Nachdem wir uns lange gefreut und sicherlich das eine oder andere Getränk zu uns genommen haben,haben sich an dem Mittwoch danach,das war der 10.,Volker Bouffier und Jörg-Uwe Hahn mit den Mitarbeitern aus den Bereichen von Innen und Recht der beiden Koalitionsfraktionen getroffen – Armin Klein und andere waren dabei gewesen – und haben sich vorgenommen, die Sicherheitsarchitektur, d. h. die Organisationsstruktur, wie aber auch die Unterstützung für die hessische Polizei neu zu stricken.
Wir haben unter anderem erörtert und letztlich beschlossen, dass die Organisation weg von den Direktionen, Präsidien, wie auch immer gestrickt in Hessen, zu Flächenpräsidien geändert wird, dass es eine neue Organisation im Bereich der Nichtfläche, PTLV, und anderes gibt.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sehr „erfolgreiches“ Projekt, wie man sieht – immerhin ein Korruptionsuntersuchungsausschuss!)
Die ist auch sehr erfolgreich, Herr Kollege Frömmrich. Das sehen wir im Untersuchungsausschuss immer wieder. Dass der eine oder andere Mensch Fehler gemacht hat, das gab es zu rot-grüner Zeit,das gab es zu schwarz-gelber Zeit, das wird es zu allen Zeiten geben, Herr Kollege Frömmrich.
Hören Sie doch mit Ihren unsinnigen Zwischenrufen auf. Sie sind doch bei den Untersuchungsausschusssitzungen. Sie haben die Augen auf und werden dann auch die Ohren auf haben, Herr Kollege Frömmrich.
Es war ein ordentlicher Kompromiss. Es war eine zukunftsweisende Überlegung bis hin zu den Fragen, zum einen, wie die Organisation neu gemacht wird, und zum Zweiten, wie die Inhalte neu gemacht werden, d. h. Änderung des HSOG in den Bereichen Videoüberwachung, längerfristige Ingewahrsamsnahme und anderes mehr. Zum Dritten hatten wir das Thema zu erörtern, wie wir mit einer modernen Polizei im Eingang des nächsten Jahrtausends fertig werden, die nicht mehr eine dreigeteilte Laufbahn hat, die nicht mehr mit nur fachlich und nicht hochschulmäßig ausgebildeten Polizeibeamten belegt wird, sondern bei der im Rahmen der zweigeteilten Laufbahn Männer und Frauen Polizeidienst beginnen werden, die ein Hochschulstudium hinter sich haben.
Wir – Volker Bouffier und ich als die Delegationsleiter, Armin Klein und andere waren die ganze Zeit dabei – kamen relativ schnell zu dem Ergebnis:Wir müssen uns einmal überlegen, wie wir dieser Vollzugspolizei noch Hilfestellung so geben können, dass die Beamten nicht frustriert darüber sind, dass sie Tätigkeiten machen müssen, für die sie in keinster Weise ausgebildet – also überausgebildet – sind, die auch betriebswirtschaftlich, wenn man das Unternehmen Polizei einmal als Betrieb sieht, nicht mit einer Besoldung des gehobenen Dienstes oder des höheren Dienstes bezahlt werden soll, und wie man das lösen kann.
Damals gab es zwei Modelle. Es gab das eine Modell, das wir als FDP damals noch Objektschutzpolizei genannt haben, das heute umgesetzt ist und Wachpolizei in Hessen heißt. Und es gab das andere Modell, das damals die Union noch freiwillige Polizeireserve genannt hat und das heute freiwilliger Polizeidienst heißt.
Beide von uns – die Kollegen von der Union und wir – hatten Vorbilder in anderen Ländern, die uns inspiriert haben, so etwas zu tun. Das Vorbild für Volker Bouffier und seine CDU-Freunde war Baden-Württemberg. Die in Baden-Württemberg gewachsene Struktur eines freiwilligen Polizeidienstes – wie es dort genau heißt, weiß ich nicht – hat jedenfalls vor ein paar Jahren den 50. Geburtstag feiern können.Er wurde direkt vor Gründung von BadenWürttemberg oder kurze Zeit danach in die Wege geleitet.
Er ist dort geschichtlich,so kann man fast schon sagen,parallel zur freiwilligen Feuerwehr und anderen freiwilligen Einrichtungen strukturell gewachsen. Damals hatten wir bei den Besprechungen – nicht nur intern,sondern das haben wir auch im Rahmen der ersten Regierungserklärung der Landesregierung von Roland Koch und Ruth Wagner von diesem Pult des Hessischen Landtags aus gesagt – Bedenken, dass es in Hessen nicht möglich ist, Männer und Frauen zu finden, die genauso wie in Baden-Württemberg nicht nur bereit sind, sondern auch in der Lage sind, in ihrer Freizeit Hilfsdienste im Rahmen der inneren Sicherheit zu organisieren.
Das waren damals unsere Bedenken. Nachdem wir in unserer gemeinsamen Verantwortung damit begonnen hat
ten, konnte ich nach eineinhalb Jahren der Evaluation auch sagen: Gott sei Dank ist es Volker Bouffier und seinen Mitarbeitern in der Polizei, dem damaligen und dem heutigen Polizeichef und vielen anderen gelungen, genügend Hessinnen und Hessen zu finden, die nicht nur bereit, sondern auch in der Lage sind, in ihrer Freizeit als Hilfskräfte im Rahmen der inneren Sicherheit tätig zu sein.
Ich halte es deshalb für relativ oberflächlich, wenn einige – sowohl in diesem Raum als auch darüber hinaus – immer wieder meinen, den freiwilligen Polizeidienst diskreditieren zu müssen.
Ich bin der festen Überzeugung, dass man Unterschiede organisiert hat, und das ganz bewusst. Ich bin der Überzeugung, dass man weiß, wie viel Hilfe ein Mensch des freiwilligen Polizeidienstes z. B. im Vergleich zu einem Menschen der Wachpolizei oder einem voll ausgebildeten Polizeibeamten bringt. Das hat etwas mit der Ausbildung und auch mit der Besoldung zu tun. Bei den Letzteren reden wir von gehobenem und mittlerem Dienst. Bei der Wachpolizei reden wir von BAT VII bis BAT V. Bei der freiwilligen Polizeireserve reden wir von ehrenamtlichen Kräften. Man kann sich trefflich darüber streiten, ob der Stundenlohn x Euro und 50 Cent sein muss oder nicht.
Ich glaube, dass ich der Erste gewesen bin, der an diesem Pult schlicht und ergreifend einmal private Erfahrungen geschildert hat, als mir mein Sohnemann, der in der freiwilligen Feuerwehr im aktiven Dienst tätig ist, erklärte, dass er das als relativ ungerecht empfinde, dass das für die Feuerwehr nicht gemacht wird, wohl aber für die Polizei. Das hat sich bei ihm jetzt auch relativiert, weil er gemerkt hat, dass man für eine Vielzahl von besonderen Verpflichtungen im Rahmen des freiwilligen Feuerwehrdienstes ebenfalls einen Stundenlohn bekommt. Es relativiert sich im Leben alles ein bisschen. Aber darüber kann man sich streiten.Sie wissen,dass wir Liberale diese im Gesetz festgeschriebene Finanzierungsform so nicht wollten.
Es war der Landrat des Main-Taunus-Kreises, Berthold Gall, der einmal von „lebenden Notrufsäulen“ gesprochen hat. Das ist sicherlich zum einen eine relativ despektierliche Beschreibung, zum anderen aber eine grundwahre Beschreibung der Tätigkeit, die Männer und Frauen des freiwilligen Polizeidienstes in Hessen erledigen.
Deshalb ist es eine Ergänzung zu dem Angebot, das wir in der hessischen Polizei haben. Wir Liberale haben die Bedenken hinsichtlich der Qualifikationsmöglichkeiten, die wir laut und deutlich zu Beginn geäußert haben, zurückgenommen. Ich darf daran erinnern, dass da von Sheriffs gesprochen wurde – auch mehrfach in diesem Hause.Wir mussten unsere Bedenken zurücknehmen.Deshalb ist das ein ergänzendes Modell.
Wir waren aber schon ein bisschen enttäuscht, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, dass hier mit diesem Antrag von Ihnen ausschließlich der freiwillige Polizeidienst „abgefeiert“ – ich sage das in Gänsefüßchen – werden sollte. Das halten wir für falsch.
Das halten wir auch für ungerecht, weil nämlich parallel zum freiwilligen Polizeidienst auch die Wachpolizei eingerichtet wurde – und zwar genau mit denselben Begründungen. Das fand zeitgleich und parallel statt. Denn wir haben uns damals in der Koalition geeinigt und gesagt:
Okay, wir versuchen in Hessen, beide Modelle einmal in Form des Modellversuches einzuführen, und dann schauen wir nach zwei bis drei Jahren, ob sie klappen oder nicht. – Beide sind gemeinsam eingeführt worden, und beide klappen auch. Beide haben andere Aufgaben zu erfüllen, wie ich eben schon gesagt habe. Sie werden auch anders bezahlt.
Aber, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der Union, es ist auch heute in der Mittagspause geglückt, dass wir die Debatte doch noch zusammenlegen können. Denn eigentlich kann man den freiwilligen Polizeidienst nicht ohne die Wachpolizei und die Wachpolizei nicht ohne den freiwilligen Polizeidienst debattieren, wenn man die Geschichte aufarbeitet und „Erfolgsmodell“ in die Überschrift schreibt.
Die Wachpolizei ist eine erhebliche Entlastung der Polizei. Ich darf daran erinnern, dass sich zu Beginn vor fünf Jahren die GdP mit aller Vehemenz gegen unser FDPModell der Wachpolizei, das in der Koalition umgesetzt wurde – natürlich verantwortlich vom Innenminister, von wem denn sonst, ansonsten klappt das auch nicht –, gewehrt hat.
Der damalige GdP-Landesvorsitzende Jörg Stein hat eine Vielzahl von Protestnoten und Kundgebungen dazu durchgeführt – immer mit der Begründung im Hintergrund: Jetzt wollt ihr wieder eine Polizei light einrichten oder,um es noch drastischer zu sagen,durch die Hintertür die zweigeteilte Laufbahn wieder auflösen. – Ich freue mich deshalb sehr, dass in der „Frankfurter Neuen Presse“ vom 20.06. ein Artikel von Christoph Barkewitz zu lesen ist, in dem Steins Nachfolger, Herr Bruchmüller, mit der Feststellung zitiert wird, dass die Wachpolizei gute Arbeit macht und integraler Bestandteil der hessischen Polizei ist.
Da bedanke ich mich auch bei den Gewerkschaftsfunktionären der GdP,dass sie ihren Irrtum erkannt haben und dass auch sie die Lage in der hessischen Polizei objektiv zur Kenntnis genommen haben – schöne Grüße an Herrn Rudolph – und das auch laut und deutlich sagen.
Wie gesagt, Herr Bruchmüller wird zitiert: Die Wachpolizisten machen eine gute Arbeit und sind integraler Bestandteil der hessischen Polizei.
Herr Präsident,meine sehr verehrten Damen und Herren, es wäre deshalb nicht gut, wenn wir heute nur den freiwilligen Polizeidienst erwähnen würden. Er ist lobend zu erwähnen. Aber es muss gleichzeitig auch die Wachpolizei erwähnt werden.
Nicht alle. – Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Innenminister war schon wieder etwas verkniffen, als ich an das Mikrofon ging. Dazu gibt es keinen Grund.
Herr Kollege Beuth, ich will Ihnen durchaus die Freude machen,zunächst einmal etwas zur Videoüberwachung zu sagen. Denn Sie haben das schon verstanden, wie ich es gestern erklärt habe.Das ist ein Mittel im Rahmen der polizeilichen Arbeit, aber es ist nicht das ausschließliche und nicht das alleinige Mittel. Das müssen wir einmal abräumen.
Sie haben das intellektuell auch so verstanden. Sie haben es an dieser Stelle nur ein bisschen verkürzt vorgetragen.
Zum Jubelantrag der CDU „Sechs Jahre freiwilliger Polizeidienst“ und den angeblichen Erfolgen. Da müssen wir uns einmal fragen, wie die Realität in Hessen aussieht. Herr Innenminister, ich mache jetzt etwas ganz Schlimmes. Ich zitiere Sie einfach.
Ja,das hat er besonders gerne,denn das ist nicht die böse Opposition, sind nicht die bösen Gewerkschaftsvertreter, nicht die bösen Personalräte, sondern das ist Originalton Volker Bouffier.Am 15. Februar 2000 hat er in der 28. Sitzung der 15.Wahlperiode Folgendes gesagt.Da ging es um die Einbringung dieses Gesetzentwurfes. Da kommen dann Ihre fabulierten Reden zu dieser neuen Sicherheitsarchitektur. Unter anderem sagte der Minister dann zum freiwilligen Polizeidienst, es gebe mit ihm keinen Stellenabbau bei der Vollzugspolizei. Nach sechs Jahren stellen wir fest: glatter Wortbruch.
Dann haben Sie sich groß ausgelassen über die angeblichen Versäumnisse von Gerhard Bökel und den Stellenabbau.Weil Sie das so gerne hören und weil Sie das immer wieder brauchen zur Auffrischung Ihres Gedächtnisses, welches nachlässt, sage ich Ihnen: Seit 1999 gibt es einen konsequenten Abbau von Stellen bei der Vollzugspolizei. Bis 2008 werden es 1.200 Stellen weniger in der Vollzugspolizei sein. Im Jahr 2000 haben Sie gesagt: Mit mir gibt es keinen Stellenabbau. – Also halten wir einmal sehr deutlich fest: glatter Wortbruch dieses Innenministers.
Mit der Einführung dieses so genannten freiwilligen Polizeivollzugsdienstes haben Sie zunächst einmal im Laufe der Jahre 250 Stellen im Vollzug umgewandelt in Wachpolizeistellen. Ich komme zur Wachpolizei, weil das in der Tat zusammen zu diskutieren ist. Sie haben also 250 Stellen umgewandelt. Das waren Kommissarstellen,A-9- und A-10-Stellen, die Sie in Wachpolizeistellen umgewandelt haben. 460 Vollzugsstellen haben Sie in Angestelltenstellen umgewandelt, 360 Stellen der PVS gemeldet – „Ope
ration düstere Zukunft“. Das ist die Bilanz im Zusammenhang mit sechs Jahren freiwilligem Polizeidienst.
Das Beispiel der Stadt Viernheim zeigt es doch. Zunächst war vorgesehen, die Polizeidienststelle nachts zu schließen. Es gab heftigste Proteste quer durch alle Parteien. Das Ergebnis war ein Kompromiss. Man hat dann dort stundenweise irgendwie die Polizeistation aufrechterhalten. Der freiwillige Polizeidienst hat auch dazu geführt, dass im Kern weniger reguläre Polizei zur Verfügung steht. Das werden wir auch weiterhin sehr deutlich kritisieren.
Herr Kollege Beuth, ich habe von Ihnen nichts zum Profil eines Polizeibeamten in der heutigen Zeit gehört. Ja, auch die Anforderungen an die Polizei verändern sich. Die gesellschaftlichen Anforderungen sind deutlich komplexer geworden. Zur Aufrechterhaltung und Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung brauchen wir gut ausgebildete und qualifizierte Polizeibeamte. Sie sollen Ansprechpartner vor Ort sein. Es gibt die Modelle mit dem Schutzmann vor Ort. Das ist in Ordnung. Diese Ideen gab es früher schon. Es gibt sie auch heute.Wir haben sie uns auch einmal woanders angesehen. Wenn Bürgerinnen und Bürger einen Polizeibeamten wahrnehmen, dann wollen sie die Kompetenz vor Ort. Dann wollen sie nicht jemanden, der im freiwilligen Polizeidienst arbeitet und 50 Stunden ausgebildet wurde, sondern sie wollen jemanden, der in der Lage ist, auf schwierige Fragen professionelle Antworten zu geben. Das ist der entscheidende Unterschied zwischen dem freiwilligen Polizeidienst und gut ausgebildeten Polizeibeamten,