Protokoll der Sitzung vom 25.04.2018

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU, DIE LINKE, FDP – Zuruf Abgeordneter Tassis [AfD])

Ich habe Ihnen zugehört, vielleicht ein bisschen Respekt, auch wenn ich nur eine Frau bin!

Zum Antrag! Ja, der französische Premier hat in der Tat gesagt, gendergerechte Sprache soll in amtlichen Veröffentlichungen und eben in Verwaltungsausführungen nicht mehr angewendet werden, kein Gender Star, kein Binnen-I, kein Unterstrich. Jetzt verlangen Sie, dass wir etwas abschaffen, was wir nie eingeführt haben. Ich habe Ihnen einmal zwei Beispiele mitgebracht, amtliche Veröffentlichungen, kein Binnen-I, kein Gender Star, kein Unterstrich, nicht einmal die weibliche Form. Hier heißt es in der Änderung der Verordnung zur Abgeltung der Bürokosten der Gerichtsvollzieher: „Der Höchstbetrag der einem Gerichtsvollzieher

zustehenden Gebührenanteile beträgt im Kalenderjahr“ und so weiter. Ich sehe und höre da keine Gerichtsvollzieherin, die Sie ja so stört.

Oder das Gesetz zur Änderung des Bremischen Wahlgesetzes, das ist ja äußerst interessant! Unter Paragraf 7 Absatz 6 heißt es: „Die auf einen Wahlvorschlag nach Personenwahl zu vergebenen Sitze werden den Bewerbern mit den höchsten Stimmzahlen zugeteilt.“

(Abgeordneter Röwekamp [CDU]: Das war es dann mit der Mitgliedschaft!)

Keine Bewerberin, genau, wenn wir es ernst nehmen würden!

Also, ich kritisiere das auch, aber aus einer sehr anderen Perspektive als Sie, Herr Tassis. Wir können nichts abschaffen, was wir nicht eingeführt haben. In Bremen gibt es auch keine gendergerechten Sprachanleitungen oder Leitfäden für die gendergerechte Sprache. Es ist eine Freiwilligkeit. Es gibt – Herr Tassis, zum Mitschreiben! – keinen gendergerechten Sprachzwang in Deutschland. Den gibt es nicht, der ist nirgends festgeschrieben. Menschen benutzen eine gendergerechte Sprache freiwillig,

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

auch in den Wissenschaften. Es stimmt, der Studiengang Soziologie hat es für sich selbst festgesetzt. Weil er ein Studiengang ist, der sehr zielgruppenspezifisch forscht und sehr genau schaut, wer angesprochen, wer erforscht wird, ist er auch sehr genau im Sprachgebrauch. Nun sage ich Ihnen aber, die Politikwissenschaften zum Beispiel haben das für sich abgelehnt. Das habe ich immer kritisiert, es ist aber so, weil sie den Sinn nicht sehen, genauso wie Sie nicht. Also auch da, in den Wissenschaften, kein Zwang zur gendergerechten Sprache!

Jetzt wird es wirklich – letzter Punkt! – skurril in Ihrem Antrag. Sie reiten ja dieses Pferd, Gender Mainstreaming sei der Weltuntergang oder zumindest der Untergang Deutschlands, in einer Art und Weise, dass einem wirklich übel werden kann. Dabei benutzen Sie das Instrument selbst! Sie haben es sogar schriftlich und mündlich gemacht, Sie unterscheiden zwischen den Geschlechtern. Sie haben es in Ihrem Antrag und auch in Ihrer Rede offenbar als argumentativ notwendig erachtet, zwischen homosexuellen deutschen Bürgern und heterosexuellen deutschen Bürgern zu unterscheiden. Das ist ein Argumentationsstrang in Ihrem Antrag.

Wenn ich das jetzt ernst nehme, Sie erwähnen nicht, wie homosexuelle Frauen dazu stehen, wie heterosexuelle Frauen dazu stehen oder andere geschlechtliche Identitäten! Ich gehe also davon aus, die Einstellung, die diese Bürgerinnen vertreten, passen nicht in Ihre Argumentation. Das ist für mich jetzt eine gute Nachricht, weil ich glaube, dass alle anderen, außer homo- und heterosexuelle deutsche Bürger, die Mehrheit sind und nicht Ihre deutschen Bürger, Herr Tassis!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU, DIE LINKE, FDP)

Allerletzter Punkt! Ich habe jetzt noch einen einzigen Punkt, und ich glaube, da spreche ich wirklich für alle Fraktionen. Wir sind alle bemüht, eine sehr sachorientierte und zielgruppenspezifische Arbeit zu machen. Das nennt sich dann auf Neudeutsch Gender Mainstreaming, mehr ist es nicht. Die Debatte werden wir dieses Jahr – und darauf freue ich mich schon – noch einmal ein bisschen länger führen, und das ist eben der Unterschied zu Ihnen und zu Ihrer rein populistischen Politik, Herr Tassis!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU, DIE LINKE, FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag des Abgeordneten Tassis, AfD, mit der Drucksachen-Nummer 19/1443 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Abgeordneter Tassis [AfD])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP, BIW, Abgeordnete Wendland [partei- los])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Damit haben wir den letzten Tagesordnungspunkt für heute abgearbeitet.

Ich bedanke mich, wünsche Ihnen einen angenehmen Abend und schließe die Sitzung.

(Schluss der Sitzung 18.15 Uhr)