Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Röwekamp hat angesprochen, dass es in unserer Fraktion unterschiedliche Einschätzungen zu diesem Thema gibt. Lassen Sie mich eingangs sagen, dass man in dieser Diskussion – sicherlich aus guten Gründen – unterschiedlicher Meinung sein kann. Eine Debatte mit schwarz-weiß-malerischen Zügen sollte es jedoch meines Erachtens nicht werden, denn es ist nicht zu verhehlen, dass es in der Gesellschaft, so auch in meiner Fraktion, unterschiedliche Sichtweisen auf dieses Thema gibt, und das jeweils aus sehr respektablen Gründen. Deshalb ist es ein Zeichen von Authentizität, dass wir uns in der heutigen Abstimmung unterschiedlich verhalten werden.
Worum es in der Substanz geht, ist bereits angesprochen worden. Zentral sind im Wesentlichen die Fragen, ob eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft als Ehe bezeichnet und ob ein generelles Adoptionsrecht in homosexuell orientierten Partnerschaften rechtlich normiert werden soll.
Obwohl man nach meiner Einschätzung eine weitgehende Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften bereits hergestellt hat, ist in diesem Zusammenhang häufig – und so auch in dem vorliegenden Antrag – von einer fortgesetzten Diskriminierung die Rede. Ich teile diese Ansicht nicht, wenn schon damit gemeint ist, auf bloße Unterschiede hinzuweisen. Unterschiede zwischen verschiedenen Partnerschaftsformen zu benennen, ist nicht gleichbedeutend mit Diskriminierung oder gar mangelnder Toleranz. Unterscheiden heißt nicht, richtig oder falsch zu meinen, im Gegenteil, Respekt und Toleranz setzen wortlogisch Vielfalt voraus.
Umgekehrt ist pauschalierende Gleichmacherei nicht gleichbedeutend mit Gerechtigkeit oder nur oberflächlich ein Ausdruck von Wertschätzung. Eine offene Gesellschaft, wie ich sie will, bekennt sich zu dieser Vielfalt und akzeptiert die sich daraus ergebenden Unterschiede, meine Damen und Herren.
Manchmal, so auch hier, wird zum Beispiel mit Veränderungen in anderen Ländern oder mit ergangenen oder erwarteten Entscheidungen, zum Beispiel des Bundesverfassungsgerichtes, argumentiert. Rechtsprechung entbindet aber nicht von einer eigenen Haltung.
Für mich ist es eine Grundüberzeugung, in der Ehe die Verbindung von Mann und Frau, von Frau und Mann zu sehen, mit der Option, um Kinder erweitert, eine größere Familie als eine wesentliche Grundlage unserer sozialen Gemeinschaft zu werden. Damit gibt es in der Verbindung von Frau und Mann etwas Einmaliges, das rechtfertigt, diesem eine Bezeichnung zu geben, die man nicht auf andere Verbindungen überträgt. Es liegt keine Diskriminierung darin, wenn man jede andere Verbindung, die auf Freiwilligkeit, Zuneigung, Verantwortung und Gegenseitigkeit beruht, genauso respektiert, wenn man
sie in Rechten und Pflichten grundsätzlich gleichstellt und wenn es keine – und das ist eine einschränkende Bemerkung dazu – begründbaren Unterschiede gibt.
Vor diesem Hintergrund fand und finde ich es richtig und eben nicht diskriminierend, eine Ehe eine Ehe und eine Lebenspartnerschaft zum Beispiel eine Lebenspartnerschaft zu nennen.
Der zweite Punkt ist das Adoptionsrecht. Für mein Verständnis ist das eine fragwürdige Diskussion, weil eine Debatte zur Gleichheit von Partnerschaften für mich in diesem Zusammenhang auf die falsche Spur führt. Das Adoptionsrecht betrachtet Adoptionen nämlich ausschließlich aus der Perspektive des Kindes. Ich würde Sie gern mit einem Zitat aus der Bürgerschaftsdebatte der jüngeren Vergangenheit konfrontieren, da hieß es treffend:
„Für Kinder sind sowohl männliche als auch weibliche Vorbilder wichtig.“ Das ist ein Zitat, das aus der Rede der Kollegin Dogan stammt. Es stammt aus einer Debatte, in der von allen Rednerinnen und Redner bedauert wurde, dass Kinder in Grundschulen nur noch sehr selten auf männliche Lehrkräfte treffen.
Das kritisch zu benennen fand und finde ich richtig, denn die Erziehung und die Sozialisation von Kindern ist eine Aufgabe beider Geschlechter.
Wenn ich mir auch durchaus bewusst bin, dass eine erfolgreiche Erziehung heute nicht nur in klassischen Familien gemeistert wird, bleibe ich grundsätzlich der Meinung, Kinder profitieren von elterlichen Vorbildern beiderlei Geschlechts. Diese Sichtweise aus der Perspektive des Kindes diskriminiert auch keinen einzelnen homosexuell orientierten Menschen und stellt insbesondere seine individuelle Erziehungsfähigkeit nicht infrage.
In diesem Sinne ist aber eine Partnerschaft eben mehr als die Summe der Teile, und von diesem Mehr und anders, das in unterschiedlichen Geschlechtern begründet liegt, profitieren Kinder. Wenn wir die Erziehung der Kinder durch beide Geschlechter in Schulen für förderlich halten, dann gilt das nach meiner Überzeugung im Kleinen, also eben auch in den Familien mit Kindern, meine Damen und Herren.
Ich bin mir darüber im Klaren, dass diese Auffassung nicht jeder teilen wird. Ich habe aber als Abgeordneter einer auch an konservativen Werten orientier
ten Partei nicht das Gefühl, dass ich über jedes Stöckchen, dass mir ein vermeintlicher Zeitgeist hinhält – und da bin ich auch anderer Auffassung als der Kollege Röwekamp – springen muss, nur weil es gerade politisch für opportun gehalten wird und das Jasagen der Weg des geringeren Widerstandes wäre.
Manche Dinge mögen sich entwickeln, und das ist ja auch gut so. Sie als politische Setzung per Beschluss einfach umzudefinieren, das halte ich für falsch. Ich werde Ihrem Antrag deshalb heute nicht zustimmen.
Ich möchte anfügen, dass ich namens meiner Fraktion zu diesem Antrag namentliche Abstimmung beantrage. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, die Debatte hat deutlich gezeigt, dass das Familienrecht den Menschen nahegeht und dass man im Kernbereich betroffen ist.
Im Familienrecht stellt der Staat den Menschen rechtliche Gestaltungsformen zur Verfügung. Die Besonderheit, die wir im vorliegenden Fall diskutieren, ist, dass eine rechtlich vorhandene zentrale Gestaltungsform, nämlich die Ehe, nicht allen Menschen gleichermaßen zur Verfügung gestellt wird. Das macht den Kernpunkt dieser Diskussion aus.
Herr Fecker hat gesagt, die Zeit sei reif, dass der Staat ohne Unterschied diese Gestaltungsform für das persönliche Leben der Menschen für jeden Menschen, auch für gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften, zur Verfügung stellt. Ich glaube, das ist der entscheidende Punkt. Die Diskussion der Verfassungswidrigkeit des bisher geltenden Rechts sollte für die Gegenwart und für die Zukunft einfach durch die Änderung des Rechts beendet werden.
Der Senat vertritt diese Auffassung schon seit einiger Zeit. In der letzten Legislaturperiode hat der Senat im Jahr 2013 einen Gesetzentwurf unterstützt, der die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Partnerschaften vorgesehen hat. Am 12. Juni hat der Bundesrat mit der Stimme Bremens eine Entschließung verabschiedet, die wie folgt lautet:
„Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, die weiterhin bestehende Benachteiligung gleichgeschlechtlicher Paare zu beenden und eine vollständige Gleichbehandlung von Ehe und gleich- und verschiedengeschlechtlichen Paaren im gesamten Bundesrecht herzustellen. Dies umfasst die Öffnung der Ehe durch Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches und die Schaffung eines vollen gemeinschaftlichen Adoptionsrechts für gleichgeschlechtliche Paare.“
Stimme Bremens, und dieser Gesetzentwurf enthält die entscheidende Regelung, den Paragrafen 1353 des BGB wie folgt neu zu fassen:
„Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen.“ Das ist, glaube ich, ein klares Bekenntnis zur Gleichbehandlung.
In dem Gesetzgebungsverfahren ist eingewandt worden, dass möglicherweise die Verfassung geändert werden müsse. Ich glaube, der Artikel 6 des Grundgesetzes ist auch modern zu verstehen, denn die Zeitauffassung fließt in Artikel 6 des Grundgesetzes ein. Wir meinen, dass es für diese gesetzliche Änderung nicht notwendig ist, das Grundgesetz zu ändern.
Bremen hat eine klare Position eingenommen: Eine verfassungswidrige Diskriminierung, die aus der Vergangenheit stammt, sollte auf diese Weise beendet werden. – Vielen Dank!
Wer dem Antrag seine Zustimmung, seine Stimmenthaltung oder sein Nein signalisieren möchte, möge sich dann deutlich mit Ja, Nein oder Enthaltung zu Wort melden.
(Unterbrechung der Sitzung 12.04 Uhr) * Vizepräsidentin Dogan eröffnet die Sitzung wieder um 12.06 Uhr. Vizepräsidentin Dogan: Ich eröffne die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Landtag).
Ich gebe Ihnen das Ergebnis bekannt: Abgestimmt haben 74 Abgeordnete. Mit Ja haben 63 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 11 Abgeordnete. Stimmenthaltungen gab es keine. Somit steht das Ergebnis fest.
Antrag auf Einsetzung eines Ausschusses zur Bekämpfung und Prävention von Armut und sozialer Spaltung Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 21. Juli 2015 (Drucksache 19/28) Wir verbinden hiermit: Armutsbekämpfung in Bremen Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD vom 22. September 2015 (Drucksache 19/77) und Prävention und Bekämpfung von Armut auch weiterhin vorantreiben! Antrag der Fraktion der CDU vom 6. Oktober 2015 (Drucksache 19/101)