Frau Senatorin, nur, damit das klar ist: Sie sagen, 192 Millionen Euro seien in die Sanierung von Gebäuden geflossen. Meinen Sie damit die energetische Sanierung oder insgesamt die Sanierung der Gebäude?
Es ist die Insgesamtsanierung, da haben Sie recht. Deswegen sitzt mein Publikumsjoker da [sie zeigt auf den Senator für Finanzen], der kann Ihnen das bestimmt bilateral auflösen, er hat eine Riesentabelle. Natürlich ist das nicht nur die energetische Sanierung, aber wir fragen ja oft: Was ist der Gebäudezustand? Natürlich ist da auch in die anderen Bereiche investiert worden, aber auch in die Wärmedämmung, in den Austausch von Fenstern, in den Austausch von Heizungsanlagen, und das ist natürlich auch ein Beitrag zum Klimaschutz.
Ich will aber auch einmal sagen, und das hat mich sehr geärgert – und deswegen möchte ich mich auch für morgen, jetzt nutze ich die Gelegenheit, Frau Präsidentin, dafür entschuldigen, dass ich nicht bei der Regierungserklärung hier auf der Bank sitzen werde, aber morgen tagt eine Sonderbauministerkonferenz –, wir werden, und ich auch, dafür kämpfen, dass der KfW-40-Standard weiter vom Bund gefördert wird. Das war ein Einschnitt. Wenn wir einen hohen Energiestandard haben wollen, auch im Neubau, dann brauchen wir diese KfW-40-Förderung, und ich erwarte vom Bund, dass er die auch wieder bereitstellt, meine Damen und Herren.
Natürlich wollen wir beim Klimaschutz auch auf den Einsatz nachwachsender und recycelter Rohstoffe setzen – Holzbauweise ist oft das Thema bei uns – und vermehrt auf Sanierung statt Abriss. Da haben wir jetzt schon im Tabakquartier gute Beispiele. Ich bin froh, dass wir auch für das Parkhaus Mitte eine Lösung haben, also auch viele Investoren sehen. Es macht Sinn, sich die alte Gebäudesubstanz anzusehen und zu schauen, kann man die nachnutzen, statt sie wie in der Vergangenheit abzureißen und neu zu bauen. Das ist die graue Energie, und die wird in unsere Bilanzen jetzt neuerdings einbezogen.
Sie alle, die in der Baudeputation sind, werden auch sehen: Wir entwickeln keine Quartiere, keine Neubauvorhaben mehr ohne einen KfW-40-Standard, ohne dass ein Gründach darauf kommt, ohne dass PV-Anlagen mitgedacht werden und ohne
dass wir Wärmepumpen statt Gasheizungen planen. Das machen wir schon lange, aber wir wollen das in einem Bremer Standard auch festzurren, weil uns die Bereiche Gebäude und Stadtentwicklung auch im Sinne des Klimaschutzes wichtig sind, meine Damen und Herren. Besonders, wenn neu gebaut wird, kann man auch von vornherein klimafreundlich planen. Dazu gehören viele Punkte, die ich gerade genannt habe. Die Regenwasserbewirtschaftung können wir auch noch viel mehr in den Fokus nehmen, aber nicht zuletzt kann und muss an Gebäuden oder Parkplätzen vermehrt auch eine Ladeinfrastruktur für E-Mobilität integriert werden.
Dann möchte ich zu dem Sektor Mobilität kommen. Ich hatte das Gefühl, heute, hier, dass das der umstrittenste Punkt ist. Da möchte ich zum Thema Verkehrswende etwas sagen. Ich weiß, dass das ein sensibler Punkt ist. Herr Michalik und ich saßen ja auf einem Podium bei der Hochschule, vorgestern, und da kam das auch, finde ich, noch einmal heraus. Wir alle reden vom Klimaschutz und wir finden das voll in Ordnung, würden immer sehr – –. Herr Dr. Buhlert hat das auch gesagt, man setzt auf die Technologie und jeder sagt, Umstellung des Stahlwerks finde ich super. Es betrifft einen in der Regel ja erst einmal nicht selbst.
Das Thema Ernährung und das Thema Konsum und das Thema Mobilität betreffen aber jeden Einzelnen. Deswegen ist es das umstrittenste Thema, denn da geht es plötzlich um jeden Einzelnen von uns, und dann sind das auch manchmal Themen, die sind nicht so angenehm. Wir hatten hier gerade das Thema „autofreie Innenstadt“. Ehrlicherweise geht es da aber nicht nur um Klimaschutz, das will ich einmal als Mobilitätssenatorin sagen, sondern es geht auch um Aufenthaltsqualität. Das zeigen viele andere Städte, dass wir da, wo nicht die Autos durch die Straßen in den Innenstädten fahren, viel mehr Aufenthaltsqualität haben. Wir haben weniger Lärm, wir haben weniger Abgase, die Menschen haben Platz zum Flanieren, und das ist das, warum Kopenhagen, warum Gent, warum Groningen und Wien und viele andere Städte, Paris, es jetzt machen, weil sie einfach sehen, die Menschen finden das gut, wenn sie mehr Platz haben und eine saubere Luft in den Innenstädten, und dann macht es auch mehr Spaß, dort wieder hinzugehen.
Deswegen bin ich auch nicht so ein Fan von Prioritäten, weil wir uns, um die Klimaziele zu erreichen,
wirklich alle Sektoren ansehen und dort auch Maßnahmen umsetzen müssen. Bislang ist der Verkehrssektor für eine große Menge direkt verbrannter fossiler Kraftstoffe verantwortlich. Wie in allen Bereichen des Klimaschutzes geht es nicht nur darum, effizienter zu werden oder den klimaschädlichen Kraftstoff durch einen weniger schädlichen zu ersetzen, sondern auch darum, ihn zu reduzieren. Wenn wir durch bessere ÖPNV-Anbindung oder Infrastruktur im Quartier erreichen können, dass Menschen insgesamt weniger auf ihre Autos angewiesen sind, dann können wir auch Emissionen einsparen.
Ich sehe ein bisschen auf die Uhr, heute, die ganze Zeit, weil wir gleich um 14 Uhr eine Sonderverkehrsministerkonferenz haben, und da werden wir heute für mehr Regionalisierungsmittel streiten. Auch da erwarte ich vom Bund, dass er diese Regionalisierungsmittel erhöht, wie im Koalitionsvertrag auch angekündigt, in diesem Jahr, denn wir können nur den ÖPNV stärken, wenn wir auch mehr Regionalisierungsmittel bekommen, meine Damen und Herren.
(Beifall CDU, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP – Abgeordneter Heiko Strohmann [CDU]: Da hat sie recht!)
Es reicht aber nicht, nur die Autos zu betrachten. Das wissen Sie auch, dass der Pkw-Bestand nach und nach auf alternative Antriebe umgestellt werden muss, aber das muss er auch im ÖPNV, das müssen die Busse, das müssen Lkw. Wir haben neue E-Busse schon bestellt. Auch da wissen wir – und das war ja auch heute öfters Thema –, dass die öffentliche Hand auch eine Vorbildfunktion hat. Das hat sie bei der Ernährung, deswegen haben wir die BioStadt, deswegen wollen wir in allen öffentlichen Mensen möglichst vom Fleisch weg, aber in den ersten Schritten auf weniger Fleisch setzen, auf Biofleisch setzen. Wir wissen aber auch, wir müssen in dem öffentlichen Gebäudesektor etwas tun, und wir müssen auch in dem ÖPNV etwas tun.
Was uns bei der Betrachtung der Verkehrsmittelwahl besonders wichtig ist: Bremen ist eine Fahrradstadt. Wir sind die fahrradfreundlichste Großstadt über 500 000 Einwohner. Das ist uns auch wichtig und das macht uns auch ein bisschen stolz, aber auch da kann man immer noch besser werden. Wir wissen aber auch, je mehr Strecken zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden können, desto besser. An dieser Stelle möchte ich hervorheben, dass auch die Radpremiumrouten oder Protected Bike Lanes über die Verbesserung der
Radinfrastruktur maßgeblich zu einem sicheren und attraktiven Radverkehr beitragen können – und den brauchen wir.
Wir haben übrigens – und auch das zeigt ja, wie wichtig der Koalition Klimaschutz ist – im letzten Haushalt und in diesem Haushalt das Handlungsfeld Klimaschutz veranschlagt. Das Charmante ist, dass alle Ressorts aufgerufen sind, Klimaschutzmaßnahmen dort zu melden, und wir haben in dieser dritten Tranche gerade dafür gesorgt, dass Mittel für eine höhere Verfügbarkeit von für die ersten 30 Minuten kostenlosen Leihfahrrädern eingestellt werden. Wir haben schon welche in Bremen, aber auch das soll weiter ausgebaut werden.
Jetzt will ich zum Schluss einmal auf die Themen Konsum und Ernährung zu sprechen kommen. Auch hier wird schnell klar, dass dieses Thema sowohl privat als auch öffentlich behandelt werden muss. Natürlich ist die Entscheidung individuell, die eigenen Ernährungsgewohnheiten zu verändern oder auch nicht. Dennoch ist es auch ein Thema der Öffentlichkeit, mehr pflanzliche Ernährung in der Gemeinschaftsverpflegung bereitzustellen und somit den Fleischkonsum zu reduzieren.
Da sind wir uns hoffentlich alle einig, dass Fleischkonsum erwiesenermaßen klimaschädlich ist, dass wir, wenn wir ihn reduzieren, damit auch die Emissionen senken können. Mit dem Aktionsplan 2025 – auch der wird das nächste Mal hier hoffentlich in der Bürgerschaft behandelt – sind wir schon auf einem vielversprechenden Weg. Stichpunkte sind BioStadt und auch die Training Kitchen. Auch hier sehen wir, wir haben eine öffentliche Vorbildfunktion, meine Damen und Herren.
Wir müssen uns allerdings auch über das Thema Suffizienz Gedanken machen, also das Konsumverhalten wirklich noch einmal hinterfragen. Das heißt im Prinzip, dass jeder weniger konsumieren kann oder muss – auch das ein sehr individuelles Thema und deswegen ein sensibles Thema. Auch hier kann man natürlich über Alternativen diskutieren. Da, wo nicht verzichtet werden kann, müssen wir vielleicht mehr reparieren, mehr recyceln. Die Kreislaufwirtschaft muss definitiv weiter gestärkt werden, genau wie die gemeinschaftliche Nutzung von Gegenständen, ob das zum Beispiel durch Nachbarschaftsinitiativen ist wie beim Carsharing oder beim Lastenrad-Sharing. Insgesamt muss man aber auch sagen, die Menschen müssen davon überzeugt werden. Sie müssen mitgenommen werden, wenn sie ihr individuelles Verhalten ändern
wollen. Deswegen ist es auch so wichtig, dass Bildungsmaßnahmen zum Thema Klimaschutz und klimagerechter Lebensweise durchgeführt werden.
Wenn wir jetzt all diese Sektoren ansehen, wenn wir diesen ganzen bunten Strauß von Handlungsfeldern und Maßnahmen anschauen, ist uns allen bewusst, dass diese Transformation auch ein Preisschild hat. Die Nichttransformation, also, wenn wir nichts tun würden, hätte allerdings einen noch viel höheren Preis, nämlich die langfristige Zerstörung unseres Lebensraums. Es hat aber auch einen monetären Preis. Wenn wir uns ansehen, in welchen Milliardensummen sich die Schäden durch das Hochwasser in Rheinland-Pfalz und NordrheinWestfalen bewegen, sowohl bei den privaten Häusern als auch bei der öffentlichen Infrastruktur, bei den Straßen, bei den Brücken, bei den Eisenbahnschienen, dann geht das in die Milliarden Euro, meine Damen und Herren.
Wenn wir uns allein nur ansehen, was diese drei Stürme der letzten Wochen in Deutschland an Schäden angerichtet haben, so bilanziert sich das auf 1,6 Milliarden Euro. Das heißt, meine Damen und Herren, wenn wir das allein zusammenrechnen, was uns wirklich im letzten halben Jahr an Milliardenschäden in Deutschland durch den Klimawandel erreicht hat, dann wissen wir, dass es gut ist, wenn wir Milliarden Euro – und Herr Lindner hat ja 60 Milliarden Euro im Nachtragshaushalt für den Klimaschutz avisiert –, dann wissen wir, dass das gut angelegtes Geld ist.
Es geht nicht nur um Klimaschutzmaßnahmen, es geht inzwischen auch um Klimaanpassungsmaßnahmen. Deswegen ist es mir so wichtig, weiterhin immer für den Hochwasserschutz zu werben, und zwar für einen konsequenten Hochwasserschutz, weil wir in Bremen ohne einen Hochwasserschutz, einen sicheren Hochwasserschutz, absaufen, meine Damen und Herren.
Weil das Ganze ein Preisschild hat, um die nötigen Maßnahmen kostentechnisch zu bewerten, liegt das Rechtsgutachten vor, und wir werden uns jetzt ganz genau ansehen, was im Rahmen unserer Möglichkeiten durch Kredite, aber auch – es wurde angesprochen – durch die bremischen Gesellschaften geleistet werden kann, weil wir einfach sehen, wir brauchen das Geld. Es wird aber nicht nur mit Landesgeld zu erreichen sein, wir brauchen auch
Bundesfördermittel, wir brauchen auch EU-Fördermittel, und dafür werden wir uns einsetzen und auch darum kämpfen, meine Damen und Herren.
Jede Investition in den Klimaschutz ist eine gute Investition. Wir werden Geld in die Hand nehmen müssen, um die Klimakrise, so gut es möglich ist, abzuwenden. Allerdings werden wir uns auch dafür einsetzen, bei der Finanzierung eine Unterstützung auf allen Ebenen zu bekommen. Bremen wird diese Herausforderung der Finanzierung nicht allein stemmen können.
Zusammenfassend möchte ich sagen, das Ergebnis der Enquetekommission ist kein Neustart, wir fangen nicht bei null an, in der Klimapolitik, aber es ist ein dringend nötiges, und zwar über alle Parteigrenzen hinweg erarbeitetes Commitment. Das muss nun in konsequentes Handeln überführt werden. Dafür braucht es eine Finanzierung, aber es braucht in vielen Fragen und bei vielen Maßnahmen auch Mut und Entschlossenheit.
Ich hoffe, dass wir alle hier auch bei den Detailfragen und auch bei den Fragen, bei denen es einmal nicht mehr ganz so angenehm ist, in der Gesellschaft, dass wir hier gemeinsam diesen Mut und diese Entschlossenheit dann auch zeigen. Am Ende sind der Klimawandel und der Klimaschutz eine Gemeinschaftsaufgabe. Da braucht es die Bürgerschaft, da braucht es den Senat, es braucht aber auch alle Menschen im Land Bremen. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte hier doch die Gelegenheit nutzen, einige Sachen richtigzustellen. Zunächst zum Stahlwerk: Ich habe nicht gesagt, dass ArcelorMittal das nicht auf dem Schirm hat. Ich habe gesagt, dass seitens der Verwaltung nichts passiert ist, und das hat man in den öffentlichen Sitzungen gemerkt, als die Staatsräte aneinander vorbeigeredet haben.
Dann haben Sie gesagt, wir brauchen erneuerbare Energien in den Gewerbegebieten. Dann sage ich Ihnen: Ja, dann schaffen Sie Gewerbegebiete! Das passiert gerade nicht.
Nächstes Thema, Windenergie: Sicher kann man sich darüber streiten, wie man das ausbaut, aber auch Repowering dürfen wir nicht vergessen, denn das können wir auch deutlich effizienter ausgestalten.
Sie haben gesagt, Sie wollen heute ein deutliches Signal. Das deutliche Signal ist unser Antrag, denn unser Antrag fordert, dass der Bericht die Grundlage für Handeln ist, dass Sie das dafür nutzen. Hier gab es viel Polemik und Fehlinterpretationen, weil unser Antrag eben keine Hintertüren beinhaltet, weil unser Antrag keine Schuldverschiebung platziert und weil Sie sich das erste Mal messen lassen müssen. Das wollen Sie nicht. Sie wollen sich einfach nicht messen lassen.
Warum? Das kann ich Ihnen auch sagen. Vor zweieinhalb Jahren haben Sie in Ihrem Koalitionsvertrag Ihren Wählern versprochen, 80 Prozent gegenüber 1990 einzusparen.
Sie haben hier auch Mut bewiesen, indem Sie die Ergebnisse der Enquetekommission akzeptiert und gemerkt haben, dass das Ziel, das Sie vor zweieinhalb Jahren gesetzt haben, nicht realistisch ist. Das ist eine bittere Pille. Wenn man das dann ernst nehmen möchte, dann darf man hier nicht mit solchen Anträgen billigen Applaus einfordern, sondern man muss konsequent in die Umsetzung gehen.
Ich muss Ihnen auch sagen, Sie haben gerade gesagt, die Klimapolitik hat nicht bei null angefangen. Das glaube ich Ihnen sogar, aber die Ergebnisse der Enquetekommission sind ein Wendepunkt in der bremischen Klimapolitik.
Herr Bruck, Sie haben hier noch mit Sachen wie dem Budgetansatz und Ernährung und so weiter geworfen. Das sind alles Sachen, die eine Mindermeinung waren, die eben nicht von den Experten empfohlen wurden. Auch mit veganer Ernährung: Sie haben hier das Szenario aufgebaut, dass, wenn wir die nicht umsetzen, die Welt untergeht. Das ist falsch.
(Abgeordneter Philipp Bruck [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Dann haben Sie mir nicht zugehört! – Abge- ordneter Nelson Janßen [DIE LINKE]: Das ist ein Ansatz!)
Herr Dr. Buhlert, ich warte auf den Antrag der FDP oder irgendein Votum. Bis jetzt habe ich nur gehört, dass Sie unserem nicht zustimmen wollen, aber nicht, wie Sie sich beim Koalitionsantrag verhalten wollen. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie das noch aufklären würden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
(Beifall CDU – Abgeordneter Dr. Magnus Buhlert [FDP]: Herr Michalik, das habe ich ausgeführt, und das werden Sie in unserer Abstimmung erleben!)