Geschlechter aus der „Frauenförderecke“ herauszuholen und grundsätzlich zum Maßstab jeglichen politischen Handelns zu erheben.
In diesem Zeitraum war Bremen Vorreiterin in Sachen Gleichstellungspolitik, das, was Frau Bergmann sich heute wünscht. Heute, 39 Jahre nach Einrichtung der ZGF, 29 Jahre nach Inkrafttreten des Landesgleichstellungsgesetzes und 17 Jahre, nachdem wir uns zu Gender-Mainstreaming verpflichtet haben, sieht die geschlechterpolitische Realität in Bremen, im Land Bremen also wie aus? Wir haben im Vergleich mit den Achtzigerjahren sehr viel erreicht. Die Frauenanteile in den öffentlichen Verwaltungen sind gestiegen.
Mädchen und Jungen, Unsinn, Mädchen und junge Frauen – Jungen auch, aber über die – – erreichen beste Schul- und Ausbildungsabschlüsse. Wir haben gut funktionierende und breit aufgestellte Unterstützungssysteme für Frauen in Notsituationen. Auch unsere Frauenquoten in Aufsichtsräten können sich im Vergleich zu anderen Bundesländern durchaus sehen lassen. Trotzdem sind wir, finde ich, an einem Punkt angekommen, an dem wir uns fragen müssen: Wieso gibt es in so vielen Bereichen keine erkennbaren Fortschritte, nicht nur quantitativ, auch qualitativ nicht, oder gar Rückschritte?
Was wir aktuell auch sehen, ist eine mangelnde gesundheitliche Versorgung für Frauen, insbesondere was die Geburtshilfe angeht, also die fundamentale gesundheitliche Versorgung von Frauen und ihres Nachwuchses, oder die geringe Anzahl von Professorinnen an den Hochschulen trotz exorbitant vieler Frauenförderprogramme. Es geht nicht wirklich voran. Oder die geringe, im Vergleich geringste Erwerbsquote von Frauen in Bremen. Es ist fast nicht vorstellbar, wie wenig Frauen in Bremen einer Erwerbstätigkeit nachgehen, mich schockt das immer wieder. Damit verbunden ist die hohe Gefährdung von Frauen, in die Armutsfalle zu rutschen, die viel zu hohe Quote, die Kollegin Dertwinkel hat es schon angesprochen, der Gewalterfahrungen, die Frauen in Bremen, vor allem in ihrem eigenen zu Hause erfahren müssen und die mangelnde Infrastruktur.
Das beste Beispiel, wenn man sich bewusst machen will, wie es mit der Geschlechtergerechtigkeit aussieht, ist, dass die fehlende Infrastruktur es Alleinerziehenden nicht ermöglicht, ein ausreichendes Einkommen für sich und ihre Familie zu erwirtschaften. Solange es nicht gelingt, dass eine Alleinerziehende in Eigenverantwortung für sich und
ihre Familie ein Auskommen erwirtschaften kann, und zwar auf Dauer, solange kann man von einem Erreichen von Geschlechtergerechtigkeit leider nicht sprechen.
Ich will deutlich sagen, dass politisch verschriftlichte Zielbeschreibungen und gute Vorsätze allein nicht mehr ausreichen. Sie haben uns von den Achtzigerjahren bis hierher getragen. Das ist sehr gut, wir haben wirklich etwas erreicht. Wenn wir aber echte Teilhabe gewährleisten wollen, dann müssen wir einen Schritt weitergehen, und der heißt, die Nichtachtung der Geschlechtergleichstellung, anders ausgedrückt die Diskriminierung von Frauen und Mädchen muss zukünftig Konsequenzen haben, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Womit wir aktuell konfrontiert sind, ist eine Einstellung, die sagt, ach, die Quoten, die sind schon einigermaßen in Ordnung, die Zahlen stimmen ungefähr, das ist noch nicht so richtig gut, das wird sich noch bessern und braucht noch ein bisschen Zeit. Solange ich politisch aktiv bin, das ist jetzt schon eine Weile, höre ich: Wir brauchen noch etwas Zeit. Ich möchte das der nächsten Generation von Jungen und Mädchen, die heute am Zukunftstag teilgenommen haben, nicht auch noch mitgeben: Geduldet euch, ihr braucht nur noch ein bisschen Zeit. Wir müssen schneller vorankommen, und wir müssen das Bewusstsein für die eigene Zuständigkeit und die Verantwortung für die Umsetzung des gesetzlichen Auftrags mit Verfassungsrang in den Köpfen verankern.
Derzeit ist es so, und jetzt muss ich noch einen Absatz zur Eiswette loswerden, auch, um Sie zu überzeugen, unseren Antrag mitzumachen: Es ist derzeit im Gegenteil an vielen Stellen wieder oder immer noch gesellschaftsfähig, sich über dieses Verfassungsgebot der Geschlechtergleichstellung hinwegzusetzen. Wie gesellschaftsfähig Frauendiskriminierung für hohe, elegante Gesellschaften ist,
hat die Berichterstattung über die Eiswette gezeigt. Da klopft man sich in Altherrenmanier – wie toll, jetzt haben wir es den nervenden Emanzen endlich einmal gezeigt – gegenseitig auf die Schultern.
Letzter Satz: Diese bodenlose Ignoranz muss Konsequenzen haben. Deswegen bitten wir um Unterstützung unseres Antrages, der nicht vorsieht, solche Veranstaltungen zu verbieten, da verstehen Sie uns falsch, Männer können so viele Veranstaltungen durchführen, wie sie wollen – privat. Zu einer privaten Veranstaltung gehören jedoch keine staatlichen Repräsentanten, um sich selbst mit ihnen zu adeln. – Vielen Dank, ich komme in der zweiten Runde noch einmal wieder!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich werde in meiner Rede auf die Große Anfrage der Fraktion der FDP „Gleichstellungspolitik in Bremen – Strategie oder Ignoranz?“ eingehen. In der zweiten Rede werden wir an die anderen Punkte anknüpfen.
In der Großen Anfrage behauptet die Fraktion der FDP, dass der bremischen Gleichstellungspolitik eine übergeordnete Strategie fehle und die Kooperation zwischen den Ressorts mangelhaft sei. Für die Fraktion der FDP ergibt sich daraus der Eindruck, dass in Bremen Gleichstellung als Thematik abgewertet würde. Sie fordert den Senat auf, die Erfahrung, das Wissen und die Kompetenz der ZGF zielführend gebündelt und vor allem effektiver in Anspruch zu nehmen.
Meine Damen und Herren, die Gleichberechtigung von Frauen und Männern ist ein Grundrecht, und der Staat ist verpflichtet, die tatsächliche Durchsetzung dieses Gleichheitsgrundsatzes zu befördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken. Um dieses Ziel zu erreichen, muss dieses Recht nicht nur von dem Gesetz anerkannt sein, sondern wirksam auf alle Bereiche wie Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur angewendet werden.
Trotz vielfältiger formaler Anerkennung und zahlreicher Fortschritte ist die Gleichstellung von Frauen und Männern im Alltag immer noch nicht Realität. Frauen und Männer genießen in der Praxis nicht dieselben Rechte. Gesellschaftliche, politische, wirtschaftliche und kulturelle Ungleichheiten bestehen weiterhin, etwa bei Löhnen und Gehältern sowie bei der politischen Vertretung, in der Frauen unterrepräsentiert sind. Diese Ungleichheiten sind das Ergebnis sozialer Konstrukte, die auf
zahlreichen Stereotypen in den Bereichen Familie, Bildung, Kultur, Medien, Arbeitswelt, gesellschaftliche Organisation und so weiter beruhen.
Es existieren nach wie vor viele Felder, in denen Handlungsbedarf besteht, in denen neue Ansätze und strukturelle Veränderungen eingeführt werden müssen. Tatsache ist, dass die Ressorts dieser Forderung nachgehen. Entgegen der Annahme der Fraktion der FDP verfolgt der Senat eine übergeordnete gleichstellungspolitische Strategie.
Es wurde eine Vielzahl von Anstrengungen unternommen, um die Gleichstellung der Geschlechter voranzutreiben. Seit 1990 ist das Bremische Landesgleichstellungsgesetz in Kraft, welches im Bundesvergleich sehr weit gefasst ist und sich bewährt hat, die Gleichstellung von Mann und Frau voranzutreiben. Gender-Mainstreaming ist seit 2002 durch Senatsbeschluss für alle senatorischen Behörden verpflichtend, und die Genderbeauftragten der Senatsressorts sind Teil der ressortübergreifenden Gender-Mainstreaming-AG.
Seit 2008 gelten die Regeln des Senats zur Gleichstellung von Frau und Mann in Mehrheitsgesellschaften des Landes und der Stadtgemeinde Bremen. Geplant ist, den Gendergrundsatz und genderneutrale Personenbezeichnungen in der gemeinsamen Geschäftsordnung für die bremische Verwaltung zu verankern. Diese rechtlichen und strategischen Rahmenbedingungen bilden ein tragfähiges Gerüst. Von einer fehlenden übergeordneten Strategie kann also keine Rede sein. In den Fortschrittsberichten zur Umsetzung von Gender-Mainstreaming in der bremischen Verwaltung wird der Umsetzungsstand beschrieben.
Man kann dem Bericht entnehmen, dass die Umsetzung in den Ressorts in unterschiedlichem Tempo vorangeht. Die Berichte zeigen aber auch, dass in den letzten Jahren eine Reihe von Fortschritten erzielt wurde. Für die erfolgreiche Umsetzung von Gender-Mainstreaming müssen insbesondere die Führungskräfte kontinuierlich daran mitwirken. Damit das gelingen kann, wurden für jedes Ressort und für einige nachgeordnete Dienststellen Genderbeauftragte eingesetzt, die den Umsetzungsprozess unterstützen.
Außerdem wurden AGG-Beschwerdestellen in den Ressorts und Dienststellen etabliert. Der hohe Stellenwert von Gleichstellung spiegelt sich auch in der Integration von Gender-Mainstreaming und
Gender-Budgeting in den Ausbildungsinhalten der Verwaltungsfachangestellten und -inspektoren wieder. Weiterhin sind in den Ressortzuständigkeiten für die nächsten Jahre Schwerpunktprojekte zum Gender-Mainstreaming geplant. Um das Bewusstsein von Führungskräften weiterhin zu stärken, ist Gender-Mainstreaming bereits Bestandteil der inhaltlichen Modulplanung im Rahmen von Weiterbildung. Außerdem werden regelmäßig Veranstaltungen angeboten, die sich mit dem Thema befassen.
Zusätzlich besteht das Angebot der prozessorientierten Begleitung zur Unterstützung von Dienststellen, die sich mit der Integration von GenderMainstreaming auseinandersetzen wollen. Mit den Jahresgesprächen wurde ein Format geschaffen, das die Sensibilisierung von Führungskräften für Gleichstellungsthemen unterstützen kann. Die vorhandenen Instrumente werden regelmäßig auf ihre Wirksamkeit hin geprüft und, wenn nötig, verändert. Vor allem wurde zum Beispiel eine Evaluierung der Wirksamkeit des Bremischen Landesgleichstellungsgesetzes in Auftrag gegeben.
Es bestehen natürlich ressortübergreifende Maßnahmen, um die Kommunikation zwischen den Ressorts zur Umsetzung von GenderMainstreaming kontinuierlich zu verbessern. Drei- bis viermal im Jahr tagt die ressortübergreifende Gender-Mainstreaming-AG. Im Herbst 2016 fand ein Workshop mit den Genderbeauftragten mit externer Moderation statt. Die ZGF hat die gesetzlich verankerte Aufgabe, im Lande Bremen darüber zu wachen und darauf hinzuwirken, dass das verfassungsrechtliche Gebot der Gleichberechtigung der Frau in Arbeitswelt, Bildung und Gesellschaft erfüllt wird.
Diese Aufgabe nimmt die ZGF in vielfältiger Weise wahr und setzt wichtige Impulse, sowohl in Richtung Politik als auch in Richtung Gesellschaft. Die Mitwirkung der ZGF garantiert eine angemessene Berücksichtigung von gleichstellungspolitischen Themen in fachlich fundierter Weise sowie den ressortübergreifenden Blick auf das Querschnittsziel Geschlechtergerechtigkeit. Die ZGF erstattet der Bürgerschaft alle zwei Jahre Bericht. Erst kürzlich hat sie der Bürgerschaft ihren 21. Tätigkeitsbericht vorgelegt. Konkrete Ziele im Landesgleichstellungsgesetz sind die paritätische Besetzung von Leitungspositionen, die Parität in Gremien sowie bei Beförderung im öffentlichen Dienst.
von Männern und Frauen in der Bremer Landespolitik wurde Gender-Mainstreaming für alle senatorischen Behörden verpflichtend. Sowohl für die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes als auch das Gender-Mainstreaming ist die Senatorin für Finanzen zuständig. Um der strukturellen Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt entgegenzuwirken, insbesondere von alleinerziehenden Frauen, wurde der Ausbau der Kinderbetreuung deutlich vorangetrieben. Auch hier wurde eine deutliche Verbesserung geschaffen.
Weiterer Handlungsbedarf besteht in den Bereichen, in denen der Senat keine zentralen Eingriffsrechte besitzt, wie zum Beispiel bei der geschlechtsspezifischen Lohnungleichheit. Hier hat der Senat den Branchendialog Einzelhandel gestartet, um bessere Arbeitsbedingungen in der Branche zu erreichen. Ebenso möchten wir als Fraktion der SPD die Gleichstellung der Frau im politischen Kontext durchsetzen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Fraktion der FDP fragt nach der europäischen Karte für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf kommunaler Ebene. Ich fand das in der Großen Anfrage einen sehr vernünftigen Ansatz.
Seit 2012 existiert – mit schwedischer Förderung – eine Beobachtungsstelle, und es gibt auch eine Beobachtung des Follow-up-Prozesses. Es wäre interessant herauszufinden, wie das in Verbindung steht. Der Senat hat gesagt, so etwas brauchen wir nicht. Wir haben einen Aktionsplan. Dieser besteht aus den zwei Punkten, dem LGG, dem Landesgleichstellungsgesetz und unserem GenderMainstreaming. Nun heißt das, dass der letzte wegweisende strategische Beschluss des Senates immerhin 17 Jahre zurückliegt.
Was heißt eigentlich Gleichstellungsstrategie? Was kann und muss passieren, um die Gleichstellung in der Gesellschaft, in diesem Fall im Land Bremen, voranzubringen? Bei aller Liebe zu den Fortschritten frage ich mich: Warum geht es so enervierend langsam? Das LGG ist ein Instrument, und zwar für
den öffentlichen Dienst und den öffentlichen Bereich, und es bezieht sich vorrangig auf Fragen von Quotierung, auf Arbeitsfragen des öffentlichen Dienstes. Es ist keine nach außen gerichtete Gleichstellungsstrategie.
Gender-Mainstreaming ist das aber auch nicht. Gender-Mainstreaming heißt, in allen Ressorts wird bei der Politik auf die Folgen für Frauen und Männer geachtet. Das wird jeweils analysiert. Schön. Das ist ganz gut, aber es ersetzt beim besten Willen keine Gesamtstrategie.
In der Praxis heißt Gender-Mainstreaming immer noch: Schauen wir einmal nach, was wir berichten können. Irgendjemand macht doch sicher etwas mit Genderbezug.
Das wird gern in die Vorlagen geschrieben. So sieht es dann auch aus. Wenn wir uns die Beispiele ansehen, die positiv benannt sind, da werden ESF und EFRE genannt. Das ist im Grunde genommen etwas, was die EU erzwingt. Das ist nichts, was sich die Stadt Bremen ausgedacht hat. Die Fortschritte zum Gender-Mainstreaming handeln vor allem davon, wie die Ressorts beim Implementieren vorankommen, was schwer genug ist, das möchte ich gar nicht in Abrede stellen.
Es sind aber wirklich keine Fortschrittsberichte. Schon diese Betitelung halte ich für falsch. Gleichstellung im Land Bremen wäre vielleicht adäquater. Das würde aber anders aussehen. Wir brauchen Kennzahlen, wir brauchen Entwicklungen, wir brauchen Einschätzungen, wir brauchen Maßnahmen. All das gibt es in diesen GenderMainstreaming-Berichten nicht. Im Übrigen sind andere Bundesländer da weiter, zum Teil auch andere Städte.
Ich finde es daher eine gute Anregung der Fraktion der FDP, eine solche Strategie einzufordern und zu formulieren. Dass wir so etwas brauchen hatten wir im Ausschuss schon diskutiert.
Es ist nicht so, dass wir keine Beispiele dafür hätten. Diese entstehen nicht von selber, gestern haben wir die Verminderung vom Gender Pay Gap diskutiert, sinkende Abhängigkeit von Alleinerziehenden vom SGB II, Reflexion von dem. Was heißt
eigentlich geschlechtergerechte Gestaltung im öffentlichen Raum – Stichwort Stadtentwicklung und Co.? Vom Verkehr bis hin zu dem, wie ein Gebäude aussieht. Dann ein ganz großes Thema die Entwicklung von Gender-Budgeting. Wir waren extra in Wien und haben uns das angesehen.