Das ist nichts, was anhand einer Statistik zu bewältigen ist. Ich möchte auch gerne die Zahlen wissen und ich freue mich auch darüber, dass das Ressort die Zahlen aufarbeitet. Aber am Ende des Tages muss man in dem Bereich, in dem es sozial schwierig ist, auch ein Stück ehrlicher an diese ganze Problematik herangehen.
Wir haben ganz furchtbar viel, das hat Frau Grönert auch gesagt, Teilhabe organisiert. Das ist richtig und das ist wichtig, das führt aber nicht dazu, dass ein armer Mensch auch nur ein bisschen reicher wird. Das führt aber dazu, dass er gesellschaftlich nicht ausgegrenzt wird. Ich sage einmal, wenn das nicht auch ein sozialpolitisch wichtiges Ziel ist, dann hat man die Welt auch nicht wirklich verstanden. Natürlich wollen wir, dass auch arme Leute ins Theater gehen können. Wir wollen, dass arme Leute teilhaben können, dass sie zu einer Versammlung gehen und mit uns gemeinsam diskutieren können. All diese Teilhabe, die ist extrem wichtig. Wenn man so tut, als sei das Beiwerk und nicht so wichtig, dann finde ich das fatal.
Der Kollege Herr Janßen hat eben schon darauf hingewiesen, dass die Frage nach ausländischen Mitbürgern zunächst einmal so gut wie gar nichts damit zu tun hat. Wir hatten WiN-Gebiete schon lange bevor wir in dem Ausmaß diese Einwande
rung hatten. Wir hatten ganz viele Teilhabeprojekte, bevor es überhaupt ein Thema war, dass Ausländer zu uns kommen. Ich finde, das zu vermengen und da unterschwellig eine Schuldzuweisung in Richtung ausländischer Mitbürger zu formulieren, fatal falsch.
Ich glaube im Übrigen aber auch, dass diese zugewanderten Mitbürger Ansprüche auf Hilfen haben, und das ist auch richtig so. Das Jugendhilfegesetz ist doch für die unbegleiteten minderjährigen Jugendlichen genauso wichtig und richtig wie für Bio-Deutsche oder wie immer man die nennen will. An der Stelle würde ich überhaupt gar keine Unterscheidung machen.
Ich sage noch zwei Stichpunkte: Wenn man Altersarmut bekämpfen will, dann braucht man in dieser Republik eine Rentenreform, die die Altersarmut verhindert. Davon sind wir aber derzeit weit entfernt.
Ich glaube, dass es beim Hartz-IV-Satz endlich zu einer ehrlichen, fairen Berechnung kommen müsste, das heißt, mindestens einhundert Euro mehr für die Hartz-IV-Empfänger.
Dann glaube ich, als nächsten Punkt, dass wir Möglichkeiten eines Zuverdienstes organisieren müssen, damit jemand, der im Sozialhilfebezug ist, die Möglichkeit hat, mit eigener Arbeit einen kleinen Teil hinzuzuverdienen. Das ist auch noch neu zu regeln. Als letzten Punkt sage ich, wir brauchen in der Pflegeversicherung eine Reform, die von der Teilkasko- zur Vollversicherung übergeht. Das sind die Punkte. Wenn man nicht anfängt, daran zu arbeiten, dann wird man die Altersarmut nicht los, dann wird man viele verschiedene Bereiche, in denen Armut herrscht, nicht in den Griff bekommen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich muss noch etwas richtig stellen: Mein Kollege Dieter Reinken hat mich darauf hingewiesen, dass es selbstverständlich durch die boomende Wirtschaft mehr Arbeitsplätze gibt, dass da nicht ein Irrtum entsteht. Das war nicht gemeint, sondern mir ging es um den Sockel der Langzeitarbeitslosen, der beharrlich bestehen bleibt und von dem kein Mensch so richtig weiß, wie bekommt man das abgebaut. Darüber muss man sich den Kopf zerbrechen. Das ist das eine.
Das Zweite, das wollte ich jetzt nicht sagen, aber, Frau Grönert, das provoziert mich schon, dass Sie einmal so schlankweg sagen, der Senat hat nichts gemacht seither. Das halte ich für ganz groben Unfug.
Der Senat hat über 2 000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aufgenommen und untergebracht. Allein die Tatsache, dass das in Bremen so gut funktioniert hat, das, finde ich, kann man durchaus auch einmal positiv erwähnen.
Dann ist es im Übrigen so, dass wir hier viele, viele Einrichtungen gesichert und unterstützt haben und die auch weiter am Start sind und gute Arbeit leisten. Es gibt ein wunderbares Netzwerk von Hilfsgruppen vielfältiger Art. Das alles einmal ebenso beiseitezuschieben, ihr habt ja nichts hinbekommen, ehrlich gesagt, populistischer kann man in so einer Debatte nicht antreten. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist noch gar nicht lange her, als ich in diesem Haus gesagt habe, dass für eine gelingende Integration Ehrlichkeit eine große Rolle spielt und dass ich es nicht für gut halte, wenn man nach Deutschland kommt und mit einer falschen Altersangabe, mit dieser Lebenslüge, startet.
Ein Teil des Hauses fand das gut, ein anderer Teil fand es weniger gut.
Ich glaube aber, dass es in der Frage, dass es an der Stelle einen hohen Anreiz gibt zu betrügen, wie Sie gesagt haben, Herr Hinners, das ist nur ein Anreiz: Ich werde ganz anders aufgenommen, wenn ich jugendlich minderjährig bin. Dann gilt das Jugendhilfegesetz, und dann gibt es Vereinbarungen, die den Aufenthalt und auch die Beschulung regeln, alle diese Dinge. Das verstehe ich auch. Trotzdem finde ich – so viel Rechtsstaatlichkeit muss sein! –, dass man sich darauf verlassen können muss, dass jemand, der sich als Jugendlicher ausgibt, auch jugendlich ist.
Nun wissen wir alle, das ist nicht immer so.
Es gibt Fälle, die gehen weit auseinander, und da hat man dann die Aufgabe zu prüfen, ob die Altersangaben stimmen oder nicht. Diese Art der Prüfung ist deswegen so schwierig, weil es nicht irgendwie eine Methodik gibt, die einem ganz genau und exakt sagt, wie alt der Jugendliche ist. Da kann man das Alter von Bäumen deutlich einfacher und präziser bestimmen. Das ist so. Es geht um Menschen, das weiß ich auch, aber das Alter kann man nicht präzise bestimmen.
Jetzt zu sagen, wir machen flächig von jedem Jugendlichen, der hier ankommt und sagt, er ist minderjährig, eine medizinische Röntgenuntersuchung, ist erstens überhaupt nicht zielführend, weil
ich dann immer noch nicht genau weiß, wie alt denn die jeweiligen Jugendlichen sind, und außerdem sagen Mediziner, wenn es keine medizinische Indikation für das Röntgen gibt, sei es auch nicht geboten, es zu tun.
So gesehen bin ich eher der Meinung, dass wir das, was wir derzeit an rechtlichen Regelungen haben, sozusagen die qualifizierte Inaugenscheinnahme, im Zweifel, wenn es dann gar nicht anders geht, auch eine medizinische Untersuchung anordnen zu können – –. Das ist die gegenwärtige Rechtslage.
Was wollen Sie also ändern, außer dass Sie sagen: Wir haben so einen Generalverdacht, denn jeder, der kommt, macht sowieso eine falsche Altersangabe, und deswegen machen wir einmal für alle gleich schlankweg eine Röntgenuntersuchung? Das halte ich für politisch verfehlt, das halte ich für eine verfehlte Aussage, und ich glaube, das wird den Jugendlichen auch nicht gerecht.
Nun ist natürlich jemand mit 20 Jahren erwachsen, aber gleichwohl ist es jemand mit einem Hilfebedarf, wenn er hier in Deutschland ankommt. Ich bin mir sehr bewusst, dass der Grat der Humanität in dem Bereich sehr schmal ist, aber ich bin auch der Meinung, dass wir in diesen Fragen eine rechtsstaatliche Grundlage brauchen, auch wenn sie persönlich und individuell das eine oder andere Mal durchaus hart ist.
Jetzt habe ich eben draußen das Flugblatt bekommen. „Was fordern wir?“. Auf der Rückseite steht: „Anstatt immer mehr Jugendliche in medizinische Altersfeststellungen zu drängen, fordern wir das Jugendamt auf, das von den Jugendlichen angegebene und auch oft nachgewiesene Geburtsdatum anzuerkennen.“ Wenn das Geburtsdatum tatsächlich nachgewiesen ist, wird es auch anerkannt, aber ansonsten kann man sich doch nicht so schlichtweg auf eine Angabe verlassen und sagen: Na ja, der Jugendliche hat gesagt, er ist jetzt 17 Jahre alt, dann wird es schon so sein. Wenn es so wäre, das habe ich eingangs gesagt, wenn es diese Ehrlichkeit in dem Bereich gäbe, dann könnte man es so handhaben, aber leider ist es nicht so.
Ich glaube, dass wir in der Frage gar nicht so sehr lange herumdiskutieren müssen. Ich finde, dass wir das, was wir haben, ordentlich machen, und wenn ich mir ansehe, was die Mitarbeiter des Jugendamtes in der letzten Zeit in der qualifizierten Inaugen
scheinnahme gelernt haben, sind sie sehr viel präziser in der Annäherung dessen, wie alt jeweils die Jugendlichen sind. Das war am Anfang vielleicht nicht ganz so einfach, weil man sich da auch erst einmal einarbeiten musste, aber inzwischen traue ich den Mitarbeitern des Jugendamtes zu, dort vernünftige Arbeit zu leisten.
Deswegen glaube ich, dass wir den CDU-Antrag nicht mitmachen. Ich finde, wenn ich das vielleicht noch einmal sagen darf, immer wieder das gleiche Thema anzuheizen, immer wieder die gleichen Fragen zu stellen und das Thema immer wieder aufs Neue anzusprechen, trägt nicht dazu bei, die Situation zu befrieden und eine ordentliche Integration zu organisieren, sondern das führt am rechten Rand immer zu neuen Aufregungen und am linken Rand immer wieder zu neuer Verzweiflung.
So gesehen würde ich mir wünschen, dass in den Debatten mehr Sachlichkeit und auch mehr Fachverstand Einzug hält und weniger eine Ideologisierung der jeweiligen Fragen, denn das hilft weder den Flüchtlingen noch der hiesigen Gesellschaft in der Bundesrepublik. Vielleicht so weit zunächst einmal! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst einmal, Frau Leonidakis, ich finde, man muss ehrlicherweise sagen, dass es vermeintlich Minderjährige gibt, die es nicht sind. Das ist das Problem: Wenn es nicht so wäre, bräuchten wir die ganze Diskussion hier nicht zu führen.
Für mich ist es Unsinn, hier von Misstrauen zu reden. Es gibt Fälle, die nicht eindeutig sind, aber es gibt kein System, auch kein medizinisches, das das aufklären könnte. Das ist in gewisser Weise ein Dilemma, und deswegen ist das mit der Röntgenuntersuchung auch so wenig hilfreich. Da wird jetzt von der CDU eine medizinische Untersuchung angestrebt, die überhaupt nicht dazu beiträgt, in der Entscheidung klarer zu werden.
Das ist ein kleiner Mosaikstein!
Viel klarer ist für mich die qualifizierte Inobhutnahme, weil da Fachleute sitzen, die sich damit auskennen und eine viel klarere Entscheidung treffen können, und wenn es dann Zweifel gibt, dann ist eine medizinische Untersuchung derzeit auch
möglich. Wozu also eine flächendeckende Untersuchung anordnen? Das halte ich für absurd in Ihrer Argumentation. Ehrlich gesagt, wenn hier vorgetragen wird, das ginge mit der Sicherheit so ähnlich wie beim Steuerberater: Meine Erkenntnis beim Steuerberater ist auch nicht so, dass ich da immer auf der sicheren Seite bin und hin und wieder doch noch sehr viele Fragen offenbleiben. Aber gut!
Ich finde, wir sollten versuchen anzustreben, eine möglichst genaue Sicherheit herzustellen. Möglichst genau heißt aber nicht einhundertprozentig genau, das kann man derzeit medizinisch nicht leisten.
Möglicherweise ist die Forschung dann irgendwann so weit, dass sie das kann.
Ich habe vorhin das Beispiel mit dem Baum nicht umsonst genannt: Menschen haben keine Jahresringe, die man auszählen kann.
Wenn es denn so wäre, dann hätten wir die ganze Diskussion nicht.
Letzten Endes finde ich auch, was meine Kollegin von den Grünen erzählt hat: Mit wie viel Misstrauen gehen wir eigentlich gegenüber den Kollegen im Jugendamt vor, die genau diese Aufgabe erfüllen,
mit wie viel Misstrauen gegenüber diejenigen, die sich qualifizieren, damit beschäftigen, die Ausbildung und Schulungen und Fortbildungen und alles das gemacht haben, um genau diese Aufgabe für uns zu erfüllen? Letztendlich gibt es ja auch etliche, bei denen festgestellt wird: Ja, sie sind eben nicht minderjährig. Man muss ja nicht so tun, als ob alle diejenigen, die hier antreten und eine Minderjährigkeit vorgeben, damit auch durchkämen. So ist es auch nicht! Mit Verlaub, aber das hörte sich teilweise so an. Das ist auch nicht so, und ich finde auch, dass wir in der Debatte irgendwie auch einmal ein bisschen herunterkommen müssen.
Ich bin der Meinung, wenn das Jugendhilfegesetz zum Beispiel sagt, man kann auf besonderen An
trag und bei besonderer Notwendigkeit die Jugendförderung auch bis zum Alter von 21 Jahren machen, dann muss man sich nicht aufregen, wenn ein Flüchtling hier ankommt, der sagt, ich bin minderjährig, und er ist vielleicht schon 18,5 Jahre alt. Mit solchen Leuten müssen wir wirklich sorgfältig umgehen, und da hätte ich nichts dagegen, wenn ihm die Jugendhilfe angedeihen würde, weil er es auch nötig hätte.
Es gibt eine Grenze, das finde ich auch, und sie liegt – für mich jedenfalls – nicht bei exakt 18 Jahren und vorher Jugendhilfe, und punktgenau danach eben nicht mehr. Das halte ich für ziemlich absurd.
Ich bin eigentlich fertig, aber – –. Es macht ja keinen Sinn! Ich bin ja jetzt fertig. Ich wollte nur noch sagen: Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! Sie können sich ja noch einmal melden, Herr Buhlert.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie auch mich an den Anfang einen Satz stellen, der mein Leitmotiv in der Frage der Pflege ist: Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Für mich gilt dies gerade und insbesondere für diejenigen Menschen, die älter sind, die sich nicht
mehr selbst versorgen können, die auf Hilfe angewiesen sind. Wer vor gar nicht so langer Zeit in buten und binnen den Bericht über das Alloheim Wohnheim und diesen armen Menschen mit seinen offenen Wunden gesehen hat, in denen man bis auf die Knochen schauen konnte, wer über diese Bilder nicht erschüttert war, der muss ein Herz aus Eisen haben. Mich hätte das zum Heulen bringen können, dass in diesem Bundesland so etwas passieren konnte. Das sage ich ganz deutlich.
Nachdem buten und binnen den Bericht gezeigt hat, das hat mir die Tochter dieses Mannes geschrieben, ist dieser in ein Krankenhaus gekommen. Man hat versucht ihm noch zu helfen mit vielen Operationen, es hat nichts genützt. Dann hat man versucht ihn mit Morphium schmerzfrei zu bekommen aber er ist dort verstorben. Ich glaube, wenn Fäkalien in solchen Wundrändern gefunden werden, niemand sagen kann, das sei kein Pflegefehler. Das kann man mir nicht einreden.
Jetzt lassen Sie mich noch ein paar Dinge zu Alloheim sagen. Das ist ein riesengroßer Konzern, die haben bundesweit 164 stationäre Pflegeeinrichtungen, 13 Neubauten, 35 Einrichtungen mit betreutem Wohnen und 17 ambulante Dienste. Alloheim gehört zu den drei größten, privaten Anbietern. Ich habe im Internet recherchiert. Ein schwedisches Konsortium hat Alloheim für 1,1 Milliarden Euro aufgekauft. Wenn man sich im Internet umschaut, dann stellt man fest, dass es in der Szene der Finanziers um die Altenpflege eine Art Goldgräberstimmung gibt.
Da kann man nachlesen: Rendite bis zu zehn Prozent garantiert. Was mich richtig empört ist, dass dann der Hinweis folgt, dass das deswegen so sicher ist, weil das Sozialgesetzbuch XI im Grunde genommen ihre finanziellen Risiken abfängt. Das Sozialgesetzbuch XI befasst sich mit der Altenversorgung, um das jetzt einmal abzukürzen.
Ich sage das deswegen, weil diese Konsortien nicht bereit sind, eine vernünftige Pflege zu organisieren, sondern weil sie in der Hauptsache, zu allererst ein großes Interesse an Gewinnmaximierung und Profit haben. Erst an zweiter Stelle steht dann die Frage der Qualität. Ich bin ganz sicher, dass die klein- und mittelständischen privaten Anbieter, die bereitstehen, alle zunehmend vom Markt wegekauft werden, außer den gemeinnützigen. Das ist
dann die AWO, das ist das Rote Kreuz, das ist die Bremer Heimstiftung, diejenigen, die gemeinnützig sind, haben natürlich eine Überlebenschance.
Ich glaube, dass wir die Probleme in den Alloheimen mit der Kontrolle deswegen auch nicht in den Griff bekommen, weil die gar nicht daran interessiert sind in erster Linie Verbesserungen herzustellen, sondern weil die ihre Anwälte einsetzen, um gegen Maßnahmen, die das Ressort ergreift, Einspruch zu erheben. Warum lassen wir das zu? Weil wir in einem Rechtsstaat leben. Man kann an bestimmten Dingen nicht so schlankweg etwas ändern. Meine These ist, dass man in einer etwas längeren Perspektive dahinkommen müssen wird, diesen Finanzinvestoren Schranken aufzuweisen. Ich habe nichts dagegen, dass man eine Einrichtung betreibt und damit auch Gewinn machen möchte. Das ist häufig das Interesse von Unternehmen, damit habe ich keine großen Probleme. Die Frage ist aber, welche Gewinnmargen ich da herausholen will. Wenn ich so hohe Gewinnmargen benenne, dann ist doch völlig klar, dass das auf Kosten der zu Pflegenden, aber mindestens genauso stark auf Kosten derjenigen geht, die in diesen Einrichtungen arbeiten.
An dieser Stelle, lassen Sie mich das einmal sagen: Die Arbeit in einem Pflegeheim verdient unseren allergrößten Respekt.
Das ist eine fachlich hochkompetente Ausbildung, die man braucht, um das richtig zu machen und es ist auch menschlich eine sehr schwierige Aufgabe. Gelegentlich sind auch die zu Pflegenden nicht einfach im Umgang. Wenn man dann von Gewalt in der Pflege redet, dann will ich ehrlicherweise sagen, dass es auch manche Fälle gibt, wo es umgedreht ist, wo die zu Pflegenden ziemlich aggressiv sind und da braucht es Professionalität, um mit diesen Menschen ordentlich umgehen zu können.
Wenn wir immer nur die negativen Beispiele diskutieren, dann hat das den Nachteil, dass das, was wir eigentlich wollen, nämlich eine positive Imagekampagne für den Beruf der Altenpflege zu erreichen, stört. Und ich würde gern auch nur Positives berichten, und deshalb will ich an dieser Stelle, wie meine Kollegin Grönert auch schon, immerhin sagen, dass es viele Einrichtungen gibt die sehr gute Arbeit machen. Ich weiß von einer Leiterin einer Einrichtung aus Bremerhaven, die mir gesagt hat,
dass das für sie so schade ist, weil ihre Mitarbeiter gute Arbeit machen und sie bei jedem Skandal der öffentlich diskutiert wird, in Mitleidenschaft gezogen werden, als wenn sie alle verhaftet würden.
Jetzt habe ich mich gerade warmgeredet. Aber wir haben ja zweimal fünf Minuten, dann setze ich meine Rede in den nächsten fünf Minuten fort. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe eben vernommen, dass ich angeblich gegen privates Engagement in der Pflege wäre. Wenn man das so verstanden hat, dann hat man das missverstanden. Wofür ich bin ist, dass wir ganz klare Leitplanken einziehen, wenn es um die Pflege geht. Dass die Bedingungen für das, was in der Pflege geleistet werden muss, entlang der Pflegecharta organisiert wird, die ja allgemein bekannt ist. Das sind Standards, unter denen darf in der Pflege nicht gearbeitet werden. Dafür werbe ich und da glaube ich, dass bestimmte Einrichtungen weniger Interesse daran haben, das umzusetzen und etwas zu tun als andere. Für jedes mittelständische Unternehmen, meinetwegen auch Familienbetrieb, bin ich begeistert, wenn die Pflege ausführen. Wenn die Pflege in diesem Sinne ausführen, ist da überhaupt nichts gegen einzuwenden. So gesehen, war das ein Missverständnis.
Was ich überhaupt nicht nachvollziehen kann ist das, was Sie eben gesagt haben, Frau Grönert, weil wir in der Deputation eine lange Liste der Fehler die dort gemacht worden sind, vorgelegt bekommen haben. Das hat sich niemand – auch mein neuer Freund Erlanson nicht – ausgedacht.
Mein lieber neuer Freund. Das hat sich niemand ausgedacht. Das ist in der Deputation von der Sozialsenatorin vorgelegt worden. Wir haben das sehr gründlich und sehr sorgfältig in der Deputation diskutiert. Jetzt kommen Sie doch nicht und sagen, wir hätten die Mängel hier und heute erfunden. Was ist das denn für ein Blödsinn!
Natürlich gibt es die Mängel. Und genau das ist das Problem mit diesem Träger, dass er sich schon lange weigert, diese Mängel abzustellen. Ich
glaube zwölf Mal oder so war die Heimaufsicht in der Einrichtung und hat geprüft und kontrolliert, hat gemacht, getan und versucht. Der Heimaufsicht, der Wohn- und Betreuungsaufsicht, wie sie jetzt heißt, ist doch gar kein Vorwurf zu machen. Das ist kein Kontrollmangel, bei dem man irgendetwas übersehen hat, sondern das ist die strikte, hartnäckige Weigerung eines Trägers das umzusetzen, was ihm vorgegeben wurde. Jetzt sagen Sie irgendetwas von scharfem Schwert oder so. Was wollen Sie denn schärfen, wie denn bitte schön?
Wenn Sie sich selber hinstellen und sagen, eine Schließung ist keine Option. Das ist im Übrigen das schärfste Schwert, dass wir nämlich sagen können, wenn die sich nicht an die Maßgaben halten, dann wird es einen Entzug der Betriebserlaubnis geben. Das ist der höchste Druck, den man auf die Anbieter ausüben kann, damit sie endlich das tun, was wir gesetzlich von ihnen erwarten. Wir haben das Wohn- und Betreuungsgesetz erneuert. Ist noch gar nicht lange her. Dann ist klar, dass, so wie wir es beschlossen haben, einige neue Aufgaben für die Wohn- und Betreuungsaufsicht anfallen. Wir haben zum Beispiel gesagt, wir wollen, dass die ambulante Pflege auch in den Fokus kommt, in den Fokus der Aufsicht. Wir haben gesagt, dass wir unbedingt wollen, dass Angehörige die Heimaufsicht auch als Ansprechpartner für ihre Kritik nehmen können. Das bedeutet, dass sie angstfrei das machen können. Nicht alle, die etwas zu bemängeln haben, trauen sich das zu melden, aus Sorge, dass ihre Angehörigen die in der Einrichtung sind, hinterher noch schlechter behandelt werden als vorher. Das haben mir einige Leute erzählt. Im Übrigen habe ich auch einige Einrichtungen besucht, Frau Grönert, so ist das ja nun auch nicht. Aber egal.
Mir ist daran gelegen, dass die höheren Anforderungen personell abgedeckt werden. Ich habe vom Ressort gehört, dass sie glücklich und froh wären, wenn sie diese zwei Stellen bekämen. Zehn Stellen, das halte ich für übertrieben, das halte ich auch für nicht umsetzbar. Stimmen Sie doch einfach unserem guten, gelungenen Antrag zu, dann bekommen wir zwei neue Stellen und dann schauen wir einmal, wie sich das entwickelt. Wie wir im Übrigen sowieso die ganze Frage der Heimaufsicht weiter im Blick behalten müssen. Ich wäre froh, wenn wir eines Tages hier im Hause darüber diskutieren, wie super toll unsere Pflegelandschaft in Bremen aufgestellt ist. Der Weg ist aber noch lang und da müssen wir noch ordentlich daran arbeiten.
Der nächste Punkt, den ich hier jetzt nur anreißen will, der mit Sicherheit auch Thema werden wird im Bereich der Pflege, ist, wenn man geradewegs sagt: Ambulant vor stationär, was heißt das eigentlich für die Ambulanten? Das ist aber ein komplett anderes Thema und das diskutieren wir gerne, vielleicht auch mit einem Antrag zu gegebener Zeit, weil da auch ein Haufen Probleme auf uns zukommen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich mich bei den LINKEN für diese Anfrage bedanken, insbesondere bei Herrn Erlanson. Ich finde, das ist eine richtige, wichtige und notwendige Anfrage, die noch einmal das Spotlight auf das lenkt, was eigentlich mit den behinderten Menschen nach 1945 passiert ist.
Ich glaube, dass ein Teil der Diskriminierung, die wir heute gegen Behinderte erleben, ihre Wurzeln durchaus auch noch in diesen Zeiten hat. Aus meiner Sicht ist es deswegen am allerwichtigsten in
dieser Diskussion, die wissenschaftliche Aufarbeitung, was ja hier in der Antwort auch dargestellt wird, zu betreiben, um tatsächlich das unendliche Leid und die unendlichen Qualen zu verdeutlichen, die diesen Menschen nicht nur im Nationalsozialismus wiederfuhren – das ist bekannt, wie da mit den Menschen umgegangen wurde –, sondern wie auch in der Nachkriegszeit mit diesen Menschen umgegangen worden ist.
Schön finde ich, dass es nach einigen Protesten jetzt auch diesen zweiten Fonds gibt. Nicht so schön, finde ich, ist, dass er bis zum Jahr 2019 begrenzt ist. Ich glaube, dass deutlich geworden ist, wie schwierig es ist, die Opfer ausfindig zu machen, sie davon zu unterrichten, dass sie diese Zahlungen bekommen können, und dass das einfach mehr Zeit benötigt. Deswegen würde ich dafür plädieren, möglichst zu schauen, dass dieser Fonds länger geöffnet bleibt.
Ich glaube, um auch nicht so lange zu reden, die Dimensionen dessen, was da ideologisch, auch pädagogisch dahintersteht, was einige mit schwarzer Pädagogik bezeichnen, die bis heute hinein in unsere Erziehungsformen und unsere Erziehungsmethoden durchaus immer noch Wirkung hat, darüber muss man nachdenken, welches Unrecht da geschehen ist, das muss öffentlich gemacht werden. Die Geldzahlung allein ist jetzt nicht das wirklich Ausschlaggebende, sondern die Anerkenntnis, dass diesen Menschen Unrecht geschehen ist. Das ist nämlich mit dieser Geldzahlung auch verbunden.
Ich denke, wenn man sich das alles in Ruhe durchliest, die Antworten aufzeigen, dass das Ressort an der Stelle ordentlich und gut arbeitet, dass die Hinweise von Herrn Erlanson durchaus berechtigt sind und dass man schauen kann, wie man das noch verbessern kann, wie man das noch öffentlicher machen kann. In diesem Sinne gibt es meines Erachtens ein paar Aufträge, die man noch zu bedenken hat. Ansonsten sollte man sich dem Thema sehr, sehr bewusst widmen. Ich finde, dass wir gut beraten sind, wenn wir über das Jahr 2019 hinaus da noch Hilfe leisten können. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal bedanke ich mich in dem üblichen Rahmen - ich will das jetzt nicht alles wiederholen -, weil ich meine Rede sehr kurz halten möchte. Ich bedanke mich im Übrigen, dass es mir die SPD-Fraktion gestattet hat, hier zu reden, und zwar in der Funktion als Sprecher der Sozialdeputation.
Nach der Wahl ist seinerzeit ein neuer Kollege in die Sozialdeputation gewählt worden, nämlich Patrick Öztürk. Einem neuen Kollegen hilft man möglichst, man unterstützt ihn, und das haben wir, die Kollegen, die schon länger in der Sozialdeputation Mitglied sind, getan.
Eines Nachts ruft mich gegen 23.00 Uhr Patrick Öztürk an, es sei alles ganz furchtbar, es gebe eine riesige Pressekampagne gegen ihn, die Vorwürfe seien unzutreffend, und er fragt mich, was er tun könne, welchen Ratschlag ich ihm geben könne, dieser Pressekampagne zu begegnen. Ich war zu dem Zeitpunkt völlig davon überzeugt, dass er mit dem Sozialbetrug nichts zu tun hatte.
Ich war sehr lange davon überzeugt, dass er damit nicht zu tun hatte. Es kamen dann aber immer mehr Details an das Tageslicht, hier einmal ein bisschen, dort einmal ein bisschen. Ehrlich gesagt, am Ende dieses Untersuchungsausschusses bin ich erschrocken, mit welcher Raffinesse, mit welcher kriminellen Energie und mit welcher sozialen Rücksichtslosigkeit an dieser Stelle Sozialbetrug betrieben worden ist.
Patrick Öztürk - und das sage ich hier ganz deutlich - hat das Parlament belogen. Er hat sich hier hingestellt und hat gesagt, dass er mit den ganzen Vorgängen nichts zu tun habe, er habe nichts davon gewusst, es sei sein Vater gewesen, und er sei völlig schuldlos. Der Untersuchungsausschussbericht - und wer es nachlesen möchte, der kann es tun - belegt, dass er bis in die Details hinein, ich habe immer gesagt, dein Vater weiß doch gar nicht, was Gender-Mainstreaming ist, den Sozialleistungsbetrug mitorganisiert hat.
Man kann auch nachlesen, dass sich Patrick Öztürk in der Verwaltung informiert hat, auf welche Weise die Anträge zu den unterschiedlichen Programmen gestellt werden müssen. Die eingeholten Informationen sind innerhalb kürzester Zeit bei seinem Vater gelandet. Es ist alles richtig, was in dem Bericht zu den Diskussionen steht, wer bei den Kontrollen versagt hat, nicht, dass ich missverstanden werde, aber ich will, dass die Täter genannt werden. Die Täter waren diejenigen, die den Sozialbetrug organisiert haben.
Die Täter sind nicht diejenigen, die im Rahmen des Kontrollverfahrens versagt haben. Für mich ist das ein ganz elementarer Unterschied.
Ich bin von einem Patrick Öztürk sehr enttäuscht, der sich im Grunde genommen bis zuletzt hinstellt und sagt: Er sei tief in seinem Herzen Sozialdemokrat, und dann betrügt er genau diejenigen, die es im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets am nötigsten haben. Das bringt mich als Sozialpolitiker auf die Palme. Das sind die Kinder, die auf die Sprachförderung angewiesen sind,
und genau an der Stelle zockt er das System ab. Ich glaube, dass eine Wort war jetzt nicht parlamentarisch. Entschuldigung!
Ich glaube, wir müssen darüber nachdenken - und das ist auch meine Erfahrung in einem größeren Kreis, als nur in diesem konkreten Fall -, dass die Sozialsysteme an bestimmten Punkten betrugsanfällig sind. Das ist nicht nur in diesem Fall so gewesen, sondern das ist insgesamt so. Wenn sich ein
paar Leute zusammenschließen, wenn sie sich absprechen und wenn sie gemeinsame Sache machen, dann ist das ganz schwer kontrollierbar.
Ich will es auch noch einmal sagen: Als es am Anfang um die Frage der Freizügigkeit ging, haben sowohl das Jobcenter als auch die Sozialbehörde Seminare durchgeführt, wie der Sachverhalt rechtlich einzuordnen ist. Es ist eine riesengroße Unsicherheit im Hinblick auf die Freizügigkeit vorhanden gewesen. Man war sich darüber im Klaren, dass das nicht einfach wird. Man hat versucht, sich zu informieren, wie mit der Freizügigkeit umzugehen ist. Das war in der Anfangsphase.
Dann ist es zu dem Betrug gekommen, der nur möglich geworden ist, weil sich mehrere zusammengetan haben. Die Wohnungseigentümer, die Hauseigentümer der Schrottimmobilien, die Arbeitgeberseite, die auch Arbeitsverträge ausgefertigt hat, und dann ist es sehr schwer, dieses Dickicht zu durchdringen. Sie haben ein paar Fehler gemacht, obwohl sie sehr klug gewesen sind. Sie haben teilweise das gleiche Kopierpapier genommen, und es war letztlich ersichtlich, dass irgendetwas nicht stimmt. Es gab Hinweise, und das stimmt auch. Meine Kolleginnen und Kollegen haben in der Debatte sehr deutlich gemacht, dass das Kontrollsystem im weiteren Verfahren komplett versagt hat.
Ich glaube aber, dass man mit Fug und Recht hier und heute das sagen kann, was meine Vorredner auch gesagt haben: Dieser Mensch hat hier in diesem Parlament nichts mehr verloren! Ich glaube, es ist auch eine Frage der eigenen politischen Moral - und ich argumentiere jetzt überhaupt nicht juristisch an dieser Stelle -, wenn ich mich hier hinstelle und mich so verhalte, als ob nichts gewesen sei. Heute ist er gar nicht gekommen, und ich kann gut verstehen, warum er nicht gekommen ist.
Ich hätte es ihm auch gern selbst gesagt - und ich habe es auch schon in einigen Debatten gesagt -, ich finde, es wäre jetzt politisch anständig, einen Schlussstrich zu ziehen und das Mandat niederzulegen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eines der zentralen Probleme in dieser Situation ist die Altersfeststellung. Es gibt Menschen, die zu uns kommen und behaupten, sie seien jugendlich. All diejenigen, die Kenntnisse davon haben, sich das anschauen und eine Alterseinschätzung vornehmen, sagen, nein, die sind nicht mehr jugendlich. Ich würde mir wünschen, dass die Personen, die zu uns kommen, mit einem größtmöglichen Maß an Ehrlichkeit, was die Altersangabe betrifft, agieren, denn ich glaube fest
daran, dass Integration Vertrauen auf beiden Seiten braucht.
Wenn ich als Flüchtling hierherkomme und schon mit einer Lebenslüge in Bezug auf das Alter anfange, dann sind aus meiner Sicht die Startbedingungen für eine vernünftige Integration nicht die allerbesten.
Ich weiß, dass dies nicht alle gern hören, aber es ist nun einmal meine tiefe Überzeugung, dass das dazugehört, wenn man diese Frage diskutiert.