Sahhanim Görgü-Philipp

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Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! In unserem Land Bremen lebt jedes dritte Kind von Hartz IV. Das müssen wir uns deutlich vor Augen halten. Deshalb ist es gut und richtig, die heutige Debatte zu führen.
Die anstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat in den letzten Wochen bereits bundesweit zu einer Diskussion über Hartz IV geführt. Das unterstützen wir Grüne und sehen auch dringenden Handlungsbedarf. Auf den werde ich später noch eingehen. An dieser Stelle sei aber erwähnt, dass es bei der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht um die grundsätzliche Frage geht, ob Sanktionen rechtmäßig sind oder nicht. In der Entscheidung geht es eigentlich nur um die Sanktionen gegen diejenigen, die eine Beschäftigung nicht antreten oder abbrechen, eine kleinere Gruppe also.
Dennoch zeigt das öffentliche Interesse, auch die heutige Debatte, dass wir längst bei der Frage angekommen sind, ob nicht alle Sanktionen auf den Müllhaufen der Vergangenheit gehören.
Ich meine schon, denn es geht um Menschen, die ernsthaft unter der Reduzierung der staatlichen Leistungen leiden, weil kaum noch etwas zum Leben bleibt. Die Kürzungsquote beim Jobcenter Bremen lag in den letzten Jahren für unter 25-Jährige bei 26 Prozent, beim Jobcenter Bremerhaven bei 24 Prozent, also rund ein Viertel wird gekürzt.
Auch aus diesem Grund halten wir die Diskussion über die Sanktionspraxis für zwingend geboten. Hier ist Politik gefragt, neue Antworten zu geben. Das ist gerade für uns in Bremen wichtig. Es kann und darf nicht sein, dass eine sozialstaatliche Institution wie das Jobcenter zunehmend als angstmachend erlebt wird, wie es Untersuchungen von Bertelsmann, Böckler, Böll und Ebert belegen. Das hohe Maß an Fremdbestimmung, das an Hartz IV geknüpft ist, ist mit Kontrollverlust verbunden und daher angstauslösend.
Zudem scheint mir, dass hier immer noch ein veraltetes Erziehungsideal am Werk ist: Wer nicht hören will, muss fühlen! Das erschreckt mich wirklich.
Gerade, wenn es um die jungen Heranwachsenden geht, denn sie haben ihr Leben noch vor sich. Ihnen müssen wir eine Perspektive bieten. Dafür benötigen wir keine Bestrafungen, sondern verlässliche und gezielte Begleitung.
Diese müssen an den Bedürfnissen der Jugendlichen ansetzen und sich zum Beispiel dem Thema Übergang Schule/Ausbildung widmen. Wir Grüne wollen Anreize schaffen, den Jugendlichen verdeutlichen, welche Wege zum Ziel führen und zu ihnen passen. Wir wollen diese Jugendlichen nicht verlieren. Die Praxis aber zeigt: Junge Erwachsene, denen die Leistungen gestrichen werden, brechen häufig den Kontakt zum Jobcenter ab und suchen den Weg in die Schwarzarbeit. Das darf nicht passieren!
Die jüngsten Zahlen für Bremen zeigen, zuletzt gab es im Land Bremen mehr Sanktionen gegen HartzIV-Empfänger als im Bundestrend. Im ersten Halbjahr 2018 wurden knapp 6 500 Personen in Bremen/Bremerhaven die Leistungen gekürzt. Den Ursachen müssen wir dringend nachgehen. Den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes das Existenzminimum zu nehmen, geht gar nicht! Das Existenzminimum ist ein Grundrecht, und ein Grundrecht darf nicht gekürzt werden!
Zum Thema Existenzminimum, das sei nur am Rande noch einmal erwähnt, haben wir in der letzten Bürgerschaftswoche einen Antrag verabschiedet, der eine Neuberechnung einfordert. Das halte ich nach wie vor für zwingend nötig. Mit Blick auf das Jobcenter braucht es aus unserer Sicht einen Kulturwandel. Wir benötigen eine Beratungs- und Betreuungskultur auf Augenhöhe und ohne Erpressbarkeit. Wir Grüne setzen auf positive Erwerbsanreize anstatt auf ein Klima der Angst.
Wir sehen eine echte Chance darin, zukünftig den Beratungsauftrag des Jobcenters von der Auszahlung der Leistungen zu trennen. Arbeitslosengeld II, Wohngeld und Kinderzuschlag sind so eng verknüpft, dass sie zusammengefasst und automatisch vom Finanzamt ausbezahlt werden sollten. Das würde eine reale Entbürokratisierung bedeuten.
Das wird aber leider nicht von heute auf morgen gehen. Wir brauchen auf dem Weg, Hartz IV zu überwinden, Zwischenschritte, die auch, das gebe ich zu, etwas kosten werden. Wir brauchen eine Kindergrundsicherung, die für alle Kinder gleich hoch ist und eine Garantie für das Existenzminimum gibt. Das umfasst für mich unbedingt auch die gesellschaftliche Teilhabe, die für Kinder und Jugendliche so wichtig ist. Mit einer Kindergrundsicherung für jedes Kind wird sich Erwerbsarbeit auch bei Geringverdienern wieder deutlich mehr lohnen als noch heute.
Damit schaffen wir mehr Sicherheit für die Eltern. Diese Sicherheit kommt, da bin ich mir sicher, bei den Kindern an. Am Thema Kindergrundsicherung arbeitet unsere Sozialsenatorin bereits mit ihren Amtskollegen aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Hier ist der Bund nun gefragt. Wir brauchen dringend die Zusammenführung der verschiedenen familienpolitischen Leistungen in eine Kindergrundsicherung. Ebenfalls brauchen wir auf Bundesebene die Einführung einer neuen Garantiesicherung. Da sehen wir Grüne die Zukunft.
Zum Schluss möchte ich an die Zusammenhänge von Hartz IV und eine mangelnde Altersabsicherung erinnern. Altersarmut ist zudem überdurchschnittlich weiblich. Gerade aus sozialpolitischer Sicht ist dieses Thema nicht zu vernachlässigen. Es geht hier um die Absicherung aller Altersgruppen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Familien, in denen eine Person pflegebedürftig ist, tragen eine hohe Verantwortung. Das kann nicht hoch genug wertgeschätzt werden. Sie übernehmen oftmals die tagtägliche Pflege und das über einen langen Zeitraum. Daher ist es auch eine sehr wichtige Aufgabe, diese Rolle zu würdigen und gesetzgeberisch so gut wie möglich zu unterstützen.
Unsere Verantwortung besteht hier vor allem darin, dafür zu sorgen, dass Angehörige zuverlässig und sicher entlastet werden können. Natürlich kann ich mir vorstellen, dass es manchmal allzu bürokratisch, zu unpersönlich empfunden wird, wie das Verfahren mit dem Entlastungsgeld geregelt ist. Die Angehörigen haben aber ein Recht darauf und müssen sich auch voll und ganz darauf verlassen können, dass die Pflege in jeder Hinsicht und in vollem Umfang so stattfindet, wie es nötig ist. Das betrifft auch die niedrigschwellige Alltagsunterstützung, auf die das Entlastungsgeld ausgerichtet ist. Da sind wir in Bremen aus unserer Sicht gut aufgestellt. Bremen verfügt im Ländervergleich über eine gute Angebotsstruktur mit allein über hundert ambulanten Pflegeeinrichtungen, vielen Ehrenamtlichen und 17 Dienstleistungszentren.
Die bestehenden Regelungen haben sich zudem in der Praxis als ausreichend erwiesen. Vor allen Dingen sind wir meiner Meinung nach gut beraten, die Qualitätssicherung, wie wir sie im Moment haben, beizubehalten.
Der CDU-Antrag schreibt zu Recht, dass der Entlastungsbetrag zweckgebunden einzusetzen ist für qualitätsgesicherte Leistungen. Wenn wir also auch Einzelpersonen in die bestehende Regelung mit aufnehmen würden, wäre das kaum möglich. Wenn wir zudem die Arbeit von einzelnen Personen kontrollieren wollten, würde dies einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeuten, sprich, es müssten dann auch neue Stellen geschaffen werden.
Mit der Servicepauschale spricht der Antrag der Fraktion der CDU einen wichtigen grundsätzlichen Aspekt an. Gerade ärmere Haushalte brauchen finanzielle Anreize, damit sie das Entlastungsgeld häufiger in Anspruch nehmen. Das ist ein wichtiges Ziel. Wir glauben jedoch, dass das größere finanzielle Hindernis darin liegt, dass die Angehörigen bisher in Vorleistung treten müssen. Hier hat die Arbeits- und Sozialministerkonferenz erfreulicherweise gerade einen entsprechenden Beschluss gefasst, dass dies nicht mehr der Fall sein soll. Ich hoffe, dass diese Veränderung auch vom Bundestag aufgenommen wird. Liebe CDU, vielleicht können Sie sich bei Ihren Kollegen im Bundestag dafür stark machen, das würde vielleicht helfen.
Den vorliegenden Antrag lehnen wir ab. Hier besteht aus unserer Sicht kein neuer Regelungsbedarf. – Danke!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wo fängt Armut an? Und was ist das Minimum, das man zum Leben braucht? Das sind Fragen, die wir uns hier immer wieder gestellt haben und vermutlich auch in Zukunft stellen werden.
Der Hartz-IV-Regelsatz soll eigentlich das Existenzminimum abdecken. Doch wie errechnet sich das Existenzminimum? Welche Bedarfe werden
dazu berechnet und welche nicht? Ich frage Sie, gehört aus Ihrer Sicht ein Weihnachtsbaum dazu? Der Adventsschmuck? Regenschirme? Zimmerpflanzen? Speiseeis im Sommer? Haftpflichtversicherung oder Malstifte für Kinder in der Freizeit, um nur einige Beispiele zu nennen. Alle diese Bedarfspositionen werden aus dem Regelsatz herausgerechnet. Das Herausstreichen dieser Konsumgüter wird genutzt, um den Regelsatz künstlich klein zu halten. Ich finde, das ist ein Unding.
Die Diakonie Deutschland hat es vor zwei Jahren ausgerechnet, insgesamt stehen einem Erwachsenen durch diese Berechnung 150 Euro pro Monat weniger zu als der Vergleichsgruppe. Meine Damen und Herren, es ist an der Zeit, dass sich hier etwas ändert. Mit diesem Antrag setzen wir uns für eine faire Berechnung ein, die sich an der Realität orientiert.
Unserer Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist es auch noch sehr wichtig, das Thema Sanktionen anzusprechen. Wir brauchen eine Debatte über die Sinnhaftigkeit. Ist es überhaupt zielführend, mit Sanktionen zu arbeiten, gerade im Hinblick auf die jungen Menschen unter 25 Jahren? Wir sind der Meinung, dass das gesetzlich garantierte Existenzminimum auf gar keinen Fall durch die Sanktionen unterschritten werden darf. Die geringste Kürzung führt bereits dazu, dass gesellschaftliche Teilhabe kaum noch möglich ist. Außerdem verfehlen die Sanktionen meistens ihr Ziel. Oft bewirken sie sogar das Gegenteil. Junge Menschen, denen die Leistungen gestrichen werden, brechen häufig den Kontakt zum Jobcenter ab und suchen den Weg in die Schwarzarbeit.
Hartz IV soll eigentlich vor Armut schützen. Sanktionen sollen eigentlich zur Arbeitsaufnahme beitragen. Der Alltag zeigt jedoch etwas anderes. Das ist der Grund, warum wir uns auf Bundesebene für eine neue Garantiesicherung einsetzen. Anstelle von Sanktionen wollen wir ein System, das mit Anreizen und Belohnung arbeitet.
Darin sehen wir die Zukunft. Doch bis wir bundesweit solch ein System etabliert haben, brauchen wir Zwischenschritte. Dafür ist unser Antrag, erst einmal vorsichtig die Sanktionen zu entschärfen. Die Ergänzung durch DIE LINKE, auch die Praxis auf Landesebene mitzudenken und in Bremen und Bremerhaven auf eine Reduzierung der Sanktionen
zu drängen, finden wir gut und richtig. Daher stimmen wir dem Änderungsantrag auch zu.
Den Änderungsantrag der Abgeordneten Susanne Wendland lehnen wir ab. Für die Forderung, die Bedarfsgemeinschaften abzuschaffen, braucht es viel mehr als nur ein paar Zeilen aufzuschreiben.
Mit Blick in die Zukunft möchte ich daher betonen, Abstiegsängste und Existenzängste müssen ersetzt werden durch, wie es Robert Habeck formuliert, Mut, Wagemut und Kreativität. Das sollte unser Ziel sein. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen eine inklusive Gesellschaft. Wir wollen, dass alle Menschen die gleichen Zugangsmöglichkeiten haben. Das hier vorliegende Gesetzespaket zeigt, wie ernst wir es meinen. Es ist ein eindrucksvolles Paket, das umfangreiche neue Regelungen beinhaltet. Den Menschen mit Behinderungen in Bremen und Bremerhaven wird es zugutekommen, und zwar spürbar.
Die Weiterentwicklung des Bremischen Behindertengleichstellungsgesetzes nach 15 Jahren war notwendig geworden, da sich unter anderem das Verständnis von Inklusion deutlich weiterentwickelt hat. Wir fangen insgesamt nicht bei null an. In vielen Bereichen ist die Herstellung der Barrierefreiheit schon erreicht beziehungsweise bereits angeschoben. Dass aber die Fortschreibung der Inklusion über die Jahre immer wieder ein Thema sein wird, ist für uns klar.
Es ist daher auch kein Zufall, dass die Berichterstattung über den Stand der Gleichstellung in einem eigenen Paragrafen geregelt wird. Viele Gesetze müssen immer wieder daraufhin angeschaut werden, ob sie inklusiv sind. In diesem Zusammenhang möchte ich kurz den Entschließungsantrag meiner Fraktion zur Aufnahme subjektiver Rechte ins Bremer Hochschulgesetz erwähnen.
Mit Blick auf die vergangenen Monate ist anzumerken, dass die Art und Weise, wie die neuen Regelungen des Gesetzes entstanden sind, selbst schon ein Ausdruck dafür ist, es mit der Inklusion ernst zu meinen. Die Beteiligung der Verbände und des Landesbehindertenbeauftragten war sehr groß. Daher möchte ich an dieser Stelle meinen Dank für die vielen Stunden konstruktiver und nach vorn gerichteter Zusammenarbeit aussprechen. Herzlichen Dank an die Verbände, an den Landesbehindertenbeauftragten Herrn Dr. Steinbrück und sein Team!
Leider konnten wir nicht alle Forderungen übernehmen. Insbesondere gegenüber der von Verbandsseite gewünschten Erweiterung des Verbandsklagerechts müssen wir als Gesetzgeber betonen, dass es wichtig ist, hier rechtssichere Formulierungen in das Gesetz zu übernehmen. Das Verbandsklagerecht ist in der bestehenden Form bereits umfassend. Eine Neuheit im Gesetz, die ich sehr begrüße, ist die Einrichtung einer Schlichtungsstelle. Konflikte und mögliche Verstöße gegen das Gleichstellungsgesetz sollen dort außergerichtlich geklärt werden.
Insgesamt kann ich nur sagen, das Gesetz ist gut geworden. Einzelne Punkte möchte ich erwähnen. Dazu gehört die Regelung zur leichten Sprache. Sowieso sollen Behörden zum einem grundsätzlich angehalten sein, Formulare, Verordnungen und Dokumente für die Betroffenen verständlich zu erläutern. Sollte dies noch nicht hilfreich sein, so soll auf Verlangen der Betroffenen der Vorgang in leichte Sprache übersetzt werden.
Ich bin froh darüber, dass wir solch ein umfassendes Behindertengleichstellungsgesetz in Bremen heute beschließen und freue mich über eine breite Zustimmung. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! In diesem Jahr wird das Programm „Wohnen in Nachbarschaften“, abgekürzt „WiN“, 20 Jahre alt. Das ist ein Grund zur Freude. Es ist aber auch der Zeitpunkt, um dieses wirksame Instrument der Armutsabfederung zu schärfen. Dank der „WiN“-Förderung gelingt es, die Lebenslage der Menschen in den so genannten benachteiligten Stadtteilen deutlich zu verbessern. Die niedrigschwelligen Angebote und Maßnahmen, die hier entwickelt werden, kommen bei der Bevölkerung an und zeigen Wirkung. Zudem stabilisiert das „WiN“-Programm gerade in der letzten Zeit die Quartiere bei der Integration der geflüchteten Familien.
„WiN“ kommt direkt bei den Menschen an. Davon konnte ich mich selbst überzeugen. Ich habe im letzten und in diesem Jahr alle 16 „WiN“-Gebiete
besucht und ein umfangreiches Bild davon erhalten, wie viele Initiativen und Engagement in den Quartiersgebieten zusammenlaufen.
Hier wurden über die Jahre Strukturen aufgebaut, die direkt zur Verbesserung des gesellschaftlichen Lebens in den Stadtteilen beitragen. In unserem Antrag geht es um die Sozialindikatoren, die diesem Programm zugrunde liegen. Sie setzen auf der Ebene größerer Einheiten an, etwa auf der Ortsteilebene. Und so zeichnen die Sozialindikatoren in Einzelfällen nun einmal doch ein schiefes Bild. So weist zum Beispiel Vegesack als Ganzes in der Gesamtbetrachtung einen Sozialindex wie Schwachhausen auf. Es gerät sich aus dem Beleg, dass etwa für die Grohner Düne doch ein größerer tatsächlicher Bedarf besteht und dass die bestehende halbe Stelle für das Quartiermanagement dort zu wenig ist.
In gewisser Weise ist tatsächlicher Bedarf auch unstrittig, so weist etwa der Monitoringbericht „Bremen Soziale Stadt 2030“ die Grohner Düne als gesondertes Gebiet aus, was zur Folge hat, dass sie dort als eines der vorrangigen Vermutungsgebiete sozialer Problemlagen eingeordnet wird.
Diese kleinräumige Bedarfsermittlung ist jedoch bis heute nicht in die Berechnungsmodelle eingeflossen. Gebiete wie Grohner Düne oder auch Wohlers Eichen in Oslebshausen fallen so durch das Raster. Hier besteht Handlungsbedarf. Es müssen dringend Berechnungsmodelle entwickelt werden, die in der Lage sind, soziale Lagen auch in kleineren Einheiten, etwa auf der Ebene der Baublöcke, zu beschreiben. Dabei geht es um die Ermittlung der zusätzlichen Bedarfe. Deshalb fordern wir den Senat auch auf, die zusätzlichen Kosten zu ermitteln. Es geht uns nicht darum, das sage ich ganz deutlich, neue Berechnungsmodelle einzuführen, um Mittel aus den anderen Gebieten abzuziehen, das soll nicht sein.
Im nächsten Jahr müssen wir die Weichen stellen, wie „WiN“ ab 2020 ausgestattet werden sollen. Die Betrachtung der Baublockebene gehört für uns dringend dazu.
Zum Schluss noch kurz der Blick nach Bremerhaven und auf die heutige Berichterstattung: Natürlich geht es in dem Antrag auch um die „WiN“Gebiete in Bremerhaven. Wie wichtig die Stärkung des Zusammenlebens in den Stadtteilen ist, wie
wichtig der soziale Zusammenhalt unter den Bürgerinnen und Bürgern ist, ist unbestritten. Auch hier greift „WiN“ und ebnet den Weg aus der Armut, wie es unsere Sozialsenatorin nannte. Mit unserem Antrag stärken wir die soziale Stadt in beiden Städten und machen sie zukunftsfähig. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen
und Herren! Die Situation in der Altenpflege ist bedrängend, an allen Seiten unbefriedigend, keine Frage. Das räumt selbst das Sofortprogramm Kranken- und Altenpflege des Bundesgesundheitsministeriums ein. Von einer gefährlichen Spirale ist dort die Rede, die sich immer, immer weiter zuspitzt.
Die Bundesregierung hat nun im Rahmen des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes 13 000 zusätzliche Stellen beschlossen. Das ist angesichts des Bedarfs viel zu wenig, aber ein, wenn auch sehr kleiner, Schritt in die richtige Richtung.
Hier muss gehandelt werden, meine Damen und Herren! Leider sehe ich aber keine Lösung durch das vorgelegte Gesetz, um die weitreichenden Probleme zu erfassen. Es greift an vielen Stellen zu kurz, um die Situation wirklich zu verbessern. Es ist sogar zu befürchten, dass es durch die im Gesetz vorgesehene Vereinfachung, statt Fachkräfte Pflegehilfskräfte einstellen zu können, zu einer weiteren Abwertung des Pflegeberufs kommt. Das, meine Damen und Herren, obwohl doch klar ist, dass der Personalnotstand in der Pflege durch eine Aufwertung des Berufes nachhaltig bekämpft und beseitigt werden kann.
Der Zustandsbeschreibung, wie sie im vorliegenden Dringlichkeitsantrag der Fraktion DIE LINKE vorgenommen wird, können wir vonseiten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen weitgehend folgen.Wären aber der im Antrag geforderte verbindliche Personalschlüssel und die damit massive Erhöhung geplanter Stellen, das möchte ich betonen, geplanter Stellen, zum derzeitigen Punkt ein richtiger Schritt? Ich bezweifle es.
Schon heute spricht der Abschlussbericht des Gesundheitsberufe-Monitorings eine deutliche Sprache. Viele, sehr viele Stellen sind unbesetzt. Bis 2035 fehlen in Bremen 3 800 Gesundheitsfachkräfte. Das liegt auch an den Rahmenbedingungen, da sind wir uns hier alle einig. Wie wir zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE stehen, werde ich in der zweiten Runde eingehen. – Vielen Dank!
Okay, Entschuldigung. Das habe ich falsch gesehen. Bei mir stehen zweimal fünf Minuten.
Dann habe ich das falsch gelesen, ich mache gern weiter. Entschuldigung, das war so irritierend für mich, Herr Erlanson. Dann mache ich das. Vielen Dank.
Wenn es um den Pflegenotstand geht, geht es auch immer um die Rahmenbedingungen. Wer ergreift diesen Berufszweig und bleibt dauerhaft dabei? Die Fraktion DIE LINKE macht in ihrem Antrag die Bezahlung als Gradmesser fest. Viele Menschen empfinden die Arbeitsbedingungen in der Pflege als sehr unattraktiv. Ja, über eine bessere Vergütung wird zu reden sein. Doch in einem Mindestlohn sehen wir keine nachhaltige Lösung.
Wir Grünen fordern einen Tarifvertrag Soziale Dienste, der allgemein verbindlich faire Löhne für alle bieten würde sowie verlässliche Arbeitszeiten, Gesundheitsförderung und weniger Bürokratie. Auch macht es meiner Meinung nach keinen Sinn, einen höheren verbindlichen Personalschlüssel zu fordern in dem Wissen, dass ich keine Leute finden werde, die den Schlüssel tatsächlich in das Schloss stecken, aufschließen, durch die Tür gehen und verbindlich anfangen zu arbeiten.
Aus unserer Sicht ist die Ausbildungssituation der entscheidende Faktor, der verbessert werden muss. Die Zahl der Ausbildungsplätze muss erhöht werden. Hierfür müssen die strukturellen Voraussetzungen geschaffen werden. Durch Maßnahmen, wie die Vereinheitlichung der akademischen Ausbildung, werden Anreize geschaffen, die die Aufnahme eines Studiums im Pflegebereich attraktiver machen.
Zudem können weitere gesellschaftliche Gruppen angesprochen werden, für die die Zugangsbedingungen für eine Ausbildung bislang unbefriedigend waren. Das 2018 in Bremen aufgelegte Programm zur Fachkräftesicherung in der Altenpflege, das sich gerade an Alleinerziehende und Geflüchtete richtet, weist in die richtige Richtung. Ich bin überzeugt, dass es gerade für viele Geflüchtete sehr attraktiv wäre, sich in der Pflege zu engagieren, wenn für sie damit eine gesicherte Bleibeperspektive verbunden wäre.
Auch hier, das nur am Rande, wird die Notwendigkeit eines fortschrittlichen Einwanderungsgesetzes deutlich. Zusammengefasst, zwei Sätze noch, zusammengefasst heißt das, es werden deutlich mehr Stellen in der Pflege benötigt. Zunächst müssen aber die vorhandenen und unbesetzten Stellen besetzt werden, und zwar unter Beibehaltung der bestehenden Fachkräftequote. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Pflege zu verbessern ist eine der dringendsten Aufgaben der Politik. Die Tätigkeit im Bereich Pflege muss wieder attraktiv werden. Deshalb, da sind wir uns alle einig, muss die Pflege als Beruf dringend gestärkt werden.
Wie das erfolgen soll, darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen. Die Einrichtung einer Pflegekammer könnte aus grüner Sicht ein Schritt hin zu einer solchen Stärkung sein. Die Einrichtung einer
Pflegekammer würde die Begegnung mit den schon lange einer Kammer zugehörigen Ärztinnen und Ärzten und den Psychotherapeutinnen und therapeuten erleichtern. Mit der Übertragung bestimmter Aufgaben an die Berufsgruppe könnten Prozesse der Ausgestaltung und der Umsetzung direkt beeinflusst werden.
Die Strukturierung der Weiterbildung, eine allgemeine Berufsaufsicht und vor allem eine geregelte Beteiligung an gesetzgeberischen Vorhaben, diese Aufgaben kann und sollte eine Pflegekammer wahrnehmen. Kurz gesagt: Sie sollte ein Sprachrohr von und für die Beschäftigten in der Pflege sein, aus der Perspektive der Fachlichkeit.
Mit der Verbesserung der finanziellen und organisatorischen Rahmenbedingungen für die Pflegeberufe kann eine Pflegekammer dann natürlich nicht allein gelassen werden. Hier sind gerade der Gesetzgeber und die Tarifparteien gefragt, um die Rahmenbedingungen für die Pflegeberufe so zu gestalten, dass dort Bedingungen herrschen, in denen Menschen gut arbeiten können, zu einem Lohn, von dem gut zu leben ist.
Bei der Verbesserung der Bedingungen geht es auch darum, eine neue Bevölkerungsschicht an eine Berufskarriere in der Pflege heranzuführen, wie Bündnis 90/Die Grünen es auch im Rahmen eines Einwanderungsgesetzes in Gang setzen will. Auch hier hin Bremen werden, wenn auch in kleinerem Umfang, durch die Schaffung neuer Pflegeausbildungsangebote Initiativen auf den Weg gebracht, die sich zum Beispiel an Alleinerziehende und Geflüchtete richten.
Bessere Arbeitsbedingungen, das zeigen Umfragen unter den Beschäftigten immer wieder, ist das dringendste Thema bei den Menschen, die in der Pflege arbeiten. Aber viele Beschäftigte wünschen auch eine Stärkung von Einflussmöglichkeiten durch eine eigene Interessenvertretung und wir als Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unterstützen dieses Anliegen.
Anerkennung und Mitbestimmung sind für uns gerade in diesem letztlich für alle Menschen so grundlegenden Arbeitsbereich ein wichtiges Anliegen. Aus grüner Sicht kann eine Pflegekammer durchaus neben der Arbeitnehmerkammer in Bremen Platz finden. Wir finden eine Kooperation
nicht nur möglich, sondern auch sinnvoll. Heute werden wir mit Rücksicht auf die Haltung unseres Koalitionspartners den Antrag der CDU ablehnen.
Dennoch, das betone ich ausdrücklich, werden wir Grünen die Einrichtung einer Pflegekammer in den anderen Bundesländern und auf Bundesebene unterstützen und das Thema ab Mai 2019 auch in Bremen wieder auf die Tagesordnung setzen. Diese Debatte ist für mich sehr wichtig. Deswegen werde ich auch diese Debatte, also diesen Punkt, besonders auf die Tagesordnung der Deputation für Soziales, Jugend und Integration setzen, um die Debatte dort mit Ihnen gemeinsam zu führen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Jeder schwerstkranke und sterbende Mensch hat ein Recht auf umfassende medizinische, pflegerische und psychosoziale Betreuung und Begleitung, je nach individueller Lebenssituation und je nach individuellem Bedarf an hospizlicher und palliativmedizinischer Versorgung.
Ein Sterben in Würde bedeutet, dass wir Rahmenbedingungen brauchen, die auch schwer kranke
Menschen gemeinsam mit ihren Angehörigen soweit wie möglich selbst bestimmen können. Wir wissen, dass es in einer alternden Gesellschaft erheblicher Anstrengungen bedarf, diese Rahmenbedingungen sicherzustellen. Der Antrag der Fraktion der CDU möchte zu dieser Sicherstellung beitragen und insofern begrüßen wir das Grundanliegen dieses Antrages und tragen ihn mit.
Der Antrag möchte vor allem sicherstellen, dass in Bremen in ausreichendem Maße Kapazitäten bestehen, um den Bedürfnissen schwer kranker Menschen gerecht zu werden. Der Bericht der Deputation für Soziales, Jugend und Integration weist jedoch darauf hin, dass eine verlässliche Ermittlung des Bedarfes an Hospizplätzen, so wünschenswert das wäre, leider nicht möglich ist. Es gibt keine Faustregel oder Rechenmodelle, die die Wechselwirkungen zwischen Versorgungssektoren berücksichtigen. Das haben auch die Studien aus Niedersachsen und NRW gezeigt.
Der Bedarf von Hospizplätzen hängt zum Beispiel von der Qualität der Palliativversorgung in den Krankenhäusern ab, vom Bekanntheitsgrad der Hospizvereine, vom Betreuungsumfang in der ambulanten Hospizversorgung und in der Kurzzeitpflege, vor allem aber höchstpersönlichen und sich ständig wandelnden Vorstellungen davon, wie die Menschen für sich oder ihre Angehörigen eine gute Umgebung für das Lebensende definieren.
Insofern werden wir uns als Bürgerschaft darauf einstellen, dieses Thema in regelmäßigen Abständen aufzurufen und einer Überprüfung zu unterziehen. Denn auch, wenn man nicht im Voraus genau berechnen kann, wie viele Hospizplätze erforderlich sind: Solange Menschen in Bremen und Bremerhaven, die einen Hospizplatz brauchen, auf Wartelisten landen und während dieser Wartezeit sterben, solange müssen wir zusätzliche Hospizplätze schaffen.
Genau das wird gerade gemacht mit je einem neuen Hospiz im Bremer Süden und in Bremerhaven. Insgesamt geht es darum, Sorge zu tragen, dass eine Infrastruktur vorhanden ist, die im umfassenden Sinne für eine bestmögliche Versorgung sorgt und den Rahmen schafft für ein Sterben in Würde. Eine Infrastruktur, das möchte ich voller Wertschätzung und Respekt betonen, die getragen wird von vielen Hauptamtlichen wie auch Ehrenamtlichen, für deren Engagement ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanken möchte.
Das gilt auch für die Kurzzeitpflege, in der es Einrichtungen gibt, die sich speziell um die Versorgung von Sterbenskranken bemühen. In einigen Monaten werden wir die Ergebnisse der Studie der Hochschule Bremen zur Versorgungssituation der Kurzzeitpflege im Land Bremen vorliegen haben. Dann wissen wir unter anderem genau, wie viele Menschen während ihres Aufenthaltes in der Kurzzeitpflege versterben und ob es Stadtteile gibt, die unterversorgt sind. Auch für die Kurzzeitpflege ist sicherzustellen, dass die hospizlich-palliative Versorgung gesichert ist. Der Leistungsanbieter, so haben wir es hier in der Bürgerschaft im Dezember letzten Jahres im Rahmen des Wohn- und Betreuungsgesetzes beschlossen, hat Vorkehrungen für die Wahrung der Selbstbestimmung bei zunehmendem Unterstützungsbedarf der Nutzerinnen und Nutzer in krankheitsbedingten Krisensituationen und im Sterben zu treffen sowie Sterben in Würde zu ermöglichen. Dieses Ziel, daran haben wir alle als sterbliche Wesen ein ureigenes Interesse, gilt es in der Praxis umzusetzen. Lassen Sie uns über die dazu notwendigen Verbesserungen sprechen, sobald die Ergebnisse der Studie vorliegen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Endlich bewegt sich auf Bundesebene etwas in Sachen legaler Migration. Der Zug in Richtung eines Einwanderungsgesetzes ist in Bewegung gekommen. Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung, denn die Forderung nach einem solchen Gesetz haben wir schon seit rund 25 Jahren. Jetzt geht es darum, das Gesetz in eine moderne Form zu bringen. Die dringend notwendigen Inhalte haben wir in unserem Antrag beschrieben.
Das von der Bundesregierung vorgelegte Eckpunktepapier ist in unseren Augen uninspiriert, zu sehr auf aufenthaltsrechtliche Fragen fokussiert und es lässt vor allem ganz zentrale Aspekte aus. Es fehlt zum Beispiel an Transparenz. Wir wollen die Einführung eines Punktesystems, wie es zum Beispiel in Kanada besteht. Ein solches Verfahren gibt Interessierten eine faire Orientierung darüber, unter welchen Voraussetzungen sie einwandern können. Es benennt Kriterien wie Bildung, Qualifikation, Berufserfahrung, deutsche Sprachkenntnisse für Voraufenthalte in Deutschland. Mit Hilfe des Punktesystems ist für jeden nachvollziehbar, wer einwandern kann und wer nicht. Auch für Kritiker.
Der Wirtschaftsstandort Deutschland soll durch gesteuerte Einwanderung attraktiv bleiben. Gleichzeitig muss aber die Einwanderung auch attraktiv sein für die, die sich auf den Weg machen. Dazu gehört unter anderem, durch weitere Qualifizierung in Deutschland Einreisemöglichkeiten für Menschen zu schaffen, also nicht nur für die Hochqualifizierten, für die es bereits vielfältige Regelungen gibt, die aber kaum Wirkung zeigen.
Dazu gehören bessere Verfahren zu unbürokratischen Anerkennungen von Abschlüssen und Qualifizierungen, langfristige Perspektiven auch für die Partnerin oder den Partner und die Kinder, einschließlich der Möglichkeit der erleichterten Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit.
Wir brauchen ein Einwanderungsgesetz, das fortlaufend Berufe definiert, die nicht durch einheimische Arbeitskräfte gedeckt werden können. Wir benötigen gleichzeitig auch ein Gesetz, das sich Bildungs- und Ausbildungspotential von Menschen zunutze macht, die bereits hier sind. Wir benötigen den so genannten Spurwechsel. Mehr als ein Drittel der Menschen, die als Geflüchtete in die Bundesrepublik kommen, haben ein Gymnasium oder eine Hochschule besucht. Viele besitzen Berufsabschlüsse. Anderen gelingt als Geflüchtete der Einstieg in eine Ausbildung.
Der Erwerb der deutschen Sprache und die gesellschaftliche Integration derer, die schon hier sind, sind nicht zu unterschätzen. Es wäre daher widersinnig, in all diesen Fällen nicht zu prüfen, ob diese Menschen die Kriterien eines durch ein Punktesystem moderierten Einwanderungsverfahrens erfüllen, auch wenn sie möglicherweise als Asylsuchende abgelehnt wurden.
Ziel eines künftigen Einwanderungsgesetzes sollte es zum einen sein, die Attraktivität des Standorts Deutschland zu erhalten, zum anderen muss es aber, wie gesagt, für die Einwanderinnen und Einwanderer attraktiv sein und eine echte Zukunftsperspektive bieten. In diesem Sinne bitte ich um die Zustimmung zu unserem Antrag. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Mit diesem Antrag richten wir den Blick auf Kinder und Jugendliche, die Zeugen von häuslicher Gewalt geworden sind oder sogar selbst Gewalt erfahren haben.
Mit der Einrichtung einer Interventionsstelle für Kinder und Jugendliche werden wir eine Lücke im System schließen. Der Kinderschutz in Bremen wird dadurch deutlich gestärkt, denn in der Praxis zeigt sich, dass es bei häuslicher Gewalt zwar Angebote gibt, jedoch ausschließlich für Frauen und Männer. Es fehlt an einer proaktiven Ansprache der Kinder.
Kinder sind Teil der Familie und damit auch Teil der häuslichen Gewalt. Sie sind in ganz eigener Weise selbst betroffen. Das Erleben von Gewalt bringt ihr Selbstverständnis zum Wackeln. Ihre
Grundwerte erhalten Risse, und das Urvertrauen wird schwer erschüttert. Die betroffenen Kinder benötigen eine kindgerechte Ansprache, die es bisher nicht zeitnah proaktiv gibt.
Es geht um Prävention, und das gleich in zweifacher Hinsicht, denn junge Menschen, die in gewaltbelasteten Familien aufwachsen, haben sowohl ein größeres Risiko, später selbst zu Tätern zu werden, als auch ein größeres Risiko, als Erwachsene erneut Opfer häuslicher Gewalt zu werden. Eine Interventionsstelle für Kinder hat das Ziel, schneller Unterstützung anzubieten, gemeinsam im Gespräch mit dem Kind herauszufinden, was in der Situation gut tut und künftig hilft, um sich nicht allein zu fühlen. Eine Interventionsstelle muss für das Kind parteiisch sein, es stabilisieren und stärken. Die Mitarbeiter in der Interventionsstelle in Rostock entwickeln mit den Kindern gemeinsam Gewaltschutzkonzepte und zeigen auf, wie der Weg aus der Gewalt aussehen kann. Die schnelle proaktive Kontaktaufnahme lässt Kinder mit dem Erlebten nicht allein.
In Bremen gibt es bereits viele Erfahrungen und Expertisen zum Umgang mit der Gewalterfahrung, und das ist gut. Die nun anstehende Diskussion wird davon profitieren, wenn es im Detail darum geht, wie eine Interventionsstelle zugeschnitten sein muss.
Gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die schon seit Jahren die Fachberatung in Bremen tragen und gestalten, geht es jetzt darum, ein umfassendes Beratungs- und Interventionsangebot zu schaffen, das koordiniert ineinandergreift. Die Zusammenarbeit zwischen Polizei, Jugendamt, Justiz und den Beratungsstellen für Groß und Klein muss zu einer gut verzahnten Interventionskette ausgebaut werden, Parallelstrukturen sind selbstredend zu vermeiden.
Der Änderungsantrag der CDU verdeutlicht, dass es sich um ein zusätzliches Angebot handeln soll. Das sehen wir auch so, und das ist auch so gemeint. Wohl aus diesem Grund hält unser Koalitionspartner die Änderungen für so marginal, dass es keinen fraktionsübergreifenden Antrag geben wird. Das bedauere ich,
aber ich denke, das eigentliche Ziel, nämlich die Einrichtung der Interventionsstelle, ist das Entscheidende.
Ich möchte meine Rede mit einem Zitat beenden. Anna, neun Jahre alt, sagt: „Die Schläge, die meine Mama bekam, spürte ich in meinem Bauch.“ Ich freue mich daher über eine breite Zustimmung. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Eines vorweg, der Name „Schwerbehindertenausweis" ist schrecklich.
Er ist stigmatisierend und diskriminierend. In den vielen Debatten, die wir geführt haben, ist eines klar geworden: Es geht um gleichberechtigte Teilhabe und die Frage, wie Teilhabe verbessert werden kann. Hier kann in den nächsten Jahren noch einiges erreicht werden. Nun bringt der breite Austausch von Argumenten mit sich, dass Standpunkte sich ändern können. Mein Standpunkt, dass Inklusion eine große Aufgabe ist, hat sich nicht geändert.
Auch die ernüchternde Tatsache, dass es weiterhin einer großen Anstrengung bedarf, Barrieren abzubauen und stattdessen gesellschaftliche Teilhabe zur Normalität werden zu lassen, ist bei mir unverändert. Ob aber eine Umbenennung eines Ausweises das richtige Mittel ist, um Diskriminierung abzubauen, dazu hat sich mein Standpunkt sehr wohl geändert. Gerade vor dem Hintergrund der Stellungnahme der Fachverbände bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass wir mit der Umbenennung zwar ein Wort ändern würden, aber nicht die Verhältnisse in der Gesellschaft.
Die gesellschaftliche Abwertung, die Menschen mit Beeinträchtigungen erfahren, liegt tiefer. Die
Anerkennung, die sich die Befürworter und Befürworterinnen versprechen, ist durch eine Stärkung der rechtlichen Rahmenbedingungen nachhaltiger zu erreichen als es eine Umetikettierung vermag. Zu diesem Schluss bin ich durch die vielen Debattenbeiträge gekommen. Insofern lehne ich den vorliegenden Antrag ab. Als jugendpolitische Sprecherin fällt mir diese Ablehnung zugleich sehr schwer. Ich bedaure, dass ich hier vor allem junge Leute enttäuschen werde. Denn es hat sich gezeigt, dass es die jungen Leute sind, die sich von dem Umstand diskriminiert sehen, einen Ausweis vorzeigen zu müssen, auf dem "schwerbehindert" steht. Ich begrüße, dass gerade junge Menschen sich einsetzen und etwas ändern wollen.
Aber ich möchte auch den Einwand sehr ernst nehmen, wie er von Betroffenenorganisationen vorgetragen wird, dass der Begriff der Behinderung im Zusammenhang ein gut eingeführter sozialrechtlicher Begriff ist. An diese sozialrechtlichen Begriffe sind Rechte geknüpft. Darum, meine Damen und Herren, geht es doch vor allem bei der Inklusion, jedenfalls was die gesetzgeberische Seite betrifft. Es geht um Stärkung von Rechten. Diese Stärkung bedarf vieler Ressourcen. Es bedarf eines möglichst großen gemeinsamen Willens. Es bedarf auch der Initiative und des Ideenreichtums und vor allem aber finanzieller Mittel. Wie Teilhabe finanziert wird, zum Beispiel durch die praktische Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes, damit werden wir uns in den nächsten Jahren noch oft beschäftigen.
So sehr ich den Wunsch und die Anliegen der jungen Menschen mit Beeinträchtigung verstehe, sich durch eine Umbenennung des Ausweises weniger diskriminiert zu sehen, so sehr bin ich doch zu dem Ergebnis gelangt, wir würden es uns als Gesetzgeber zu einfach machen. Die finanziellen Mittel, die in die Umbenennung des Ausweises fließen müssten, sind aus meiner Sicht in der Förderung konkreter Inklusionsprojekte besser aufgehoben. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Bekämpfung und Prävention von Armut in Bremen und Bremerhaven ist kein einfaches Thema. Dass es kein Patentrezept zur Lösung gibt, wurde schon im Abschlussbericht des damaligen Ausschusses fraktionsübergreifend festgestellt. Wir müssen uns immer wieder bewusst machen, wir haben es mit ganz unterschiedlichen Adressaten zu tun, für die individuelle Unterstützung erfolgen muss. Unterschiedliche Lebenslagen erfordern unterschiedliche Strategien. Deswegen haben wir von Anfang an viele Institutionen und Fachressorts in die Prozesse einbezogen und Kompetenzen gebündelt und, das möchte ich betonen, entsprechend bei der Haushaltsaufstellung berücksichtigt.
Die Antwort des Senats zeigt deutlich, was sich alles durch die finanzielle Schwerpunktsetzung, die Rot-Grün beschlossen hat, im Bereich Sprachförderung und Bildung tut. Gerade im letzten Monat haben wir uns vor Ort von der sehr erfolgreichen Arbeit des Quartiersbildungszentrums in Gröpelingen überzeugt, nur um ein Beispiel zu nennen, natürlich neben dem Großprojekt Kita und Ganztagsausbau.
Auch im Bereich der Geflüchteten führen wir die Projekte des Integrationskonzeptes fort. Sie setzen unmittelbar an der Lebenswirklichkeit der Neuzuwanderer an. Neben der Erstintegration im Stadtteil geht es auch um die berufliche Bildung für Geflüchtete. Hier möchte ich insbesondere die Einstiegsqualifikationsmaßnahmen des Aus- und Fort
bildungszentrums erwähnen. Dieses vorgeschaltete Jahr trägt maßgeblich zum erfolgreichen Abschluss einer Ausbildung bei. Der Abschluss bedeutet Zukunfts- und Bleibeperspektive.
Im Bereich Familienhilfe möchte ich auf die im Rahmen der Weiterentwicklung des Jugendamtes initiierten Modellprojekte "Familie im Stadtteil", "STEEPS", "BRISE" und "Kidstime" hinweisen. Auch die Sozialraumkoordinatoren sind inzwischen in allen Bremer Sozialräumen mit einem Umfang von sechs Beschäftigungsvolumen aktiv. Die präventiven Angebote werden dadurch deutlich gestärkt. Das Modellprojekt „Vermittlung und Integration von Alleinerziehenden in Arbeit“ stimmt mich froh. Wir können also feststellen, Bremen tut etwas und wird es auch in Zukunft machen.
Sehr gut, das möchte ich unbedingt erwähnen, ist, dass unser Sozialressort das Institut Arbeit und Wirtschaft mit einer Bilanzierung der diversen Umsetzungsschritte der letzten zehn Jahre der Armutsbekämpfung und -prävention beauftragt hat. Neben allen unseren Aktivitäten bleibt die entscheidende Frage: Warum greifen die vielen Maßnahmen nicht deutlicher? Diesem Thema müssen wir uns stellen.
Ich hoffe durch die Bilanzierung auf konkrete Erkenntnisse, wo wir besser werden müssen, sei es bei der Vernetzung im Stadtteil, bei dem Thema sozialer Wohnungsbau oder bei der Verzahnung von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen oder, oder, oder.
Ein Punkt, der mir am Herzen liegt, ist die Jugendarbeitslosigkeit im Land Bremen. Sie ist erschreckend hoch. Hier haben wir dringenden Handlungsbedarf. Wir brauchen nicht nur deutlich mehr Ausbildungsplätze, sondern wir brauchen auch Berufsschulen, die durch flankierende Maßnahmen die jungen Menschen zum Abschluss führen. Ich hoffe, dass wir bei diesem ernsten Thema Armut weiterhin an einem Strang ziehen werden. Armut geht uns alle an, und wichtig sind meiner Meinung nach die Querverbindungen zwischen den verschiedenen Themenbereichen und eine konstruktive Zusammenarbeit. – Danke!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte noch etwas ergänzen, das in dieser Debatte nicht fehlen sollte. Am Freitag letzte Woche hatten wir in der Deputation für Soziales eine große Anhörung zum Thema Kindergrundsicherung. Trotz des sommerlichen Wetters war die Anhörung sehr gut besucht, das zeigt, wie wichtig dieses Thema für uns in Bremen und Bremerhaven ist. Denn für uns steht fest, Kinder dürfen kein Armutsrisiko sein.
Unabhängig von der Frage, welches Modell der Kindergrundsicherung künftig tragfähig und finanzierbar ist, steht für mich fest, es kann nicht sein, dass Eltern berufstätig sind, teilweise sogar an verschiedenen Arbeitsplätzen, aber dennoch das Geld nicht zum Leben reicht. Gerade hier zeigt sich, wie schwierig die Situation von Alleinerziehenden ist, die zwischen Job und Kindern hin- und herjonglieren müssen. Ein wichtiger Bestandteil ist die verlässliche Betreuung der Kinder in Kita und Schule und das auch zu ungewöhnlichen Zeiten.
Nicht so gern, ich möchte gern fortfahren. Wir können uns gern draußen weiter unterhalten, Frau Grönert.
Ein weiterer wichtiger Baustein ist der Kinderzuschlag. Eigentlich ein gutes Instrument, das berufstätigen Eltern zugutekommt, wenn das Gehalt knapp ist. Leider zeigt sich in der Praxis, dass der Korridor, was Eltern verdienen dürfen, viel zu eng ist, die Berechnung kompliziert und leider mit einer sehr hohen Ablehnungsquote und so für viele doch keine Hilfe, sondern nur ein bürokratisches Monster.
Aus diesen Gründen fordern wir Grünen im Bundestag die automatische Auszahlung des Kinderzuschlages. Das wäre ein Schritt, meine Damen und Herren, der etwas bewirken würde.
Armut grenzt aus und schmerzt, wenn soziale Teilhabe und Aktivitäten mit den Freunden nicht möglich sind, weil sie zu teuer sind. Das Aufwachsen in Armut führt häufig dazu, dass Kinder und Erwachsene sich weniger gesund ernähren. Bildungschancen können nicht mit teurer Nachhilfe unterstützt werden. Je länger Menschen Armut ausgesetzt sind, desto negativer sind die Folgen für ihre Entwicklung, ihre Bildungschancen und damit für ihr gesamtes Leben. Daher ist dieses Thema so bedeutend für die Bürgerinnen und Bürger in Bremerhaven und Bremen. An dieser Stelle werden wir oft gefragt sein. Innovative und mutige Ideen in den verschiedensten Lebensbereichen sind weiterhin unerlässlich. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion schlägt die medizinische Altersfeststellung von unbegleiteten ausländischen Kindern und Jugendlichen als Regelfall vor, doch dagegen spricht einiges: Es wäre teuer, es wäre nicht einhundertprozentig genau, wie angenommen, und – und das ist das Entscheidende – es würde täglich in die Rechte der Betroffenen auf körperliche Unversehrtheit eingreifen und damit regelhaft das Kindeswohl gefährden.
Die CDU-Fraktion sorgt sich vorgeblich darum, dass eine ganze Gruppe von Menschen es den behördlichen Verfahren unnötig schwer macht. Diese Haltung widerspricht aber dem Geist von interna
tionalen Vereinbarungen, wie etwa der UN-Menschenrechtskonvention. In Artikel 3 steht, dass bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen und die von Verwaltungsbehörden getroffen werden, das Wohl des Kindes vorrangig zu berücksichtigen ist.
Die CDU-Fraktion sorgt sich darum, dass geflüchtete Kinder und Jugendliche nicht richtig in das staatliche Verfahren passen. Wir Grünen wollen jedoch noch einmal feststellen, dass es an dieser Stelle genau umgekehrt sein muss: Staatliche Verfahren müssen so gewählt werden, dass sie das Kindeswohl nicht gefährden.
Die CDU-Fraktion will hier Aktivitäten vortäuschen und betreibt letztendlich nur Aktionismus. Das Stilmittel, das hierfür genutzt wird, heißt Misstrauen; Misstrauen gegenüber minderjährigen Geflüchteten, die nicht in ihrer Individualität und ihren individuellen Geschichten gesehen werden. Als wäre es ein Leichtes, Eltern und Heimat aufzugeben, als wäre es eine Leichtigkeit, den Verlust beziehungsweise Tod der Eltern und Verwandten zu bewältigen, als würde es nicht existenzielle Gründe für Flucht, in dieser Welt geben.
Misstrauen bestimmt die öffentliche Debatte, aber auch gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamtes.
Sie sind keine fahrlässig handelnde Durchwinkstation, die in ein paar Minuten über das Alter entscheiden, wie von der CDU dargestellt. Eine qualifizierte Inaugenscheinnahme ist eine Sache von zwei bis drei Stunden. Die Mitarbeiter des Jugendamtes habe ich als geschult und erfahren erlebt. Ihre Entscheidungen fassen sie zudem aufgrund einer ganzen Reihe von Kriterien.
Misstrauen besteht letztlich auch gegenüber einem geregelten staatlichen Verfahren, zu dem sich Bremen vor Jahren bewusst entschieden hat. Es wird ein Verfahren vorgeschlagen, das in die Rechte der Betroffenen, in das Menschenwohl eingreift, wie es die Bundesärztekammer genannt hat, ohne dass diese Eingriffe einen erkennbaren Nutzen hätten. Viele Vertreter aus den medizinischen Bereichen sprechen sich gegen eine medizinische Altersfeststellung als Regelfall aus, der Deutsche Ärztetag, die Bundesärztekammer, die Deutsche Akademie
für Kinder- und Jugendmedizin seien hier stellvertretend für viele andere Stellen genannt.
Festzuhalten ist, unser Verfahren in Bremen steht im Einklang mit dem bundeseinheitlich abgestuften Verfahren zur Altersbestimmung. Die Praxis entspricht den Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter, und auf dieses Verfahren werden wir nicht verzichten. Was bleibt, ist das Misstrauen, das hier gesät werden soll. Zugunsten dieses Misstrauens ist die CDUFraktion bereit, die Rechte von Kindern und Jugendlichen gering zu schätzen oder im Hintergrund gar die Vorstellung anzubieten, dass die Rechte geflüchteter Kinder und Jugendlicher weniger zu schätzen seien. Eine solche Haltung befremdet mich, meine Damen und Herren.
Anstatt unbegleitete minderjährige Flüchtlinge unter Generalverdacht zu stellen, ist es unser aller Aufgabe, ihnen das Ankommen in unserer Gesellschaft zu erleichtern. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es gehört zu den Pflichten der Landesregierung dafür Sorge zu tragen, dass die Menschen die in Betreuungs- und Wohneinrichtungen leben, gut versorgt sind. Es geht um Standards die eingehalten werden müssen trotz Fachkräftemangels, trotz hoher Arbeitsbelastung. Es geht um Standards die gerade auch bei denjenigen eingehalten werden müssen, die selber so alt, schwach oder krank sind, dass sie selber nicht mehr eigenständig auf ihre Rechte hinweisen können. Es geht um die Würde der Bewohnerinnen und Bewohner, um ihre körperliche und seelische Unversehrtheit, um ihre Selbstbestimmung. Ich denke, da sind wir uns alle einig.
Und genau deshalb kommt der Wohn- und Betreuungsaufsicht eine so wichtige Rolle zu. Dass dies eine große, verantwortungsvolle Aufgabe ist, wissen die Mitarbeiter der Wohn- und Betreuungsaufsicht natürlich am allerbesten. Sie müssen einer immer größeren Anzahl von Beschwerden nachgehen. Das erfordert eine hohe Intensität, die Mängel sind nicht mit einem Durchgang beseitigt. Dafür braucht es mehrfache Besuche und Gespräche, bis sie nachhaltig behoben sind. Natürlich ist die Ökonomisierung der Pflege ein Problem. Die wiederholt verhängten Belegungsstopps wie zuletzt im Alloheim in der Marcusallee zeugen davon, wie wichtig die zeitnahe und kontinuierliche Arbeit der Wohn- und Betreuungsaufsicht ist. An dieser Stelle möchte ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Wohn- und Betreuungsaufsicht einen großen
Dank für ihre Arbeit aussprechen, ich denke spätestens seit der letzten Sitzung der Sozialdeputation auch im Namen aller Sozialdeputierten.
Das Problem, das sich nun immer deutlicher zeigt ist, dass die Wohn- und Betreuungsaufsicht ihrem gesetzlichen Auftrag der Regelprüfungen mit dem bestehenden Personal kaum noch nachkommen kann. Das liegt an zwei Dingen. Erstens: Es gibt, wie eben erwähnt, deutlich mehr anlassbezogene Prüfungen, die sehr zeitaufwändig sind. Zweitens: Wir Parlamentarier haben durch die Novellierung des Gesetzes die Tätigkeitsfelder noch ergänzt. Auch für den Bereich der ambulanten Pflegedienste soll die Wohn- und Betreuungsaufsicht die erste Anlaufstelle sein.
Im Gegensatz zu der LINKEN versprechen wir nicht das Blaue vom Himmel mit zehn zusätzlichen Stellen. Das wäre mehr als eine Verdoppelung der Stellen bei unserem, nach wie vor, engen Haushalt.
Daher beantragen wir von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen als Sofortmaßnahme die Einrichtung von zwei Vollzeitstellen. Das sind 80 Stunden mehr Kontrolle pro Woche. Zudem wollen wir, dass die bisherigen Arbeitsprozesse, Arbeitsabläufe und Arbeitsaufteilungen überprüft und gegebenenfalls optimiert werden. Wir wollen die Wohn- und Betreuungsaufsicht schnell und effektiv stärken. Ende des Jahres wird dazu eine Auswertung vorliegen, dann können wir ablesen, wie sich diese Maßnahmen in der Praxis ausgewirkt haben. Das war mein erster Teil, ich komme wieder. – Danke!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Missstände, die durch den NDR öffentlich wurden, sind beunruhigend. Wir sehen uns gefordert zu handeln. Aber wir sehen uns auch gefordert, über den Tag hinaus zu denken und zu planen. Die Themen Alter und Pflege werden uns fortlaufend begleiten. Sie bedürfen unserer Aufmerksamkeit und nicht nur, wenn die Medien das Thema in den Vordergrund bringen. Wir brauchen kluge und finanzierbare Lösungen, die nachhaltig wirken. Unser Augenmerk wird weiter darauf liegen, Interventionskräfte zu stärken. Die Ausweitung der Wohn- und Betreuungsaufsicht um zwei Stellen ist dazu ein wichtiger Schritt.
Zum Antrag der CDU möchte ich sagen, dass ich überrascht bin. Kaum ist das Gesetz verabschiedet, fordern Sie einen neuen Gesetzesentwurf zu immer wieder den gleichen Punkten, wie zum Beispiel der Veröffentlichungspflicht. Ich verweise auf die Regelung in § 10 des Bremischen Wohn- und Betreuungsgesetzes zur Transparenz und Veröffentlichungspflichten. Ich bin auch überrascht über Ihren Vorschlag, die Tätigkeiten der Wohn- und Betreuungsaufsicht nach außen verkaufen zu wollen, gerade das wollen wir ja nicht. Wir wollen diese wichtige Aufgabe in staatlicher Verantwortung lassen und eben nicht ökonomisieren. Für uns steht
der Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner eindeutig über der unternehmerischen Freiheit der Einrichtungsbetreiber. Zu guter Letzt, das Gesetz wurde gerade erst verabschiedet. Es enthält viele neue, gute Ansätze, wie die kultursensible und gleichgeschlechtliche Pflege als auch Gewaltschutzprogramme. Diese innovativen Bestandteile haben es verdient, sich zu bewähren und auch zu entfalten. Das Gesetz ist bis 2022 befristet. Danach gibt es erneut die Möglichkeit, sich einzubringen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es geht hier um Menschen, die mitunter jahrelang Opfer von bedrückenden Strukturen waren, die Ausgrenzung und Entrechtung unterschiedlichster Art erfuhren, vom Schulausschluss über beschämende und auch körperlich quälende Strafen bis hin zur Arbeit unter Zwang und ohne Bezahlung. Nur deshalb hat die Bremische Bürgerschaft im Jahr 2015 die Einrichtung dieser Stiftung auf Bundesebene eingefordert, und zwar auf Initiative unserer Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, die Geschehnisse in betroffenen Einrichtungen öffentlich zu machen, das erlittene Leid und Unrecht der Betroffenen anzuerkennen.
Mit den Zahlungen, die im Rahmen der Anträge möglich sind, wird das Geschehene nicht rückgängig gemacht, aber es ist hoffentlich möglich, etwas zurückzugeben. Das meint in meinen Augen die Formulierung „Anerkennung und Hilfe“ im Stiftungstitel. Ein wesentliches Ziel ist es, möglichst viele Antragsberechtigte zu erreichen. Hier zeigt natürlich die Anzahl der Anträge, dass noch einiges zu tun ist. Von drei Jahren Antragsfrist ist mehr als ein Jahr vorbei, und bis gestern sind 44 Anträge gestellt worden, 44 Anträge in über einem Jahr. Das ist wenig, auch wenn die Zahlen aus anderen Bundesländern beziehungsweise Beratungsstellen zeigen, dass auch dort die Zahlen noch niedrig sind. Ich persönlich bin mit der Befristung eines Stiftungszwecks, der im Grunde ein zeitloses Anrecht für die Betroffenen begründen sollte, nicht wirklich glücklich.
Auf jeden Fall aber heißt das, in den nächsten knappen zwei Jahren möglichst viel dafür zu tun, dass möglichst viele Antragsberechtigte auch in die Lage versetzt werden, tatsächlich ihren Antrag zu stellen. Die zuständigen Mitarbeiter im Versorgungsamt sind mit großem Engagement dabei, das weiß ich. Sie gehen zu den Einrichtungen, wo potenzielle Antragsberechtigte wohnen und suchen das Gespräch mit den Betroffenen, mit den Beraterinnen und Beratern und dem Träger der Einrichtungen. Sie sorgen sich nach Kräften, dass Menschen ihr Antragsrecht wahrnehmen können. Ihnen allen gilt ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle!
Ich denke, wir sollten auf einen oftmals unbekannten Aspekt hinweisen. Die Gelder, die aus den Stif
tungen fließen, werden nicht auf Transferzahlungen angerechnet. Sie sind steuerfrei und nicht pfändbar. Das sind wichtige Informationen, die noch deutlicher kommuniziert werden müssen. Das persönliche Gespräch steht jedoch im Zentrum dessen, was Anerkennung bedeutet. Die Betroffenen sollen durch ein persönliches Beratungsgespräch bei der Aufarbeitung ihrer Geschichte begleitet werden. Neben den persönlichen Einzelschicksalen ist die geschichtliche Aufarbeitung dieser Zeit ebenso wichtig. Dass Bremen nun eine eigene wissenschaftliche Aufarbeitung in Auftrag gegeben hat, begrüßen wir Grüne natürlich sehr.
Auch dass sich auf der Konferenz der Arbeits- und Sozialminister im Dezember 2017 deutlich für eine Ausweitung der Anspruchsberechtigten ausgesprochen wurde, ist eine Stärkung des Themas. Es ist wichtig und richtig, dass auch Menschen antragsberechtigt sein sollen, die von den betreffenden Einrichtungen gezielt in einer Familie beziehungsweise Anstaltsfamilie zur Pflege untergebracht waren.
Nun zur Kritik der schlechten Auffindbarkeit im Internet. Wer selbst nachschaut, kommt mit wenigen Klicks direkt zu Beratungsstellen. Doch das ist aus meiner Sicht nicht so entscheidend. Bei der Internetsuche stellt sich für viele eine mitunter große Zugangshürde dar. Stattdessen sollten verstärkt Flyer in den Einrichtungen ausliegen und mit Informationsveranstaltungen geworben werden. Wie gesagt, die Grünen begrüßen die Stiftung wie auch die Stiftungszwecke, und unsere Zufriedenheit steigt mit den Antragszahlen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Für den Bereich Soziales möchte ich an erster Stelle erwähnen, dass es uns gelungen ist, viele wichtige Bereiche schon vor der ersten Lesung in die Eckwerte einzustellen. Trotz der schwierigen Finanzlage können wir auch in den Jahren 2018 und 2019 wichtige sozialpolitische Akzente setzen. Darüber bin ich sehr froh. Beispielhaft möchte ich drei Bereiche mit Stichworten erwähnen.
Erstens: Wir werden die vielen Projekte zur Integration der geflüchteten Menschen fortführen, die bisher über das Integrationsbudget finanziert wurden. Dafür sind rund 3,3 Millionen Euro im Haushalt veranschlagt. Damit sichern wir zum Beispiel die kommunalen Deutschsprachkurse, die ambulante Betreuung von Geflüchteten, die bereits eigenen Wohnraum haben, und die Ehrenamtskoordinationen, denn wir wollen, dass Bremen weiterhin spitze in diesem Bereich bleibt.
Zweitens: Auch das StadtTicket und die kostenlosen Verhütungsmittel sichern wir für die Zukunft ab. Diese freiwilligen Leistungen sind uns die Bremer und Bremerinnen einfach wert.
Drittens: Wir übernehmen die Kofinanzierung der vier vom Bund anerkannten Mehrgenerationenhäuser und sichern deren erfolgreiche Arbeit ab.
Diese Aufzählung umfasst nur einen kleinen Ausschnitt und ist daher natürlich unvollständig. Ich bin mir sicher, dass wir diese finanziellen Absicherungen im Alltag spüren werden. Wie groß wäre die Empörung gewesen, wenn wir gerade hier hätten kürzen müssen?
Lösungen für den immens hohen Bedarf an Pflegekräften zu finden, stand bei uns ebenso im Fokus der Haushaltsverhandlungen. Hier sehen wir Qualifizierungspotenziale bei Zielgruppen wie zum Beispiel Zuwanderern und langzeitarbeitslosen Frauen und Männern. Wir stellen für beide Jahre jeweils 220 000 Euro zusätzlich zur Verfügung, um entweder ein Sonderprogramm Altenpflege aufzulegen oder im Rahmen der Bremer Pflegeinitiative Maßnahmen zu starten, mit denen die vorhandenen Plätze vollständig besetzt werden können. Ich hoffe sehr, dass wir mit der Bereitstellung dieser Gelder in den beiden wichtigen Themenfeldern Pflege und Arbeitsmarktintegration eine ordentliche Entlastung, also hoffentlich eine Win-win-Situation, schaffen.
Auch die vielen ehrenamtlich engagierten Übungsleiterinnen und -leiter in den Sportvereinen leisten Woche für Woche, Monat für Monat, Jahr für Jahr einen sehr bedeutsamen Beitrag. Ohne sie wäre der Bremer Sport nicht vorstellbar. Nach zehn Jahren werden wir erstmalig wieder die Zuschüsse um 125 000 Euro pro Jahr erhöhen. Damit tragen wir der gesundheitsfördernden und stark integrativen Rolle der vielen verschiedenen Sportangebote
Rechnung. Wir meinen, diese Bewegung im Haushalt hält Bremen in Bewegung. Das ist gut so.
Nun möchte ich noch ein paar Sätze zu den Anträgen der LINKEN, der CDU und der FDP bezüglich des Ehrenamts sagen. Wären wir kein Haushaltsnotlageland, dann hätten wir sicherlich die eine oder andere Übereinstimmung, in welchen Bereichen mehr finanzieller Spielraum guttäte. Das ist aus einigen Ihrer Anträge herauszulesen. Aber wir stehen hinter dem Ziel der Konsolidierung. Die Abteilung „Wünsch dir was, und zwar so viel wie nur möglich“ ist gerade im sozialen Bereich für uns Grüne keine Lösungsoption. - Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Würde des Menschen ist unantastbar, so heißt es in Artikel 1 des Grundgesetzes. Das gilt für alle Menschen, also auch für ältere und beeinträchtigte Menschen. Wir alle möchten, dass wir später in Würde gepflegt und versorgt werden. Deshalb beschließen wir heute das neue Wohn- und Betreuungsgesetz. Dieses Gesetz beinhaltet viele wichtige Neuerungen. Das muss als Erstes gesagt werden.
Im Vorfeld lag das Augenmerk stark auf dem Personalschlüssel in der Nacht. Darauf werde ich später eingehen. Zuerst einmal möchte ich aber betonen, der Gesetzentwurf entstand mit hoher Beteiligung von verschiedenen Institutionen, wie zum Beispiel der freien Wohlfahrtspflege, der Seniorenvertretung, des Landesbehindertenbeauftragten und der Gewerkschaft ver.di.. Alle Beteiligten haben die Gelegenheit erhalten, sich einzubringen. Viele Anregungen und Bemerkungen wurden in den Gesetzentwurf aufgenommen. An dieser Stelle möchte ich ein Lob an die Verwaltung aussprechen, meine Damen und Herren!
Darüber hinaus fand bereits am 18. Januar dieses Jahres eine öffentliche Fachanhörung in der Friedensgemeinde statt. Der Gemeindesaal war voll mit interessierten Nutzerinnen und Nutzern sowie Expertinnen und Experten. Auch die sozialpolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen waren anwesend.
Die wichtigsten Neuerungen des Gesetzes, die sich positiv auswirken werden, möchte ich in Stichworten erwähnen. Erstens, Sinn des Gesetzes ist der Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner. Dieser Schutz wird ausgeweitet. Es kann zwischen verschiedenen Wohn- und Unterstützungsangeboten gewählt werden,
also zum Beispiel zwischen Service-Wohnen und Wohngruppen. Sie dürfen selbst entscheiden, wie viel Unterstützung und Versorgung sie brauchen, und somit weiterhin ein weitgehend selbstbestimmtes Leben führen.
Zweitens, das Selbstbestimmungsrecht und die Unabhängigkeit der Bewohner sind ernst zu nehmen und umzusetzen. Drittens, die Öffnung der Einrichtung zum Stadtteil, Kooperationsmöglichkeiten und Schutz vor Isolation sind im neuen Gesetz verankert, Stichwort inklusive Gesellschaft. Niemand soll versteckt und ins Heim abgeschoben werden. Das heißt mehr Teilhabe an der Gesellschaft.
Viertens, das Recht auf eine gute Pflege und Unterkunft sowie der Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner der Pflegeeinrichtungen vor Gewalt sind uns sehr wichtig. Hierfür nötige Gewaltschutzkonzepte sind vorgesehen, womit die Gewalt in der Pflege enttabuisiert wird. Wie wir alle wissen, wo Überforderung ist, ist auch Gewalt.
Fünftens, mit dem Punkt kultursensible Pflege werden Themen wie Ernährung, Religionsausübung und Freizeitgestaltung aufgegriffen. Sechstens, gleichgeschlechtliche Pflege: Die Bewohnerinnen und Bewohner entscheiden, ob sie von einer Frau oder einem Mann gepflegt werden möchten.
Mit der Novellierung des Wohn- und Betreuungsgesetzes soll auch der Personalschlüssel verbindlich geregelt werden. Darüber haben wir schon viel in der Sozialdeputation gesprochen und verhandelt. „Keiner nachts alleine!“, das ist ein Spruch aus dem Protest der Pflegenden. Er ist richtig. Wir Grünen sind dafür, die Personalpräsenz aufzustocken, damit eine sichere Pflege und Aufsicht gewährleistet werden kann.
Wenn heute ein Personalschlüssel von 1 zu 25 für die Nacht, wie im Antrag der LINKEN gefordert, beschlossen würde, wie sollte das gehen? Ist dieser Schlüssel per se für jede Einrichtung der richtige? Für mich gibt es Klärungsbedarf, ob der Personalschlüssel - 1 zu 50, 1 zu 40, 1 zu 25 - nicht auch davon abhängen sollte, welchen Pflegegrad die Bewohner haben. Wie fit sind sie? Welche Art der Betreuung benötigen sie, welche Pflege und in welcher Intensität? Über diese Fragen wird bundesweit eine Debatte geführt. Das ist richtig und wichtig. Ich meine, hier müssen wir weitermachen.
Landtag 4047 52. Sitzung/09.11.17
Aktuell haben wir es mit einem großen Fachkräftemangel zu tun, auch wenn Bremen seine Ausbildungskapazitäten kräftig ausgebaut hat. Es dauert eben seine Zeit, bis die Menschen im Arbeitsmarkt angekommen sind. Deshalb können Krankenhäuser pflegebedürftige Menschen zum Teil nicht entlassen, weil diese aufgrund des fehlenden Personals weder in der ambulanten noch in der stationären Pflege aufgenommen werden können.
Wir alle haben ein Anrecht auf eine professionelle Versorgung. Wir Grünen möchten einen angemessenen Präsenzschlüssel für den Tag und die Nacht. „Keiner nachts alleine!“, wie schaffen wir das? Fachkräfte gewinnen durch bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen, und vor allem muss unser Ziel sein, die pflegenden Menschen im Beruf zu halten! Viele Fachkräfte arbeiten nur zehn Jahre in ihrem Beruf. Das wollen wir ändern. Auf Bundesebene finden jetzt die Sondierungen für eine neue Regierung statt. Die neue Regierung muss es sich zur Aufgabe machen, die Pflege deutlich zu verbessern. Dafür stehen wir Grünen, und auch für diesen Punkt machen wir uns in den Verhandlungen stark.
Wir sollten das Gesetz heute so beschließen mit dem klaren Ziel, einen Mindestpersonalstandard von 1 zu 40 einzuführen.
Ein weiterer Punkt des Gesetzes ist, die Aufsicht nach dem Bremischen Wohn- und Betreuungsgesetz soll auch erster Ansprechpartner für Nutzerinnen und Nutzer der ambulanten Pflege im häuslichen Bereich sein, wenn es zu Pflegemängeln oder Beschwerden kommt. Die Bremische Wohn- und Betreuungsaufsicht wird nicht selbst tätig, das ist ein zu großer personeller Aufwand. Die Wohn- und Betreuungsaufsicht schaltet aber die zuständigen Institutionen und Pflegekassen ein. Damit wird das Problem behoben, dass kaum jemand wusste, wohin man sich wenden kann, wenn Mängel in der Pflege auftauchen. Hier bedarf es noch einer guten Öffentlichkeitsarbeit. Durch diese neue Regelung wird das Ressort einen Überblick über die Art, Weise und Häufigkeit der Beschwerden in der ambulanten Pflege erhalten, da wir in diesem Anwendungsbereich auch Schutzbedarf der Nutzerinnen und Nutzer sehen.
Ein wichtiger Bestandteil ist die Überprüfung des Gesetzes als zweiter Schritt. Am heutigen Tag wäre eine Entscheidung noch zu früh. Wir wollen erst die Erfahrungen mit dem Gesetz und die Erfahrungen aus den anderen Bundesländern abwarten. Darüber hinaus muss dabei
das Persönlichkeits- und Wahlrecht der Nutzerinnen und Nutzer berücksichtigt werden, welche möglicherweise nicht ständig Kontrolle zu Hause empfangen möchten.
Wir brauchen mehr Personal, um bessere Qualität zu bekommen, aber wir müssen auch klären, woher wir dieses Personal nehmen können. Wir Grünen und sicherlich auch alle hier im Plenarsaal möchten nicht, dass sich solche Zustände wie damals im Pflegeheim in Huchting wiederholen. Wir müssen mit allen Mitteln dagegen kämpfen!
Die Maßnahmen, die ergriffen werden müssen, um die Attraktivität dieses Berufs zu verbessern, sind noch lange nicht ausreichend. Die Pflegeberufe befinden sich in der Abwärtsspirale. Die Zunahme der Pflegebedürftigkeiten in den stationären Pflegeeinrichtungen, das nicht vorhandene Personal, die nicht angemessene Bezahlung und das schlechte Image werden wir in einer verschärften Personalverordnung, wie DIE LINKE es sich vorstellt, nicht verbessern.
Nun noch kurz zu den Vorschlägen der CDU, die wir bereits lang und breit in der Sozialdeputation besprochen haben und die sie uns nun noch einmal mit dem Änderungsantrag erneut präsentiert hat! Diese Änderung werden wir auch jetzt ablehnen.
Der Dringlichkeitsantrag der CDU dagegen entspricht im großen Teil unseren in der Sozialdeputation verabschiedeten Zielen. Daher haben wir drei Punkte aus dem Antrag übernommen. Zum ersten Punkt: Ab dem 30. April 2019 ist in Paragraf 7 der Personalverordnung ein Betreuungsschlüssel im Nachtdienst von 1 zu 40 vorzuschreiben.
Ein Betreuungsschlüssel im Nachtdienst - -. Ich komme gleich zum Schluss! Oder ich lasse das stehen und komme gleich noch einmal. - Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte in aller Kürze die positive Regelung wiederholen. Sinn des Gesetzes ist erstens der Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner. Dieser Schutz wird ausgeweitet. Zweitens werden das Selbstbestimmungsrecht und die Unabhängigkeit der Bewohner gestärkt. Drittens wird die Öffnung zum Stadtteil geregelt. Viertens geht es um den Schutz vor Gewalt und fünftens um eine Verankerung der kultursensiblen Pflege. Die sechste Regelung betrifft die gleichgeschlechtliche Pflege.
Ich finde, diese neuen Regelungen sind richtig. Sie regeln das Altwerden in angemessener Form, um in Würde alt zu werden.
Auch die Bestimmung, nachts einen Personalschlüssel von 1 : 40 vorzuschreiben, ist der
Landtag 4052 52. Sitzung/09.11.17
richtige Weg. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Sterben ist global. Alle Menschen sterben, ganz gleich, wo sie auf der Welt leben. Der Umgang mit dem Sterben ist kulturell sehr unterschiedlich. Es gibt Kulturen, in denen die Toten mit Musik und Tanz auf ihrer Reise begleitet werden. In manchen Kulturen dürfen die Angehörigen im Rahmen der Trauerrituale 40 Tage lang nicht tanzen oder Musik hören. Nach muslimischem Brauch müssen die Toten innerhalb von drei Tagen beerdigt werden. Gemäß dem letzten Wunsch der Verstorbenen geschieht das meistens in ihren Herkunftsländern. Die Angehörigen organisieren die letzte Reise für die Verstorbenen.
Heute reden wir über den Hospizbedarf in Bremen. Das ist gut, denn das Sterben gehört zum Leben. Jede Debatte darüber trägt dazu bei, dass der Tod und das Sterben kein Tabu mehr sind. Die Sterbenden und ihre Angehörigen sollen frei entscheiden können, wo der oder die Sterbende den letzten Lebensabschnitt in Würde mit viel Zuwendung und möglichst ohne Schmerzen verbringt. Die Hospiz- und Palliativdienste und die stationären Hospize und Palliativstationen in unserem Bundesland sind es, die auf vielfältige und bewundernswerte Weise sterbende Menschen und ihre Angehörigen würdevoll begleiten.
Landtag 3961 51. Sitzung/8.11.17
Ich bedanke mich im Namen der Fraktion der Grünen ganz herzlich bei den vielen Hauptamtlichen und ebenso herzlich bei den ehrenamtlich tätigen Menschen in diesem Bereich.
Unsere Aufgabe in der Politik ist es, die nötigen Strukturen und den Rahmen für diese wichtige Arbeit zu schaffen.
Meine Damen und Herren, wer verbringt seinen letzten Lebensabschnitt im Hospiz? Es sind Menschen, die schwerkrank sind und bei denen eine Heilung nicht mehr möglich ist. Bei diesen Menschen geht es nicht darum, lebenserhaltende und -verlängernde Maßnahmen zu ergreifen, sondern darum, einen möglichst schmerzfreien und würdevollen Abschied vom Leben zu ermöglichen.
Wir haben in Bremen ein solides Fundament, auf dem wir aufbauen können. Wir haben das hospiz:brücke in Walle und das Lilge-SimonStift in Bremen-Nord mit zusammen 16 Plätzen. Ende 2018 kommt in Bremerhaven ein stationäres Hospiz der AWO mit 8 Plätzen hinzu. Damit würde sich die Zahl der Hospizplätze im Land Bremen um 50 Prozent erhöhen. Das würde auch die beiden Bremer Hospize entlasten, denn sie haben in den vergangenen Jahren auch Gäste aus Bremerhaven und dem Umland aufgenommen.
Darüber hinaus gibt es in Bremen Einrichtungen zur Kurzzeit- und Verhinderungspflege, die ebenfalls eine wichtige Funktion in der Sterbebegleitung erfüllen. Dazu braucht es palliativkompetente Anbieter, die die Betroffenen gewissenhaft beraten und mit ambulanten Hospiz- und Palliativdiensten gut zusammenarbeiten.
Wir debattieren morgen hier an dieser Stelle über das Bremische Wohn- und Betreuungsgesetz. In dem Gesetzentwurf heißt es ausdrücklich:
„Die Leistungsanbieter und die zuständige Behörde haben insbesondere die Rechte der Nutzerinnen und Nutzer auf … Selbstverantwortung am Lebensende und ein Sterben in Würde … zu achten. Sie haben die Nutzerinnen und Nutzer in der Wahrnehmung dieser Rechte zu unterstützen, zu fördern und Benachteiligungen zu vermeiden. … Der Leistungsanbieter hat Vorkehrungen für die Wahrung der Selbstbestimmung bei zunehmendem Unterstützungsbedarf der Nutzerinnen und Nutzer in krankheitsbedingten Krisensituationen und im Sterben zu treffen sowie ein Sterben in Würde zu ermöglichen. Zu diesem Zweck soll er die Nutzerinnen und Nutzer beraten, die Vernetzung
mit ambulanten Hospiz- und Palliativdiensten nutzen und deren Tätigwerden in dem Wohn- und Unterstützungsangebot ermöglichen.“
Meine Damen und Herren, wenn es uns gelänge, diesen Gesetzeswortlaut mit Leben zu erfüllen, und wenn es der Wohn- und Betreuungsaufsicht gelänge, diese Anforderungen in der Praxis durchzusetzen, wäre viel zugunsten der Menschen in den bremischen Pflegeeinrichtungen gewonnen.
Eines ist auch klar: Wenn diese Anforderungen nicht erfüllt sind, kann die Kurzzeit- und Verhinderungspflege keine Alternative für Sterbende sein. Außerdem besteht ein gewichtiger Nachteil gegenüber dem Hospiz. In der Kurzzeit- und Verhinderungspflege stehen Rehabilitation und Wiedererlangen der Mobilität im Vordergrund. Trotzdem sterben viele Menschen in der Kurzzeit- und Verhinderungspflege. Daher muss in diesen Einrichtungen das Sterben enttabuisiert und müssen die Leistungen angepasst werden.
Zu dem Fundament der Sterbebegleitung, auf dem wir in Bremen aufbauen können, gehören auch die Palliativstationen in unseren Krankenhäusern, im St. Joseph-Stift und im Klinikum Links der Weser. Von diesen speziellen Stationen abgesehen, halten wir einen Krankenhausaufenthalt aber nicht für eine zumutbare Alternative zur Versorgung im Hospiz.
Wenn Sterbende aus Pflegeeinrichtungen ins Krankenhaus verlegt werden, weil sich die Pflegekräfte mit der Situation überfordert fühlen, dann ist das ein Alarmsignal. Es zeigt, dass wir den Pflegenotstand mit allen Kräften bekämpfen müssen. Wir dürfen dabei auf keinen Fall Abstriche bei der Qualifikation der Pflegekräfte machen.
Die Fragen, die wir uns stellen müssen, lauten: Wo müssen wir noch nachbessern? Wo müssen wir auf dem bestehenden Fundament weiter aufbauen?
Meine Damen und Herren, ich hatte die Ehre, letzte Woche die Mitarbeiter des hospiz:brücke in Walle zu begleiten und mit dortigen Gästen ins Gespräch zu kommen. Es waren sehr bewegende Momente und Eindrücke, die ich mitgenommen habe. Die Gäste erzählten, dass sie
Landtag 3962 51. Sitzung/8.11.17
natürlich lieber zu Hause im Kreis ihrer Lieben sterben würden. Die Schmerzen seien aber unerträglich, sodass sie das ihren Angehörigen nicht zumuten wollten. Deshalb seien sie dankbar, dass sie einen Platz im Hospiz bekommen haben.
Manche Gäste haben leider einige Wochen auf diesen Platz warten müssen.
Ich mache später in einem zweiten Teil weiter. - Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Anzahl der Personen auf der Warteliste schwankt bei dem hospiz:brücke zwischen 5 und 20. Rund ein Drittel wird aufgenommen, ein weiteres Drittel sagt ab, und ein Drittel verstirbt während der Wartezeit. Für uns Grüne ist klar: Solange Menschen während der Wartezeiten versterben, gibt es einen zusätzlichen Bedarf an Hospizplätzen, die wohnortnah sind. Der Fraktion der Grünen ist es ein großes Anliegen, dass dieser Bedarf künftig in ganz Bremen gedeckt ist. Niemand sollte allein oder ohne angemessene Versorgung sterben müssen.