Wir haben den Senat gefragt, wie er mit armutsfesten Löhnen im eigenen Zuständigkeitsbereich umgeht. Die Antwort: In den Senatsressorts selbst arbeiten 66 Beschäftigte für einen Stundenlohn unter 12,63 Euro, davon sind 51 Frauen. Der Frauenanteil liegt also bei den nicht armutsfesten Löhnen bei 77 Prozent. In dieser Tabelle des Senats fehlt übrigens ein großer Posten. Die circa 1 700 studentischen Hilfskräfte der staatlichen Universität und der Hochschulen werden aus Gründen, die mir nicht erklärbar sind, hier gar nicht mit aufgelistet. Sie erhalten auch den Bundesmindestlohn von aktuell 8,84 Euro und hätten eigentlich auch aufgezählt werden müssen. Dazu kommen weitere 2 059 Personen in den Ausgliederungen und den Gesellschaften, an denen Bremen eine Mehrheit hält. Beispiele: Die Bremer Bäder GmbH, die Krankenhausgesellschaft GeNo, dazu komme ich auch gleich, oder der BLG-Konzern.
Allein bei der BLG arbeiten über 1 000 Menschen unterhalb eines armutsfesten Lohns. Darunter dürften viele Aushilfskräfte und auch studentische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sein, die zum Beispiel in den Hochregallagern arbeiten. Jedoch auch bei der GeNo gibt es über 450 Beschäftigte mit
Ich finde, wenn wir eine kommunale Klinik haben, dürfen diese 450 Beschäftigen nicht mit so einem niedrigen Lohn abgefunden werden, sondern dann brauchen sie einen armutsfesten Lohn. Ich sehe das genau andersherum.
Zusammen mit den studentischen Hilfskräften, die in dieser Senatsantwort nicht erwähnt werden, die man aber mit hinzuzählen muss, weil sie Mindestlohn empfangen, gibt es also im öffentlichen Sektor des Landes und der Stadtgemeinde Bremen fast 4 000 Beschäftigte, die einen Lohn erhalten, der nicht vor Armut im Alter schützt. Ich finde, dass das bedenklich und auch ein Problem ist, bei dem Politik Verantwortung hat, und wir müssen uns darum kümmern.
Hinzu kommt noch, dass über die Gehälter von Zuwendungsempfängern der Senat nichts zu berichten weiß. Zuwendungsempfänger, das sind die Träger, die Vereine und die Einrichtungen, die vor allen Dingen im sozialen Bereich tätig sind, in der Jugendarbeit und im staatlichen Auftrag Aufgaben übernehmen. Ich vermute hier ein hohes Dunkelfeld, weil viele Zuwendungsempfänger nicht nach Tarif bezahlen, das wissen wir, oder Tariferhöhungen nicht finanzieren können. Ich weiß von solchen Trägern, dass sie dann zwar formal die Wochenarbeitszeit reduzieren, aber natürlich die Mitarbeiter, weil die Arbeit ja zu erledigen ist, gerade wenn sie mit anderen Menschen gemacht wird, trotzdem irgendwie die alte Stundenzahl arbeiten.
Frau Kollegin, ich wollte Sie gar nicht auffordern, zum Schluss zu kommen. Ich frage Sie, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Gottschalk?
Genau, ich wollte sagen, Hamburg macht es vor. Die Hamburgische Bürgerschaft hat beschlossen, dass mit den Gewerkschaften ein zusätzlicher Haustarif für die Beschäftigten im öffentlichen Sektor verhandelt werden soll, der als unterste Lohngrenze zwölf Euro vorsieht. Das hätten wir hier gestern übrigens auch gut gefunden. Es ist leider irgendwie gescheitert, weil die Grünen noch Beratungsbedarf haben, welchen Mindestlohn sie haben wollen. Ich wiederhole mich an dieser Stelle gern, die Debatte ist über zehn Jahre alt, da hätte man sich schon einmal entscheiden können. – Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will zunächst einen Grundsatz vorwegschicken, der uns als sozialdemokratische Bürgerschaftsfraktion wichtig ist, und der lautet, jeder soll von seiner Arbeit leben können und auch eine Rente beziehen können.
Das schließt für uns ein, dass wir über die Löhne insgesamt tatsächlich reden müssen, und insofern finde ich es auch gut, dass die LINKE diese Fragen gestellt hat. Ich war übrigens angenehm überrascht, dass die LINKE auch Große Anfragen mit nur drei Fragen stellen kann und nicht mit dreißig und mehr und dann aber zum Kern gekommen ist, wie tatsächlich die Situation der Beschäftigung im öffentlichen Dienst oder im öffentlichen Sektor insgesamt aussieht.
Da sieht es ja so aus, dass 66 Personen in der Kernverwaltung unterhalb einer Mindestlohngrenze von 12,63 Euro beschäftigt sind, wobei ich auch noch einmal hinzufüge, das ist keine irgendwie aus der Luft gegriffene Zahl, sondern ich will ausdrücklich bestätigen, was Frau Kollegin Vogt eben auch ausgeführt hat; es ist eine Zahl, die die Bundesregierung nannte, und die gesagt hat, das ist die Grenze, ab der man eine armutsfeste Rente, also
Insofern ist das auch genau die Grenze, über die man reden muss, wenn man insgesamt eine Verbesserung der Lebenssituation der Menschen der unteren Lohngruppen tatsächlich erreichen will, wenn man als Ergebnis haben will, dass Menschen im Alter auch tatsächlich von ihrer Rente leben können.
Also nichts mit gegriffen und sich irgendetwas schöngerechnet, sondern es gibt Situationen, und die gibt es bei mir häufiger, wobei ich der Bundesregierung durchaus glaube, dass sie verlässliche Zahlen liefert. 66 sind es in der Kernverwaltung. Gemessen an der Gesamtzahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst und der Kernverwaltung von über 10 000 kann man sagen, das ist ja auch nicht viel, aber dahinter stehen natürlich auch 66 Einzelschicksale. Einzelschicksale, auf die auch Politik, aber auch Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, darauf komme ich gleich noch einmal, tatsächlich Einfluss ausüben können. Ganz anders sieht es bereits im Bereich der Mehrheitsgesellschaften aus, da reden wir bereits von einer Zahl von fast 2 100 Personen, eine durchaus andere, durchaus größere Größenordnung. Ich mache mir jetzt nicht zu eigen, was eben gesagt worden ist, dass es sein könnte, dass es eine größere Dunkelziffer gibt.
Ja, ich möchte mich aber auf Verdächtigungen und auf Verdachte nicht einlassen. Ich möchte mich tatsächlich auf die vorliegenden Zahlen konzentrieren. Man kann diese Auffassung haben. Ich möchte mich aber an die Fakten halten, die gesichert sind, und da ist es für mich so, dass ich in der Tat sage, ja, wenn wir hier Beschäftigte haben, die unterhalb einer solchen Grenze sind, dann müssen wir überlegen, wie wir damit umgehen. Die LINKEN haben gefragt, ob es nicht eigentlich möglich ist, im Rahmen der Tarifverhandlungen T-VL, TVöD Lösungen zu erreichen. Wir wissen aber, dass es nach wie vor untere Gehaltsgruppen gibt in diesen beiden Tarifsystemen, die unterhalb der Grenze von 12,63 Euro liegen.
Dann sind wir allerdings schlecht beraten, wenn wir jetzt in die Tarifautonomie eingreifen, sondern wir müssen darauf setzen, dass tatsächlich die Tarifpartner sich einigen und beide Seiten sich einigen.
(Abgeordneter Kastendiek [CDU]: Wer ist denn Ta- rifzahler? Das sind doch die Senatsmitglieder, die dort auf der Senatsbank sitzen! Warum fordern Sie die nicht auf?)
Herr Kastendiek, wenn Sie die Beantwortung der Großen Anfrage gelesen haben, ich unterstelle das einmal, dann ist Ihnen aber vielleicht doch entgangen, dass das Land Bremen den Versuch gemacht hat, genau in diese unteren Lohngruppen einzugreifen und sie aufzuheben, um tatsächlich zu einer anderen Grenze zu kommen, sich aber nicht hat durchsetzen können.
Der Senat hat durchaus auch in meinem, in unserem Sinne, in Ihrem nicht offensichtlich, den Versuch unternommen, die Situation von diesen Beschäftigten zu verbessern. Es ist für mich aber auch nicht die Situation, dass ich in diese tarifvertraglichen Regelungen eingreifen möchte, sondern ich möchte schon, dass wir insgesamt in der Bundesrepublik sicherstellen, dass wir eine Situation haben, in der Arbeit tatsächlich auch dazu beiträgt, dass jeder davon leben kann. Das bedeutet für mich, und dabei bleibe ich auch, dass wir eine Erhöhung des Mindestlohns brauchen.
In welcher Höhe wir sie brauchen, darüber werden wir streiten und werden wir auch streiten müssen. Das Ziel ist für mich aber, dass wir zu einer Lösung kommen, dass ein Mindestlohn auch dazu führt, dass im Alter ohne weitere Hilfen tatsächlich ausgekommen werden kann.
Ich glaube, es nützt irgendwie nichts, wenn man jetzt alle Probleme der Stadt in einen großen Kessel wirft, den Kochlöffel nimmt, einmal umrührt, die GeNo herauszieht und sagt, darüber kann man jetzt etwas kanalisieren, und das kann man benutzen, diese Debatte in das Absurde zu führen. Es
bleibt dabei, es geht darum, dass Menschen von der Arbeit, die sie leisten, auch leben können und auch im Alter leben können. Das muss erreicht werden. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestern haben wir über den Mindestlohn debattiert, heute über diese drei Anfragen, wie sieht es hier im öffentlichen Dienst aus?
Im öffentlichen Sektor. Den Kern hat Herr Liess vorhingesagt. Ich weiß nicht, ob es ein Nebensatz war, aber es war mitten in der Rede. Ich hoffe, Sie haben das gemerkt. Es geht um die Tarifautonomie. Wir haben hier Tarifverträge, die diese Löhne festgelegt haben, verhandelt zwischen den Gewerkschaften und den Arbeitgebern, in diesem Fall die Ländervertreter und der Bund. In den einzelnen Betrieben sind es dann jeweils die betrieblichen Gewerkschaften. Ich glaube, wir tun gut daran, dass wir uns bei dieser Säule der sozialen Marktwirtschaft nicht einmischen, sondern dass wir es genau diesen Tarifpartnern überlassen, die Löhne auszuhandeln und dann entsprechend auch umsetzen in diesem Dienst.
Ich glaube, jede weitere Debatte, gerade wenn es hier um den öffentlichen Sektor geht, muss sich daran orientieren, was bei den Tarifverhandlungen herauskommt. Den Rest der Debatte erspare ich mir zumindest. – Vielen Dank!