Protokoll der Sitzung vom 18.05.2006

Sie möchten keine Informationen haben; all das haben Sie hier bekommen. Vielmehr wollen Sie dieses Thema hier noch einmal nach dem Motto „Es wird schon etwas hängen bleiben“ vortragen. Deshalb werden Sie mir erlauben, auf jeden Punkt detailliert einzugehen.

Ich bin sehr gut vorbereitet und möchte Ihnen deswegen sagen:Wie immer ist nahezu alles falsch,was Sie vortragen haben – insbesondere das, was der Kollege Frömmrich vorträgt. Sie haben heute erklärt – der Kollege Rudolph hat das dann noch einmal ausgeführt –, der Hessen Agentur sei der Auftrag im November 2005 erteilt worden. Das ist falsch. Die schriftliche Antwort weist aus, dass der Auftrag im Januar 2006 erteilt worden ist.Warum?

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nachdem der erste Termin nicht geklappt hat, weil Beckenbauer keine Zeit hatte! Veräppeln kann ich mich auch alleine!)

Herr Al-Wazir, da Sie auf diesem Gebiet so kundig sind, gestatten Sie mir jetzt zwei Bemerkungen. Für jemanden, der die Debatten hier hört und der sich damit auskennt, wie eine solche Veranstaltung, gerade wenn man sich die Beteiligung des internationalen Fußballs wünscht, überhaupt nur auf die Beine gestellt werden kann, ist die Beurteilung, die hier erfolgt, im besten Fall naiv. Glauben Sie im Ernst, dass Sie eine solche Veranstaltung, unter Beteiligung der Weltorganisation für Fußball, des Weltfußballers des Jahres und des Weltschiedsrichters des Jahres, so ausrichten können, wie Sie auch sonst Veranstaltungen ausrichten? Das, was Sie sich hier vorstellen, ist geradezu naiv.

Ausgangspunkt war eine Veranstaltung der IHK, die im vergangenen Herbst in Wiesbaden stattgefunden hat. Ich weiß nicht, ob Sie hingegangen sind; ich habe jedenfalls daran teilgenommen. Unter dem Titel „Nutzen wir die WM zum Standortmarketing“ diente diese Veranstaltung der Vorbereitung auf die WM.

Dort ist der ausdrückliche Wunsch vorgetragen worden, gemeinsam mit dem Land etwas zu machen.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Von wem?)

Vom Oberbürgermeister und dem Stadtkämmerer. Da ich mit beiden gesprochen habe und noch hinreichend orientiert bin, kann ich Ihnen das sagen. Ungefähr 200 Leute waren im Saal; die können das bestätigen.

Ich habe das für richtig gehalten. Deshalb haben wir das unterstützt. Darüber hinaus lag zunächst die Zusage des Herrn Beckenbauer vor. Er wäre auch gekommen. Der Spielplan der Champions League hat das aber bedauerli

cherweise nicht zugelassen, sodass der Termin verschoben werden musste. Dann musste er ein zweites Mal verschoben werden.

Jetzt kommt der entscheidende Punkt: Eine solche Veranstaltung kann nur jemand durchführen, der unmittelbar in diesem Prozess steht und die ständigen Veränderungen begleitet. Natürlich kann auch eine andere Agentur so etwas machen.Aber sie kann es nicht, wenn sich die Grundvoraussetzungen alle zehn Tage ändern. Deshalb kann man zu einem Zeitpunkt, da man nicht weiß, ob die Veranstaltung stattfindet und was inhaltlich abläuft, keine Ausschreibung machen.

Ich will ausdrücklich sagen: Ich war an der Beauftragung nicht beteiligt – ich habe davon erst später erfahren –, aber ich habe sie ausdrücklich für richtig gehalten. Es gibt überhaupt kein schlechtes Gewissen.

(Gernot Grumbach (SPD): Das wäre bei Ihnen auch etwas Neues! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jeder, der die Verhältnisse kennt, unter denen eine solche Veranstaltung stattfindet, muss naiv sein, zu glauben, das sei eine von langer Hand geplante Geschichte, um eine im übrigen erfolgreiche Agentur zu beteiligen.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß,es wird mir nicht gelingen,Sie von Ihrer Tour abzubringen. Gleichwohl möchte ich zwei Bemerkungen hinzufügen. Kein Cent, kein Euro aus Mitteln des Hessischen Ministeriums des Innern oder eines sonstigen Ministeriums sind für diese Veranstaltung ausgegeben worden.

(Zurufe von der SPD)

Sie haben die Hessen-Agentur erwähnt.Herr Kollege Rudolph, zum Mitschreiben: Sie haben auch heute wieder mehrfach behauptet,die Hessen-Agentur werde zu 100 % aus Staatsgeldern finanziert.

(Günter Rudolph (SPD): Nein, überwiegend! – Weitere Zurufe von der SPD)

Aha. Die Hessen-Agentur wird eben nicht zu 100 % aus Staatsgeldern finanziert.

(Norbert Schmitt (SPD): Na und? – Weitere Zurufe von der SPD)

Herr Al-Wazir, Sie sollten es wissen: Ein gutes Drittel der Gelder wird von Dritten aufgebracht. Bei rund 25 Millionen c Umsatz der Hessen-Agentur ist hier ein Einsatz von 100.000 c erfolgt, den ich für richtig halte. Es ist Aufgabe der Hessen-Agentur, Standortmarketing zu betreiben. Deshalb war die Beauftragung richtig.

(Beifall bei der CDU – Lebhafte Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb bleibt es dabei, und deshalb habe ich das hier so vorgetragen. Nicht ein einziger hessischer Sportverein, nicht ein einziger anderer Berechtigter hat auch nur einen Cent weniger bekommen. Es war richtig, dass diese Veranstaltung durch Sponsoring finanziert wurde.Deshalb ist die Auftragvergabe weder rechtlich noch vom Stil her zu beanstanden.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bedauere ausdrücklich, dass es nicht gelingt, die WM wenigstens in diesem Hause zu nutzen, uns positiv darzustellen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Einzige, woran Ihnen liegt, ist nicht Aufklärung, sondern Klamauk.

Eine Bemerkung zum Schluss. Herr Kollege Frömmrich, ich verstehe ganz gut, was hier abläuft.Aber es gibt Grenzen.Ich weise in aller Form Ihre Bemerkung zurück,wenn es eng werde, schicke der Minister die Staatssekretärin vor. Diese Bemerkung ist – Herr Präsident, ich entschuldige mich schon im Vorfeld – eine wirkliche Sauerei.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So etwas geht mit mir nicht. Ich war in meiner Amtszeit bisher einen einzigen Tag krank.Deshalb muss ich mir weder von Herrn Frömmrich noch von irgendeinem anderen vorhalten lassen, ich sei zu feige, die Dinge vorzutragen. Diese Behauptung ist eine Sauerei.

(Anhaltender lebhafter Beifall der CDU)

Herr Kollege Kahl.

(Günter Rudolph (SPD): Er hat gesagt, er würde es genau so wieder machen! Das ist das Schlimme!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Innenminister, Sie haben total am Problem vorbeigeredet.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Um was geht es hier? Wir haben nichts gegen Standortmarketing. Das ist selbstverständlich wichtig.

(Michael Boddenberg (CDU):Was soll das mit den Sportplätzen in der Debatte?)

Einen solchen Auftrag aber einfach einem Parteikollegen zuzuschustern und dann noch zu behaupten, das wäre die einzig mögliche Agentur gewesen,der man diesen Auftrag habe geben können, das ist der eigentliche Skandal.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nur um das geht es in diesem Zusammenhang. Das ist nämlich eine Abwertung aller anderen Agenturen im Rhein-Main-Gebiet, wenn ein Minister das hier behauptet.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie bei einer solchen Aussage kein schlechtes Gewissen haben, dann zeigt das im Grunde genommen, welche Dimension es inzwischen angenommen hat, dass Sie Parteikollegen schlicht und einfach Aufträge zuschustern und dann noch behaupten, es sei alles in Ordnung. Das geht so nicht.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Günter Rudolph (SPD): Kein Unrechtsbewusstsein!)

Das Wort hat der Kollege Al-Wazir.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde, das, was der Kollege Beuth und Herr Minister Bouffier gesagt haben, hat die Sache eigentlich noch viel schlimmer gemacht, als sie vorher schon war.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der CDU: Oh!)

Sie haben nämlich überhaupt nicht verstanden, dass das Problem nicht darin besteht, dass man Veranstaltungen organisiert, dass das Problem nicht darin besteht, dass man Standortmarketing betreibt, dass das Problem nicht darin besteht, dass man die WM nutzen will. Das Problem ist, dass in Ihrem Gedankengebäude von vornherein nur eine einzige Agentur infrage gekommen ist. Das ist doch wirklich absurd. Es gibt im Rhein-Main-Gebiet wahrscheinlich mehr auf Sportveranstaltungen spezialisierte Agenturen als in irgendeinem anderen Ballungsraum in der Bundesrepublik Deutschland. Wenn Sie dann sagen, nur diese eine Agentur könne das leisten, dann behaupte ich, Herr Bouffier, das glauben Sie sich noch nicht einmal selber.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Zu sagen, der Auftrag sei erst Mitte Januar vergeben worden, nachdem uns berichtet wurde, dass die erste, am 9. Januar geplante Veranstaltung aufgrund des Fehlens von Herrn Beckenbauer nicht stattfinden konnte, macht das Ganze eigentlich noch verrückter, denn offensichtlich ist diese Agentur schon tätig geworden, bevor sie überhaupt beauftragt worden ist. Das heißt, die waren sich sehr sicher, dass ihr Honorar am Ende bezahlt werden würde.

Da zeigt sich wieder das eigentliche Problem. Der Stadtkämmerer von Wiesbaden ist ja kein Unbekannter.Er war einmal Büroleiter des Ministerpräsidenten. Der Geschäftsführer der Hessen-Agentur ist ja kein Unbekannter. Er war einmal Bürgermeister von Eschborn. Herr Hoff ist ebenfalls kein Unbekannter. Er sitzt hier im Parlament.Das heißt,einer schiebt dem anderen die Aufträge zu. Es bleibt alles bei der Tankstelle und ihrem Umfeld: wie im Kabinett, so bei der Auftragsvergabe. Das ist das eigentliche Problem.