Protokoll der Sitzung vom 13.07.2006

men. Das wird auch so zitiert: „Schulen haben die Familien nicht ersetzt.“

Meine Damen und Herren, der genannte Nobelpreisträger Gary Becker sagt auch weiter: Gerade Schulen haben die Familien nicht ersetzt, und im Zeitalter des Humankapitals seien gerade die Eltern und Familien wichtige Träger von Investitionen und für den Wissenserwerb. Weiter sagt dieser Wissenschaftler:Schulen ergänzen den Prozess nur.

Auch hier hat unsere Kultusministerin mit den Elternverträgen einen ersten Ansatz geschaffen. Daher ist es so besonders wichtig, wenn wir hier etwas erreichen wollen, die Familien sehr früh zu unterstützen – und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem die Kinder in einem Alter sind, in dem die Weichen gestellt und Bildung und Wissen den Kindern nahe gebracht werden können. Daher ist der flexible Schulanfang – Herr Wagner, Sie haben natürlich Recht, wir haben das inhaltlich auch begrüßt – ein Instrument, dem wir zustimmen.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Man muss mit differenzierten Angeboten Hilfestellung geben – aber auch den Eltern, wie auch Sie es gesagt haben: Man muss auch die Eltern mitnehmen und ihnen nicht erneut eine für alle identische Verpflichtung aufdrücken. Wir haben darüber gesprochen, und es wurde deutlich – ich wiederhole es –, dass die CDU grundsätzlich einen flexiblen Schulanfang begrüßt. Meine Damen und Herren, entscheidend sind letztendlich die Bedingungen vor Ort. Dabei spielt auch der Schulträger eine wichtige Rolle.

Wir befinden uns in der Erprobung des Bildungs- und Erziehungsplans. Diese Entwicklung eines abgestimmten Konzeptes kann aber nicht isoliert betrachtet werden. Deshalb betone ich abschließend noch einmal:Wir begrüßen weiterhin die schrittweise Ausdehnung solcher Modelle in Übereinstimmung mit den Schulträgern. Allerdings bestehen wir auf dem Prinzip der Freiwilligkeit, das den Schulen ein besonderes pädagogisches Profil ermöglicht, auch im Hinblick auf die Weiterentwicklung der selbstständigen Schulen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich nehme an, dass die Frau Kultusministerin das Wort wünscht. – Sie haben das Wort, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Uns wurde hier ein ganz ungewöhnliches Konglomerat von Einzelvorstellungen der sozialdemokratischen Fraktion in vier Gesetzesvorschlägen vorgelegt. Das hat nichts mit einer bildungspolitischen Grundsatzkonzeption zu tun, in zwei Bestandteilen aber sehr viel mit dem Datum der Kommunalwahl und mit zwei einzelnen herausgegriffenen Aspekten,die nicht darauf hindeuten, wie die Zukunft der Kinder und Jugendlichen im Hinblick auf bessere Bildung bewältigt werden soll.

Das hat der Kollege Wagner im Grunde mit seiner Kritik an der Überschrift auch sehr deutlich gemacht. Es geht um die Frage, wie wir aus vergangenen Zeiten geminder

ter Chancengerechtigkeit eigentlich herauskommen.Herr Kollege Wagner,ich will dies allerdings etwas anders deutlich machen, als Sie das gesagt haben.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Im Jahre 2000 haben wir eine PISA-Eröffnungsbilanz erhalten, eine Eröffnungsbilanz auch für diese Landesregierung. Sie dokumentierte ein vernichtendes Urteil über die Chancengerechtigkeit in Hessen und in Nordrhein-Westfalen gegenüber den meisten anderen Ländern insoweit, als dort festgestellt worden ist, dass gerade Kinder aus schwierigen sozialen Verhältnissen deutschlandweit die geringsten Chancen haben, zu einem guten Bildungsergebnis, zu einer guten Leistung zu kommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, insofern stimme ich Ihnen an dieser Stelle vollkommen zu. Die Überschrift der Gesetzentwürfe der Sozialdemokraten ist in höchstem Ausmaß irreführend.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will nur ganz wenige Striche von dem zeichnen, von dem ich glaube, dass es in den letzten Jahren mehr Chancengerechtigkeit bewirkt hat,

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

nicht nur eingeführt worden ist, sondern gewirkt hat. Während Sozialdemokraten und GRÜNE in der Vergangenheit Chancen vernichtet haben, haben wir strategische Ziele aufgebaut, um insbesondere die Größenordnung der so genannten Risikoschüler abzusenken, also derjenigen Schüler, die ohne Abschlüsse unsere allgemein bildenden, aber auch die beruflichen Schulen verlassen. In einer Gemeinschaftsaktion strengen sich dafür Kultusministerium, Schulämter und alle Schulen an, die sich auf diese strategischen Ziele eingelassen und sich selbst verpflichtet haben, diese Ziele zu erreichen und damit Schülerinnen und Schüler der jeweiligen Schülergeneration zu einem guten Ergebnis zu bringen, anstatt zu sagen: Wir machen einmal etwas für die übernächste Generation.

Frau Kollegin Kölsch hat das angesprochen: Wir haben den Bildungs- und Erziehungsplan in die Erprobung gegeben und damit das frühe Lernen akzentuiert, damit die Chancen des frühen Lernens aufgegriffen werden. Damit haben wir die Erkenntnisse der Chancen des frühen Lernens, die uns die Hirnforschung gegeben hat, aufgegriffen und in unseren Kindertagesstätten und Grundschulen umgesetzt. Wir haben die Sprachkurse in Form der Vorlaufkurse und jetzt mit dem neuen Schuljahr auch die Intensivklassen eingeführt.

Ich bin sehr dankbar dafür, dass es möglich ist, jetzt flächendeckende Angebote für Seiteneinsteiger zu machen, die als Kinder während der Zeit der Grundschule oder der Sekundarstufe I nach Deutschland kommen. Sie können erst ein oder zwei Jahre lang intensiv Deutsch lernen, bevor sie dann in eine Schulform, in den Bildungsgang einer Altersstufe eingruppiert werden, damit auch sie noch die Chance erwerben können, in Deutschland einen Abschluss zu machen, mit dem sie in diese Gesellschaft integriert werden können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, insofern ergeben Vorlaufkurse und Intensivklassen mit all den anderen Initiativen, wie sie gestern beim Thema Integration beraten worden sind, eine sehr gute Zukunftsperspektive für diese Jugendlichen.

Wir haben Prüfungen auch in Form besonderer Ausrichtungen: Projektprüfungen als neue Prüfungsform.Wir haben Prüfungen als Wertschätzung für das Gelernte und als Wertschätzung der schulischen Arbeit durch die gesellschaftliche Öffentlichkeit, die diese Prüfungen als Instrument betrachtet. Dies ist eine Möglichkeit, jungen Menschen zusätzliche Chancen in Ausbildung und Beruf zu vermitteln.Wir haben diese Schulklassen als die Möglichkeit geschaffen, verlorenen Jugendlichen wieder die Chance zu geben, einen Schulabschluss zu schaffen.

Auf der anderen Seite haben wir auch hoch begabten Kindern und Jugendlichen die Chance gegeben, ihren Begabungen angemessen gefördert und gefordert zu werden. Wir haben Förderpläne eingerichtet, die in den Schulen – bei aller zusätzlichen Belastung – auf große Gegenliebe gestoßen sind, weil sie individuell darangehen, Kindern und Jugendlichen einen Weg zu zeigen, wie sie mit ihren Begabungen weiterkommen können, wie sie das verbessern und ausgleichen können, was im Moment noch nicht vollkommen geschieht.

Wir haben auch förderliche Elemente aus dem Umfeld der Schule wieder neu in den Blick genommen, indem wir gesagt haben, eine Erziehungs- und Bildungspartnerschaft zwischen Elternhaus und Schule ist dafür entscheidend, ob Kinder auch eine Chance in diesem Bildungsprozess wahrnehmen wollen und ob sie sich darin auch durch ihre Eltern unterstützt sehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, schon an diesen wenigen Beispielen kann man sehr deutlich machen, dass Hessen aus den Bereichen, in denen Chancen gemindert oder von vornherein durch eine falsche Bildungspolitik zerstört worden sind,heraus ist.Hessen hat die Chancengerechtigkeit für jedes einzelne Kind und damit für diese Gesellschaft insgesamt erhöht. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, damit ist diese Debatte beendet.

Wir kommen nun zur Abstimmung in den zweiten Lesungen, zunächst über den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD für ein Erstes Gesetz zur Wiederherstellung der Chancengleichheit an Hessens Schulen, Drucks. 16/5785 zu Drucks. 16/4356. Wer diesem Gesetzentwurf seine Stimme geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Damit ist dieser Gesetzentwurf mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Ich rufe den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD für ein Zweites Gesetz zum selben Thema auf,Drucks.16/5786 zu Drucks. 16/4528. Wer gibt diesem Entwurf seine Zustimmung? – Wer ist dagegen? – Dann ist dieser Gesetzentwurf mit der gleichen Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD für ein Drittes Gesetz zum gleichen Thema auf, Drucks. 16/5787 zu Drucks. 16/4612. Wer diesem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Dann ist auch dieser Gesetzentwurf mit der gleichen Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe zur Abstimmung in zweiter Lesung den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD für ein Viertes Gesetz zum gleichen Thema auf, Drucks. 16/5788 zu Drucks. 16/5074. Wer stimmt diesem Gesetzentwurf zu? – Wer lehnt ihn

ab? – Dann ist auch dieser Gesetzentwurf mit der gleichen Mehrheit von CDU und FDP gegen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Unbelehrbar!)

Ich rufe nun noch zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 38 auf, Entschließungsantrag der Fraktion der CDU betreffend flexibler Schulanfang – als freiwillige Möglichkeit zur Stärkung des Schulprofils, Drucks. 16/5748. Wer diesem Entschließungsantrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Dann ist dieser Entschließungsantrag durch die Mehrheitsfraktion gegen die übrigen Fraktionen angenommen.

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Vormittagssitzung.Wir möchten Ihnen eine Mittagspause von einer Stunde und fünf Minuten gönnen. Um Viertel nach zwei treffen wir uns wieder.

Einen Augenblick bitte. Ich möchte noch mitteilen, dass jetzt anschließend der Ausschuss für Wissenschaft und Kunst im Raum 230 M tagt, und ich möchte Sie weiter bitten, nach Schließung der Sitzung dem Präsidenten noch einen Augenblick zuzuhören.

(Unterbrechung von 13.11 bis 14.15 Uhr)

Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt die Punkte 14, 80, 81 und 82 gemeinsam aufzurufen. Dazu liegen Dringliche Anträge und Änderungsanträge vor.

Zunächst bitte ich Sie, sich hinsichtlich der Dringlichkeit des Dringlichen Antrags der Fraktion der FDP – das ist die Drucks. 16/5827 – zum Thema „Garantierte Schulzeit anstatt Unterrichtsgarantie plus“ zu äußern. Gibt es Widerspruch gegen die Dringlichkeit? – Dann wird er zusammen mit diesen Punkten aufgerufen.

Dann haben wir zwei Änderungsanträge.

(Axel Wintermeyer (CDU): Welcher Tagesordnungspunkt?)

Ich nehme an – Frau Henzler, sehe ich es richtig? –, dass es zu Punkt 14 aufzurufen ist.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber welche Nummer bekommt der Antrag?)

Ich habe zurzeit nur die Nr. 16/5827. Das wäre der Tagesordnungspunkt 82 verbunden mit 14 und folgenden.

Dann haben wir zwei Änderungsanträge. Zunächst einmal ist es der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit der Drucks. 16/5828. Dieser bezieht sich auf Tagesordnungspunkt 81. Das ist der Dringliche Antrag der Fraktion der CDU, Drucks. 16/5827.

Dann gibt es noch einen Änderungsantrag der CDU, Drucks. 16/5830. Dieser ist zum Gesetzentwurf der Fraktion der CDU für ein Gesetz zur Sicherstellung der Unterrichtsversorgung gestellt. Das ist Drucks. 16/5813 zu Drucks. 16/8789 und zu Drucks. 16/5546. Das ist im Wesentlichen, wie ich sehe, eine sprachliche Änderung.

(Reinhard Kahl (SPD):Nein,es geht schon um zwei unterschiedliche Personalräte! Äußerst peinlich ist das!)

Ich weiß das. Ich habe einmal einem dieser Gremien angehört, nämlich dem Hauptpersonalrat der Lehrer, Herr Kahl.

Meine Damen und Herren, es gibt keinen Widerspruch dagegen, dass das gemeinsam mit den entsprechenden Punkten aufgerufen wird. Ich sage noch einmal die Nummern:

Tagesordnungspunkt 14:

Dritte Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU für ein Gesetz zur Sicherstellung der Unterrichtsversorgung – Drucks. 16/5813 zu Drucks. 16/5789 zu Drucks. 16/5546 –