Protokoll der Sitzung vom 09.07.2003

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir freuen uns über die Einsicht bei Ihnen, weil viele – Sie haben das Wort von der Voodoo-Ökonomie eben ein paar Mal benutzt, Herr Kollege Wagner – noch vor wenigen Wochen ganz anders geredet haben als heute, insbesondere die finanzpolitische Sprecherin der GRÜNEN im Deutschen Bundestag.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es war nämlich gerade Frau Scheel – von der haben Sie das Wort geklaut –, die das Wort „Voodoo-Ökonomie“ benutzt hat, und zwar immer im Zusammenhang mit den Vorschlägen der FDP im Deutschen Bundestag, die Steuerreform vorzuziehen.

(Beifall bei der FDP)

Sie wollen doch hier einmal die Wahrheit sagen. Tun Sie doch nicht so, Herr Voodoo-Ökonom, als wenn Sie wüssten, wie die Wirtschaft funktioniert. Nein, es waren doch Ihre Finanzpolitiker, die vor vier Wochen erklärt haben, unser Vorschlag sei Mist.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ihr Vorschlag ist immer noch Mist!)

Herr Kollege Wagner, ich freue mich, dass Sie sich jetzt eines Besseren haben belehren lassen.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg.Mathias Wag- ner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich freue mich darüber, dass die Kollegen von den Sozialdemokraten sich eines Besseren haben belehren lassen. Aber tun Sie doch bitte nicht so, als ob das Ihre Erfindung sei.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Herr Hahn, Sie täuschen sich; Ihr Vorschlag ist immer noch Mist!)

Herr Kaufmann, ich glaube, Sie sollten in diesem Plenum einfach einmal schweigen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Was Sie am Dienstag hier gemacht haben, war eine solche Ungezogenheit. Sie sollten in diesem Plenum einfach einmal in aller Ruhe sitzen und nichts sagen. Herr Kollege Kaufmann, das meine ich relativ ernst.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Den Gefallen tue ich Ihnen aber nicht!)

Denn so geht man mit Kollegen nicht um, wie Sie es hier gemacht haben. Aber ich will mich nicht von dem Thema ablenken lassen.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben sich selbst abgelenkt!)

Wir haben schon seit Jahren gesagt: Hört doch bitte auf damit, immer neue Steuerbelastungen zu erfinden. Hört doch bitte auf damit, an der Steuerschraube nach oben zu drehen. Lasst diesen Unsinn, z. B. mit der Ökosteuer, die abgesehen davon noch nicht einmal eine Öko-, sondern nur eine Steuer gewesen ist. Seid endlich vernünftig und kommt dazu,ein Steuersystem von 15,25 und 35 % zu machen, weg mit dem ganzen Abschreibungskram, vereinfacht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir hätten nicht die grottenschlechten Ergebnisse in der Wirtschaftspolitik, wir hätten nicht die höchste Arbeitslosigkeit seit einem Jahrzehnt in unserem Lande, hätten die Roten und die GRÜNEN in Berlin unseren Vorschlag tatsächlich beachtet.

(Beifall bei der FDP)

Die letzte vernünftige Steuerreform waren die Petersberger Beschlüsse. Das waren die Beschlüsse der damaligen Bundesregierung von Union und FDP,

(Beifall des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU))

in denen in einem sehr mutigen Schritt das Steuersystem in Deutschland umgestellt werden sollte. Wir müssen es an dieser Stelle einmal deutlich wiederholen.Es waren die damaligen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine (Saar- land), Gerhard Schröder (Niedersachsen) und Hans Eichel (Hessen), die in einer Art und Weise mit einer Blockadepolitik im Bundesrat diese vernünftige Steuerreform haben scheitern lassen. Sie sind für die heutige wirtschaftliche Situation in unserem Lande verantwortlich.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Sie haben im Bundesrat blockiert: Herr Eichel, Herr Lafontaine und Herr Schröder. Ihre Krokodilstränen von heute nehme ich Ihnen nicht ab. Sie waren die Erfinder der Blockade. Die FDP wird im Bundesrat keine Blockade machen.Also hören Sie damit auf, hier diese Bilder zu zeichnen, die Sie immer wieder meinen, in der Öffentlichkeit zeichnen zu müssen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Lassen Sie mich ein Zweites zu dem Thema vernünftige Politik sagen. Roland von Hunnius und Jörg-Uwe Hahn sind im letzten Jahr von Ihnen hier beschimpft worden, und zwar heftigst beschimpft worden, als wir im Zusammenhang mit der Hochwasserkatastrophe und dem

Wunsch der Bundesregierung, die Steuersenkung nach hinten zu schieben, erklärt haben: Lasst es sein, es ist Unsinn. – Roland von Hunnius und ich haben hier gesagt: Nach der Katastrophe des Hochwassers darf es keine Katastrophe am Arbeitsmarkt, in der Wirtschaftspolitik geben. – Sie haben nicht auf uns gehört.

(Beifall bei der FDP)

Sie, die Sozialdemokraten und die GRÜNEN, haben die Steuerreform nach hinten geschoben. Es geht um genau dasselbe Thema, über das wir uns jetzt unterhalten. Erst im August des Jahres 2002 ist von Ihnen die dritte Stufe der Steuerreform von 2004 auf 2005 verschoben worden.

Da haben wir Ihnen gesagt – wir Liberale im Hessischen Landtag, die Liberalen in Deutschland –: Hört mit diesem Unsinn auf. – Herr Kollege Wagner, das ist Vodoo-Ökonomie. Da können Sie das Wort „verpassen“ einsetzen.

(Beifall bei der FDP)

Aber nein, es waren die ach, so besserwisserischen RotGrünen in Berlin, die gemeint haben, sie müssten die Steuerreform verschieben. Die Liberalen mussten Sie mit den Worten beschimpfen: Ihr habt ja keine Ahnung von Finanzpolitik.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das zeigen Sie gerade!)

Herr Kaufmann, wir hatten ausgemacht, Sie schweigen in diesem Plenum.

(Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist eine Art von Genugtuung für uns, wenn wir mitbekommen, dass Sie immerhin in diesem Punkte jetzt dahintergekommen sind, dass Sie Mist gemacht haben – schlicht und ergreifend im vergangenen Jahr Mist gemacht haben.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rhein- gau) (CDU))

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, deshalb sage ich zum ersten Teil: Wir Liberale sind froh darüber, dass die Einsicht bei allen gekommen ist.Wir sind froh darüber, dass Sie endlich mitmachen wollen, Steuern zu senken. Wir fühlen uns in unserer fachlichen Auffassung bestätigt, die wir in diesem Hause schon mehrfach vorgetragen haben.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt kommt die Abteilung „Aber“. Jetzt kommt die Abteilung „Wehrmutströpfchen“. Jetzt kommt die Abteilung „Was ist eigentlich in den letzten Wochen hier geschehen?“

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, da gab es eine Inszenierung in Neuhardenberg. Es sah mediengerecht aus. Einige Berater werden sich sicherlich etwas davon für künftige Auftritte abgucken, Herr Kollege Hoff und Mandanten. Man saß auf einer Wiese im Park unter Bäumen. Es war schön. Das Wetter war schön. Man verkündete:Die Steuerreform wird vorgezogen.– Meine sehr geehrten Damen und Herren, gegen diesen Auftritt war der von Bush auf dem Flugzeugträger Dreck.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ach, Herr Hahn!)

Die Inszenierung, die das Bundeskabinett in Neuhardenberg gemacht hat,war ja noch viel besser.Die Journalisten haben – weil sie von dieser Atmosphäre so begeistert wa

ren – ganz vergessen zu fragen:Wie soll das eigentlich gemacht werden, Herr Bundeskanzler? Wie ist denn eigentlich die Gegenfinanzierung? Wie wollen Sie das eigentlich leisten, Herr Bundeskanzler?

Das hat keiner gefragt. Der Bundeskanzler konnte ein bisschen mit schönen Worten über das Wetter und den guten Wein in Neuhardenberg über diese Probleme hinweggleiten.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jetzt wächst da auch noch Wein!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass dem Schröder dann noch geglückt ist, das System von Regierungshandeln und Oppositionshandeln auf den Kopf zu drehen, das ist schon eine Glanzleistung. Dass die Union noch auf diese Glanzleistung reingefallen ist, das ist keine Glanzleistung der Union gewesen. Das ist vollkommen klar.

(Beifall bei der FDP)

Es war eben Wagners Auftritt gewesen, nicht zum Thema Steuerreform zu reden. Dazu hat er kein Wort gesagt – vodoomäßig vielleicht ein bisschen, inhaltlich null –, sondern Sie haben sich hier 15 Minuten mit dem Durcheinander beschäftigt, das es in der großen Volkspartei Union zu dem Thema gegeben hat, von Merkel bis Merz, von Rüttgers bis Koch. Seit Montag ist da hoffentlich Ruhe.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist keine geschickte Oppositionsarbeit, wenn man sich den schwarzen Peter der Deckung vom Bundeskanzler aufdrücken lässt. Das hat sich die Union aufdrücken lassen. Sie können jetzt genüsslich darüber herziehen, nur helfen Sie unserem Land nicht weiter. Herr Kollege Wagner, Sie machen billige Parteipolitik.

(Beifall bei der FDP)