(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir sind aufmerksam! – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, ich darf Sie auch bitten, den Präsidenten nicht zu beschimpfen. Ich bitte Sie jetzt um Aufmerksamkeit. Herr Dr.Wagner hat das Wort.
Einen Moment bitte, Herr Kollege Dr. Wagner. – Meine Damen und Herren, ich darf die Sitzung unterbrechen und den Ordnungsdienst bitten, dafür zu sorgen, dass die beiden Herren die Tribüne verlassen.
(Heiterkeit bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Tarek Al-Wazir (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsident, du brauchst eine Brille!)
Tut mir Leid, das kann ich nicht ändern. Da muss er anders ausreden. Darf ich den Ordnungsdienst bitten?
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie jetzt um Aufmerksamkeit. Sie können sich wieder beruhigen. Das Wort hat Herr Dr.Wagner.
Vielen Dank,Herr Präsident.– Mich interessiert übrigens, wie es möglich war, dass demonstrierende Studenten in das Rathaus eingedrungen sind. In einer der letzten Sitzungen gab es bereits einen ähnlichen Vorgang.Ich denke, das Präsidium sollte diesem Vorgang nachgehen.
Ich komme wieder auf das Thema zu sprechen.Auch verfassungsrechtlich ist der Weg, den wir beschreiten, völlig einwandfrei.
(Michael Siebel (SPD): Der, den Sie jetzt aufgeschrieben haben? Das glauben Sie doch selbst nicht! Das,was Sie einbringen,ist offensichtlich verfassungswidrig!)
In Art. 59 der Hessischen Verfassung heißt es: Das Gesetz „kann anordnen,dass ein angemessenes Schulgeld zu zahlen ist,wenn die wirtschaftliche Lage des Schülers...es gestattet“.
Erstens.Wir haben eine entsprechende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom letzten Jahr vorliegen. Zweitens haben wir ein Gutachten des Universitätsprofessors Pestalozza. Sowohl in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts als auch in dem Gutachten heißt es klar und deutlich, dass unser Weg, nämlich dass die Studenten das Darlehen im Anschluss an ihr Studium zurückzahlen – sofern sie gut verdienen –, verfassungsrechtlich völlig einwandfrei ist.
Deswegen betone ich noch einmal: Jeder hat die Möglichkeit, ein Studiendarlehen in Anspruch zu nehmen. Die Rückzahlung beginnt zwei Jahre nach Beendigung des Studiums – aber nur dann, wenn es die wirtschaftliche Situation des ehemaligen Studenten ermöglicht. Es gibt weitere Punkte. Sie kennen den Gesetzentwurf.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich kenne ihn, aber der Herr Minister hat gesagt, er gilt schon nicht mehr!)
Wir haben außerdem eine ganze Reihe von sozialen Komponenten aufgenommen, was zu Beitragsbefreiungen und -ermäßigungen in besonderen Lebenssituationen führt, z. B. bei der Kindererziehung, für besonders Begabte, bei Behinderung oder schwerer Krankheit sowie bei der Pflege naher Angehöriger.
Was versprechen wir uns von diesem Gesetz? Wir versprechen uns eine Verbesserung der Qualität des Lehrangebots: weg von überfüllten Hörsälen, weg von chronisch überbelegten Seminaren.
Stattdessen soll es mehr Mentorenprogramme und Tutorien, eine intensivere Studienberatung, eine höhere Betreuungsintensität und eine bessere Ausstattung der Bibliotheken geben.
Lassen Sie mich einige Sätze zum Verfahren sagen. Das Kabinett hat am 05.05. dieses Jahres über den Gesetzentwurf abgestimmt.
Wir sprechen immer nur über ein und denselben Gesetzentwurf. – Am 17.05. dieses Jahres hat es aufgrund von Anträgen der SPD und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine ausführliche Diskussion über dieses Thema gegeben. Am 21.06., also vier Wochen später, haben wir auf der Grundlage eines Gesetzentwurfs der FDP-Fraktion wiederum ausführlich über die gesamte Thematik gesprochen. Wie Sie wissen, gab es außerdem eine intensive öffentliche Diskussion.
Die umfassende Anhörung der Landesregierung endet in dieser Woche. Ich fordere die Landesregierung auf, dass sie die Ergebnisse dieser Anhörung dem zuständigen Ausschuss und den vier Fraktionen umgehend zuleitet.Angesichts der Situation, dass wir seit über zwei Monaten sowohl innerhalb als auch außerhalb dieses Parlaments intensiv über das Thema diskutieren, haben die Studenten und die Universitäten einen Anspruch auf Rechtsklarheit. Sie haben einen Anspruch darauf, zu wissen, wohin es gehen soll. Über die Thematik selbst sowie über das Pro und Kontra haben wir uns ausführlich unterhalten.
Eines möchte ich hinzufügen: Ein Gesetzentwurf geht niemals so aus dem Verfahren hervor, wie er hineingegangen ist.
Es ist eine parlamentarische Banalität, das festzustellen. Für Sie von den GRÜNEN gilt das offenbar nicht.
Wie wir in unserem Entschließungsantrag geschrieben haben,sind wir deshalb daran interessiert,dass es weitere intensive Diskussionen über besondere Probleme gibt.
Lassen mich im Gegensatz zu dem, was Sie immer behaupten, Folgendes feststellen. Wir haben einen intensiven Dialog mit den Studenten geführt: in Person des Ministerpräsidenten, in Person des Wissenschaftsministers und in Person der zuständigen Sprecherin.
Außerdem war eine ganze Reihe von Landtagsabgeordneten der CDU daran beteiligt. Wir haben auf unserer Fraktionssitzung in Hessisch Lichtenau eine lange, intensive Diskussion mit Studentenvertretern geführt. Deshalb sage ich an dieser Stelle klar und deutlich: Wenn Herr Cohn-Bendit behauptet, wir würden nicht mit den Studenten sprechen, weiß er nicht, was in diesem Land geschieht.
(Beifall bei der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wie reden Sie denn über Ihren Frankfurter Koalitionspartner, Herr Wagner?)
Ich sage noch etwas: Wie wir alle bin ich ein engagierter Verfechter des Rechts auf Demonstrationsfreiheit in diesem Lande.Aber ich sage auch, dass Autobahnblockaden, Flaschenwürfe, Schläge und Tritte gegen Polizeibeamte oder gezielte Schüsse mit Leuchtspurmunition mit dem Recht auf Demonstrationsfreiheit nicht vereinbar sind.
Deswegen halte ich es auch für richtig,dass gegen die über 230 Personen, die vor wenigen Tagen in Frankfurt festgenommen worden sind, Verfahren wegen Körperverletzung, Landfriedensbruch, Nötigung und Widerstand eingeleitet werden. Diese schweren Straftaten sind keine Kavaliersdelikte.
Lassen Sie mich zum Schluss einige Worte an die Adresse der FDP und auch an die der SPD richten.Wir sind uns im Grundsatz einig,