Protokoll der Sitzung vom 16.05.2006

Niemand. Das muss nicht sein.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Fehlt dann wieder einer?)

Nein.Wir hoffen, dass die zwei Jahre noch herumgehen.

Meine Damen und Herren, es gibt keine weiteren Vorschläge. Wenn sich kein Widerspruch ergibt, möchte ich offen darüber abstimmen lassen. Geht das? – Wer dem Vorschlag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Herr Kollege Weinmeister, Sie sind einstimmig gewählt. Damit sind Sie

ordentliches Mitglied im Hauptausschuss. Herr Abg. Weinmeister, herzlichen Glückwunsch und gute Besserung.

Meine Damen und Herren, wir kommen nun zu Tagesordnungspunkt 3:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Hessisches Bahngesetz – Drucks. 16/5523 –

Wir haben eine Redezeit von zehn Minuten verabredet. Der Gesetzentwurf wird durch Herrn Staatssekretär Abeln eingebracht, und wir werden den Gesetzentwurf nach Ende der Debatte an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr überweisen. – Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es handelt sich eher um einen technischen Gesetzentwurf, um eine Anpassung an übergeordnete Regelungen. Das Bahngesetz umfasst als Artikelgesetz das Hessische Seilbahngesetz und das Hessische Eisenbahngesetz. Die Vorschriften für Eisenbahnen und Seilbahnen sind derzeit beim Land noch in einem gemeinsamen Eisenbahn- und Bergbahngesetz geregelt. Die Bereiche Eisenbahnen und Bergbahnen bzw. Seilbahnen haben aber inhaltlich keine Überschneidungen mehr und sind deshalb im Hinblick auf eine bessere Übersichtlichkeit getrennt zu regeln. Soweit im Rahmen der Regierungsanhörung Stellungnahmen abgegeben wurden, haben diese das vorgesehene Gesetz grundsätzlich begrüßt. Wir legen diesen Gesetzentwurf vor und erfüllen damit die Richtlinie 2009 des Europäischen Parlaments und des Rates aus dem Jahr 2000 über Seilbahnen für den Personenverkehr mit der Umsetzung in eine ausreichende gesetzliche Grundlage.

Die Seilbahnrichtlinie hat folgende grundlegende Zielsetzungen: zum einen den freien Warenverkehr zur Vollendung des Binnenmarktes. Durch die Vereinheitlichung der Sicherheitsvorschriften sollen Handelshemmnisse abgebaut werden, die sich aus den bisher unterschiedlichen Sicherheitsvorschriften der einzelnen europäischen Länder ergeben haben. Ein einheitlich hohes Sicherheitsniveau aller Anlagen soll in ganz Europa für alle beförderten Personen gelten. Die Richtlinie findet grundsätzlich bei allen Seilbahnen und Schleppliften des öffentlichen Personenverkehrs Anwendung. Wir haben in Hessen sieben Seilbahnen und eine weitere, vielleicht ein bis zwei Dutzend Schlepplifte. Auch Mecklenburg-Vorpommern muss ein eigenes Seilbahngesetz erlassen, obwohl es in Mecklenburg-Vorpommern überhaupt keine Seilbahnen gibt. – So weit zu den Seilbahnen.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Leuchtturm!)

Es gibt dann 16 Leuchttürme, Herr Wagner, in der ganzen Bundesrepublik.Alle erlassen ein Gesetz für Seilbahnen.

(Reinhard Kahl (SPD): Erklären Sie es doch ein bisschen genauer!)

Bei Eisenbahnen sind umfangreiche Änderungen im Bundesrecht eingetreten. Wesentliche Änderungen betreffen z. B. erweiterte Zugangsrechte zur Eisenbahninfrastruktur, zu öffentlichen Eisenbahnen, die diskriminierungsfreien Zugang zu ihrer Infrastruktur gewähren müs

sen. Ähnliche Grundsätze haben wir auch bei anderen leitungsgebundenen Netzen.

Diese Änderungen setzt der vorliegende Gesetzentwurf in Landesrecht um. Der Bereich der öffentlichen Eisenbahnen ist weitgehend bundesrechtlich geregelt. Landesrechtliche Regelungen konzentrieren sich auf den Bereich der nicht öffentlichen Eisenbahnen. Das sind im wesentlichen Unternehmen, die Gleisanschlüsse, für die kein Zugangsrecht besteht, betreiben, sowie die Halter von Eisenbahnfahrzeugen und Anschlussbahnen für eigenen Güterverkehr.

Die Umsetzung der erforderlichen Änderungen wird mit dem Abbau von Genehmigungsvorbehalten verbunden. Auch dies ist ein weiterer Beitrag zu Deregulierung. Zur Entlastung von Wirtschaft und Verwaltung sind nicht öffentliche Eisenbahnunternehmen zukünftig genehmigungsfrei. Neue nicht öffentliche Eisenbahnunternehmen, deren Genehmigung abgelaufen ist, unterliegen nur noch einer Anzeigepflicht. Den Sicherheitserfordernissen wird durch Zustimmung zur Eröffnung des Betriebes durch die Aufsichtsbehörde auch weiterhin Rechnung getragen.

Meine Damen und Herren, das war es zu den beiden Gesetzen in einem Artikelgesetz.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. – Jetzt liegt mir eine Wortmeldung vor. Herr Kollege Dr. Lübcke, Sie haben das Wort.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Seilbahnpolitischer Sprecher!)

Herr Präsident, meine Damen und Herrn, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Frömmrich, wir reden nicht über Seilschaften, sondern über Seilbahnen.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Da kennt ihr euch doch auch gut aus!)

Das möchte ich von Anfang an differenziert sehen. Wer sich mit diesem Gesetzgebungsverfahren befasst, weiß: Ganz so ohne ist es nicht.

Der Kollege Klein hat in seinem Wahlkreis in unserer schönen Landeshauptstadt Wiesbaden die schönste Seilbahn in Hessen: die Nerobergbahn, die mit Seilen betrieben wird.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die schönste Seilbahn gibt es in Waldeck!)

Darüber hinaus haben wir nicht nur die Seilbahn am Edersee, die Personen zur Burg hinaufbefördert, sondern zu Seilbahnen zählen auch die Schlepplifte in den schönen Skigebieten. Herr Frömmrich, Sie kommen aus dem „aufgekauften“ Bereich in Frankenberg. Sie kennen auch das Waldecker Sauerland. Insbesondere in Willingen fahren viele Skilifte, in Südhessen auch: „Hohes Gras“. In Kassel gibt es sogar einen Schlepplift auf dem Meißner – weil gerade das Hessentagspaar hier war. Es gibt also noch viele, viele mehr.

Wer einmal mit der Seilbahn in einer Kabine oder in einer Gondel gefahren ist, weiß: Es soll Menschen geben, die

Höhenangst haben. Es bedarf einer besonderen Regelung, damit die Leute sicher transportiert werden.

Der Staatssekretär hat den Gesetzentwurf eingebracht und auf die Wichtigkeit hingewiesen. Ich möchte in diesem Zusammenhang aber einmal sagen, dass es eine europäische Richtlinie ist, die umgesetzt werden muss. Frau Kühne-Hörmann und ich waren vor zehn Tagen bei Bombardier. Das ist ein namhafter Lokhersteller in Hessen. Wenn Sie ein solches Schienenfahrzeug herstellen, müssen Sie 150.000 einzelne Normen berücksichtigen. Daher ist die Europäische Union gefordert, das zu vereinheitlichen.

(Beifall bei der CDU)

Das fängt damit an, dass der Bremsklotz in Deutschland gelb ist. In der Schweiz und in Österreich ist er blau. In Belgien ist dafür ein Holzklotz vorgesehen.

Ich denke, das sind alles so Regelungen, zu denen man auf der Ebene der Europäischen Union einmal darüber nachdenken muss, ob wir der Wirtschaft nicht den richtigen Rahmen geben sollten, damit – –

(Gerhard Bökel (SPD): Ihr wollt doch die Deregulierung!)

Das ist richtig: Wir wollen die Deregulierung. Herr Bökel, deswegen muss das auch angepackt werden. – Das muss für die Wirtschaft harmonisiert werden.Für alle sollten die gleichen Rechtsgrundlagen gelten. Bei den Entwürfen zum Bahngesetz und dem Seilbahngesetz geht es insbesondere darum, dass auch bei uns dasselbe Recht gilt.

Die Richtlinie der Europäischen Union für Seilbahnen für den Personenverkehr ist nach dem so genannten neuen Konzept der technischen Harmonisierung gestaltet. Herr Bökel, dieses Rechtsetzungsverfahren besteht darin, dass in der Rechtsvorschrift lediglich grundlegende Anforderungen festgelegt werden.

(Gerhard Bökel (SPD): Ja!)

Damit wird für die Gäste ein hohes Sicherheitsniveau gewährleistet. Es darf nicht geschehen, wie es im Leben schon einigen Kollegen mehrfach geschehen ist, dass man abstürzt. Herr Bökel, vielmehr muss man die Seilbahn sicher benutzen können.

(Gerhard Bökel (SPD): Ja!)

Die nationalen Behörden wachen nur noch darüber, dass diese grundlegenden Anforderungen erfüllt werden. Dabei wird es den Unternehmen weitgehend freigestellt, wie sie diese Anforderungen erfüllen.

Dieses Verfahren wurde durch ein Standardverfahren ergänzt, mit dem bewertet wird, ob ein Produkt den grundlegenden Anforderungen entspricht.Das heißt,die Unternehmen, die eine Seilbahn bauen, bekommen ein so genanntes CE-Zeichen. Dabei geht es um Normen der Europäischen Union. Das heißt, damit werden technische Rahmenbedingungen vorgegeben.

Der Herr Staatssekretär sprach auch an, dass mit dem Entwurf dieses Artikelgesetzes, das gerade eingebracht wurde, auch das hessische Eisenbahnrecht geändert wird. Sie wissen – das wurde von der Opposition eben schon einmal eingeworfen –, dass es dabei auch um den diskriminierungsfreien Zugang zum Schienennetz geht. Sicherlich gibt es an manchen Orten eine Eisenbahninfrastruktur, die nicht der öffentlichen Hand gehört. Dort ist ein diskriminierungsfreier Zugang nur gewährleistet, wenn

alle Anbieter,die Schienenfahrzeuge einsetzen,zum Zuge kommen können.

Anders verhält sich das bei den Seilbahnen. Die Seilbahn ist mit ihrer Infrastruktur, dem Seil, und auch mit den Masten verbunden. Sie kann nicht ohne das Seil gefahren werden.

Im Schienenverkehr bewegen sich die Fahrzeuge auf dem Gleiskörper, der die Infrastruktur darstellt. Hier muss ein diskriminierungsfreier Zugang gewährleistet werden,

(Gerhard Bökel (SPD): Das finde ich in Ordnung!)

damit hier auch Wettbewerb stattfinden kann.

Wir wollen, dass die Wirtschaft Entlastung erfährt. Wir wollen, dass der Transport von Gütern auf diesen Verkehrswegen vorgenommen werden kann. Ich erwarte, dass wir uns während der Beratung im Ausschuss und auch durch eine Anhörung noch einmal sehr intensiv mit diesem Gesetzentwurf befassen. Mit der Richtlinie über Seilbahnen für den Personenverkehr hat man sich uneingeschränkt an dieses neue Konzept gehalten. Damit wird ein diskriminierungsfreier Zugang wirklich möglich.

(Gerhard Bökel (SPD): Dann müssen wir die ganzen Seilbahnen besichtigen!)

Herr Bökel, wer mit diesem Konzept vertraut ist, muss nicht umlernen. Wer es nicht ist, kann von der Europäischen Kommission einen Leitfaden anfordern. Er umfasst 200 bis 300 Seiten zu diesem Thema.

(Gerhard Bökel (SPD): Da bin ich dabei!)