Protokoll der Sitzung vom 25.11.2015

Besser wären aus unserer Sicht die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und die Einführung universeller sozialer und kultureller Existenzminima gewesen statt des Sachleistungszwangs, der die Menschen erniedrigt und die Kommunen belastet. Durch das SGB II für alle würde der Bund die Grundsicherung tragen und sich zu 30 Prozent an den KdU beteiligen. Das wäre für die Leistungsberechtigten besser gewesen und für Bremen auch!

(Beifall DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen)

Zur Beschleunigung von Asylverfahren, Herr Dr. Buhlert, haben Sie einen Vorschlag gemacht. Man könnte es doch einmal andersherum überlegen: Es wird schon lange das beschleunigte Verfahren für die Menschen aus den sogenannten sicheren Herkunftsstaaten angewendet, das heißt, innerhalb weniger Wochen oder Monate wird entschieden, häufig beschleunigt und pauschal. Das kann man doch auch einmal positiv anwenden. Im negativen Sinne geht es ja offensichtlich beim BAMF. Warum geht es nicht, Menschen aus offensichtlich unsicheren Herkunftsstaaten auch einmal pauschal anzuerkennen und ihnen zu attestieren, dass sie asylberechtigt sind?

(Beifall DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen)

Das wäre eine echte Entlastung für das Bundesamt, denn die meisten Schutzsuchenden kommen momentan aus Syrien. Damit hätte man eine Entlastung und eine Verschlankung des Bürokratieaufwands erreicht.

(Beifall DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen – Zurufe FDP)

Humanitärer Schutz ist aber eben kein Asyl! Da gibt es einen kleinen, aber feinen Unterschied, Herr Dr. Buhlert, vielleicht schauen Sie noch einmal in das Gesetz! Stattdessen – –.

(Zurufe FDP)

Die Herren, lassen Sie mich vielleicht ausreden? Stattdessen stellt die Bundesregierung weitere Giftstoffe in den Schrank. Die Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD haben sich am 5. November darauf geeinigt, dass sie den Familiennachzug bei subsidiär Schutzberechtigten für zwei Jahre aussetzen wollen, und der Bundesinnenminister will bei syrischen Flüchtlingen nur noch subsidiären Schutz anerkennen. Herr Dr. Buhlert, das ist eben nicht Asyl oder nach Genfer Flüchtlingskonvention, sondern es ist ein minderwertiger Schutz, es heißt ja auch subsidiär.

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Habe ich darüber überhaupt geredet?)

Ja, haben Sie!

(Abg. Bödeker [CDU]: Sie haben daran gedacht! – Hei- terkeit – Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Ja, das stimmt! – Un- ruhe)

Das Wort hat die Frau Abgeordnete! – Bitte!

Da frage ich mich doch ganz ernsthaft, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Sie heben doch immer den Wert der Familien so hervor: Soll der Schutz der Familie, der auch völkerrechtlich und nicht nur im Grundgesetz festgeschrieben ist, nur für manche Familien gelten? Stehen sie wirklich dazu, Familienrechte erster und zweiter Klasse zu wollen? Setzen Sie sich doch einmal für rechtliche Verbesserungen ein, statt immer nur diese unerträgliche Law-and-Order-Politik auf Kosten Schutzsuchender zu machen! Sie scheuen sich ja noch nicht einmal davor, in ihrem Antrag, in dem es um das sogenannte Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz geht, wieder die geschlossene Unterbringung hervorzukramen! Langsam wird es langweilig.

(Beifall DIE LINKE)

Es hat nichts mit dem Gesetz zu tun, es steht nicht darin, also gibt es auch überhaupt keinen Bedarf, das noch einmal hervorzuholen.

Jetzt aber noch einmal zu Ihren Vorschlägen im Einzelnen! Sie wollen in Punkt 1, dass die im Gesetz vorgesehenen Maßnahmen vollständig umgesetzt werden, und im zweiten Punkt fordern Sie einen Bericht zur Umsetzung der Maßnahmen, die im Asylverschärfungsgesetz vorgesehen sind. Sie tun dabei so, als müssten diese alle umgesetzt werden, dabei handelt es sich bei manchen Schikaneinstrumenten immerhin nur um Kannbestimmungen. Sie hingegen wollen offenbar den kompletten Giftschrank leeren.

Einige meiner Vorrednerinnen und Vorredner sind schon darauf eingegangen, Sie fordern die Einrichtung von Sonderlagern. In dem Beschluss der Parteivorsitzenden, den ich vorhin zitiert habe, wurden fünf Isolationslager beschlossen, zwei davon gibt es schon in Bayern. Ich weiß nicht, ob Sie sich das schon einmal angeschaut haben. Es gibt eines in Manching, das ist eine ehemalige Kaserne mitten im Wald, ohne Anbindung, ohne irgendeine Art von gesellschaftlicher Verknüpfung. Die bayerische Sozialministerin erhebt den Anspruch, dass die Abschiebungszahlen dort genauso hoch sind wie die Zugangszahlen. Es geht also um ein reines Abschiebungslager, das jegliches Recht auf Schutz abschafft.

Bremen ist dazu nicht verpflichtet, da hätte sich wirklich ein Blick in das Gesetz gelohnt, der Kollege Zicht hat es schon erwähnt. In der Gesetzesbegründung zu der Änderung von Paragraf 47 Asylgesetz steht: „Eine Rechtspflicht der Länder, diese Personengruppe in einer solchen Einrichtung unterzubringen, ist damit nicht verbunden.“ Ich erwarte also vom Senat, dass es in Bremen keine Sonderlager geben wird! Ich habe solche Aussagen auch schon gehört, und ich hoffe, dabei bleibt es auch.

(Beifall DIE LINKE)

Auch die Verlängerung der Lagerpflicht auf sechs Monate, darauf sind Vorredner auch schon eingegangen, muss Bremen nicht machen. Bremen hat dazu anderslautende Beschlüsse gefasst, und ich gehe einmal davon aus, dass sie weiter Bestand haben.

In Punkt 2 b) fordern Sie keine Abschiebungsankündigungen, daran ist Bremen leider gesetzlich gebunden, und Sie nehmen noch einmal die Wintererlasse hervor, die sind da nicht – –.

(Abg. Bensch [CDU]: Leider? Allein schon diese Wort- wahl! Leider gesetzlich gebunden!)

Ja, das tut Ihnen leid, nicht? Das ist in dem Gesetz nicht so vorgesehen. Da frage ich mich wirklich, das haben Vorredner auch schon erwähnt: Wollen Sie wirklich Abschiebungen in die Winterkälte? Damit nehmen Sie Kältetote in Kauf, ich glaube, das kann keiner hier wollen.

(Beifall DIE LINKE)

Die Aussetzung von Abschiebungen ist nach wie vor bis zu drei Monate möglich. Das ist zu kurz, aber ich hoffe, dass Bremen maximal Gebrauch davon macht.

Unter Punkt 2 c) fordern Sie, dass das sogenannte Taschengeld – ich finde, eigentlich ist der Begriff genau bezeichnend, denn Taschengeld gibt man normalerweise Kindern, und genau darum geht es, um Bevormundungen, Erwachsene werden behandelt wie Kinder – durch Sachleistungen ersetzt werden soll. Das sind gerade einmal 143 Euro, das reicht noch nicht einmal für grundlegende Bedarfe, und selbst das wollen Sie durch Sachleistungen ersetzen! Über die Absurdität von Sachleistungen wurde hier schon geredet, dazu muss ich nichts mehr sagen.

Die Streichung jeglicher AsylblG-Leistungen nach dem Ausreisetermin ist verfassungswidrig, auch das wurde schon gesagt. Das wird leider gerichtlich geklärt werden müssen.

Zum Fazit, ich glaube, meine Redezeit ist bald vorbei – –.

(Heiterkeit – Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Ich glaube, sie ist schon vorbei!)

Ich hoffe, dass die letzten verbliebenen Ermessensund Handlungsspielräume in Bremen maximal positiv ausgenutzt werden. Besonders sollte man sich im Innenressort noch einmal überlegen, welche nach geltendem Recht ausreisepflichtigen Personen in Bremen doch noch einen Aufenthalt aus humanitären Zwecken bekommen können.

(Beifall DIE LINKE)

Es gibt eben strukturelle und systematische Verfolgungsgründe, gerade auch von ethnischen Minderheiten aus den Balkanländern, das sollte das Innenressort anerkennen und berücksichtigen. – Danke schön!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Röwekamp.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will in aller Ruhe am Anfang nur auch aus gegebenem Anlass heute noch einmal sagen, dass wir uns insbesondere von Ihnen und der LINKEN, Frau Leonidakis, nicht vorwerfen lassen, dass unsere Politik darauf gerichtet ist, Menschen zu töten oder auf der Winterflucht töten zu lassen!

(Beifall CDU, SPD, ALFA)

Ich weise das erneut entschieden zurück und sage auch noch einmal, Ihre Worte, die Sie hier wählen, dass sie von Sonderlagern reden, finde ich auch in Anbetracht der historischen Verantwortung der Vorgänger in Ihrer Partei ehrlicherweise für ein demokratisches Parlament unerträglich!

(Beifall CDU, SPD, ALFA – Zuruf Abg. Frau Vogt [DIE LINKE])

Es hat, Frau Vogt, in Deutschland schon einmal Sonderlager gegeben, aber nicht in dem freien Teil der Bundesrepublik Deutschland, sondern in dem Teil der Republik mit der Staatspartei, deren Nachfolge anzutreten Ihre Partei den Anspruch hat, meine sehr verehrten Damen und Herren, und deswegen lasse ich mir das von Ihnen nicht sagen!

(Beifall CDU, SPD, ALFA – Zurufe DIE LINKE)

Dass der Staat an Menschen wie Ihnen pleitegegangen ist, kann man auch Ihren Rechenbeispielen sehen. Sie sagen, fünf Millionen Euro für Wohnungsbau würden gerade einmal für – was haben Sie gesagt? – 50 Einrichtungen reichen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, in was für Welten leben wir eigentlich? Wir reden über sozialen Wohnungsbau in Bremen, und da wollen Sie fünf Millionen Euro als Anreizmittel für 50 Wohneinheiten reichen lassen? Das funktioniert wahrscheinlich nur, wenn die Linken den Wohnungsbau persönlich übernehmen und Sie sich mit privater Arbeitsleistung einbringen.

(Beifall CDU, ALFA)

So etwas Bescheuertes – Entschuldigung, ich nehme das zurück! –, so etwas Abwegiges habe ich in diesem Parlament lange nicht gehört.

Sie müssen sich innerhalb der großen Bandbreite der LINKEN auch einmal darauf verständigen, was in dem Gesetz jetzt eigentlich drinsteht. Herr Zicht hat gesagt, alles, was ich gesagt habe, steht nicht drin. Frau Leonidakis hat jetzt gesagt, das, was Röwekamp gesagt hat, stehe alles darin und er wolle das alles auch noch umsetzen.

(Abg. Bücking [Bündnis 90/Die Grünen]: Darauf ha- ben wir keinen Einfluss!)

Deshalb will ich es noch einmal grundsätzlich sagen. Ich sage, wie übrigens alle Debattenredner im Bundesrat, wir werden den Menschen, die zu uns kommen, nur dann angemessenen Schutz vor Vertreibung gewähren können, wenn wir uns auf diejenigen konzentrieren, die tatsächlich aufgrund begründeter Fluchtursachen hier in Deutschland um Hilfe nachsuchen. Nur dann wird es funktionieren!

(Beifall CDU, ALFA)

Das kann man übrigens auch ganz einfach ausrechnen, Herr Zicht. Wenn Sie sagen und zur Kenntnis nehmen, dass wir in diesem Jahr wahrscheinlich über eine Million neue Flüchtlinge in Deutschland haben werden, dann wissen wir, dass davon allein 250 000 im schulpflichtigen Alter sein werden. Für Bremen bedeutet das 12 000 bis 14 000 – ich weiß nicht, wie viele es am 31. Dezember sein werden – Flüchtlinge. Davon werden 3 000 bis 4 000 Flüchtlinge im schulpflichtigen Alter sein – plus 2 500 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Wir reden über 5 500 bis 6 000 neue Schülerinnen und Schülern an unseren Schulen. Darauf sind wir weder im nächsten Jahr noch in all den nächsten Jahren personell und infrastrukturell eingestellt. Wir haben die Gebäude nicht, um diesen Kindern Unterricht zu erteilen. Wir haben die Lehrerinnen und Lehrer nicht, um angemessenen Unterricht zu erteilen. Gaukeln Sie den Menschen doch nicht vor, dass wir ungeregelt und ungesteuert Zuwanderung nach Deutschland, in unsere Systeme, verkraften können! Wir können es nicht! Deswegen müssen wir begrenzen, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall CDU, ALFA)

Sie sprechen davon, Sie wollten alle Spielräume ausnutzen, um die Menschen so lange wie möglich – egal, welchen aufenthaltsrechtlichen Status sie haben – in Deutschland zu behalten. Sie tun auch diesen Menschen keinen Gefallen, sehr geehrter Herr Zicht! Was nutzt es ihnen denn, wenn sie keinen Zugang zu Bildung, keinen Zugang zum Arbeitsmarkt, keinen Zugang zu einer Gesundheitsversorgung haben, wenn sie nur monatlich geduldet werden,