Frau Kollegin Schulz-Asche, bei aller Wertschätzung:Wer solche plakativen Thesen aufstellt,hat null verstanden,geschweige denn, die Eckpunkte gelesen.
Mit dieser Gesundheitsreform werden die richtigen Weichenstellungen vorgenommen.Wenn Sie sagen, die Versicherten würden geschröpft, müssen Sie bedenken: Eine Reform, die am 1. Januar in Kraft tritt, Strukturmaßnah
men, die am 1. Januar in Kraft treten, können logischerweise am 01.01.des gleichen Jahres noch nicht greifen.Die Alternative zu dieser moderaten Beitragsanhebung wäre die Ausgliederung von Leistungsbereichen gewesen.
Ja, warum? Wir haben seit 1998 bis 2005 eine rot-grüne Bundesregierung gehabt. Fragen Sie bitte da einmal nach.
Ich habe gesagt, wir haben im nächsten Jahr ein Defizit von 7 Milliarden c. Einiges wird man durch Einsparungen reduzieren können, aber das wird nicht ausreichen. Die Versicherten bekommen dadurch, dass alle am medizinischen Fortschritt teilnehmen, bessere Leistungen.
Meine Damen und Herren, in keinem anderen Land der Welt bekommt der Versicherte in einer gesetzlichen Krankenkasse den vollen medizinischen Fortschritt geboten, wie das bei uns der Fall ist. Das ist auch einmal zu erwähnen.
Man kann davon ausgehen,dass im Jahr zusätzlich 2 Milliarden c Kosten durch neue Methoden entstehen. Dann muss man fairerweise auch sagen, dass der medizinische Fortschritt Geld kostet.
Meine Damen und Herren, das Gesundheitssystem wird zukunftsfester und sicherer, und jeder Versicherte erhält auch in Zukunft unabhängig von Alter und Einkommen das medizinisch Notwendige.
Jetzt will ich versuchen, Ihnen die Eckpunkte kurz näher zu bringen. Kernelement der Reform ist ein Fonds für die gesetzliche Krankenversicherung. Der pauschale Betrag sorgt für mehr Transparenz und macht Versicherungsangebote aller Kassen vergleichbar. Ein weiteres Kernelement ist die Abkopplung der Gesundheitskosten vom Faktor Arbeit. Hiermit ist ein wesentliches Ziel der CDU erreicht worden, Herr Kollege Rentsch.
Die Mitversicherung von Kindern wird ab 2008 schrittweise über Steuermittel erfolgen, ohne dass – das ist besonders wichtig – gleichzeitig die Steuern erhöht werden mussten.
(Florian Rentsch (FDP): Was hat Herr Steinbrück hierzu gesagt? – Zuruf des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD))
Ein weiteres wichtiges Ergebnis ist – insofern ist ein weiteres wesentliches Ziel der CDU erreicht –, dass die private Krankenversicherung in vollem Umfang erhalten bleibt. Die Ärzte bekommen endlich eine neue Gebührenordnung mit festen Europauschalen. Damit werden die Budgetierung und die floatenden Punktwerte ersetzt.
Ein weiteres wesentliches Element ist, dass die Gesundheitsberufe von überflüssiger Bürokratie entlastet werden. Außerdem werden die Strukturen und Entscheidungswege in den Selbstverwaltungsgremien einfacher und transparenter.
Meine Damen und Herren, zusammengefasst: Das duale deutsche Krankenversicherungssystem bleibt erhalten und wird ausgebaut. Der Wettbewerb zugunsten der Patienten und Versicherten auf der einen Seite und der Anbieter von Gesundheitsleistungen, Ärzten, Krankenhäusern,Arzneimittelherstellern und Apothekern,auf der anderen Seite wird verstärkt.– Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Kollegin Oppermann. – Das Wort hat die Sozialministerin, Frau Staatsministerin Lautenschläger.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich bin sicherlich nicht mit allem zufrieden, was bei diesem Kompromiss herausgekommen ist. Es gibt eine ganze Menge Punkte, über die man weiter diskutieren kann.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, vor allem an die Kollegen der GRÜNEN gerichtet: Ich habe kein einziges Wort von Ihnen dazu gehört, wie eine Deckungslücke von 7 Milliarden c für das nächste Jahr geschlossen werden kann.
Herr Al-Wazir, Sie müssen einmal anfangen, sich intensiv mit dem Gesundheitssystem zu beschäftigen, um ein bisschen mehr davon zu verstehen.
(Beifall bei der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So einen Scheiß zu produzieren, und dann noch die Leute beleidigen!)
Ganz spannend ist, wenn die einen über Steuerfinanzierung reden und die anderen über die Frage, wo sie mehr Wettbewerb wollen. Auch das gehört zur Wahrheit: Die Steuerfinanzierung, wie sie die SPD zum Teil wollte, bedeutet schlichtweg eine Steuererhöhung für alle Bürgerinnen und Bürger.Wenn Sie auf der anderen Seite sagen, die Unternehmen müssten mehr herangezogen werden, dann hat es überhaupt nichts mehr damit zu tun, dass Arbeitsplätze entlastet werden könnten und dass wir eine bessere Abkopplung hinbekommen.
Es war eines der Hauptprobleme in der großen Koalition, wie man solche unterschiedlichen Auffassungen zusammenbekommt. Deswegen ist es sicher zu einem Teil dem geschuldet, dass es nun viele kleine Schritte werden. An einigen Stellen, gerade bei der Reform der Ausgabenseite, sind es aber einige sehr wesentliche Schritte, die im Vorfeld gerade nicht geschafft worden sind, auch nicht zu
sammen mit den GRÜNEN.In diesen Schritten sind wettbewerbliche Elemente enthalten. Aber ich sage ganz offen: Es ist mir nach wie vor zu wenig, was im Rahmen des Vertragswettbewerbs gemacht werden kann. Es sind zu wenige Möglichkeiten,Verhandlungen zu führen und tatsächlich ein wettbewerbliches System einzuführen.
Ich hätte mir deutlich mehr gewünscht. Ich hätte mir auch gewünscht, dass die Kassen andere Möglichkeiten haben und dass wir uns an vielen Stellen ein größeres Vorbild etwa am Beispiel der Holländer genommen hätten, die wesentlich weiter gegangen sind und eine bessere Abkopplung vom Arbeitsmarkt geschafft haben.
(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Vom Arbeitslohn! – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))
Vom Arbeitslohn. Danke schön, Frau Kollegin, das ist richtig. – Natürlich hätte das aber nicht dazu geführt, dass ab dem 01.01.2007 die Deckungslücke von 7 Milliarden c in der gesetzlichen Krankenversicherung abgedeckt ist. Sie hätten dann entscheiden müssen, ob Sie die Unternehmen über eine Steuer belasten,ob Sie dort weitere Belastungen wollen, oder ob Sie tatsächlich mehr Wettbewerb zulassen. Das heißt dann aber auch Eigenverantwortung für den Versicherten, und dazu gab es keine Bereitschaft. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass ich vonseiten der GRÜNEN in der letzten Zeit irgendeine Bereitschaft dazu wahrgenommen hätte.
Insofern muss man zugestehen, dass einer der ganz wichtigen Punkte ist, es geschafft zu haben, dass keine zusätzlichen Steuererhöhungen auf die Bürger, aber auch auf die Unternehmen zukommen. Denn mit der Festschreibung des Beitrags in einen Fonds ist eine steuerähnliche Variante längst darin enthalten, bei der beide Partner,Arbeitnehmer und Arbeitgeber, ihren Beitrag zahlen.
Der zweite Punkt ist – das unterscheidet uns sicher von den GRÜNEN und auch von der SPD –: Wir wollten keine Zerschlagung der privaten Krankenversicherung. Das wollten andere, und das haben sie auch heute wieder vorgetragen.
Wir müssen unser System vielmehr weiterentwickeln. Nach wie vor besteht die Möglichkeit, dass dort mehr Komponenten hineinkommen,um auf der einen Seite Privaten wesentlich stärkere Möglichkeiten zu geben und auf der anderen Seite ein System zu schaffen, in dem die Bürgerinnen und Bürger weiterhin eine vernünftige Gesundheitsversorgung haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, insofern bin ich davon überzeugt und mache mir keine Illusionen,dass uns das Thema Gesundheitsreform bei den unterschiedlichen Auffassungen zu den Systemen auch in den nächsten Jahren beschäftigen wird.
Denn es wird so sein, dass auf der Ausgabenseite weitere Schritte notwendig sind. Dort muss mehr Eigenverantwortung hinein, und zwar nicht nur der Bürgerinnen und der Bürger, sondern auch bei den Krankenkassen, wenn es darum geht, welche Möglichkeiten sie haben, andere vertragliche Möglichkeiten als den Kollektivvertrag auszuschöpfen. Dadurch werden den Versicherten Angebote gemacht, unter denen sie tatsächlich wählen können.
Ich gebe zu, ich bin froh, dass ein kleiner Schritt geschafft worden ist. Beim GMG ist es nicht erreicht worden, dass überhaupt Wahltarife angeboten werden können, dass wir anfangen, über Kostenerstattung und Transparenz in einem System zu sprechen, was den Versicherten nicht belastet, was ihm aber in Zukunft zeigen kann, welche Rechnung gestellt wird, und dass er diese Rechnung auch erhält. Ich hätte mir gewünscht, dass es immer so ist, dass der Versicherte eine Rechnung erhält, die er an seine Krankenkasse weitergibt, und dass diese von der Krankenkasse auch gleich beglichen wird.
Er muss es nicht selbst machen. Man kann dort viele soziale Komponenten einführen. Aber in der Vergangenheit war es so, dass weder GRÜNE noch SPD dies wollten. Es hätte aber dazu geführt, Transparenz gerade auch bei der Kassenärztlichen Vereinigung zu bekommen; denn dort hätten endlich der Arzt, der Versicherte und die Krankenkasse es ermöglicht.
Insofern wird uns dieses Thema weiter beschäftigen. Ich will aber festhalten:Aus meiner Sicht wäre es grundfalsch gewesen, hier mit weiteren Steuererhöhungen auf die Bürgerinnen und Bürger zuzugehen. Vielmehr müssen wir durch mehr Wettbewerb auf der Ausgabenseite und mehr Wahlmöglichkeiten wesentlich mehr Steuerungsmöglichkeiten erlangen. Dort ist nicht alles erreicht, aber wichtig ist: Es kommen keine zusätzlichen Steuererhöhungen, und wir haben es geschafft, dass die private Krankenversicherung nicht zerschlagen wird, was ein Ziel von vielen war.
Aber ich halte es für wichtig, dass sie in unserem System ihren Platz hat und Wettbewerb mit der gesetzlichen Krankenversicherung besser als vorher aufnehmen kann, da z. B. die Portabilität von Altersrückstellungen jetzt auch innerhalb des privaten Systems festgeschrieben wurde.