Protokoll der Sitzung vom 23.02.2022

Zu Frage 1: In der Rechtwissenschaft an der Universität Bremen wird – wie bundesweit üblich – zwischen den Rechtsgebieten Öffentliches Recht, Bürgerliches Recht und Strafrecht unterschieden. Dies ergibt sich aus den inhaltlichen Festlegungen für die Juristenausbildung im Deutschen Richtergesetz und im Bremischen Gesetz über die Juristenausbildung und die erste juristische Prüfung, JAPG, dessen § 5 die zu unterrichtenden Pflichtfächer abschließend aufzählt. Ein Fach Gender Law findet hier keine Berücksichtigung.

Gleichwohl haben Geschlechter- und Vielfaltsdimensionen des Rechts im vergangenen Jahrzehnt in gesellschaftspolitischer und rechtswissenschaftlicher Hinsicht deutlich an Bedeutung gewonnen. Die Rechtsanwendung ist ganz explizit mit der Geschlechterthematik befasst, wenn es etwa um die Anwendung von Gleichstellungs-, Gewaltschutz- oder Ehescheidungsrecht geht. Es ist daher eine wichtige Aufgabe der juristischen Fakultäten beziehungsweise Fachbereiche, diese Entwicklung wissenschaftlich zu begleiten. Dabei handelt es sich um ein dynamisches Feld, welches durch Aspekte geschlechtlicher Diversität und gesellschaftlicher Vielfalt ergänzt und ständig weiterentwickelt werden muss.

Zu Frage 2: Seitens des Fachbereichs Rechtswissenschaft gab es im Mai 2020 den Vorstoß, die Professur der ausscheidenden Stelleninhaberin zur Wiederbesetzung auszuschreiben, allerdings mit neuer Denomination. Dem hat die Senatorin für Wissenschaft und Häfen unter Verweis auf die große Bedeutung des Gender Laws nicht zugestimmt. Eine abschließende Einigung zwischen der Senatorin für Wissenschaft und Häfen und der Universität zur Denomination konnte nicht erzielt werden. Die Ausschreibung der Professur wurde daher zurückgestellt.

Zur damaligen Zeit waren auch zwei weitere Professuren am Fachbereich Rechtswissenschaft vakant. Die Freigabe für diese beiden Professuren erfolgte unter der Prämisse, dass mit der Besetzung dieser Professuren die Geschlechtergleichstellung

und Genderaspekte in Lehre und Forschung gestärkt werden. Sofern die Universität Bremen in diesen Bemühungen erfolgreich wäre, sollte auch die Nachfolge der besagten Stelleninhaberin zur Ausschreibung freigegeben werden und zwar ohne die Nennung von Nebengebieten in der Denomination.

Die Berufungsverfahren der damals freigegebenen Professuren sind mittlerweile abgeschlossen. In beiden Fällen erging der Ruf an eine Wissenschaftlerin. Die Verfahren waren auch insofern erfolgreich, als zu beiden Ausschreibungen Berufungslisten vorgelegt wurden, die mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten und Profilen Gender- und Vielfaltsdimensionen des Rechts vertreten. Dieses Ausschreibungskriterium wurde im Verfahren besonders gewichtet, indem der wissenschaftliche Vortrag im Bewerbungsverfahren aus diesem Gebiet stammen musste.

Zu Frage 3: Die Beteiligung der dezentralen Frauenbeauftragen erfolgt im Rahmen der gesetzlichen Regelungen und der strategischen Ziele der Universität. In diesem Zusammenhang wird ausdrücklich auf das Gleichstellungszukunftskonzept der Universität Bremen „geschlechtergerecht 2028“ und den Gender Equality Plan der Universität verwiesen. – So weit die Antwort des Senats!

Frau Kollegin, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Herr Staatsrat, vielen Dank für die Ausführungen zu den drei Fragen. Wir haben uns im Ausschuss für die Gleichstellung der Frau vor zwei Wochen, glaube ich, in Kenntnis setzen lassen können, dass wir zwei sehr gute neue Professuren besetzt haben, die ausgesprochen kompetent und nachhaltig zu Genderfragen – ich leite gleich zu der Frage über –arbeiten können. Von daher vielen Dank dafür.

Das Ergebnis dieser Anhörung hat ergeben, dass wir es im Gesamtkontext der Universität, soweit es genderspezifische Forschung und Lehre betrifft, mit einer rückläufigen Entwicklung zu tun haben. Deswegen meine Frage: Wären Sie bereit, bei einer der nächsten Sitzungen des Ausschusses gemeinsam mit den Vertreterinnen und Vertretern der Universität an einem Konzept zu arbeiten, damit gendersensible Lehre und Forschung bedeutender, nachhaltiger und auch sichtbarer an der Universität und natürlich auch an den anderen Hochschulen

installiert wird? Das war eine lange Frage, aber es bleibt bei einer Frage.

(Heiterkeit)

Ich könnte sie jetzt kurz beantworten und einfach „ja“ sagen, aber lassen Sie mich noch einen Satz dazu sagen: Wir haben hier auf die Entwicklung im Bereich Rechtswissenschaft geschaut, wo wir jetzt, glaube ich, in einer schwierigen Situation insgesamt eine gute Lösung gefunden haben. Genauso besteht bei uns natürlich auch die Bereitschaft, in allen anderen elf Fachbereichen diese Entwicklung zu betrachten und gemeinsam mit Ihnen und der Leitung der Universität an Konzepten für die Zukunft zu arbeiten.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor. – Ich bedanke mich für die Beantwortung.

Anfrage 8: Fortbildungsangebote für Inklusion im Kita-Bereich Anfrage der Abgeordneten Dr. Solveig Eschen, Thomas Pörschke, Björn Fecker und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 26. Januar 2022

Herr Kollege Pörschke, Sie haben das Wort.

Wir fragen den Senat:

1. Welche Fortbildungsangebote für Erzieher:innen und pädagogisches Personal in Kitas zum Themenbereich Inklusion gibt es, von welchen Trägern werden Fortbildungen angeboten und wie bewertet der Senat das bestehende Angebot, zum Beispiel hinsichtlich der Abdeckung der Nachfrage sowie des Fachkräftebedarfs in diesem Bereich?

2. Wie bewertet der Senat die Forderung, Fortbildungen im Bereich Inklusion äquivalent zu den Fortbildungen im Bereich Sprachförderung auch behördenseitig anzubieten, und wie könnte solch ein Angebot gestaltet sein?

3. Welche Maßnahmen verfolgt der Senat darüber hinaus, um die UN-Behindertenrechtskonvention im frühkindlichen und vorschulischen Bereich umzusetzen?

Die Anfrage wird beantwortet durch Staatsrat Dr. Stöß.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Das Thema Inklusion als Querschnittsthema wird in fast allen Fortbildungen in unterschiedlichen Kontexten behandelt. Es folgt dabei der Definition von Inklusion der deutschen UNESCO-Kommission. Leitbild der Fortbildungen ist die Sensibilisierung der Fachkräfte für die Unterschiedlichkeit und Mehrfachzugehörigkeit der Kinder. Die Fortbildungen vermitteln Strategien, um die pädagogische Praxis inklusiv zu gestalten. Kernthema ist die Anpassung von Strukturen der pädagogischen Arbeit an die heterogenen Bedürfnisse der Kinder.

Die Senatorin für Kinder und Bildung organisiert gemeinsam mit den Trägern der Kindertagesbetreuung trägerübergreifende Fortbildungen für die Stadtgemeinde Bremen. Diese Angebote sind offen für alle pädagogischen Fachkräfte in der Stadtgemeinde Bremen und werden von der Senatorin für Kinder und Bildung (SKB) finanziert.

In Bremerhaven wird der Themenbereich Inklusion vom Amt für Jugend, Familie und Frauen für alle Träger und Kindertageseinrichtungen in der Stadt Bremerhaven bearbeitet und angeboten. Es werden Fortbildungen zu den Themen „Kinder mit Behinderung“, „interkulturelle Erziehung“, „Kinder und Familien in Armutslagen“, „kulturelle Heterogenität in Kindertageseinrichtungen“, „Entwicklung beobachten in Schwerpunktgruppen“ und „Kinder mit Fluchterfahrung“ angeboten.

In beiden Stadtgemeinden werden darüber hinaus Langzeitfortbildungen für den Themenbereich Inklusion angeboten. Diese werden von der Bremischen Evangelischen Kirche, dem Paritätischen Bildungswerk sowie dem Amt für Jugend, Familien und Frauen in Bremerhaven organisiert und stehen allen Trägern in der jeweiligen Kommune zur Verfügung.

Sowohl die quantitativen Bedarfe als auch die inhaltlich-fachliche Ausrichtung der trägerübergreifenden Fortbildungen in beiden Stadtgemeinden wurden und werden gemeinsam mit den Trägern beraten und festgelegt. Im Hinblick auf den Fachkräftebedarf in diesem Bereich ist jedoch davon auszugehen, dass die Angebote weiter verstärkt werden müssen.

Zu Frage 2: Die vielfältigen Fortbildungsangebote zum Themenfeld Inklusion, die von unterschiedlichen Trägern angeboten werden, haben sich bewährt und bieten ein gutes Fundament für die weitere Qualifizierungsstrategie. Angesichts der zunehmenden Vielfalt von Kindern in Kitas und der weiter steigenden Förderbedarfe ist es erforderlich, dass eine Auseinandersetzung mit einem umfassenden Inklusionsbegriff gestärkt und intensiviert wird, um die Risiken für Teilhabe bei den Kindern zu mindern und die Fachkräfte in diesem Feld zu unterstützen.

Daher wurde im Dezember 2021 das Thema „Fortbildungsbedarfe für Inklusion“ und insbesondere die gemeinsame Konzeption einer möglichen Langzeitfortbildung zur „Fachkraft Inklusion“ bei den Planungstreffen zu Fortbildungen mit den Trägern in der Stadtgemeinde Bremen beraten. Diese Beratungen werden gemeinsam mit den Trägern fortgesetzt und konkretisiert. Grundlage hierfür wird eine Bedarfserhebung bei den Trägern und eine Koordinierung durch SKB sein.

Zu Frage 3: Zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention wird im Land Bremen der Landesaktionsplan fortgeschrieben, in dem Maßnahmen dargestellt werden und deren Umsetzung evaluiert wird. Der partizipative Prozess, in dem vielfältige Anregungen in allen Politikfeldern mit den beteiligten Akteurinnen und Akteuren und gemeinsam mit dem Landesbehindertenbeauftragten beraten werden, soll mit Verabschiedung des neuen Landesaktionsplans im zweiten Quartal des Jahres beschlossen werden.

Für den frühkindlichen und vorschulischen Bereich geht es insbesondere um eine passgenaue Ressourcenausstattung für die gemeinsame Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern mit und ohne Behinderung in Kindertageseinrichtungen. Ein weiterer Schwerpunkt von Maßnahmen liegt auf Kindern mit besonderem Kommunikationsbedarf an Gebärden, sowohl auf der Ebene der Fortbildungen für pädagogische Fachkräfte als auch in Bezug auf die gleiche Teilhabe dieser Kinder im Kitaalltag. – So weit die Antwort des Senats!

Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich habe zwei Zusatzfragen, Frau Präsidentin. Wir danken für die ausführliche und differenzierte Übersicht. Die Rückfragen beziehen sich

auf die in Aussicht gestellten beziehungsweise laufenden Maßnahmen. Sie haben bei der Beantwortung von Frage 1 zu Recht ausgeführt, dass das Beratungsangebot verstärkt werden muss. Können Sie, Stand heute, bereits absehen, in welchem Umfang und in welchem Themenschwerpunkt die angedachten Verstärkungen vorstellbar sind und angestrebt werden?

Ebenso haben Sie bei der Beantwortung von Frage 2 darauf hingewiesen, dass Sie, was ebenso zu begrüßen ist, in laufenden Abstimmungen mit den Trägern sind. Auch da unsere Rückfrage: Ist absehbar, wann diese Abstimmung zu Ende geführt werden können?

Herr Abgeordneter, zu Ihrer ersten Frage würde ich Ihnen mitteilen müssen, dass ich Ihnen noch keine präzise und detailgenaue Antwort geben kann. Wir würden aber darüber fortlaufend in der Deputation berichten. Dasselbe gilt für Ihre zweite Frage, auch da würde ich Sie auf die Beratungen in der Deputation verweisen.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor. – Ich bedanke mich für die Beantwortung.

Herr Staatsrat, bevor Sie jetzt diesen Platz verlassen: Darf ich Sie einmal fragen, ob das heute möglicherweise Ihr letztes Auftreten vor diesem Parlament ist?

Frau Präsidentin, wenn der Zeitplan hält, trete ich heute noch zweimal vor der Bremischen Bürgerschaft auf, insofern wäre es zu früh, sich zu verabschieden.

Wunderbar, vielen herzlichen Dank, dann sehen wir uns bestimmt nachher noch!

Anfrage 9: Auswirkungen der Bremer Einbürgerungskampagne Anfrage der Abgeordneten Sahhanim Görgü-Philipp, Sülmez Dogan, Björn Fecker und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 26. Januar 2022

Bitte sehr, Frau Kollegin.

Wir fragen den Senat:

1. Wie viele Anträge auf Einbürgerung sind seit Beginn der Einbürgerungskampagne im Dezember 2018 bis heute gestellt worden, bitte getrennt nach Bremen und Bremerhaven, Geschlecht und Alter aufschlüsseln. Wie bewertet der Senat die Anzahl der Anträge im Vergleich zu den vorherigen Jahren und wie viele Einbürgerungsverfahren wurden davon abgeschlossen beziehungsweise wie viele befinden sich noch im Verfahren?

2. Aus welchen Gründen konnten Einbürgerungsverfahren bisher nicht abgeschlossen werden, welche Hürden sind aus Sicht des Senats für die lange Bearbeitungsdauer verantwortlich und wie können diese zukünftig abgebaut werden?

3. Wie bewertet der Senat die Auswirkungen der nicht abgeschlossenen Einbürgerungen auf den weiteren Integrationsverlauf?

Die Anfrage wird beantwortet durch Staatsrat Olaf Bull.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Zunächst werden hier zur besseren Verdeutlichung der Fallzahlenentwicklung die Gesamtzahlen für die Jahre 2018 bis 2021, getrennt nach Bremen und Bremerhaven, dargestellt. In der Anlage findet sich für die Stadtgemeinde Bremen die gewünschte Differenzierung nach Alter und Geschlecht. Auch die Monate Dezember 2018 und Januar 2022 werden dort gesondert dargestellt. Von der Stadtgemeinde Bremerhaven können keine derartigen Angaben gemacht werden.

Die Entwicklung der Einbürgerungsanträge stellt sich wie folgt dar:

In der Stadtgemeinde Bremen wurden 2018 1 525, 2019 2 003, 2020 2 281 und 2021 4 056 Einbürgerungsanträge gestellt. In der Stadtgemeinde Bremerhaven wurden 2018 227, 2019 241, 2020 267 und 2021 836 Anträge gestellt.