Maßgebend für die Entwicklung der Stadt Bremerhaven ist das Strukturentwickelungskonzept 2020. Wenn man sich das genau anschaut, dann lässt sich diese Stadt, die das wirtschaftliche Oberzentrum für die Unterweserregion ist und mithin auch eine große Ausstrahlung in das niedersächsische Umland hat, im Norden als die Hafenendstadt, charakterisieren, die bei der, aus meiner Sicht auch kommenden Fahrrinnenanpassung der Weser, im Wettbewerb zur Hansestadt Hamburg sicher das eine oder andere gewinnen wird. Denn, das weiß auch jeder, hier werden die Fahrzeiten der großen Schiffe über die Elbe, auch selbst wenn die Elbvertiefung jetzt kommt, wozu ich den Hamburgern gratuliere, immer kürzer sein wird.
Wir wissen, dass die weltgrößten Redereien am Standort Bremerhaven eigenen dedicated terminal haben, das ist Maersk beim North Sea Terminal Bremerhaven und das ist MSC im südlichen Teil und wir haben den CTB. Selbst die Meldung, dass Hapag Lloyd seine Verkehre aus unternehmenspolitischen Gründen auf Hamburg konzentrieren wird, weil sie nämlich am Terminal Altenwerder beteiligt sind, hat uns nicht wirklich verunsichert. Wir sind ganz sicher, dass wir bei der Attraktivität des Standortes und bei der Leistungsfähigkeit des Terminals diese Umschlagzahlen, die sich jetzt natürlich im Jahr 2019 zunächst absenken werden, aufholen werden, weil Maersk deutlich erklärt hat, dass Bremerhaven ein Hafen ist, der eine große Bedeutung für das Maersk-System haben wird. Also selbst das beunruhigt uns nicht.
Wenn man sich dann anschaut und Herr Janßen, da muss ich Sie korrigieren, in Bremerhaven gibt es noch Schiffbau. Ich denke, Sie wollten sagen, keinen Neubau, den gibt es aber schon seit langem nicht mehr, weil die einzige Neubauwerft, die letztlich noch funktioniert hat, war Seebeck und die wurde schon vor Zeiten geschlossen.
Wir haben eine Situation, die im Grunde genommen eher vorteilhaft ist. Wir haben einen starken Gesellschafter bei der Lloyd Werft. In einer anderen Gesellschafterstruktur hätte es die Lloyd Werft mit der Anpassungsmaßnahme nicht geschafft und der Gesellschafter steht zum Standort Bremerhaven. Wir haben große Hoffnung, dass sich die Lloyd Werft im Wettbewerb um die Polarstern II durchsetzen wird, sodass wir dann zunächst erst einmal eine Schiffs-Vervollständigung bei der Bremerhavener Werft hätten. Der Stahlbau wird an anderer Stelle erfolgen. Das ist klar. Damit könnte dann ein absolutes hoch technologisches Spitzenprodukt in Bremerhaven auch realisiert werden. Das würde die Leistungsfähigkeit des Schiffsbaustandortes Bremerhaven deutlich unterstreichen.
Dieser Standtort steht auch für die Bereiche Reparatur und Umbau. Durch die strukturellen Veränderungen am Standort ist eine leistungsfähige Dock-Gesellschaft gegründet worden und ich bin auch da ziemlich sicher, diese Gesellschaft wird sich am Markt behaupten.
In den letzten Jahren sind Veränderungsprozesse in Bremerhaven gelaufen, die natürlich ohne Zweifel unter dem Gesichtspunkt Beschäftigung auf den Werften Spuren hinterlassen haben. Wir haben aber jetzt eine Situation im Schiffbau, die, sagen wir einmal, wenigstens stabil ist, mit begründetem Optimismus für die Zukunft.
Wir haben dann mit Hilfe der damaligen Großen Koalition, auch das soll gesagt werden, uns auf den Weg gemacht, Veränderungsprozesse durchzuführen. Ein Veränderungsprozess ist allemal der, dass wir auf das Thema Tourismus gesetzt haben und man muss jetzt rückschauend sagen, all den Zweiflern, das war eine kluge Entscheidung, denn Bremerhaven ist mit dem Deutschen Auswandererhaus und dem Klimahaus 8 Grad Ost ein städtetouristisches Ziel geworden. Wir machen uns jetzt auf den Weg auch mit dem DSM. Bremerhaven hat
deutliche Zuwächse im Städtetourismus bekommen und das ist ein Ganzjahrestourismus und der hat sich auch so ausgewirkt, dass deswegen auch die Übernachtungszahlen in den Hotels, und wir haben eine Vielzahl von neuen Hotels dazubekommen, gestiegen sind. Wir haben auch in der Gastronomie eine Steigerung.
Im Süden der Stadt ist die Lebensmittelwirtschaft ein Cluster, um das man sich immer kümmern muss, aber die großen Befürchtungen, dass wegen der geringeren Lohnkosten in den östlichen Mitgliedsstaaten der EU demnächst eine Abwanderung in die Richtung geschieht, die haben wir bisher durch eine geschickte Politik im Fischereihafen abwenden können. Der Fischereihafen befindet sich auf einem guten Weg.
Kommen wir zu Zukunftsthemen für den Standort Frühzeitig haben sich das Land Bremen und die Stadt Bremerhaven für die Erneuerbaren Energien eingesetzt. In Bremerhaven ist das insbesondere die Offshore-Windenergie. Der Offshore-Windenergie gehört aus meiner Sicht auch weiterhin die Zukunft. Aber an dieser Stelle sind wir absolut abhängig von Entscheidungen, die auf der Bundesebene gefällt werden und da setze ich die Hoffnung darin, dass diese Bundesregierung jetzt im Jahr 2019 bezogen auf das Thema Offshore auch noch neue Marken setzen wird. Das wäre sicherlich hilfreich für uns. Das ist der eine Teil der OffshoreWindindustrie, da geht es um Produktion. Wir können aber auch über den anderen Teil reden, nämlich wissenschaftliche Begleitung. Da haben wir mit dem IWES in Bremerhaven ein Kronjuwel in diesem Bereich für Bremerhaven gewinnen können, das wirklich ganz wichtig ist. Wir haben das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung. Wir haben andere wissenschaftliche Einrichtungen. Alles sind sicher Dinge, die gut sind.
Das Land wird auch die Entwicklung der Hochschule in Bremerhaven begleiten, wir wissen, dass die Zielzahl 5 000, die genannt worden ist, als Langfristziel steht, aus meiner Sicht könnte es auch ein kurzfristiges Ziel sein.
Insgesamt kann man sagen, Bremerhaven als Wirtschaftsstandort hat Zukunft. Bremerhaven als Stadt im Strukturwandel wird noch lange, lange Zeit durch das Land begleitet werden müssen, denn es gibt in dieser Stadt eine Entwicklung mit zweierlei
Geschwindigkeiten. Die Bereiche, die ich aufgezählt habe, sind die Bereiche, die sich dynamisch entwickeln, das führt aber nicht dazu, dass wir die Langzeitarbeitslosigkeit kurzfristig in irgendeiner Weise wirklich entscheidend verändern können.
Diese Stadt der zwei unterschiedlichen Geschwindigkeiten braucht deswegen eine besondere Aufmerksamkeit, damit der soziale Sprengstoff, der natürlich vorhanden ist, nicht zu einer Explosion führt. Wir werden weiter aktiv als Land die Entwicklung der Stadt Bremerhaven wirtschaftsstrukturpolitisch begleiten auch in anderen Fragestellungen. In dem Sinne, Bremerhaven hat eine Zukunft und ich bin ganz dankbar, dass es heute Morgen in der Abstimmung mit der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gelungen ist, einen Weg zu finden, dass die Planungsmittel für das Klimahaus 8 Grad Ost am kommenden Dienstag im Senat beschlossen werden können. Herzlichen Dank! Und so sind wir insgesamt auf einem guten Weg. – Vielen Dank, meine Damen und Herren!
Wer dem Entschließungsantrag der Fraktion der CDU mit der Drucksachen-Nummer 19/1953 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von der Antwort des Senats, Drucksache 19/1818, auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.
Existenzminimum endlich fair und realistisch berechnen! Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 22. August 2018 (Drucksache 19/1790)
Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE vom 5. Dezember 2018 (Neufassung der Drucksache 19/1905 vom 6. No- vember 2018) (Drucksache 19/1945)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich vor einiger Zeit über diesen Antrag nachgedacht habe, war die Diskussion über Hartz IV noch nicht so richtig im Gang. Aber es zeichnete sich ab, dass an der Stelle Reformbedarf besteht. Ich glaube, dass man im Nachhinein, wenn man sich Hartz IV vor Augen führt, nicht so tun darf, als wäre es auch damals schon ein Fehler gewesen. Was ich glaube, ist, dass es damals durchaus eine kluge Einrichtung war, dass aber die Zeiten sich deutlich verändert haben und man heute – ich glaube, zehn Jahre danach oder noch ein paar Jahre mehr – neu darüber nachdenken muss.
Die zentrale Frage ist: Was ist das Existenzminimum? Wie hoch ist das Existenzminimum und wie wird das eigentlich fair berechnet? Wir haben festgestellt, dass das bisher nun einmal nicht fair war, und fordern auf, diese Hartz-IV-Berechnung fair zu gestalten. Die entsprechenden Grundsätze, die die Existenzsicherung betreffen, die wird es in jedem anderen System geben, ob man das Harzt IV nennt oder anders, die werden bleiben. Es wird immer um die Frage gehen, wie wir das hinbekommen, diejenigen Menschen existentiell abzusichern, die nicht
Das können übrigens vielfältige Gründe sein, warum jemand nicht in der Lage ist. Aber Herr Schulz hat gerade von zwei Geschwindigkeiten in Bremerhaven geredet. Ich würde sagen, die ganze Republik hat zwei Geschwindigkeiten. Wir haben eine wunderbare Wirtschaftsentwicklung, eine Steigerung der Wirtschaftsfakten, der Wirtschaftszahlen, wir haben aber gleichzeitig die Schere zwischen Reichtum und Armut, die sich ständig weiter öffnet. Auf der unteren Hälfte, und das ist natürlich der Bereich, auf den man als Sozialpolitiker eher schaut, haben wir zunehmende Armut und auf der anderen Seite zunehmenden Reichtum. Ich finde, dass an der Stelle die Frage der Verteilung durchaus eine berechtigte ist. Ich glaube, der kann man sich tatsächlich nicht entziehen. Ich sage auch einmal, jeder der glaubt, dass einem das egal sein kann, wie die Menschen leben, die kein Auskommen haben, die kein Existenzminimum haben, der begreift nicht, was für eine sozialpolitische Sprengkraft in solchen Haltungen steckt.
Man darf sich über bestimmte Auseinandersetzungen in Europa insgesamt nicht wundern, wenn man auf der einen Seite Armut in dieser Dimension zulässt und so tut, als ginge einen das nichts an, und dann die Revolten auf der Straße hat. Da gibt es meiner Meinung nach klare Zusammenhänge. Ich möchte also, dass wir im Grunde genommen eine faire, eine ehrliche Berechnung des Existenzminimums machen. Da haben wir den Antrag gestellt, dass das auf Bundesebene eingebracht werden soll, weil Bremen das allein sicherlich nicht schaffen kann.
Nun gibt es einen Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE, der besagt, auf Landesebene, beispielsweise durch die Vertreterinnen und Vertreter der senatorischen Behörden, in der Trägerversammlung der Jobcenter auf die derzeitige Sanktionspraxis der Jobcenter im Sinne einer deutlichen Reduzierung und Entschärfung von Sanktionen einzuwirken. Das wollen wir gern mitmachten. Es gibt nichts Entwürdigenderes, nichts Erbärmlicheres als einen Bittsteller im Jobcenter, der wegen jeder Kleinigkeit drangsaliert und dann auch noch im Existenzminimum gekürzt wird. Das kann und darf an der Stelle nicht so weitergehen. Das müssen wir tatsächlich verändern.
Nun muss man fairerweise sagen, dass die Praxis der Bremer Jobcenter eigentlich schon länger eine rückläufige ist. Die Sanktionen haben abgenommen, sind nicht mehr so im Zentrum, wie das vielleicht noch vor ein paar Jahren war. Das muss man fairerweise sagen. Ich glaube gleichwohl, dass wir den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE gut und gern mitmachen können, weil er auch eine Frage der Würde, der Gerechtigkeit und insofern völlig in Ordnung ist.
Dem Antrag der Einzelabgeordneten Frau Wendland werden wir allerdings nicht zustimmen. Das hat einerseits den Grund, dass ich es überhaupt nicht in Ordnung finde, was sie inhaltlich sagt, aber auch formal ist das natürlich so, dass wir das als Bremer Parlament ohnehin nicht regeln können. Jetzt sagt sie, man solle sich auf Bundesebene für eine Abschaffung der Bedarfsgemeinschaften einsetzen. Ich halte das nicht für gerecht. Ich halte das nicht für ausgewogen und ich glaube, dass es wenig Sinn macht, das jetzt hier zu vertiefen. Frau Wendland wird das hier sicherlich anders vortragen. Wir werden jedenfalls diesem Änderungsantrag nicht zustimmen.
In diesem Sinne hoffe ich, dass wir eine faire Diskussion bekommen, die sich um soziale Gerechtigkeit rankt und die die Frage des Existenzminimums ins Zentrum stellt und nicht so sehr die Frage darüber, ob das Hartz IV heißt oder anders. Das ist für mich die ganz zentrale Botschaft. Im Übrigen vernimmt man auch von dem Bundesvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen, Herrn Habeck, ähnliche Wortmeldungen. Ich glaube, dass wir da eine gute Diskussion in der ganzen Republik hinbekommen können, und wünsche mir, dass das erfolgreich sein wird. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!