Protokoll der Sitzung vom 10.07.2003

Wir haben in die Zukunft investiert. Wenn Sie heute die Zeitung lesen, wissen Sie, der einzige Bereich, in dem zukünftig tatsächlich die Rendite der Entwicklung liegt, ist die Bildung. Wir haben darin investiert. Langfristig werden wir den Ertrag für Hessen daraus ziehen. Deswegen können Sie nicht mit einem Unterton – so wie Sie es im

mer tun – sagen, wir hätten das Geld zum Fenster hinausgeschmissen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Fragen Sie einmal die Eltern und Schüler, fragen Sie die Hochschulen, was wir getan haben. Fragen Sie, was von Frau Wagner und Frau Wolff aufgearbeitet worden ist und jetzt fortgesetzt wird. Sie haben bildungspolitische Wüsten hinterlassen. Sie haben immer mehr Lehrer entlassen. Die Hochschulen haben immer weniger Geld gehabt. Es war doch so,dass man sich in Deutschland im Hinblick auf Bildungspolitik nicht mehr dazu äußern konnte, dass man aus Hessen kommt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das ist in diesem Land anders geworden. Meine Damen und Herren, gucken Sie doch einmal in andere Bundesländer. Niedersachsen erklärt eine Deckungslücke von 4 Milliarden c nach der Bilanzierung mit einem um 10 bis 15 % höheren Haushalt als Hessen. Fragen Sie doch einmal Ihre A-Länder-Kollegen. Bleiben Sie nicht begrenzt in Ihrem Blick. Fragen Sie einmal ihre A-Länder-Kollegen, mit denen ich permanent Gespräche führe und in der jetzigen Phase gut zusammenarbeite, erstens was sie von Herrn Eichel halten und zweitens wie die wirtschaftliche und finanzielle Situation von ihnen eingeschätzt wird. Sie werden die richtige Antwort bekommen. Sie werden dann sehr kleinlaut, weil die Kolleginnen und Kollegen wissen, in welche dramatische Situation die Bundesregierung und insbesondere Herr Eichel uns bringt.

Mittlerweile sagt schon Herr Müntefering,man hätte alles wegschmeißen sollen,was Herr Eichel vorgelegt hat,dann ginge es dem Land besser.An dieser Stelle gebe ich Herrn Müntefering ausdrücklich Recht, denn das wäre eine ausgesprochen gute Sache.

(Beifall bei der CDU)

Selbst wenn Niedersachsen jetzt 1,45 Milliarden c einsparen muss, werden sie 2004 immer noch über 2,5 Milliarden c Nettoneuverschuldung liegen.

(Norbert Schmitt (SPD):Aber die schaffen das!)

Sie haben einen Antrag zur Verfassungsgrenze gestellt, die knapp unter 1 Milliarde c liegt. Die werden bei zweieinhalb Milliarden c rauskommen.

Es wird in Nordrhein-Westfalen noch viel mehr dabei herauskommen, auch in der Relation. Dabei rede ich nur über Länder, die nicht zu den ärmsten in der Republik gehören, sicherlich nicht zu den wohlhabenden, weil sie Nehmerländer sind. Selbst die Geberländer kommen derzeit in eine extrem schwierige Situation hinein. Das ist so, aber es ist nicht mehr steuerbar von den Ländern,

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

weil die Schnelligkeit, in der die deutsche Volkswirtschaft zusammenbricht, in der die finanziellen Rahmenbedingungen bei uns zusammenbrechen, bei uns voll ankommt. Man muss der Öffentlichkeit an der Stelle sagen: Unter dieser Bundesregierung wird Deutschland monatlich ärmer. Das wird irgendwann bei den Leuten unten ankommen, und „irgendwann“ ist in aller Kürze.

Meine Damen und Herren, deswegen hat es keinen Zweck, an der Stelle zu sagen, das könne so esoterisch wie im Antrag geregelt werden. Es wird nachher beinhart zu sagen sein, an welcher Stelle die Einsparungen ankommen. Aber wir haben es gerade einmal im Haushaltsausschuss erlebt. Da kam eine lange Diskussion über die

Frage auf, ob wir im Sozialbereich etwas kürzen können, man müsste denen sofort wieder das Geld geben.– Ich bin einmal sehr gespannt, wie sich die SPD in dieser Frage im Hinblick auf die Äußerungen von Herrn Walter verhalten wird.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So war die Diskussion im Haushaltsausschuss nicht!)

Schauen Sie nur einmal auf die Pressemeldungen der letzten Monate – ich habe hier ein paar zusammengestellt –, in welchen Bereichen Sie Forderungen gestellt haben. Da passt das eine überhaupt nicht mehr zum anderen. Da muss entweder der Fraktionsvorsitzende es koordinieren, damit nicht irgendwelche Abgeordneten im Namen der Fraktion irgendwelche Forderungen erheben. Oder aber Sie spielen an der Stelle ein Spiel, dass auf der einen Seite der Fraktionsvorsitzende hier relativ staatstragend erklärt, wir alle gemeinsam müssten sparen, und dass unterhalb dieser Ebene jeder erklärt, es müsse überall mehr geben. – Ihnen wird es nicht gelingen, dies öffentlich durchzusetzen.

(Jürgen Walter (SPD):Aber Sie müssen Vorschläge auf den Tisch legen!)

Meine Damen und Herren, zu den Anträgen der SPD und der FDP. Dazu sage ich als Finanzminister einfach Danke schön.

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist Ihr Problem, dass Sie selbstständig nicht die Kraft dazu haben!)

Herr Schmitt ist fürchterlich aufgeregt; ich kann es nicht verstehen. Was ist eigentlich das Problem, wenn ich mich bei Ihnen bedanke, dass Sie wenigstens von den Zielvorstellungen her mitarbeiten?

(Gernot Grumbach (SPD): Sie haben selbst nicht die Kraft dazu!)

Meine Damen und Herren, damit das ganz klar ist: Der Antrag ist wohlgemeint, aber nicht gut gemacht, er reicht vorne und hinten nicht aus, um auch nur annähernd beim Haushalt 2004 klarzukommen.

(Norbert Schmitt (SPD): Sehr schön!)

Es ist unsere Aufgabenstellung, den Haushalt 2004 vorzulegen. Da werden Sie Ihre Vorstellungen mit dem abgleichen können, was wir machen müssen.

(Norbert Schmitt (SPD): Sehr gut!)

Wie gesagt, der Antrag ist lobenswert, zeigt aber, dass Sie auch mental überhaupt nicht sehen, in welcher Situation wir eigentlich sind.Von den Zahlen her liegt er überhaupt nicht in der Sache. Von daher müssen wir deutlich mehr tun, als dort angesprochen ist. Ich sage nur: Es passt nicht zusammen, wenn Sie auf der einen Seite sagen, die Personalkosten sollten ein bisschen steigen, und gleichzeitig die Investitionsquote entsprechend hochsetzen wollen. Das, was Sie darin stehen haben, würde bedeuten, dass der Haushalt im Ansatz 2004 um 140 Millionen c höher läge, als er derzeit liegt. Gleichzeitig erklären Sie ein Einfrieren. Das passt nicht zusammen.

Deswegen schlage ich vor, dass wir es so machen, wie wir es immer gemacht haben,

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Mehr Schulden? Genau das wollen wir nicht!)

dass die Regierung einen Vorschlag vorlegt und Sie konkret dazu sagen, wie Sie es sich vorstellen. Denn mit solch allgemeinen Anträgen kann man nur begrenzt etwas anfangen. Zu sagen, es müsste so sein, ohne zu sagen, wie es geht, ist natürlich kein Beitrag zur Politik, sondern höchstens ein Beitrag zum Klima in diesem Haus, was ich ausdrücklich akzeptiere. Ich sage Ihnen aber an der Stelle: Was Sie beantragt haben, wird nicht ausreichend sein, um die Ziele auch nur annähernd zu erreichen. Das heißt, die ganze Angelegenheit ist sehr viel schwieriger, als Sie sie offensichtlich derzeit einschätzen.

Meine Damen und Herren, da gesagt worden ist, wir machten nicht genug, will ich Ihnen kurz erklären – heute ist Parlamentssitzung, und wir sind mit den Arbeiten so weit fertig –, dass am Montag ein Bewirtschaftungserlass als Ersatz für die vollständige Haushaltssperre herausgeht. Die 130 Millionen c werden auf die Ressorts nach dem Schlüssel aufgeteilt, den wir am 15. März 2002 für das Jahr 2002 hatten, mit geringen Modifikationen im Hinblick auf die Neuressortierungen und geringfügigen Verschiebungen.Ansonsten ist es dieser Schlüssel. Es ist jetzt Sache der einzelnen Ressorts, dies wie im vorangegangenen Jahr,wo das hervorragend geklappt hat,entsprechend umzusetzen. Die Änderungen werden in den Nachtragshaushalt eingesetzt und dem Parlament vorgelegt.

Die Verfügungsmittel und die Bewirtschaftungskosten bleiben weiterhin zu 20 % gesperrt. Der Überschuss bei den Versorgungsausgaben geht in vollem Umfang an den Finanzminister und darf nicht zur Abdeckung des Budgets verwandt werden. Wir gehen derzeit von einem Überschuss von minimal 32,5 Millionen c aus. Es besteht aber begründete Hoffnung,dass dieser Betrag noch höher wird. Wir sind an dieser Stelle vorsichtig gewesen. Vom System her gehen diese Überschüsse aus Versorgungsleistungen, die weniger in Anspruch genommen werden – Sie haben noch behauptet, das sei falsch etatisiert; es ist andersherum, und wir werden Überschüsse an dieser Stelle haben –, voll an den Finanzminister. Sie dürfen von den Ressorts nicht zum Ausgleich des Budgets verwandt werden.

Herr Minister Weimar, die den Fraktionen zustehende Zeit ist überschritten.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber jetzt wird es interessant, nachdem er 15 Minuten über die anderen geredet hat!)

Ich brauche noch eine oder zwei Minuten. – Nicht begonnene Baumaßnahmen und Straßenbaumaßnahmen bleiben gesperrt. Eine Einzelbetrachtung erfolgt nach wirtschaftlichen Effekten und dient dafür, den Freiraum für 2004 vorzubehalten.

Das Weihnachtsgeld 2003 wird abgesenkt. Das Geld geht an den Finanzminister.Wir erwarten daraus einen Betrag von 92 bis 93 Millionen c.

(Norbert Schmitt (SPD): Auf wie viel Prozent senken Sie?)

Das müssen wir noch endgültig entscheiden. Es gibt die Spanne zwischen dem Vorschlag des Beamtenbundes und dem, was die anderen Länder mit 64,8 % machen, und dem Bund, wo es 60 % sind. Wir werden es noch endgül

tig ausdiskutieren. Bei 64,8 % wären es gut 92 Millionen c, die zur Verbesserung des Haushalts erreicht werden.

Im Übrigen werden bis zum Abschluss eines neuen Tarifvertrages alle Angestellten- und Arbeiterverträge, soweit das zulässig ist, hinsichtlich Urlaubs- und Weihnachtsgeld ebenfalls so abgeschlossen wie im Beamtenbereich. Damit erfolgt dort durch Arbeitsvertrag eine Absenkung des Weihnachtsgeldes, und es wird dauerhaft aufgenommen, dass eine Gleichbehandlung mit den Beamten stattfindet.

Von den Rücklagen der Ministerien dürfen nur 30 % in Anspruch genommen werden. Der Rest ist gesperrt, sodass die Einsparungen tatsächlich aus Veränderungen in den Haushaltstiteln und nicht aus den mühsam ersparten Aufwendungen erbracht werden müssen. Von den Verpflichtungsermächtigungen sind nur 50 % freigegeben. Der Rest ist gesperrt und bleibt gesperrt. Der KFA bleibt frei, weil dies Geld der Kommunen und von daher keine Einsparung ist.

Darüber hinaus müssen die 70 Millionen c Tariferhöhung, wie angekündigt, in den Budgets der einzelnen Ressorts eingespart werden. Es gibt keine Kompensationsmöglichkeit durch die Senkung des Weihnachtsgeldes und die geringeren Versorgungsleistungen, sodass dort der zusätzliche Einspareffekt von 70 Millionen c von den Beteiligten verlangt wird.

Herr Minister Weimar, Frau Kollegin Wagner wollte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.

(Minister Karlheinz Weimar: Ich bin gleich fertig; deswegen lasse ich das jetzt zu!)

Danke, Herr Minister. – Zu den Rücklagen.Wir haben im Hochschulpakt eine Besonderheit, dass wir vereinbart hatten, dass die Rücklagen bei den Hochschulen bleiben. Wird das dadurch auch tangiert, wenn, wie Sie sagen, nur 30 % in Anspruch genommen werden?

Frau Kollegin, der Hochschulpakt wird nicht angegriffen. Er ist abgeschlossen, er ist eine vertragliche Vereinbarung mit den Hochschulen. Ich hielte es auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten für eine Katastrophe, wenn die Umstrukturierung der Hochschulen, die besonders gut läuft, dadurch angegriffen würde.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das ist die Begründung dafür, dass der Hochschulpakt an dieser Stelle herausfällt. Denn wir sind der Meinung, dass es klug und vernünftig ist, auf die lange Sicht zu gucken, was uns mehr Geld bringt, ob eine Umstrukturierung an den Hochschulen, wie sie läuft, für uns dauerhaft effektiver ist,was ich so sehe,oder ob man durch einen Stopp der Vereinbarung und damit einen Vertragsbruch so viel Schaden anrichtet, dass die Universitäten insgesamt auf ihrem Weg innehalten. Dann kostet es uns dreimal mehr als vorher. Deswegen müssen wir dies in anderen Bereichen einsparen. Deswegen ist der Hochschulpakt an dieser Stelle außen vor.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, das ist etwa ein Volumen von 340 Millionen c, mit dem der Haushalt entlastet bzw. nicht zusätzlich belastet wird. Die Einsparvorgaben des Parlaments werden erfüllt. Darin sind natürlich nicht nur der Bodensatz und Sonstiges mehr, sondern es gibt konkrete Überlegungen, die sehr hart ausformuliert sind. Damit ist das Finanzministerium in vollem Umfang seiner Verpflichtung nachgekommen.