Protokoll der Sitzung vom 14.03.2018

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Welt.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Hinners! Beim Durchlesen des Antrags der CDU „Arbeit der Polizei gestalten und nicht lahmlegen!“ – das ist ja der Titel – hatte ich kurz das Gefühl eines Déjà-vus, um dann tatsächlich festzustellen, dass verschiedene Teile aus dem Antrag bereits Bestandteil anderer, bereits abgelehnter Anträge der CDU sind.

(Abgeordneter Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Das nennt man Recycling!)

Liebe Damen und Herren der CDU, das haben Sie schon einmal besser gemacht!

Lassen Sie uns einmal Ihren Antrag durchgehen. Im ersten Teil des Antrags wird ein vermeintliches – ich sage „vermeintliches“ – Ziel der Grünen angesprochen, ein Quittungssystem für die Polizei, das sogenannte Racial Profiling, auch ethnisches Profiling, einzuführen. Sie verweisen auf einen Fachtag der Polizei zu diesem Thema, der im letz

ten Jahr stattgefunden hat. Ich selbst habe an diesem Fachtag teilgenommen und gehe einmal kurz auf das Thema ein.

In England hatte es vor einigen Jahren ganz massive Ausschreitungen gegeben, die Polizei hatte große Mühe, die Ordnung wiederherzustellen. Ganze Häuserblocks wurden niedergebrannt, Geschäfte wurden geplündert, und es kam zu vielen weiteren Straftaten. Das System geriet in England völlig aus den Fugen. Die Ursache für diese Ausschreitungen war ein Polizeieinsatz, eine Kontrolle in einem hauptsächlich von Farbigen bewohnten Stadtteil, bei dem ein schwarzer Mensch getötet worden ist.

Um nachträglich Transparenz zu schaffen und das Vertrauen in die Ordnung und die Polizei wiederherzustellen, wurde dort ein Quittungssystem bei Polizeikontrollen eingeführt, bei dem nicht nur der Kontrollierte, sondern auch der kontrollierende Polizeibeamte namentlich erfasst wird. Nach ähnlichen heftigen Ausschreitungen hat man dieses System zeitweise auch in Amsterdam, in den USA und an anderen Orten eingeführt. Es waren alles Ausschreitungen über viele Tage, die bürgerkriegsähnliche Züge hatten.

Das Quittungssystem wurde meiner Kenntnis nach anlassbezogen temporär eingeführt und wieder aufgehoben. In Bremen sind wir von solchen Zuständen weit entfernt, und klar ist auch, dass wir großes Vertrauen in die Bremer und die Bremerhavener Polizei haben. Unsere Beamtinnen und Beamten erhalten eine gute Ausbildung und werden auch gezielt für besondere Situationen geschult. Unsere Polizei weiß, was sie tut und was sie darf. Wir als SPD-Fraktion haben daran keine Zweifel.

(Beifall SPD – Abgeordneter Hinners [CDU]: Wir auch nicht!)

In der Innendeputation war das Quittungssystem schon einmal ein Thema, zu dem wir uns als SPDFraktion gegenüber der Presse eindeutig positioniert haben. Ich wiederhole unsere Position hier aber auch noch einmal gern für alle zum Mitschreiben: Die SPD-Fraktion hält die Einführung eines Quittungssystems bei Polizeikontrollen für überflüssig. Wir lehnen es nach wie vor ab.

(Beifall SPD)

In Ihrem Antrag beschreiben Sie weiterhin eine Kennzeichnungspflicht der Bremer Polizistinnen

und Polizisten bei Großeinsätzen. Sie kritisieren hier die Nummer, die den Einsatzkräften vor ihrem Einsatz zugeteilt und auf dem Rücken angebracht wird. Die Kennzeichnung wurde Anfang 2014, also in der letzten Legislaturperiode, eingeführt und in das Polizeigesetz geschrieben. Die Diskussion ist hier schon etliche Male geführt worden, und das Thema ist als erledigt anzusehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt in Bremen und anderswo Einsätze, bei denen manchmal 1 000 Polizeibeamte und mehr aus Bremen und aus andern Ländern gemeinsam eingesetzt werden. Ich denke dabei an Großdemonstrationen oder an Hochsicherheitslagen bei Fußballspielen. Nun ist es so, dass Polizeibeamte in Uniform auftreten müssen. Bei diesen Einsätzen müssen zeitweise leider auch Helme zum Schutz der Gesundheit unserer Einsatzkräfte getragen werden. Damit sind einzelne Polizeibeamte nicht ohne Weiteres erkennbar, gerade dann, wenn es hitzig wird und alle unter Stress stehen.

(Abgeordneter Hinners [CDU]: Es gibt keinen ein- zigen Fall!)

Gerade in gefährlichen Situationen sollte jeder Polizeiführer wissen, wo sich seine Leute befinden, und genauso sollte jeder einzelne Polizeibeamte wissen, wo sich seine Einheit, wo sich seine Kollegen befinden. An den Rücken- und an den Frontkennungen auf den Jacken können sich jede Beamtin und jeder Beamter in heiklen Situationen einigermaßen orientieren.

(Abgeordneter Hinners [CDU]: Dafür braucht man keine Nummer!)

Hier wird niemand stigmatisiert, wie Sie es in Ihrem Antrag schreiben, meine Damen und Herren von der CDU. Hier wird strategisch, sinnvoll und transparent ein sehr gefährlicher Job gemacht. Die SPD-Fraktion sieht auch in diesem Punkt Ihres Antrags keinen Handlungsbedarf.

(Beifall SPD, Bündnis 9/Die Grünen)

Seit der Einführung der Kennzeichnung gab es keine nennenswerten Zwischenfälle. Es gibt auch keine großen Differenzen innerhalb der Polizei, auch Polizeipräsident Müller sieht die Kennzeichnungspflicht bei Großeinsätzen nicht kritisch, wie auf der letzten Personalversammlung kundgetan hat.

(Abgeordneter Hinners [CDU]: Fragen Sie einmal die betroffenen Beamten!)

Der Personalrat lehnt naturgemäß diese Kennzeichnungspflicht ab. Ich habe in der letzten Woche mit einigen Mitgliedern des Personalrats gesprochen. Es gab keine große Kampfstimmung gegen die Kennzeichnungspflicht.

Den letzten Punkt Ihres Antrags könnten wir fast mittragen, dennoch sind wir als SPD-Fraktion davon überzeugt, dass die Polizistinnen und Polizisten sich im Rahmen von Konfliktfällen kooperativ zeigen. Das ist eine klare Sache. Daran hatten wir nie Zweifel, und die Vergangenheit hat gezeigt, dass es auch so ist. Polizisten haben ihre Pflichten zu erfüllen, aber sie haben selbstverständlich auch Rechte.

Sie schreiben in Ihrem Antrag, die Bürgerschaft sei ferner davon überzeugt, dass sich Bremer Polizisten kooperativ zeigen und in Konfliktfällen bei ihrer Identifizierung mithelfen. Sehr geehrte Damen und Herren der CDU, wenn Sie mit Konfliktfällen Strafanzeigen meinen, dann wird gegen Polizeibeamte genauso ermittelt wie gegen jeden anderen Bürger auch, und zwar von besonderen Ermittlern der Polizei und der Staatsanwaltschaft. Die Bürgerschaft kann aber beim besten Willen niemanden zwingen, gegen sich selbst auszusagen. Dieser Satz ist daher völlig überflüssig.

(Beifall SPD, Bündnis 9/Die Grünen)

Polizeibeamte kennen und erfüllen ihre Pflichten, Polizeibeamte haben aber auch Rechte. Diese Rechte werden wir hier nicht verbal beschneiden.

Der Antrag ist insgesamt nicht nur von den Themen her überholt, sondern an verschiedenen Stellen auch falsch. Er ist handwerklich nicht besonders gut gemacht. Wenn ich an Ihrer Stelle gewesen wäre, dann hätte ich ihn heute zurückgezogen.

(Abgeordneter Hinners [CDU]: Wir nicht!)

Die SPD-Fraktion lehnt den Antrag insgesamt ab. – Vielen Dank!

(Beifall SPD, Bündnis 9/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Zenner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! „Arbeit der Polizei effektiv gestalten und nicht lahmlegen!“ ist eine große Überschrift für einen doch nicht ganz so immens wichtigen Inhalt.

Es wurden Personenkontrollen angesprochen, die nur auf Anlass – Sie hatten das im Einzelnen zitiert – möglich sein können und dürfen und von der Polizei, so ist unser Vertrauen, auch nur in diesem Fall wahrgenommen und durchgeführt werden. Das Thema, ob Quittungen für solche Kontrollen an die Betroffenen ausgestellt werden sollen, quasi auch zum Schutz, dass sie im Rahmen des Racial Profilings nicht permanent kontrolliert werden, hatten wir schon in der Innendeputation besprochen. In der Innendeputation bestand schon Konsens, dass das nicht ganz so viel Sinn macht und dass die Ausnahmesituationen, die der Kollege aus anderen Ländern dargestellt hat, in Bremen nicht ersichtlich ist, sodass das Thema mit dem Quittungsunsinn erledigt ist.

Zweiter Punkt! Wir gehen auch davon aus, dass wir uns auf die Arbeit der Polizei verlassen können,

(Beifall FDP)

dass wir in die Arbeit der Polizei Vertrauen haben und dass wir auch davon ausgehen, dass in unserer Stadt lebende Bürger wegen der Hautfarbe oder einer ethnischen Zugehörigkeit nicht permanent belästigt werden.

(Beifall FDP)

Der einzige Punkt, der in diesem Antrag vielleicht ein bisschen mehr beleuchtet werden könnte, wäre die Kennzeichnungspflicht. Die Kennzeichnungspflicht bei Großlagen hatten wir auch schon einmal mit der Polizei besprochen. Es ging um die Frage: Sind Beamte in Großlagen, wenn es zu möglichem Fehlverhalten kommt, von betroffenen Bürgern identifizierbar, die dort gegebenenfalls Schaden erlitten haben? Kommen betroffene Bürger zu ihrem Recht, oder macht die Polizei quasi „dicht“, sodass das ins Leere läuft. Das war eigentlich der Hintergrund.

Der zweite Gesichtspunkt ist gewesen, ob die Beamten, die ganz genau gekennzeichnet sind, nicht vielleicht deshalb auch Gefahr laufen, dass sie von irgendwelchen anderen Bürgerinnen und Bürgern, die ihnen nicht wohlgesonnen sind, aufgrund der Kennzeichnung identifizierbar sind und dadurch persönlich auch in ihrem Lebensfeld betroffen und

bedrängt werden könnten? Dies gilt es miteinander abzuwägen. Dabei ist eigentlich ein entscheidender Gesichtspunkt, dass gesagt worden ist, dass wir in der Vergangenheit nie ein solches Problemfeld gehabt haben. Es hat sich also durch die Handhabung herausgestellt, dass nie ein Bürger nicht zu seinem Recht gekommen ist, weil die Kennzeichnungspflicht nicht eingehalten worden ist. Insofern kann man schon berechtigterweise den Sinn einer solchen Maßnahme infrage stellen. Mir ist auch aus dem Bereich der Polizei von vielen Beamten bekannt, dass man auf die Kennzeichnungspflicht verzichten könnte.

Ist sie jetzt erforderlich, um die Einsatzleitung richtig zu handhaben, oder aber, ist es wichtig, dass wir sie deshalb gebrauchen, weil in Großlagen Beamte aus mehreren Bundesländern agieren und man sich als Bremen keine andere Nummer erlauben kann?

(Abgeordneter Hinners [CDU]: Das ist eine andere Kennzeichnung!)

Ich würde dann sagen, das müsste noch einmal neu überlegt werden. Tatsache ist aber, dass es bisher keine Probleme gegeben hat, und deswegen kann man darauf wohl verzichten. Wir geben diesem Antrag wohlwollend unsere Unterstützung. – Danke schön!

(Beifall FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Vogt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Welt hat im Grunde genommen zur Kennzeichnungspflicht recht viel gesagt. Ich möchte nur einmal anmerken, dass aus der Nummer keinerlei Rückschlüsse auf namen- oder personenbezogene Daten der Polizeibeamten gezogen werden können. Die Kennzeichnungspflicht ist eine Voraussetzung dafür, damit Rechtsmittel genutzt werden können, und das sieht der Europäische Gerichtshof im Übrigen auch so.

Die Gegner der Kennzeichnungspflicht haben in den vergangenen Jahren immer zwei Thesen genannt. Die eine These war, dass die Polizei verstärkt Angriffen ausgesetzt sei. Ich kann mich an Debatten erinnern, in denen sogar die Rede von Angriffen außerhalb der Dienstzeit, also Nachstellungen im Privatleben, gewesen ist. Das ist eigentlich nicht möglich, denn die Nummer ist anonym. Ich möchte hier einfach einmal sagen, dass das in

keinem Bundesland eingetreten ist, weil hier viel über sogenannte Fakten in einem CDU-Beitrag geredet worden ist. Man muss einfach einmal festhalten, dass diese Befürchtung nirgendwo eingetreten ist. Diese These ist empirisch nicht belegbar, und auch die CDU kann keinen einzigen entsprechenden Fall nennen.

Der zweite Einwand lautete, dass die Polizei mit unbegründeten dienstrechtlichen oder strafrechtlichen Verfahren überzogen werden würde. Das konnte bislang auch nicht nachgewiesen werden, und auch dafür hat die CDU kein einziges Beispiel.