Ich will Ihnen sagen, was die FDP in diesem Bereich erreichen will, weil ich der festen Überzeugung bin, dass das, was wir vorschlagen, der richtige Weg zu einer Arbeitsmarktreform ist, die diesen Namen wirklich verdient. Wir brauchen eine leistungs- und kundenorientierte Versicherungsagentur auf Bundesebene, die sich wirklich als Versicherungsagentur versteht und für die ersten zwölf Monate die Auszahlung des Arbeitslosengeldes übernimmt. Wir brauchen die Abschaffung der drittelparitätischen Selbstverwaltung der Bundesagentur für Arbeit.
Es darf doch nicht wahr sein, dass wir immer noch akzeptieren, dass sich Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter gegenseitig blockieren, gegenseitig in Fragen der Arbeitsverwaltung in die Hände spielen und letztendlich nichts bewegen.Die Arbeitsmarktpolitik ist auf Bundesebene zu leisten. Bei der Bundesagentur für Arbeit hat Politik nichts zu suchen. Die Bundesagentur für Arbeit ist kein politisches Instrument. Sie ist ein ausführendes Instrument. Sie hat auszuführen, was die Bundesregierung an Politik macht, aber sie ist nicht dafür da, selbst Politik zu betreiben. Deshalb fordern wir die Abschaffung der Drittelparität.
Für uns ist ganz elementar, dass wir in der Verantwortung für Hartz IV endlich zu einer viel größeren Transparenz und Flexibilität der Jobcenter kommen. Die Jobcenter haben Möglichkeiten, vor Ort auf die Probleme des Arbeitsmarktes einzugehen. Lassen wir ihnen doch diese Möglichkeiten. Wovor haben Sie Angst? Haben Sie Angst, dass Gelder missbraucht werden? Haben Sie Angst davor, dass die Jobcenter es vielleicht besser können? Haben Sie Angst davor, dass die BA überflüssig wird? Wenn Sie
Sie wollen keine wirkliche Reform in diesem Bereich, die den Betroffenen hilft, sondern Sie wollen eine Manifestierung des Status quo. Das wird uns nicht weiterhelfen.
Die vorgelegten Anträge helfen uns nicht weiter.Was uns weiterhelfen würde, wäre ein wirkliches Reformpaket zu Hartz IV. Das haben Sie nicht vorgelegt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Rentsch, ich möchte auf die Frage nach den Organisationsformen zurückkommen.Wir GRÜNE haben uns den Mund fusselig geredet und deutlich gemacht, dass für uns in der Arbeitsmarktpolitik die Organisationsform – ob nun eine Arbeitsgemeinschaft oder ein Optionsmodell eingeführt wird – zunächst einmal sekundär ist.Wir haben zu Beginn, auch in der Bundesregierung, dafür gekämpft, dass wir Arbeitsgemeinschaften bekommen. Das ist keine Frage.Aber wir haben in den Debatten der letzten Monaten immer wieder klargemacht, dass die Organisationsform sekundär ist.
Fakt ist, dass die Arbeit dort gut laufen muss und dass wir – Herr Rentsch, das hätten Sie etwas stärker betonen sollen – mehr Fördern statt Fordern brauchen. Seit eineinhalb Jahren wird gefordert, ja sogar schikaniert. Sie haben zum Teil mehr Kontrolleure als Betreuer, die sich um diese Leute kümmern. Die Menschen haben zum Teil keine Ansprechpartner.
Frau Fuhrmann, auch Sie wissen das. Fahren Sie in den Odenwald,an die Bergstraße,und schauen Sie sich an,wie es ist, wenn man dort versucht, einen Termin zu bekommen. Zweimal im Jahr hat man dort einen Ansprechpartner. Wenn man dann von einer „qualitativen Förderung“ spricht, ist das der blanke Hohn. Wenn man dann in Berlin noch Tabula rasa machen will, sage ich Ihnen: Das funktioniert nicht.
Es geht uns nicht um einen Statistikfetischismus. Wir brauchen die Zahlen nicht, um sie bei uns in den Schrank stellen zu können. Vielmehr sind die Zahlen ein Symbol dafür, wie gut oder wie schlecht vor Ort gearbeitet wird. Die These bleibt richtig: Wer nicht einmal in der Lage ist, Zahlen zu seiner Arbeit zu liefern, ist auch nicht in der Lage,Arbeitslose gut zu betreuen. – Das ist das Problem.
Bis vor kurzem verfügten wir über eine Statistik des Hessischen Landkreistags. Hier halte ich sie in den Händen.
Diese Statistik ist aber seit Januar informell, nicht mehr öffentlich. Sie betrifft ausschließlich die optierenden Jobcenter. Sie können sie nämlich im Internet bei der Bundesagentur für Arbeit heraussuchen.
Das wissen Sie; also liegt die Vermutung nahe, dass es dort etwas zu verheimlichen gibt. Machen Sie endlich etwas, damit die Menschen nicht nur drangsaliert, sondern auch gefördert werden. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Bocklet,wir sind in dieser Frage nicht einer Meinung. Wir haben nicht das Problem, dass es mehr Kontrolleure als Leistungsvermittler gibt. Das Problem ist vielmehr, dass es in vielerlei Hinsicht weder eine richtige Betreuung noch eine richtige Leistungsvermittlung gibt. Aber Sie können doch nicht behaupten, dass jemand, der sieben Monate lang eine Leistung bezieht, ohne kontrolliert zu werden, von Kontrolleuren bedrängt wird. In welcher Welt leben Sie denn, Herr Kollege Bocklet?
(Beifall bei der FDP – Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wo sind denn die Förderangebote?)
Ein weiteres Problem ist, dass Sie hier – meines Erachtens völlig unseriös – mit Zahlen hantieren, die nicht öffentlich in Umlauf sind. Sie haben behauptet – das haben Sie in einer Pressemitteilung festgestellt, aber auch im Ausschuss –, dass die Landesregierung die Zahlen nicht veröffentlicht, weil sie etwas verheimlichen will. Diese Tendenz schwang in jeder Ihrer Mitteilungen mit.
Sie haben gerade nichts zu den Zahlen gesagt, die z. B. der Bundesrechnungshof vorgelegt hat. Sie haben auch nichts zu dem gesagt, was der Bundesrechnungshof an der Umsetzung von Hartz IV durch die Arbeitsagenturen kritisiert hat. Dazu hätte ich in Ihrer Stellungnahme gern etwas gehört.
Es bleibt dabei, dass die Landesregierung nichts vorlegen kann. Sie kann nichts vorlegen, wenn sie von den Kommunen und den Arbeitsagenturen keine Zahlen geliefert bekommt. Die Landesregierung hat keine rechtliche Handhabe – das haben wir im Ausschuss gemeinsam festgestellt –, solche Zahlen zu verlangen. Sie muss darauf warten, dass diese Zahlen sozusagen präsentiert werden.
Lassen Sie uns doch nicht um den heißen Brei herumreden. Ich unterstütze Sie, wenn Sie sagen, wir benötigten solche Zahlen.Aber wir dürfen keine Schimäre nach dem Motto „Die Landesregierung soll sie vorlegen“ aufbauen, wenn sie sie nicht vorlegen kann. Der Kollege, der den Vortrag in der Ausschusssitzung gehalten hat, ist uns allen wohl bekannt. Er ist ein seriöses Mitglied des Sozialministeriums. Er hat einen sehr detaillierten Vortrag gehalten und uns aufgezeigt, warum die Zahlenübermittlung nicht funktioniert.
Herr Kollege Bocklet, entweder waren Sie nicht im Raum, oder Sie haben nicht zugehört, oder Sie wollten nicht zuhören. Keine dieser drei Lösungen ist befriedigend. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, an einer Stelle sind wir heute zumindest einen kleinen Schritt weitergekommen. Mit ihrem Antrag räumen nun auch die GRÜNEN ein, dass die damalige Bundesregierung bei ihren Arbeitsmarktreformen leider von Fehlannahmen ausgegangen ist.
Dazu komme ich später. Beruhigen Sie sich. Ich bin gerade beim ersten Satz. – Nur, als Sie Ihre Ausführungen gemacht haben, haben Sie leider völlig vergessen, dass die GRÜNEN, als Teil der Bundesregierung, an dem Reformwerk mitgewirkt haben.
Wir müssen heute feststellen, dass die Hartz-Reformen nicht zu mehr Beschäftigungsverhältnissen auf dem ersten Arbeitsmarkt geführt haben. Auch im Hinblick auf die Kosten muss festgestellt werden, dass im Jahre 2005, also im ersten Hartz-IV-Jahr, im Vergleich zu 2004 7 Milliarden c mehr an die damaligen Arbeitslosenhilfe- und Sozialhilfeempfänger gezahlt wurden. Somit war die Einschätzung der damaligen rot-grünen Regierung leider falsch, was die Kostenentwicklung betraf.
Da sich die Mitglieder der SPD-Fraktion gerade so aufgeregt haben, kann ich auch Herrn Steinbrück zitieren, der in der Zwischenzeit vom SGB II als von einem „Haushaltsrisiko“ spricht. Sie haben die Bundesländer angesprochen: Die Kritik aus einigen Bundesländern, die die Arbeitsmarktreform der Bundesregierung damals nicht blockieren, aber einzelne Punkte anders regeln wollten, hat offenkundig Substanz. Die CDU-geführte Bundesregierung hat nun die Aufgabe, die Reformfehler von RotGrün zu korrigieren.Sie macht das jetzt Schritt für Schritt.
Im SGB-II-Änderungsgesetz wurden umfangreiche Maßnahmen vorgelegt. Im Hartz-IV-Fortentwicklungsgesetz sind rund 70 weitere Maßnahmen vorgesehen.Das Gesetz enthält Regelungen zur Fortentwicklung des Leistungsrechts im SGB II,Verbesserungen der Verwaltungspraxis, Regelungen zur Vermeidung von Leistungsmissbrauch sowie die Einführung eines Wahlrechts zwischen Arbeitslosengeld II mit Befristungen und Kinderzuschlag. Zudem sind Änderungen zur Verbesserung des Zusammenwirkens mit anderen Rechts- und Leistungssystemen vorgesehen.
Geregelt wurde auch der Gründungszuschuss, der arbeitslose Menschen beim Einstieg in eine erfolgreiche und nachhaltige Selbstständigkeit unterstützen soll. Es ist überraschend, dass die GRÜNEN als ehemalige Regierungspartei und Mitverantwortliche für die arbeitsmarktpolitische Schieflage Kritik üben, wenn die bestehenden Probleme abgestellt werden sollen. Das Fortentwicklungsgesetz ist ein wichtiger Schritt, um diesen Problemen zu begegnen. Mit unserem Antrag machen wir deutlich, dass weitere Schritte folgen müssen.
Die Bemerkungen zur Missbrauchsdebatte, die wir hier auch heute wieder hören mussten, führen aus unserer Sicht nicht viel weiter. Herr Bocklet, es ist unbestritten, dass der größte Teil der Leistungsempfänger die Unterstützung zu Recht erhält und unverschuldet in eine Notlage gekommen ist.Pauschale Verurteilungen oder Aussagen, die die Leistungsempfänger des Missbrauchs beschuldigen, kann und darf es nicht geben. So weise ich auch Ihre Vorhaltungen, dass es seitens der CDU und anderer um Diskussionen über Abzocker oder Ähnliches gehe, zurück. Das geht an der Realität völlig vorbei.
Nur, es wäre unverantwortlich, zu ignorieren, dass es in einem nennenswerten Umfang zu Missbräuchen kommt und dass die Hartz-IV-Reform eher weitere Schlupflöcher geschaffen als geschlossen hat.
Die CDU-Landtagsfraktion begrüßt ausdrücklich, dass im Fortentwicklungsgesetz dem Missbrauch entgegengewirkt werden soll. Wer innerhalb eines Jahres zweimal eine angebotene Stelle oder Qualifizierungsmaßnahme ausschlägt,muss mit einer Kürzung der Leistungen um bis zu 60 % rechnen.Weigert sich ein ALG-II-Bezieher dreimal im Jahr ohne guten Grund, einen Job anzunehmen, können ihm die Leistungen komplett gestrichen werden.
Meine Damen und Herren, ich halte es für relativ polemisch, wenn, wie es in der Debatte vorhin der Fall war, über Metzger und die „Metzgerrolle der Landesregierung“ geredet wird.Worum geht es denn bei den Sanktionen? Es muss dafür gesorgt werden, dass die Menschen Arbeit haben.Wer dreimal ein Arbeitsangebot bekommt, es dreimal ablehnt und sagt: „Ich lebe lieber von dem, was andere erarbeiten“, braucht die umfangreiche Hilfe unseres Sozialsystems nicht.
Dass es nun zu verstärkten Kontrollen im Außendienst kommt und dass Behörden ihre Daten abgleichen, ist erforderlich, um dem Missbrauch zu begegnen. Es muss gewährleistet werden, dass durch die Bekämpfung des Leistungsmissbrauchs die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, um die tatsächlich Bedürftigen in dem erforderlichen Umfang unterstützen zu können. Dies wird auch von dem Ombudsrat zu Hartz IV ausdrücklich so gesehen.
Was die Bedarfsgemeinschaften angeht, werden von den Praktikern vor Ort seit einiger Zeit Warnsignale ausgesandt. Zukünftig wird bei eheähnlichen Gemeinschaften die Beweislast umgekehrt, und der Betroffene muss die Vermutung, dass es sich um eine Bedarfsgemeinschaft handelt, gegebenenfalls widerlegen und dies auch beweisen.
Ebenfalls auf Signale aus den Kommunen gehen die neuen – ähnlich notwendigen – Regelungen zum Erstbezug einer Wohnung von jungen Erwachsenen, die bisher im Elternhaus gewohnt haben, zurück. Bis zum 25. Lebensjahr des jungen Erwachsenen müssen künftig die kommunalen Träger die Erforderlichkeit hierfür bestätigen.
Wir wollen heute aber nicht im Allgemeinen verbleiben, sondern konkreten Handlungsbedarf benennen, den Sie auch in unserem Antrag vorfinden. Wir haben einzelne Punkte aufgeführt, die in den nächsten Wochen der Klärung und auch eines Gesprächs mit der Bundesregierung bedürfen.
Den zugelassenen kommunalen Trägern ist ein unbeschränkter Zugriff auf die Vermittlungsdatenbanken der BA einzuräumen.