Protokoll der Sitzung vom 17.05.2006

Damit wird auch die Politik der letzten sieben Jahre fortgeführt.Wir haben immer gesagt:Wir wollen,dass die Verantwortung auf die Personen verlagert wird, die vor Ort sind. Diejenigen, die die Entscheidung treffen, sollen den Bürgern auch Auge in Auge gegenübertreten müssen. Sie sollen den Bürgern erklären, warum sie so und nicht anders entschieden haben.

Ich möchte noch einige Anmerkungen zum Hessischen Forstgesetz machen, das wir ebenfalls verändern wollen. Auch dort geht es um Verwaltungsvereinfachung. Gerade im Forstrecht hat es eine große Regelungsdichte gegeben. Auf die kommunalen und privaten Waldbesitzer hat sich das in der Form ausgewirkt, dass es regelmäßige Kontrollen gegeben hat.

Ich denke, man muss hierzu anmerken, dass die meisten Waldbesitzer Hessens – sie besitzen zusammen mehr als 85 % der Waldflächen – ihren Wald bisher einer freiwilligen Zertifizierung unterzogen haben. Das ist der höchste Wert,den es in der Bundesrepublik Deutschland gibt.Das zeigt, dass es bei den Waldbesitzern ein ausgeprägtes Bewusstsein für eine nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes gibt. Deswegen musste man sich auch fragen, ob man die Vorschriften zur Genehmigung der Betriebspläne bei privaten Waldbesitzern nicht lockern sollte. Ich denke, wir können hier auf die zusätzlich erfolgte Zertifizierung reagieren.Denn es hat sich gezeigt,dass die Waldbesitzer verantwortungsvoll mit ihrem Wald umgehen.

Als wir das letzte Mal das Hessische Forstgesetz novelliert haben, haben wir auch über das Thema Zwangsbeförsterung diskutiert. Damals wurde uns vorhergesagt, dass die Kommunen,wenn sie Wahlfreiheit erhielten,massenweise auf unsere Dienstleistungen verzichten würden. Nur wenige Kommunen haben das aber getan.

Ich denke, wir können das weiterentwickeln. Das betrifft z. B. die Waldeckische Domanialverwaltung. Sie verwaltet den größten hessischen Kommunalwaldbesitz.Wir wollen auch hier dem Grundsatz folgen und diese Möglichkeit einräumen.Sie soll den gleichen Status erhalten,wie er für

den Kommunalwald gilt.Auch hier soll Wahlfreiheit gegeben werden.

Sicherlich werden wir auch noch über eine andere Frage diskutieren müssen. Dabei geht es um die forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse. Das ist insbesondere auch vor dem Hintergrund ein Thema,dass sich das Kartellamt und die Europäische Union damit beschäftigen. Ich meine aber, wir sollten das Zeichen geben, dass wir diese Zusammenschlüsse fördern wollen. In welchem Umfang dies geschehen soll, wird sicherlich in den nächsten Monaten oder Jahren eingeschätzt werden müssen.

Ich glaube, mit der Novelle, die wir Ihnen vorgelegt haben, wird es gelingen, die hessische Natur effizient und bürgernah zu schützen. Es ging uns auch darum, zu Verwaltungsvereinfachungen zu kommen. Wir wollen den Vorrang des Vertragsnaturschutzes beibehalten. Denn wir glauben, das ist die Entwicklung in die richtige Richtung.

Ich bitte Sie, den Gesetzentwurf in den folgenden Beratungen positiv zu begleiten. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister Dietzel, vielen Dank. – Wir treten nunmehr in die Aussprache ein. Als Erster erhält Herr Heidel für die FDP-Fraktion das Wort. Herr Heidel, die vereinbarte Redezeit beträgt 15 Minuten je Fraktion.

(Armin Klein (Wiesbaden) (CDU): Das ist die maximale Redezeit!)

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der von der Hessischen Landesregierung vorgelegte Gesetzentwurf zur Novellierung des Hessischen Naturschutzgesetzes beinhaltet im Wesentlichen die Umsetzung rechtlicher Bestimmungen des Bundes oder der europäischen Ebene in hessisches Recht. Es geht dabei um die Umsetzung der FFH-Richtlinie und um die Natura-2000-Gebiete. Da sollen die Gesetze angepasst werden.Außerdem wird für die Zukunft ein kooperativer Umweltschutz angestrebt. Das haben wir schon bei dem zuvor aufgerufenen Tagesordnungspunkt diskutiert. Das wird von der FDP ausdrücklich begrüßt.

Hinsichtlich der Umsetzung des Rechts der Europäischen Union möchte ich die FFH-Richtlinie aufgreifen. Dabei geht es um Maßnahmen der Bewahrung und der Wiederherstellung von Gebieten. Die Gebiete sollen in einem günstigen Zustand erhalten werden. Das reicht von Hinweisen zur Bewirtschaftung bis hin zu Geboten und Angeboten für die Bewirtschaftung. Das soll aber nicht mit der Keule der Verbote umgesetzt werden. Das soll mit dieser Novellierung zum Tragen kommen.

Ich glaube, wir können den Naturschutz nur effektiv betreiben,wenn wir uns mit denjenigen,die in der Land- und Forstwirtschaft tätig sind, die also die Situation vor Ort am besten kennen, gemeinsam auf diesen Weg begeben. Wir müssen die Menschen mitnehmen und dürfen sie nicht gängeln.

(Beifall der Abg. Nicola Beer (FDP), Armin Klein (Wiesbaden) und Kurt Wiegel (CDU))

Ein weiterer Punkt ist die Absicht, das Naturschutzrecht mit den wirtschaftlichen Belangen und Anforderungen besser zu vereinbaren, die es in unserem Lande gibt. Das heißt nicht, dass das Naturschutzrecht entschärft werden soll. Vielmehr bedeutet das, dass man die Möglichkeiten der Vereinfachung nutzt, um das Naturschutzrecht so zu gestalten, dass eine positive wirtschaftliche Entwicklung nicht gänzlich ausgeschlossen oder verboten wird.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ach du liebe Zeit!)

Vielmehr muss eine wirtschaftliche Entwicklung möglich sein. Auch das wird von der FDP uneingeschränkt mitgetragen.

(Norbert Schmitt (SPD): An der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung in Hessen ist der Naturschutz schuld, das ist völlig klar!)

Nachher möchte ich noch auf einige Punkte eingehen, zu denen wir noch Diskussionsbedarf sehen.

Das Thema „geschützte Biotope“ wurde schon angesprochen. Hier ist eine Regelung gefunden worden, die das Recht der Europäischen Union 1 : 1 umsetzt. Die FDP hat das schon lange gefordert. Die Mitglieder der FDP haben so etwas für viele andere Bereiche gefordert. Wenn wir darüber diskutiert haben, wie wir mit dem Recht auf der Ebene der Europäischen Union umgehen sollen,dann haben wir immer die Forderung erhoben, dass das 1 : 1 umgesetzt werden soll. Also auch das ist ein Schritt in die richtige Richtung.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Ja!)

Ich möchte auf das Thema Landschaftspläne zu sprechen kommen.Wer erlebt, wie sich in der Kommunalpolitik damit auseinander gesetzt wird, der weiß, wie schwierig das bisher umzusetzen ist. Derjenige weiß auch, dass die Landschaftspläne und die Flächennutzungspläne miteinander verknüpft werden müssen. Es ist deshalb absolut richtig, dass das jetzt in einem Plan zusammengeführt werden soll. Dies zu integrieren ist nach meiner Auffassung der richtige Schritt. Zum einen ergibt sich dadurch eine Kostenersparnis für die kommunalen Haushalte. Zum anderen lässt sich aber auch Zeit bei der Umsetzung entsprechender Maßnahmen einsparen.

Wir, die Mitglieder der FDP-Fraktion, könnten uns vorstellen, dass man noch einen Schritt weitergeht. Man könnte auch die Landschaftsprogramme in den Landesentwicklungsplan einfließen lassen. Man könnte auch das noch zusammenführen, um zu einer Vereinfachung zu kommen.Wir hielten das für sinnvoll.

Das Thema Landschaftsschutzgebiete wurde angesprochen. Es geht da auch um die Streichung mancher Landschaftsschutzgebietverordnung. Ich möchte dazu Folgendes feststellen: Naturschutzfachlich gehen die Regelungen in den Verordnungen zu den Landschaftsschutzgebieten nicht wesentlich über die allgemeinen Eingriffsregelungen hinaus. Ich glaube, das ist unbestritten. Unserer Auffassung nach sollte man deshalb sagen: Das sollte zusammengefasst werden. Weniger zu regeln ist da wahrscheinlich mehr, als wenn zu viel reglementiert wird.

Natura 2000 wurde bereits angesprochen. Auch der Herr Minister hat das angesprochen. Ein bestimmter Prozentsatz der Landesfläche weist die entsprechende Schutzkategorie auf. Dabei kann man sicherlich festhalten, dass sich das mit anderen Schutzkategorien überlappt. Dem Bürger ist es manchmal nicht verständlich, warum so viele

unterschiedliche Schutzverordnungen für eine Fläche greifen. Ich meine, das wird in Zukunft stringent zu vereinfachen sein. Das muss für jeden handhabbar und begreifbar sein.

An der Stelle wird auch ein bisschen deutlich, dass es dort einen Widerspruch zwischen den Naturschutzverbänden gibt.Es hat schon vorab Stellungnahmen gegeben.Daraus lässt sich erkennen, dass zum einen das Engagement für die Windenergie sehr groß ist. Herr Dr. Lübcke, gleichzeitig wird aber die Befürchtung geäußert, diese Form der Bebauung könnte ausufern, und es könnte zu einer Verspargelung der Landschaft kommen.

(Beifall des Abg. Michael Denzin (FDP))

Ich kann da nur einfordern, das mit gesundem Menschenverstand zu betrachten und das mit Augenmaß anzugehen, damit wir hier vorankommen und nicht zu dem einen oder anderen Extrem gelangen.

(Beifall des Abg. Michael Denzin (FDP) – FrankPeter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sind mehr für die strahlende Zukunft!)

Natura 2000 habe ich angesprochen. Die Naturschutzdatenhaltung ist sicherlich etwas, wo viele Leute fragen: An wie vielen Stellen werden denn die Daten in Zukunft gehalten, wer alles wird Daten sammeln? Hier müssen wir einmal aufarbeiten, was europäisches Recht vorsieht, wo in Europa schon eine Datenhaltung ist und ob man das nicht in Teilen übernehmen kann, um nicht wieder auf hessischer Ebene etwas aufbauen zu müssen.

Zum Forstgesetz. Die Walderhaltungsabgabe für die Natura-2000-Stiftung kann man durchaus positiv bewerten. Herr Minister, zu Forsteinrichtungswerken unterstütze ich ausdrücklich das, was Sie eben gesagt haben. Mit der Zertifizierung sind wir dort auf einem richtigen Weg.

Das Thema Waldeckische Domanialverwaltung wird uns sicher in anderen Bereichen der forstlichen Zusammenschlüsse noch beschäftigen müssen. Es gibt mittlerweile wohl auch entsprechende Entwürfe. Das sollten wir wirklich angehen. Ich habe eine Bitte:Wenn die Waldeckische Domanialverwaltung jetzt statt der gesetzlich vorgeschriebenen Beförsterung die Wahlmöglichkeit erhält, würde ich gern bei der Waldeckischen Domanialverwaltung auch einführen, dass Frankenberger demnächst in der Domanialkommission sitzen dürfen.

(Dr. Walter Lübcke (CDU) und Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP):Ah!)

Schade,Reinhard Kahl ist jetzt nicht da.Wir haben es neulich schon einmal diskutiert.

(Gerhard Bökel (SPD): Sei doch froh, dass die Waldecker nicht wieder selbstständig werden wollen!)

Lassen Sie mich zusammenfassend sagen: Der Ansatz im Naturschutz, zum einen mit den Eigentümern, mit den Bewirtschaftern gemeinsam Naturschutz vorantreiben zu wollen, ist richtig. Es ist nach unserer Auffassung ebenso richtig, wenn der Verbots- und Gebotsdschungel einmal durchforstet wird.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Es ist auch richtig, wenn jetzt Verfahrensbeschleunigungen und Verwaltungsvereinfachungen im Zusammenhang mit Infrastrukturprojekten angegangen werden. Ich verweise nur auf die Kommission des Kollegen Posch, die in diesen Bereichen weit gehende Vorschläge gemacht hat.

(Beifall bei der FDP)

Den Vertragsnaturschutz habe ich schon begrüßt. Ich will noch einen Punkt aufgreifen, der im Zusammenhang mit Infrastrukturprojekten steht und der widersprüchlich ist: der Protest der Bürgerinnen und Bürger gegen den Einsatz des NABU zum Aufhalten der weiteren Baufortschritte an der A 44. Der NABU klagt dagegen. Das wird von den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort ganz anders gesehen.Der Bürgermeister gestern hätte sicherlich etwas dazu sagen können.

(Norbert Schmitt (SPD): Hat er ja!)

Die Kompensationsmaßnahmen sind auf den Weg gebracht worden. Ich begrüße ausdrücklich die Erhaltung wertvoller landwirtschaftlicher Flächen und verweise bei der ganzen Argumentation noch einmal darauf, dass gerade die wertvollen landwirtschaftlichen Flächen es sicherstellen, hochwertige Nahrungsmittel mit geringstmöglichem Einsatz von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln zu produzieren.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ohne Gentechnik!)

Deshalb muss gerade für diese hochwertigen landwirtschaftlichen Flächen ein Schutz greifen.

Zum Abschluss. Wir als FDP gehen davon aus, dass der Mensch allmählich erkennt, dass der Wert von Umwelt und Natur für die Zukunft enorm an Bedeutung gewinnen wird, dass es uns gelingen muss, die Eingriffe auf das notwendigste Maß zu beschränken, dass aber gleichzeitig angesagt ist, diese Eingriffe dann, wenn sie unausweichlich sind, sinnvoll auszugleichen, damit im Umkehrschluss der Mensch wiederum versteht, was dort gemacht wird und warum das gemacht wird.Das halte ich für einen ganz wichtigen Punkt in der zukünftigen Umwelt- und Naturschutzpolitik.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Heidel. Sie haben das von der Redezeit her wieder gut eingearbeitet. – Frau Hammann, Sie haben als Nächste das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Michael Boddenberg (CDU): Denken Sie an Ihre guten Vorsätze, Frau Kollegin!)