Protokoll der Sitzung vom 30.05.2018

Ich werde in der zweiten Runde gleich noch einmal etwas dazu sagen, was ich mir wünsche, was aus dieser Aufarbeitung eigentlich für die Zukunft erfolgt. – Danke schön!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Herr Dr. Yazici.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! LayeAlama Condé ist in einer extrem entwürdigenden Form in staatlicher Obhut zu Tode gekommen. Wie konnte das geschehen? Wie konnte überhaupt 13 Jahre lang in Bremen ein Beweissicherungsverfahren angewandt werden, über das der Europäische Menschengerichtshof später urteilte, es verstoße gegen das Folterverbot. Diese und viele, viele weitere Fragen treiben noch immer Menschen um – nicht nur in Bremen. Vieles ist dazu gesagt und geschrieben worden. Dennoch bleibt ein unbefriedigendes Gefühl zurück und das liegt vor allem auch an dem Abschluss des Strafverfahrens gegen den Polizeiarzt gegen eine Geldauflage ohne den Sachverhalt erschöpfend, nach den vom Bundesgerichtshof nahegelegten Gesichtspunkten, zu ermitteln.

Herr Kollege Güldner hat auf die massive Kritik des Bundesgerichtshofs an den Bremer Urteilen hingewiesen. Das ist diskussionswürdig. Darauf hat das Landgericht aber seinerzeit auch selbst in einer Stellungnahme hingewiesen. Letztlich konnte dem Angeklagten die Schuld nachgewiesen werden. So wurde im Zweifel für den Angeklagten entschieden. Festzuhalten bleibt jedenfalls, dass die Brechmittelvergabe von Anfang an Gegenstand kontroverser Diskussionen war – nicht nur im politischen Raum, sondern auch im juristisch-medizinischen

Raum. Zu erinnern ist hier an das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt aus dem Jahre 1996, nach dessen Auffassung die zwangsweise Verabreichung von Brechmitteln nicht durch § 81a Strafprozessordnung gedeckt ist. Zehn Jahre später wurde diese strafprozessuale Problematik letztlich dann mit dem besagten Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Abschluss gebracht.

Allerdings – und das muss man nüchtern feststellen – für die gesamte Republik hat eine strafrechtliche Aufarbeitung des Verhaltens derjenigen, die diese Brechmittel verabreicht haben, nicht stattgefunden. Strafverfahren wurden entweder gar nicht eingeleitet oder wurden eingestellt. So wurde auch im Fall Condé ausschließlich das individuelle Versagen überprüft. Doch was ist eigentlich mit der Verantwortung anderer Beteiligter? Darauf hat auch der BGH hingewiesen. Die beteiligten Polizisten beispielsweise, die die Prozedur angeordnet haben, sie haben Kopf und Arme von Condé festgehalten. Was ist mit dem damaligen Leiter des Beweissicherungsdienstes? Was ist mit dem Notarzt, der später dazu gestoßen ist? Lediglich in der Begründung der Einstellung hat das Landgericht gesagt, ein etwaiges Fehlverhalten Dritter oder auch ein Versagen der Politik – –. Allerdings waren da schon die in Betracht kommenden Delikte in die Verjährung gelaufen, meine Damen und Herren!

Ja, hätte es nach dem Tod von Achidi John im Jahr 2001 in Bremen ein Umdenken gegeben, dann hätte Condé heute wahrscheinlich noch gelebt. Insofern war der Tod vermeidbar, weil dem eine tragische Fehlschätzung vorausgegangen war. Ja, wir wissen heute, dass das damalige Verfahren im Anschluss an das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte unrechtmäßige, staatliche Gewalt war. Aber diese Praxis wurde seinerzeit nicht nur in Bremen, sondern in zahlreichen anderen Bundesländern durchgeführt. Ich habe am Wochenende einige Stunden im Juridicum verbracht und mir die seinerzeitige strafrechtliche Diskussion noch einmal angeschaut. Diese Praxis wurde zur Tatzeit von der überwiegenden Meinung in der Rechtsprechung, dem überwiegenden Teil in der Literatur und von denen, die diese Praxis auch durchgeführt haben, die Mediziner, als von § 81a Strafprozessordnung gedeckt und die dadurch gewonnenen Ergebnisse auch als verwertbar angesehen, meine Damen und Herren.

Dieser Fakt darf bei einer ehrlichen Aufarbeitung der damaligen Ereignisse nicht außer Acht gelassen werden. Das Oberlandesgericht Bremen hat

zweimal dazu geurteilt, in den Jahren 1996 und 2000, und hat das Verfahren in Bremen als zulässig und verhältnismäßig angesehen. Darauf haben sich die Verantwortlichen von damals nicht nur in der Politik, sondern alle, die daran beteiligt waren, haben sich im Konsens für dieses Verfahren entschieden. Verschiedene Regierungen haben über Jahre hinweg dieses Verfahren als zielführend erachtet. Aber wir wissen, es war ein Fehler an dem Verfahren festzuhalten. Die damaligen Verantwortlichen haben das auch mittlerweile ehrlich und glaubhaft eingeräumt, aber das macht das Geschehene nicht rückgängig. Deswegen muss es darum gehen, den Fall Condé als eine Mahnung und als eine Lehre zu sehen, für die aktuell und in Zukunft handelnden Verantwortlichen. Staatliches Handeln, gerade im sensiblen Bereich der Gewaltanwendung, die Verfahren die dort laufen beziehungsweise die Handlungsanweisungen immer wieder und regelmäßig einer Prüfung zu unterziehen und die Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns auch immer sicherzustellen.

Lassen Sie mich das eine noch sagen: Gerade in Zeiten wie diesen, in denen sich Rechtspopulisten und Rechtsnationale in deutschen Parlamenten breit gemacht haben, ist es wichtiger denn je für die Politik, Ruhe zu bewahren, nüchtern zu handeln und nicht unbewusst Erfüllungsgehilfe einer scheinbar mächtigen öffentlichen Meinung zu sein, sondern Verhältnismäßigkeit –

(Glocke)

muss die Handlungsmaxime sein und nicht das Hinterherlaufen von Angstmachern und damit nicht, wie mehrfach schon gesagt wurde, dass ein Mensch, ganz gleich, was ihm zur Last gelegt wird, in staatlicher Obhut zu Schaden kommt. – Danke für die Aufmerksamkeit!

(Beifall)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Herr Zenner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir unterhalten uns über einen tragischen Vorfall, der allerlei Jahre zurückliegt und der auch heute noch unser tiefstes Bedauern hervorruft und einen tragischen Fall der bremischen Justizgeschichte darstellt.

Letztendlich hat der tragische Tod zum Ende der Praxis geführt. Bereits am 5. Januar 2005 wurde die

Praxis in Bremen ausgesetzt, diese Brechmittelvergabe zu praktizieren, und schließlich mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Sommer 2006 dann endgültig eingestellt.

Die Methode der zwangsweisen Brechmittelvergabe zur Beweismittelexkorporation wurde in Bremen seit 1992 über zirka 13 Jahre angewendet und dies in einer erheblichen Anzahl von Fällen. Das muss man im Nachblick sagen. Insofern ist die Initiative der Grünen oder von Dr. Güldner, dieses noch einmal historisch, bremisch, rechtsgeschichtlich aufzuarbeiten, ehrenwert und wir werden uns vielleicht am Ende dieser Debatte noch einmal darüber zu unterhalten haben, welche Konsequenzen wir daraus ziehen.

Es wurde schon gesagt, dass die Problematik nicht – auch in der damaligen Situation nicht – einfach beurteilt wurde. Es gab eine Reihe von Obergerichten, das Hanseatische Oberlandesgericht für Bremen und auch das Kammergericht in Berlin haben damals mit Entscheidungen diese zwangsweise Brechmittelvergabe toleriert und für rechtens erachtet. Diejenigen, die dann in der Praxis im Polizeibereich arbeiteten, haben natürlich dann einen guten Grund, sich auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zu verlassen. Auch wenn Sie sich die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte von der Entscheidungsfindung vor Augen führen, jemand hat es hier vorhin gesagt, eine Stimmenabgabe von zehn zu sieben. Wir hatten auch Kollegen, die juristisch vorgebildet sind, die das völlig abgelehnt haben. Ich will damit nur deutlich machen: Ein juristisch durchaus nicht einfaches Terrain seinerzeit. Im Nachhinein ist es dann immer ein bisschen leichter, zu sagen, das hätten wir vielleicht alles vorher schon wissen können.

Bei der Debatte muss bedacht werden, dass es um Verbrechensbekämpfung geht und dass sich auch Herr Condé offenbar in dem Netzwerk Betäubungsmittelkriminalität befunden hat. Die Anwendung von derartigen Beweismitteln hat natürlich im Fokus gehabt, strafbares Verhalten aufzuklären, andererseits aber auch, die Personen, die sich im Drogenmilieu befinden, vor der Einnahme von Drogen zu beschützen. Dennoch hat im Ergebnis Bremen oder der Staat in diesem Punkt versagt. Der Polizeipräsident Müller hat es mit klaren Worten dargestellt und das gilt weiterhin: Es darf nicht passieren, dass ein Mensch in staatlicher Obhut durch staatliche Zwangsmaßnahmen zu Tode kommt.

Das ist eine richtige Feststellung und die gilt heute weiterhin.

(Beifall FDP)

Am Ende sollte die Bekämpfung der Drogenkriminalität natürlich auch, ich hatte es gesagt, Herrn Condé selbst dienen, dass er nicht Opfer eines internationalen Drogenhandels wird.

Juristisch schuldig ist letztlich niemand verurteilt worden. Wir haben zweimal die Verfahren vom Landgericht zum Bundesgerichtshof gehabt. Es ist dann schließlich das Verfahren gegen den Arzt, gegen eine Auflage, eingestellt worden. Es sind auch Entschädigungszahlungen von Bremen an die betroffenen Familienangehörigen geleistet worden. Honorig und für Bremen, das muss man auch sagen, beispielhaft ist, dass sich die Verantwortlichen aus der Politik zu diesem Fehlverhalten oder zu dieser tragischen Entwicklung, so müsste man eigentlich sagen, zu dieser tragischen Entwicklung bekannt und die Verantwortung übernommen haben. Der Polizeipräsident wurde schon genannt. Innensenator Mäurer hat, das ergibt sich aus dieser Anfrage auch, noch einmal diese Praxis für falsch gehalten. Justizsenator Scherf seinerzeit und auch der Bürgermeister Böhrnsen haben sich für diese Gesamtumstände seinerzeit entschuldigt oder um Entschuldigung gebeten.

Die Frage ist jetzt eigentlich, welche Lehren wir daraus ziehen, und das möchte ich mir eigentlich für die zweite Runde vorbehalten, wie wir jetzt damit umgehen. Die Fragen, die angeschnitten sind, Gedenkort, weitere finanzielle Entschädigung, das ist, glaube ich, der Rahmen, über den wir uns in der zweiten Runde unterhalten. – Danke schön!

(Beifall FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Herr Dr. Güldner.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte an erster Stelle einmal für die sehr sachliche, nachdenkliche Debatte bedanken. Ich hatte darauf gehofft und ich finde, dass eine solche Debatte ein Beitrag der gesamten Bremischen Bürgerschaft zur Würdigung, zum Gedenken an diesen Fall und an die Konsequenzen ist und die ganze Bürgerschaft damit dazu beiträgt, dieses Geschehen aufzuarbeiten. Ich finde, dass so eine Debatte auch schlichtweg dem Tod eines Menschen,

der in unserem Gewahrsam zu Tode kommt, würdig ist und dafür will ich mich ausdrücklich bei Ihnen bedanken.

Ich möchte damit fortfahren, noch einmal darauf hinzuweisen, dass es außerordentlich positiv für mich ist, dass wir die Stärke unseres Gemeinwesens in Bremen dadurch beweisen, dass wir in der Lage sind, solche Geschehnisse aufzuarbeiten und auch selbstkritisch zu würdigen. Es wurden bereits der Polizeipräsident Lutz Müller und der Innensenator Mäurer erwähnt, aber auch die ehemaligen Bürgermeister Böhrnsen und Scherf in unterschiedlicher Form, der Bürgermeister Böhrnsen indem er sich hier auch noch einmal formal als Bürgermeister bei der Familie entschuldigt hat, und in etwas ungewöhnlicher, aber trotzdem sehr direkter Form auch der ehemalige Bürgermeister Scherf in einem Buch „Das letzte Tabu“ in dem er über sehr viele Sachen spricht, aber unter anderem auch über diesen Fall. Dass sich so Viele an so vielen Stellen jenseits von Politik, jenseits von Initiativen noch einmal dazu einlassen und nicht sagen, lassen wir doch den Kram weg, davon will ich nichts mehr hören, das ist lange her, sondern sich explizit damit beschäftigen und explizite Statements dazu machen, halte ich wirklich für ein, für unser Gemeinwesen sehr positives, – auch für die Zukunft und den Umgang mit Gewaltmonopolen, im Umgang der Rolle des Staates – außerordentlich positives Zeichen.

So gehört es dazu, dass in dieser Antwort des Senats – auch dafür will ich mich beim Senat ausdrücklich bedanken – diese Debatte, die wir hier im Jahr 2001 geführt haben, an die ich mich noch extrem lebhaft erinnern kann, nämlich ob, wenn in Hamburg an derselben Methode ein Mensch stirbt, man dann nicht in Bremen jetzt einmal zumindest vorübergehend, am besten ganz diese Methode einstellen müsste und dieses Haus hier damals entschieden hat, das nicht zu tun, dass der Senat in seiner Antwort schreibt: Diesen Umstand bewertet der Senat als tragisch und bedauerliche Fehleinschätzung. Ich finde, man muss einen guten, einen starken Senat haben, um in der Lage zu sein, einen solchen Satz in eine solche Antwort zu schreiben. Dafür vielen Dank!

Es gibt einen weiteren Hinweis in den Aufarbeitungen, unter anderem von Bürgermeister Scherf, den ich noch einmal aufgreifen wollte. Der sagte zur Begründung – und das spielt ein bisschen auf Dinge an, die hier auch schon genannt worden sind – man habe sich in einem System von Handlungsanweisungen verstrickt. Das ist ein Satz, der mich

schon seit langem sehr beschäftigt, denn hier wurde nach Konsequenzen gefragt. Was bedeutet er? Er sagt, er war Justizsenator, er war Bürgermeister, er hatte sehr viele Rolle, in einem System von Handlungsanweisungen verstrickt. Wo sind die denn hergekommen, die Handlungsanweisungen? Die Handlungsanweisungen sind ja teilweise von Fachleuten gemacht worden – die Justizurteile wurden angesprochen – teilweise aber natürlich auch politisch gesetzt worden. Da kann man fragen: Merken wir das heute immer, wenn wir uns in ein System von Handlungsanweisungen verstricken? Das ist ein Satz, der ganz weit in die Zukunft über diesen Fall hinausgeht, der sagt: Leute passt einmal auf, auch wenn ihr den ganzen Tag beschäftig seid und Leute auf euch einreden, ihr müsst das unbedingt achten, auch wenn Volkes Stimme vielleicht an der einen oder anderen Stelle dieses fordert. Denkt noch einmal nach, schaut euch noch einmal die Lage an und seid in der Lage, euch aus so einer Verstrickung zu befreien, sei sie nun selbst gewählt oder sei sie nun von außen auferlegt. Ich finde, dass dieser Satz uns noch einmal unglaublich stark zum Nachdenken anregt.

Ich finde, die Konsequenzen sind in der Antwort des Senats nur teilweise befriedigend. Ich finde es überhaupt nicht befriedigend, dass nichts von all diesen Dingen dokumentiert ist, und dass wir heute, wo wir dieses Urteil aus Europa haben, nicht mehr in der Lage sind festzustellen, um wem es denn ging, wer nun dieser Behandlung unterzogen worden ist, wer sie überlebt hat und wen wir heute vielleicht noch ausfindig machen könnten, um das, was wir der Familie des toten Laye-Alama Condé übermittelt haben, uns auch bei denen zu entschuldigen und vielleicht auch noch einmal darüber nachzudenken, ob wir nicht, wenn wir – so der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte – Folter angewendet haben, im Nachhinein nicht, wenn wir uns Mühe geben, diese Leute ausfindig zu machen, dann auch über eine Entschädigung reden müssten.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Weil es sich um einen ganz massiven Vorgang handelt, der höchstrichterlich in Europa so bestätigt worden ist. All das, sagt der Senat, wäre retrospektiv weder möglich noch wünschenswert. Das sieht meine Fraktion deutlich anders. Wir sehen es als möglich an und wir sehen es auch als absolut wichtig und wünschenswert an, dass man dies tut. Man hat 10 000 Euro an die Familie gezahlt. Der Polizeiarzt musste 20 000 Euro zahlen als Auflage des Gerichts. Alle anderen, die das entweder knapp oder

wie auch immer überlebt haben, die aber dieser Folter unterzogen worden sind, die gehen dort leer aus.

(Glocke)

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. Ich finde eine wichtige Konsequenz ist, dass wir noch einmal alle beteiligten Stellen bitten sollten, diese Frage des Gedenkortes – sei es nun der Beirat, sei es nun die Kunst im öffentlichen Raum – alle, die in der Vergangenheit beteiligt waren, in Erwägung zu ziehen. Ich weiß, dass es in vielen Fraktionen Bedenken dagegen gibt. Ich finde es vollständig richtig, einen Gedenkort nicht nur an dieses Geschehen oder nicht nur an die Person Laye-Alama Condé, sondern einen Gedenkort, wie wir mit staatlicher Gewalt – wie wir wissen unrechtmäßiger brutaler staatlicher Gewalt – umgehen, wie wir diesen Fall für die Zukunft reflektieren. Die genauen Umstände dieses Gedenkortes, finde ich, sind Gegenstand von Diskussionen. Darüber kann man sehr gut reden, aber dass wir an diesem Thema dranbleiben, dass wir dem Beirat auch signalisieren, dass dieses Haus das unterstützen würde, würde ich für meine Fraktion sehr gern hier noch einmal als Konsequenz anbringen. – Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Vogt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann da eigentlich nahtlos anschließen. Ich finde nämlich auch, dass die Aufarbeitung und die Verantwortungsübernahme noch nicht abgeschlossen sind, auch für uns nicht. Ich finde, Sie haben gerade ein paar wichtige Sachen zur Entschädigung gesagt. Das hatte ich ja vorhin auch schon angesprochen, dass es nicht nur das Problem ist, dass es jetzt schwierig ist, die Betroffenen noch einmal ausfindig zu machen, weil eben damals die Brechmittelvergabe nicht dokumentiert worden ist. Sondern das bedeutet natürlich auch, dass wir bei allem staatlichen und polizeilichen Handeln in Zukunft sicherstellen, dass solche Maßnahmen durchgehend dokumentiert werden. Ich glaube, das ist auch etwas, was dazu führen kann, dass sich so etwas nicht wiederholt.

Die zweite Schlussfolgerung wäre tatsächlich der vorgeschlagene Gedenkort. Auch das hat Matthias Güldner eben schon richtig gesagt, der Gedenkort

sollte nach Meinung der Initiatoren von der Initiative explizit kein Denkmal für Laye-Alama Condé sein, sondern tatsächlich ein Gedenkort für Menschen sein beziehungsweise werden, die rechtswidriger staatlicher Gewalt ausgesetzt sind oder waren, und zwar genauso, wie der Polizeipräsident das formuliert hat, dass eben unter polizeilicher Obhut kein Mensch ums Leben oder zu Schaden kommen darf. Ich denke, genau das ist ja auch von den Initiatoren oder von der Initiative gewünscht: Ein Ort der Anerkennung für diejenigen, die damals diesen Brechmitteleinsätzen unterzogen worden sind, der Aufarbeitung, aber eben auch vor allen Dingen der Mahnung, dass sich so etwas nie wiederholt, nie wiederholen darf.

(Beifall DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen)

Ich finde auch als Bürgerschaft – da könnte ich sagen, gut, uns gibt es hier erst seit 2007, das finde ich allerdings nicht zielführend – wir müssen auch als Bürgerschaft Schlussfolgerungen ziehen, denn die Bürgerschaft trägt, und da würde ich mich jetzt sozusagen erst einmal mit einbeziehen, bis zum Jahr 2006 eine Mitverantwortung, weil erst das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ergehen musste, bis hier auch in diesem Parlament die Brechmittelvergabe vollständig gestoppt worden ist. Ich werbe deswegen an dieser Stelle und ich bin auch, weil wir diese Debatte so sachlich geführt haben, eigentlich ganz zuversichtlich, ich werbe deshalb sehr dafür, dass der Gedenkort kommt, dass er einen festen Standort bekommt. Ich glaube auch, dass man diese Entscheidung nicht allein dem Beirat Mitte überlassen sollte. Der hat sich grundsätzlich dafür ausgesprochen. Er hat die Bürgerschaftsfraktionen im Januar letzten Jahres angeschrieben, um politische Rückendeckung für diesen Gedenkort zu bekommen. Wenn der Beirat in so einer Frage, die ja wirklich auch weitreichend ist, weil es eben eine Mahnung sein soll, dass staatliches Handeln nicht aus dem Ruder geraten darf, nie wieder aus dem Ruder geraten darf, wenn der Beirat in dieser Frage um Unterstützung bittet, dann finde ich schon, dass wir auch als Bürgerschaft eine entsprechende Antwort formulieren sollten. Ich bin sehr dafür, dass wir hier zu einer gemeinschaftlichen Lösung kommen.

Ich muss auch sagen: Am Ende des Tages ist es mir persönlich zumindest völlig egal, ob der Gedenkort in den denkmalgeschützten Wallanlagen steht oder an anderer Stelle. Das finde ich weniger entscheidend, ich finde es wichtig, dass dieser Prozess endlich in Gang kommt. Ich hoffe, dass wir uns darauf verständigen können. Ich habe ganz bewusst in der

Fraktion gesagt, dass ich darauf verzichte, dass wir so einen Antrag stellen, zumal erstens wir die gepflegte Übung haben, dass man federführend tragenden Fraktionen nicht deren parlamentarische Initiativen wegnimmt, aber zum anderen finde ich auch eine parteiübergreifende Einigung wesentlich zielführender, weil das nämlich auch implizieren würde, dass wir damit die Verantwortung als Parlament übernehmen.

Deswegen möchte ich mir hier auch gar keinen schlanken Fuß machen und sagen, damit haben wir nichts zu tun, das war vor unserer Zeit, sondern ich möchte explizit auch, dass wir das als Fraktion mit in die Zukunft nehmen, dass wir auch in Zukunft dafür verantwortlich sind, dass sich so etwas nie wiederholt.

(Glocke)