Wir sehen das mit Drugchecking skeptisch, weil damit der Eindruck erweckt wird, und da bin ich dann eher bei der Fraktion der CDU, der Staat unterstützt hier etwas, das illegal ist. Auch wenn man das Recht ändern will, kann man hinterfragen, ob der Staat etwas unterstützen sollte, das illegal ist. Selbst wenn man es auf der einen Seite ändern möchte, auf der anderen Seite würde so der Eindruck erweckt: Na, ganz so schlimm ist es nicht.
Dazu sage ich: Drogenkonsum ist schlimm, er schränkt die Selbstbestimmung ein und deswegen haben wir ein hohes Interesse daran, dass hier weiter aufgeklärt wird und etliches anderes mehr. Auf der anderen Seite wird auch gesagt, wer sich nur selbst gefährdet, wird nicht kriminalisiert und wir gehen dann hin und haben diesen Verbraucherschutz bei den Drogen. Vor dieser Entscheidung werden wir immer stehen, welche Substanzen zugelassen und entkriminalisiert werden und welche nicht. Sprich welche wir für so gefährlich halten, dass sie nicht entkriminalisiert werden und bei denen weiter die Strafverfolgung stattfindet.
Der letzte Punkt ist, wir erwarten davon auch, wenn wir diese Entkriminalisierung vollziehen können nicht nur Verbraucherschutz, Qualitätsstandards et cetera, in den Bereichen, die wir entkriminalisieren. Wir erwarten auch, dass Polizeibeamte dann diesen Bereich nicht mehr verfolgen müssen, die Strafverfolgung diesen Bereich nicht mehr abdecken muss und dass die Mittel, die dort eingesetzt waren, dann vielleicht wenigstens zum Teil für Prävention verwendet werden. Das wäre eine vernünftige Drogenpolitik.
Insofern sind wir aufgeschlossen für die Idee des Drugchecking, aber nicht überzeugt, dass das der Weg ist, der zu einer modernen Drogenpolitik führt. Wir sind eher von dem überzeugt, wie es Portugal macht. Dort ist man den Weg der Entkriminalisierung sehr konsequent gegangen und hat damit Prävention erreicht und hat das Drugchecking dafür nicht gebraucht. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Man merkt, glaube ich, an der Debatte, das ist ein Thema, das die Gemüter erhitzt und das ist zu später Stunde vielleicht auch ganz gut. Die Implementierung des Drugchecking und das haben wir ja mehrfach gehört, ist mit schwierigen rechtlichen Bedingungen verknüpft und darum gibt es auch noch große Unsicherheiten und daher wird das derzeit noch nicht umgesetzt.
Ich glaube, wir müssen das Thema angehen, darum steht es auch im Koalitionsvertrag und in unserem Bürgerschaftsantrag aus dem Jahr 2016.
Es gibt Produktkontrollen aller Art, für Spielzeuge, für Haartrockner, für Lebensmittel, für Trinkwasser und so weiter. Ziel ist der gesundheitliche Schutz der Bevölkerung, Ziel ist es, Schaden abzuwenden. Bei Drogen machen wir das nicht. Wir können der Antwort des Senats entnehmen, dass zum Beispiel in Heroin, das man auf der Straße kaufen kann, rund 60 bis 85 Prozent Streckstoffe enthalten sind, davon oft mehr als die Hälfte Paracetamol, das wiederum überdosiert zu schweren Leber- und Nierenschäden führen kann. Im Kokain finden sich mitunter Entwurmungsmittel, worauf Konsumierende zum Teil mit Krämpfen, Ohnmacht oder Gedächtnislücken reagieren.
Das habe ich auch in einigen Redebeiträgen wahrgenommen, es gibt tatsächlich die Gegnerinnen und Gegner des Drugcheckings, die ein ganz bestimmtes Menschenbild haben und die letztendlich sagen: Die haben doch selbst schuld, dass sie illegale Substanzen konsumieren, also müssen sie sich auch nicht wundern, wenn sie kollabieren oder im schlimmsten Fall sterben. Das finde ich zynisch.
Es geht uns auch nicht darum, Herr Remkes, dass junge Menschen oder überhaupt Menschen, die Drogen konsumieren wollen, das dann zum Test abgeben und übrigens, Frau Dertwinkel, auch nicht wiederbekommen. Das ist nicht die Idee dahinter, sondern die bekommen ein Ergebnis, was darin enthalten ist. Dass die sich stundenlang von den Sozialarbeitern bedrängen lassen, wie Sie es ausgedrückt haben, und darum lieber auf einen Drogentest verzichten, das ist nicht das, was mit einem Drugchecking gewollt ist.
Sie haben auch gesagt, eine Hemmschwelle für den Einstieg in die Sucht würde dadurch gesenkt. Das habe ich hier mehrfach vernommen. Ich habe das in anderen Debatten rund um Drogenpolitik auch schon einmal gesagt. Sucht ist völlig unabhängig von einem Stoff, darum haben wir auch Spielsucht, darum haben wir Alkoholsucht und darum haben wir Pornografiesucht, die es mittlerweile gibt. Es gibt ganz unterschiedliche Süchte und vielleicht unterhalten Sie sich da auch einmal mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Drogenberatungsstellen und Suchtfachstellen, die erzählen Ihnen da eine ganze Menge. Da bekommt man auch ein etwas anderes Bild davon, was alles Sucht sein kann.
Dass Drugchecking eine trügerische Sicherheit vermittle, und dass der Staat das nicht dürfe, da frage ich mich tatsächlich, was wir denn dann mit Alkoholtests machen, die zur Prüfung der Verkehrssicherheit verwendet werden. Wenn ich dann nur mit 0,2 Promille unterwegs bin und die Polizei mich angehalten hat, hat pusten lassen und damit bescheinigt mir der Staat, es ist in Ordnung, es ist unter der Grenze, du darfst weiterfahren. Signalisiert mir das dann das auch, dass Alkohol kein Problem ist und ich auch noch weiter Auto fahre? Ich finde, auch an dieser Stelle ist das eine sehr schräge Argumentation.
Herr Remkes, Sie haben auch davon gesprochen, dass Sie keine akzeptierende Drogenarbeit wollen. Ich glaube, und das ist das, was Herr Dr. Buhlert auch ein Stück weit angesprochen hat. Natürlich brauchen wir den Kontakt zu den Menschen, den wir im Moment ja nicht haben, um gute Prävention machen zu können, um aufklären zu können, um nicht, wie Sie das genannt haben, auf jemanden stundenlang einzureden. Wir brauchen den Kontakt, um mit ihm in eine Beziehung zu kommen, in
Kontakt zu kommen um überhaupt ein Gespräch über diese Themen aufzunehmen. Diese Möglichkeiten haben wir nicht, und da wäre Drugchecking ein guter Ansatz.
Der überwiegende Teil der vom Senat befragten Einrichtungen, auch das kann man der Antwort des Senats entnehmen, hält die Einführung eines Drugcheckings in enger Anbindung an das Drogenhilfesystem, das ist natürlich unerlässlich, für sinnvoll und geboten. Die Wirkungen von Drugchecking könnten sein die Konsumierenden zu warnen, das Risikobewusstsein zu erhöhen, und das ist kein Anreiz für den Konsum von reinem Stoff, sondern hierbei geht es um Gesundheitsförderung und Prävention und letztendlich um den Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Die Beratung und Weiterleitung in das Drogenhilfesystem ist natürlich essenziell und da könnte man genau dieses Scharnier schaffen, den Kontakt herzustellen und weiterzuleiten.
Die Fraktion der SPD ist der Auffassung, auch Menschen die Drogen nehmen, haben das Recht auf Schutz und auf Gesundheitsförderung.
Ich komme zum Schluss: Die Rechtslage ist umstritten, das ist einleuchtend. Es ist strafbar und wenn man Drogen nicht besitzen darf, darf man sie dann analysieren lassen, das ist natürlich ein Problem. Dennoch bin ich doch zuversichtlich, dass hierzu die Meinungsbildung im Senat noch nicht abgeschlossen ist und wir hoffentlich in nächster Zeit zu einer klaren Haltung kommen. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute die Antwort auf die Große Anfrage mit dem Titel „Mehr Gesundheitsschutz und Prävention durch Drugchecking?“. Interessant an dieser Geschichte, an der Überschrift ist, dass sie auffällt. Man fragt sich, ob das dahinter ein Ausrufungszeichen oder ein Fragezeichen ist. Ich glaube, das weist auf die Debatte hin, die wir haben. Ich
glaube, in der Gesamtlage zur Beurteilung, zur Handhabung und zur Therapie von Drogen gibt es einen tiefen Riss in dieser Gesellschaft. Wie mit diesem Riss umzugehen ist, geht teilweise durch einzelne Parteien hindurch, durch unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen. Das haben wir heute erlebt.
Was passiert hier? Wir haben eine Große Anfrage, die die Koalition auf den Weg gebracht hat. Wir wissen, dass es vorher einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegeben hat, indem sie das Drugchecking in einem ganz normal geschriebenen Antrag auf den Weg gebracht haben, der wurde dann aber zurückgezogen, weil die Fraktion der SPD das so nicht wollte oder weil Teile der Fraktion der SPD das nicht wollten.
Ja, es wurde nicht eingebracht, das kommt doch auf das Gleiche heraus. Ich finde einfach, darin zeigt sich, es gibt sehr, sehr große Unterschiede, wie damit umzugehen ist.
Jetzt schauen wir uns die Antwort des Senates an: Das finde ich, ist eigentlich auch noch einmal wichtig, das sind 14 Seiten. Bei den 14 Seiten sind die ersten drei, vier, die, die sich tatsächlich mit Drugchecking beschäftigen, die anderen sind die Querelen, wie man das mit der Justiz regeln oder nicht regeln könnte, was aber trotzdem wichtig ist, finde ich.
Der Senat hat Einrichtungen, soziale Träger befragt, die Erfahrung in der Drogenarbeit haben und der Senat, wie auch diese angefragten Einrichtungen kommen zu dem Ergebnis, und ich zitiere: „Das Drugchecking als akzeptanzorientierter Ansatz könnte daher Gesundheitsschädigungen und Vergiftungen beim Konsum illegaler Substanzen verhindern und wäre als sinnvolle Ergänzung zum bestehenden Hilfesystem einzuordnen.“ Ich finde, das ist das Ergebnis, kurz zusammengefasst. Ich neige ein bisschen dazu zu sagen: Dann sollten wir uns jetzt endlich einmal auf den Weg machen.
Wenn der Senat sagt, das sei das Ergebnis, dann reichen wir Ihnen als LINKE, bei den Grünen ist das sowieso eindeutig und ich glaube auch bei großen Teilen in der SPD, doch einmal die Hand. Man
kann dann sagen: Lasst das jetzt endlich Wirklichkeit werden, wir müssen an der Stelle doch etwas tun.
Wenn ich jetzt die anderen Fraktionen hier im Haus gehört habe, dann muss man doch einfach sagen, es ist doch ein Missverhältnis. Man kann sagen, seit der Prohibition mit Alkohol, vor rund hundert Jahren, gibt es immer und immer wieder gesellschaftliche Versuche, Drogenkonsum durch Verbot, durch Gewalt, durch Umerziehung, durch Strafen Herr zu werden. Wenn man sich die heutige Welt anschaut, muss man einfach sagen, das ist grundsätzlich überall, an jeder Stelle dieser Welt gescheitert. Überall sind diese Konzepte untergegangen. Wir haben heute, auch gerade in einer globalisierten Welt einen Zustand, in dem man sagen kann: Das kann man doch nicht mehr akzeptieren. Dem ist mit solchen Methoden einfach nicht beizukommen.
Die Kollegen von der FDP haben das auch sehr deutlich gesagt. Worum es im Grunde genommen geht, ist, dass wir Pfade zur Legalisierung von bestimmten Drogen finden müssen. Das ist das Einzige, was man tun kann. Es ist völlig plausibel, wenn wir jetzt eine Legalisierung hätten, dann hätten wir eine gezielte, medizinisch kontrollierte Abgabe von bestimmten Drogen an bestimmte Menschen, zu bestimmten Altersstufen und dann hätten wir Hilfestrukturen, die tatsächlich auch greifen könnten. Alles das haben wir im Moment nicht.
Wenn jetzt gesagt wird: Es gibt offensichtlich Schwierigkeiten mit der Justiz, mit Inneres, ja, das mag sein. Da würde ich aber einmal sagen, dass wir der Gesetzgeber sind und sich diese Ressorts danach zu richten haben.
Deshalb denke ich, ist Drugchecking auf der einen Seite ein richtiger Weg, gerade die Ergebnisse von anderen Ländern zeigen, dass man diesen Weg gehen kann. Es ist kein Königsweg und es ist schon nicht einmal ein Suchtbekämpfungsmittel, aber es rettet Leben und das finde ich, ist das Entscheidende. Und wenn es Leben rettet, dann kann ich nur sagen, sollten wir uns hier auch in Bremen endlich auf den Weg machen. – Danke!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich würde gern noch einmal ein, zwei Punkte aufgreifen, die in der Diskussion gefallen sind, und aus meiner Sicht nicht die komplette Wahrheit in dieser komplexen Sachlage widerspiegeln.
Es gibt Studien aus den Niederlanden die aufzeigen, dass durch Drugchecking die Einnahme hinausgezögert werden oder es sogar zu einer Nichteinnahme führen kann. Das liegt einfach daran, dass diese Menschen, die gegebenenfalls auch in einer Situation, in der Gruppenzwang herrschen kann, die Möglichkeit haben, sich diesem Gruppenzwang zu entziehen. Sie können Drugchecking-Angebote, wie jetzt in diesem Fall mobiler Art, nutzen, um sich dann noch einmal Gedanken zu machen.
Wie ich das auch schon in meinem ersten Redebeitrag dargestellt habe, geht es zudem nicht nur um die reine Bewertung welches Material, wie gut ist der Stoff, sondern es geht dort wirklich um eine Beratung, die stattfindet und die über Gefahren, über Probleme und dergleichen informiert. Dieses Gespräch führt natürlich zu einem Umdenken. Das ist ganz wichtig, noch einmal herauszuarbeiten.
Sie haben vollkommen Recht, es gibt einen Unterschied zwischen mobilem und stationärem Drugchecking und auch die Qualität der Informationen ist unterschiedlich. Bei dem stationären haben wir ein Labor, in dem wirklich tiefgehende Analysen und Untersuchungen durchgeführt werden. Bei dem mobilen geht es eher um die Gefahrenabwehr, den Schutz der Nutzerinnen und Nutzer. Es sind zwei unterschiedliche Elemente, aber beide Elemente haben in den Ländern, in denen sie ausgeführt oder genutzt worden sind gezeigt, dass es eine Stärkung des Gesundheitsschutzes zur Konsequenz hat. Über solche Tatsachen kann man nicht einfach hinweggehen.
Deswegen komme ich zu meinem dritten oder vierten Punkt: Die ablehnenden Redebeiträge in der ersten Runde kennzeichneten sich vor allem durch Ausdrücke wie glauben, hoffen, schätzen. Um genau dieses Bauchgefühl loszuwerden, war unser Ansinnen, ein Modellprojekt durchzuführen, das wissenschaftlich begleitet wird. Das hätte natürlich
eine Datenlage geschaffen, um genau diese Argumente auf eine Sachebene zu führen und darüber ohne Gefühle, ohne Glauben, sondern auf Basis von richtiger Evidenz zu diskutieren.