(Norbert Schmitt (SPD): Das wird doch gerade abgeschafft, wenn die Landschaftsschutzgebiete wegfallen!)
Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil Herr Denzin darauf verwiesen hat, dass er den Naturschutz sehr wohl achtet und dass er versucht,für den Naturschutz die richtigen Entscheidungen zu treffen. Er hat das Beispiel der Streuobstwiesen genannt. Ich glaube aber, dass Sie sehr wohl mit der Landesregierung d’accord sind, dass dieser Schutz, wie er bisher im Gesetz gestanden hat, entfallen soll.
Herr Denzin, wir haben keinen Schutz dieser Streuobstwiesenbestände. Das ist Fakt. Sie können einen Eingriff in diesen Bereichen vornehmen und entsprechende Ausgleichsmaßnahmen vornehmen.
Herr Denzin, ich möchte Ihnen einen Kollegen nennen, den Sie sicher sehr gut kennen. Ich habe einen Presseartikel zu Herrn Hielscher dabei. Für diejenigen, die ihn nicht mehr kennen: Das ist ein früherer Landtagsabgeordneter der FDP. Da heißt es:
Kopfschütteln ruft die geplante Änderung des Hessischen Naturschutzgesetzes bei dem Ersten Kreisbeigeordneten Hans-Jürgen Hielscher (FDP) hervor. Der Umweltdezernent kritisiert die von der CDU-Landesregierung geplante Herausnahme der Streuobstbestände aus dem Katalog der gesetzlich geschützten Biotope.
Streuobstbestände prägten nicht nur traditionell das Landschaftsbild und dienten der Apfelweinkelterung als „Grund-Stöffche“, sondern seien auch wichtige Lebensräume für seltene Tiere und Pflanzen. Gerade die typischen Vogelarten...
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist schon merkwürdig, was hier alles an Unwahrheiten und Unterstellungen in der Hoffnung verbreitet wird, daraus ein parteipolitisches Süppchen kochen zu können.
Bleiben wir zunächst bei den Streuobstbeständen. Die Streuobstwiesen sind im Bundesnaturschutzgesetz, das bekanntlich noch Jürgen Trittin zu verantworten hatte, in keiner Weise enthalten, ebenso wenig wie die Trockenmauern und die Feldgehölze. Niemand, weder von den Roten noch von den GRÜNEN, hat bisher Herrn Trittin unterstellt, er habe dadurch, dass die Streuobstbestände, die Feldgehölze und die Trockenmauern im Bundesnaturschutzgesetz nicht als gesetzlich geschützte Biotope verankert sind, die Absicht verfolgt, diese zu vernichten. Das, was hier behauptet wird, ist schlicht und ergreifend dummes Zeug.
Die Streuobstbestände haben, auch wenn sie im Landesnaturschutzgesetz nicht mehr dezidiert als gesetzlich geschützte Biotope ausgewiesen sind,natürlich weiterhin ihren Schutzstatus. Die UNBs können nämlich in der Ver
antwortung der Kreise selbstständig entscheiden, ob der Schutzstatus weiterhin aufrechterhalten werden soll oder ob er unter Umständen fallen kann.
Im Rahmen von Cross Compliance – das ist das Monstrum, wonach den Landwirten in Zukunft Fördermittel ausgezahlt werden – gibt es wunderschöne, per Satellit aufgenommene Luftbilder, auf denen zu sehen ist, welche Marke die Zigarette hat, die Sie in der Hand halten. Auf diesen Luftbildern ist jeder einzelne Streuobstbestand, der nicht entfernt werden darf, als Landschaftselement aufgezeichnet.
Frau Hammann, Sie scheinen mit Cross Compliance nichts am Hut zu haben. Sonst würden Sie nicht behaupten, das sei Unsinn. Es ist Fakt. Die Auszahlung landwirtschaftlicher Förderprämien wird am Erhalt von Landschaftselementen festgemacht.Wenn Frau Hammann hier die Argumentation des Apfelweinverbands anführt, wonach der Erhalt der Streuobstbestände erforderlich sei, weil man zur Herstellung von Apfelwein bekanntlich diesen Grundstoff benötige,sage ich dazu:Das ist genau richtig; genau das ist unsere Intention. – Jeder, der sich mit Apfelbäumen auskennt, weiß, dass Apfelbäume ihre Ertragskraft spätestens nach 30 Jahren verloren haben. Wenn man die Streuobstbestände auch weiterhin in ihrer Funktion als Apfellieferanten erhalten will, muss man die Möglichkeit schaffen, Nachpflanzungen für aus Altersgründen abgängige Bäume durchzuführen.
Diese Nachpflanzungen dürfen nicht erst dann erfolgen, wenn eine Naturschutzbehörde ein Häkchen dahinter gesetzt hat, sondern sie müssen aus eigener Verantwortung derjenigen, die diese Streuobstbestände bisher gepflegt haben und auch weiterhin pflegen, vorgenommen werden. Aus welchem Grund müssen wir denn die Naturschutzbehörde fragen, ob, bitte schön, ein altersabgängiger Apfelbaum durch einen neuen ersetzt werden kann, damit der hessische Apfelwein auch weiterhin aus hessischen Äpfeln hergestellt werden kann?
Das, was Frau Hammann hier vorgetragen hat, spiegelt ein klein wenig das Selbstverständnis der GRÜNEN im Hinblick auf den Naturschutz wider. Das ist ein völlig anderes Selbstverständnis, als wir haben.
Für uns sind nachhaltiger Naturschutz und Schutz privaten Eigentums kein Widerspruch. Deshalb setzen wir von Anfang an auf Kooperation statt Konfrontation. Landund forstwirtschaftliche Eigentümer haben über Jahrhunderte hinweg aus eigenem Interesse – ohne Naturschutzreglementierung – die Fruchtbarkeit der Böden gefördert und erhalten sowie durch behutsames Gestalten eine an die Landschaft und die Region angepasste Kulturlandschaft geschaffen. Bauern und Waldbesitzer haben ihre Böden aus eigenem Interesse als wichtigste Grundlage angesehen. Für ihre Gesundheit wurde jahrhundertelang
Aus Besitzer- und Nutzerinteresse dürfte Wald und Boden nie mehr abverlangt werden, als sich in einer Vegetationsperiode regenerieren kann. Jedes andere, nicht nachhaltige Wirtschaften hätte zwangsläufig den Niedergang von Land und Wald und somit einen Wertverlust des gesamten Betriebs zur Folge gehabt.
Der Anbau für den Markt unter Berücksichtigung natürlicher Standortverhältnisse bedeutet aber auch, dass die Konsumenten land- und forstwirtschaftlicher Produkte für deren Herstellung insofern Verantwortung tragen, als sie bereit sind, für Produkte aus der Region den Preis zu zahlen, der notwendig ist, um die Bodenfruchtbarkeit, Sozialstandards, den Tierschutz und die Erhaltung der Naturlandschaft weiterhin fair zu vergüten.
Fairer Handel beginnt nicht in der so genannten Dritten Welt, sondern vor der eigenen Haustür. Faire Preise bedeuten, es nicht zuzulassen, dass wertvolles Brotgetreide aus der Region billig verramscht wird und Landwirte in die thermische Verwertung von Getreide getrieben werden. Sie bedeuten, es nicht zuzulassen, dass rotkernige heimische Buche aus optischen Gründen in den Ofen wandert, statt auf der Werkbank des Tischlers zu landen. Sie bedeuten, es nicht zuzulassen, dass osteuropäisches oder sogar asiatisches Konzentrat Äpfeln aus heimischen Streuobstbeständen vorgezogen wird, weil Lebensmittel gar nicht billig genug sein können.Wir können unsere Natur- und Kulturlandschaft nur dann auf Dauer erhalten, wenn viele Konsumenten bereit sind, deren Produkte zu respektieren und einen angemessenen Preis dafür zu bezahlen.
Die 68er-Revolutionäre haben in ihrem fast vier Jahrzehnte langen Marsch durch die Institutionen versucht, unter dem Deckmäntelchen des Naturschutzes wohlverstandene, auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Eigentümerund Nutzerinteressen als naturfeindlich darzustellen.
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ein Blödsinn! – Gegenruf von der CDU: Das war so, Herr Kaufmann!)
Dem konnte nur noch der Staat mit Interventionen entgegentreten. Daraus resultieren bis zum heutigen Tag auf den unterschiedlichsten staatlichen Ebenen Versuche, land- und forstwirtschaftliches Privateigentum und das Wirtschaften auf diesen Flächen durch völlig überzogene, angeblich gut gemeinte gesetzliche Regelungen zu sozialisieren und die Bewirtschafter einem Generalverdacht zu unterwerfen.
Jüngstes Beispiel für diese völlige Fehlsteuerung und ein völlig fehlgeleitetes Naturverständnis ist die Klage der EU-Kommission gegen Deutschland.
Danach kann auch die unbeabsichtigte Zerstörung eines Lebensraums, einer so genannten Anhang-IV-Art, innerhalb und außerhalb der Schutzgebiete, also auf der gesamten Landesfläche, unter Strafe gestellt werden. Jetzt könnte man noch einigermaßen gelassen sein und sich sagen: Das ist die Meinung der EU-Kommission. Dieser
Weit gefehlt, meine Damen und Herren. Im Januar dieses Jahres hat der Europäische Gerichtshof der Klage der EU-Kommission gegen Deutschland stattgegeben. Demnach muss auch die absichtslose Zerstörung des Lebensraums einer Anhang-IV-Art unter Strafe gestellt werden. Der Europäische Gerichtshof hat Deutschland verurteilt, das Bundesnaturschutzgesetz in diesem Sinn anzupassen. Für diejenigen, die es nicht wissen: Bei Anhang-IV-Arten handelt es sich um so populäre Tierarten wie Hamster, Spechte,Würmer und Kammmolche.