Protokoll der Sitzung vom 21.06.2018

(Beifall SPD – Abgeordneter Gottschalk [SPD]: Das ist Weisheit!)

denn es ist völlig egal, es kommt so wie Weihnachten und Ostern. Ich glaube, es ist die zehnte oder

15. Debatte, die wir zu diesem Thema führen. Wir werden gefragt, wir schreiben auf, wir machen uns sehr viel Mühe und das Ergebnis ist immer das gleiche. Ich glaube, wenn Sie einmal nach den Texten der Bremischen Bürgerschaft unter dem Stichwort „auf dem linken Auge blind“ googeln, dann finden Sie diesen Satz in allen Debatten wieder, egal was wir bringen!

Ich sage aber auch, ich habe keine Lust, mich ständig in dieser Frage zu rechtfertigen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Es ist einfach absurd!

Frau Schnittker, wenn Sie den letzten Absatz aus meiner Presseerklärung zitieren – die habe ich noch fast im Kopf, sie ist aus der letzten Woche –, dann erlaube ich mir auch, den Satz zu zitieren, den Sie vorher weggelassen haben.

(Abgeordneter Senkal [SPD]: Das macht sie doch immer!)

Dieser Satz lautet: „Die hohe Gewaltbereitschaft der Linksextremisten zeigte sich während des G20Gipfels im Juli 2017 in Hamburg in besonderer Deutlichkeit. Über mehrere Tage sorgten linksextremistische Autonome für heftige Ausschreitungen und bürgerkriegsähnliche Zustände. Die Gewalttaten von gewaltorientierten Linksextremisten überlagerten sämtliche friedliche Protestaktionen, weshalb ihre Beachtung auch im vergangenen Jahr wieder einen weiteren Aufgabenschwerpunkt des Landesamtes für Verfassungsschutz darstellte.“

(Abgeordneter Senkal [SPD]: Ach, das habe ich jetzt nicht gehört! – Abgeordnete Böschen [SPD]: Passt nicht ins Konzept!)

So weit die Realität!

(Beifall SPD)

In der Bürgerschaft schützt die Immunität Sie, Sie können alles sagen. Wenn Sie das einmal auf einer Versammlung der Polizei erklären würden, dass die Kolleginnen und Kollegen, die in Hamburg ihren Kopf hingehalten haben, auf dem linken Auge blind sind, ich glaube, Sie würden des Saales verwiesen!

(Beifall SPD)

Mit unserem Engagement, unserem Einsatz – ich spreche da für den Verfassungsschutz, für den Staatsschutz und für die Einheiten der Polizei, die in Hamburg dabei gewesen sind – müssen wir uns da nicht verstecken. Ich habe leider nicht das Dankschreiben der Bundeskanzlerin mitgebracht. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich es getan. Wir waren präsent in Hamburg wie kein anderes Bundesland!

(Beifall SPD)

Gemessen an unserer Größe haben wir die meisten Beamtinnen und Beamten dahin geschickt. Wenn Sie ein im Fernsehen bisschen darauf geachtet haben, was meinen Sie, welche Fahrzeuge waren immer in der ersten Reihe?

(Abgeordneter Tschöpe [SPD]: Und haben falsch geparkt!)

Das waren die mit den Stadtmusikanten auf der Seite! Die haben ihren Kopf in der ersten Reihe hingehalten, und ich sage, diese Ereignisse haben gerade die jungen Beamten, die nicht in Brokdorf dabei gewesen sind, maßgeblich geprägt. Es war eine völlig neue Erfahrung, die sie gemacht haben. Es sind ja vorwiegend Abiturienten, die wir haben, die normalerweise nicht den Straßenkampf suchen. Diese Erfahrungen, diese Gewaltbereitschaft waren für sie neu. Das wird die Polizei auch für die nächsten Jahre prägen. Wir haben das ausgewertet und mit ihnen darüber gesprochen, wie sie das empfunden haben. Es waren Bilder, die erschreckend waren. Wir konnten nur froh sein, dass es am Ende keine Toten gegeben hat. Diese Personen, die mit einer solchen Militanz gegen Polizeibeamte und andere Bürger vorgehen, nehmen billigend in Kauf, dass man am Ende des Tages auch Tote zu verantworten hat. Deswegen sage ich noch einmal, wir müssen uns von Ihnen nicht darüber belehren lassen, wie wir dieses Problem einschätzen und wie wir damit umgehen!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Ich sage noch einmal, dass wir längst damit begonnen haben, uns zu fragen, wie man sich auf solche Situationen besser vorbereiten kann. Das liegt doch auf der Hand. Das ist ein zentrales Thema aller Innenbehörden, weil wir auch gesehen haben, dass Hamburg – Hamburg hatte die Federführung dafür – die Probleme unterschätzt hat und strategisch nicht so aufgestellt war, um das verhindern zu können. Deswegen muss man sich, wie gesagt, auch

die Frage stellen, wie man sich auf zukünftige Auseinandersetzungen vorbereitet, und deswegen ist die Analyse, die Bewertung dessen, was da passiert ist, auch ein ganz zentraler Bestandteil der polizeilichen Arbeit, nicht nur in Bremen, sondern bundesweit.

Was die Lage in Bremen angeht: Wie gesagt, wir berichten ja laufend darüber. Wer sich informieren will, bekommt die Berichte des Staatsschutzes, wir haben jetzt aktuell den Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz. Sie wissen aus den Haushaltsberatungen, dass es die Koalition gewesen ist, die in den letzten Jahren ständig den Polizeibereich erweitert hat, die zuständige Staatsschutzabteilung ist massiv verstärkt worden.

(Abgeordneter Dr. vom Bruch [CDU]: Zulasten von anderen Bereichen!)

Wir haben das Landesamt für Verfassungsschutz bei der Innenbehörde weiter verstärkt. Das heißt, es gibt da überhaupt keinen Punkt, an dem man uns kritisieren kann. Wir ermitteln konsequent. Für uns ist dieser Vorwurf einfach völlig absurd. Deswegen wäre meine Bitte: Lassen Sie es einfach sein!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Sagen Sie doch einfach einmal, ihr macht eine gute Arbeit! Den Senator können Sie ja weglassen, aber sagen Sie doch einmal, Verfassungsschutz, Staatsschutz. Ich bin stolz auf diese Arbeit, auf diese Abteilungen. Das ist nicht mehr das, was ich vor vielen Jahren übernommen habe, sondern ich muss sagen, wir haben dort inzwischen eine hoch motivierte, engagierte Mitarbeiterschaft. Es macht Spaß, mit ihr zu arbeiten, und ich finde, was sie verdient hat, ist Anerkennung und Respekt. Lassen Sie diesen Unsinn über das linke Auge und das rechte Auge, denn das ist wirklich nicht das, was wir brauchen! – Dankeschön!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Herr Kollege Zenner, möchten Sie eine Kurzintervention machen oder eine Frage stellen?

(Abgeordneter Zenner [FDP]: Eine Frage!)

Bitte!

Danke, Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Senator, wir sind hier alle

völlig bei Ihnen, dass Bremen und die Polizeibeamten in Hamburg einen guten Job gemacht und unseren Dank verdient haben.

(Beifall FDP, CDU)

Wir haben in Bremen als FDP sogar an einem Sonnabend dafür ein Dankeschön hier auf dem Domshof abgehalten, für die Polizeibeamten. Das ist das Erste. Es geht hier in dieser Debatte aber nicht darum, dass man polizeitaktisch eine gute Arbeit macht. Meine Frage ist jetzt: Macht es nicht Sinn, sich Gedanken darüber zu machen, wie könnte man den gedanklichen Sumpf dieses Linksextremismus durch Präventionsarbeit vielleicht angehen? Auch wenn das akademisch vorgebildete Leute sind: Macht es nicht Sinn, sich darüber Gedanken zu machen, was könnten wir vielleicht noch in der Bildung oder in sonstigen Maßnahmen tun, damit es zu solchen Vorfällen nicht mehr in dieser Intensität kommen kann? Das ist meine Frage.

(Beifall FDP, CDU)

Zur Beantwortung der Frage gebe ich das Wort an Herrn Senator Mäurer.

Herr Zenner, in dieser Frage sind wir relativ dicht beieinander. Das bestreite ich gar nicht, dass es hier in dieser Frage auch sinnvoll ist, sich zu fragen, was wir präventiv machen können. Ich sage aber einmal, das ist nicht so einfach, weil es nicht den Linksextremismus gibt, den man wie die NPD klassifizieren kann. Sondern wenn Sie sich einmal das Spektrum anschauen, haben Sie Globalisierungsgegner, Personen, die etwas gegen die NATO haben und die deshalb die Fahrzeuge anzünden, andere kämpfen für eine andere Umwelt und sie haben Klimaschützer. Es ist wirklich alles da, was man sich vorstellen kann. Linksradikale Bewegungen haben meistens auch etwas mit einer sozialen Frage zu tun, wenn man sich umschaut wo so etwas vorkommt. Man sieht dann das Elend der Arbeiterbewegung oder das Elend der Bauern, die Leibeigenschaft der dann der Ausgangspunkt gewesen war für den Aufstand und auch für den militanten Kampf. Das haben wir aber alles nicht hier. Wir haben es hier mit einer besonderen Situation zu tun, wo sich an einem Ort verschiedene Gruppen treffen, mit einem hohen Maß an Gewaltbereitschaft operieren, die aber in der Praxis nicht irgendwie in einer Partei organisiert sind, sondern im Grunde genommen in kleinen Grüppchen oder Einzelpersonen, die in den verschiedensten Richtungen unterwegs sind. Das macht es so schwierig

eine globale Strategie zu entwickeln, um gegen diese Personen vorzugehen. Es ist auch gesagt worden, dass es keine soziale Frage ist, dass wenn man dafür sorgen würde, dass Menschen Arbeit bekommen, einen Beruf, dass sie dann vernünftig werden. Sondern das sind meistens Kinder, die durchaus über eine vernünftige Ausbildung verfügen, die in Schulen gegangen sind, die in besseren bürgerlichen Stadtteilen zu Hause sind und möglicherweise beginnt das Problem bei ihren Eltern. Im Prinzip haben Sie Recht, aber sagen Sie mir, wie will man diese Vielfalt anfassen und wie kann man darauf ein großes, allgemeines Konzept stützen. Das ist die Herausforderung.

Frau Schnittker, eine Kurzintervention? Ja, bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident. Herr Senator Mäurer, wenn Sie das nicht mehr hören können, dass hier alle in diesem Land auf dem linken Auge blind sind, die hier etwas zu sagen haben, wenn Sie das auch alles für Unsinn halten, dann frage ich mich, warum denn Ihr Polizeipräsident das offensichtlich anders sieht. Ich möchte hier noch einmal das Zitat von Herrn Müller vorlesen. Auf die Frage, ob die Bremer Politik auf dem linken Auge blind sei, antwortete er: „Mein Eindruck ist, man tut sich schwerer solche Dinge dann auch tatsächlich zu ächten. Diese Form des Extremismus kann man nicht ausschließlich mit polizeilichen Mitteln bekämpfen, da muss es auch eine klare Haltung der Menschen geben, die dieses Gemeinwesen tragen und den demokratischen Rechtsstaat vertreten. Das gilt insbesondere für unsere Parteien. Ich erwarte von allen Politikerinnen und Politikern, egal welcher Couleur, dass sie sich bei politisch motivierten Gewalttaten von rechts wie von links klar abgrenzen und Stellung beziehen.“

(Abgeordneter Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Jetzt habe ich ein Déjà-vu.)

Das wollte ich nur noch einmal zum Besten geben.

(Beifall CDU, FDP)

Das war eine Kurzintervention. Herr Senator, Sie möchten darauf eine Antwort geben, bitte.

Sie werden es nicht schaffen, zwischen dem Polizeipräsidenten und mir Differenzen zu entdecken.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wir sind in dieser Frage völlig d´accord, wir haben eine gemeinsame Linie. Ihr Zitat ist aus dem Zusammenhang gerissen. Da ging es um die Frage Fußball-Hooligans, Gewaltbereitschaft und das ist ein ganz anderes Thema, das hat nichts mit dem zu tun, was wir heute diskutieren.

(Beifall)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.