Protokoll der Sitzung vom 27.09.2018

Warum wohl? Denn der Gedanke, dass es für irgendjemanden auf beiden Seiten nützlich sei, diese beiden Gruppen getrennt zu beschulen, getrennt zu halten, keine Kontakte zu ermöglichen, keine Freundschaften, keine Kommunikation, sie nicht zusammenzubringen, kann, sagen wir einmal, wenn es überhaupt eine Logik gibt an diesem Antrag, nur die Logik haben, diese Gruppen in der Gesellschaft gegeneinander zu stellen, um Konflikte zu schüren, und nicht, um Konflikten vorzusorgen.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Die Integration in die Regelklassen, die wir pflegen, hat genau den gegenteiligen Impetus, hat genau das gegenteilige Ziel, nämlich für die Zeit, in der diese Schülerinnen und Schüler im Lande sind, das kann einmal länger sein, das kann einmal kürzer sein, das kann in vielen Fällen auf Dauer sein, eben Integration, Zusammenhalt, gesellschaftlichen Austausch, aber auch durchaus die nützlichen Erwägungen in Richtung einer Fachkräfteausbildung und andere Dinge in einem System zusammenzufassen, das die Menschen zusammenbringt und nicht versucht auseinander zu treiben.

Das, was Sie hier im Übrigen über Ihre Zitierung der Landesverfassung und den Leistungsabfall in den Schulen im ganzen Text behaupten, wenn man ihn einmal durchliest, ist von einem mehr als unterschwelligen Gestus geprägt, den man am Ende des Tages – auch wenn man Ihren Antrag nicht besonders hoch hängen will und nicht besonders aufwerten will – aber einfach nur unter dem Strich als schlichtweg rassistisch bezeichnen kann.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, CDU, FDP)

Das ist der Duktus dieses Antrages, und anders kann man ihn, glaube ich, nicht interpretieren. Es gibt eine Einigkeit, dass dieses Auseinandertreiben, Separieren, Segregieren kein Modell für die Fraktionen hier im Hause ist, sondern dass das Modell ist, in den unterschiedlichen Varianten, wie es in Bremen, Bremerhaven an verschiedenen Schulen gelebt wird, auf die Integration unserer Kinder mit den geflüchteten Kindern zu setzen, auf das Zusammenkommen und dadurch auch die Bildung insgesamt auf beiden Seiten zu stärken. Deswegen lehnt dieses Haus Ihren Antrag ab. – Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Dr. Bogedan.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte gern noch einen Aspekt ergänzen. Als Vertreterin der Exekutive habe ich hier vor dreieinhalb Jahren einen Eid auf die Verfassung geschworen, und auch die Mitglieder der Bremischen Bürgerschaft sind den Gesetzen und damit auch der Verfassung verpflichtet.

Der Artikel 27 lautet richtig: Jeder! Jeder hat nach Maßgabe seiner Begabung das gleiche Recht auf Bildung. Nach der allgemeinen Rechtsauslegung handelt es sich dabei eben nicht um einen allgemeinen Programmsatz oder eine Staatszielbestimmung, sondern um ein soziales Grundrecht.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

§ 4 des Schulgesetzes führt deshalb näher aus: Die Schule hat allen Kindern und Jugendlichen zu ermöglichen, ihr Recht auf Bildung im Sinne des Artikels 27 der Landesverfassung zu verwirklichen. Diese Rechtsstaatlichkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist für mich die tragende Säule einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Diese gilt es meines Erachtens gegen ihre Feinde immer wieder zu verteidigen. – Danke!

(Beifall SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP, BIW)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag des Abgeordneten Alexander Tassis mit der Drucksachen-Nummer 19/1652 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Abgeordneter Tassis [AfD])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP, BIW)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Pflege emanzipieren, attraktiver und professioneller machen – die Einrichtung einer Pflegekammer prüfen! Antrag der Fraktion der CDU vom 29. Mai 2018 (Drucksache 19/1678)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Stahmann.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Bensch.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Gäste! Für uns als Fraktion der CDU und auch für mich persönlich ist es eine Herzensangelegenheit und ein sehr großer Wunsch, der Pflege hier in Bremen nicht nur mit Worten zu begegnen und die Stärke der Pflege einzufordern, sondern auch durch ein parlamentarisches Verfahren dafür zu sorgen, dass die Stärke der Pflege zunimmt und dass die Stimme der Pflege so ein Gewicht hat, dass man an der Stimme der Pflege nicht vorbeikommt.

(Beifall CDU, BIW)

Meine Damen und Herren, wir wollen tatsächlich die Pflege, wie es im Antrag steht, emanzipieren. Schauen Sie einmal nach, das heißt sie aus einer Abhängigkeit lösen, emanzipieren, und wir wollen die Pflege attraktiver und professioneller machen. Dazu gehört nicht unbedingt nur und zwingend erforderlich eine Pflegekammer, nein, es ist nicht ein Pflegekammer-pro-oder-contra-Antrag, sondern die Pflegekammer ist eine von mehreren Alternativen.

Deswegen will ich auch jetzt gar keine inhaltliche Debatte dazu führen, was spricht dafür oder was dagegen, sondern es geht um das Verfahren. Es geht darum, –

(Abgeordnete Dehne [SPD]: Schade!)

dass wir darüber einmal sprechen: Welche Möglichkeiten haben wir? Unsere Devise als CDU ist: Wir reden nicht über die Pflegenden, sondern wir wollen mit den Pflegenden sprechen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall CDU, BIW)

Es gibt Bundesländer, die sind schon weiter als wir, Rheinland-Pfalz mit der SPD an der Spitze, Pflegekammer; Schleswig-Holstein mit der CDU an der Spitze einer Jamaikakoalition, Pflegekammer. Wir haben in NRW die Bemühungen, dass jetzt dort etwas vorankommt unter Führung von SchwarzGelb. Wir haben in Niedersachsen, in unserem Umland, eine Große Koalition, angeführt von der SPD. In Bayern gibt es so etwas Ähnliches wie eine Pflegekammer, es nennt sich Landesvereinigung der Pflegenden, kostenlos, aber hat die Körperschaft des öffentlichen Rechts. Das gilt aber so ein bisschen als zahnloser Tiger, muss man auch einmal ganz ehrlich eingestehen.

Der Bundesbeauftragte für Pflege, Andreas Westerfellhaus, sagt immer wieder: Es nützt nichts, die Pflege braucht in allen Ländern und schließlich irgendwann einmal auch auf Bundesebene eine Bundespflegekammer, damit wir endlich dieser großen Berufsgruppe, die tagtäglich gute und wertvolle Arbeit leistet, auch einmal wirklich mit Nachdruck und Nachhaltigkeit eine Stimme verleihen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall CDU, BIW)

Wir kennen auch die bremischen Besonderheiten. Wir und das Saarland haben Arbeits- beziehungsweise Arbeitnehmerkammern mit Zwangsmitgliedschaften und mit Zwangsbeiträgen. Wir wollen auch nicht, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus der Pflege zusätzlich finanziell unzumutbar belastet werden. Wir wollen auch nicht, dass an der Arbeitnehmerkammer gerührt wird. Wir haben in unserem Antrag ein ganz klares Bekenntnis. Wir wertschätzen die Arbeit der Arbeitnehmerkammer und stellen sogar in Aussicht, dass am Ende eines gemeinsamen Prüfungs- und Evaluierungsauftrags eine „Arbeitnehmerkammer plus“ stehen könnte.

Auch das kann am Ende dabei herauskommen. Es ist nicht zwingend die Pflegekammer, wie sie in anderen Ländern vorgehalten wird. Deswegen unser Antrag, der aus vier inhaltlichen und fünftens einem zeitlichen Punkt besteht. In Kürze: Wir wollen erstens die Zweckmäßigkeit auch unter Berücksichtigung notwendiger finanzieller Mittel einmal überprüfen und das Ganze vor allem auch ergebnisoffen prüfen lassen. Wir wollen zweitens bei der Prüfung der Errichtung einer bremischen Pflegekammer vor allem auch diese Erfahrungen der anderen Bundesländer mit einbeziehen und schauen: Was ist da gut gelaufen, und was ist da weniger gut gelaufen?

Wir wollen drittens bis Ende dieses Jahres, das kann aber auch bis ins erste Quartal des nächsten Jahres gehen, eine öffentliche Anhörung zusammen mit den vielen Experten, die wirklich mit Pflege zu tun haben, um mit den Sozialexperten, mit den Pflegeverbänden und natürlich vor allem mit dem Bremer Pflegerat zusammen ins Gespräch zu kommen. Dafür muss es eine öffentliche Anhörung geben. Am Ende steht noch einmal: Parallel zu dieser Prüfung einer Pflegekammer wollen wir auch evaluieren lassen, inwiefern das Thema Pflege innerhalb der Struktur der Arbeitnehmerkammer eventuell präsenter und noch besser gestaltet werden könnte.

Wir wollen also, dass in einem angemessenen Zeitraum über diese Ergebnisse der Überprüfung und dann über die zu erfolgenden Maßnahmen Bericht erstattet wird, und dann haben wir wirklich die Möglichkeit, hier zu entscheiden: Was wollen wir? Eine Körperschaft öffentlichen Rechts, eine klassische Pflegekammer, oder wollen wir die Arbeitnehmerkammer plus, oder gibt es vielleicht noch etwas Drittes? Bayern hat ja auch einen anderen Weg eingeschlagen.

Abschließend möchte ich nur einmal ganz kurz betonen: Uns geht es darum, nicht von oben herab zu bestimmen, was die Pflegenden zu tun haben und wie sie zu vertreten sind, wir wollen nicht über die Pflegenden reden, sondern mit den Pflegekräften gemeinsam dies erarbeiten. Ich glaube, dies ist der richtige Weg. Ich würde mich freuen, wenn von Ihnen, insbesondere der Koalition, die hier die Regierung stellt, Signale der Zusammenarbeit kommen, denn die Pflegekräfte haben eine breite Unterstützung auch des Parlaments verdient. – Vielen Dank!

(Beifall CDU, BIW)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Görgü-Philipp.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Pflege zu verbessern ist eine der dringendsten Aufgaben der Politik. Die Tätigkeit im Bereich Pflege muss wieder attraktiv werden. Deshalb, da sind wir uns alle einig, muss die Pflege als Beruf dringend gestärkt werden.

Wie das erfolgen soll, darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen. Die Einrichtung einer Pflegekammer könnte aus grüner Sicht ein Schritt hin zu einer solchen Stärkung sein. Die Einrichtung einer

Pflegekammer würde die Begegnung mit den schon lange einer Kammer zugehörigen Ärztinnen und Ärzten und den Psychotherapeutinnen und therapeuten erleichtern. Mit der Übertragung bestimmter Aufgaben an die Berufsgruppe könnten Prozesse der Ausgestaltung und der Umsetzung direkt beeinflusst werden.

Die Strukturierung der Weiterbildung, eine allgemeine Berufsaufsicht und vor allem eine geregelte Beteiligung an gesetzgeberischen Vorhaben, diese Aufgaben kann und sollte eine Pflegekammer wahrnehmen. Kurz gesagt: Sie sollte ein Sprachrohr von und für die Beschäftigten in der Pflege sein, aus der Perspektive der Fachlichkeit.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, CDU)

Mit der Verbesserung der finanziellen und organisatorischen Rahmenbedingungen für die Pflegeberufe kann eine Pflegekammer dann natürlich nicht allein gelassen werden. Hier sind gerade der Gesetzgeber und die Tarifparteien gefragt, um die Rahmenbedingungen für die Pflegeberufe so zu gestalten, dass dort Bedingungen herrschen, in denen Menschen gut arbeiten können, zu einem Lohn, von dem gut zu leben ist.

Bei der Verbesserung der Bedingungen geht es auch darum, eine neue Bevölkerungsschicht an eine Berufskarriere in der Pflege heranzuführen, wie Bündnis 90/Die Grünen es auch im Rahmen eines Einwanderungsgesetzes in Gang setzen will. Auch hier hin Bremen werden, wenn auch in kleinerem Umfang, durch die Schaffung neuer Pflegeausbildungsangebote Initiativen auf den Weg gebracht, die sich zum Beispiel an Alleinerziehende und Geflüchtete richten.

Bessere Arbeitsbedingungen, das zeigen Umfragen unter den Beschäftigten immer wieder, ist das dringendste Thema bei den Menschen, die in der Pflege arbeiten. Aber viele Beschäftigte wünschen auch eine Stärkung von Einflussmöglichkeiten durch eine eigene Interessenvertretung und wir als Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unterstützen dieses Anliegen.