Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, wie Kreishaushalte aussehen, auch wenn Sie in einer kreisfreien Stadt wohnen, Frau Zeimetz-Lorz. Die Kreishaushalte sind noch wesentlich desolater als die Haushalte der meisten Städte und Gemeinden.
Hier tragen Sie noch einmal aktiv dazu bei, dass die Städte, Gemeinden und Kreise Mehrkosten haben. Ich will nur einmal in Klammern darauf hinweisen, was im Art. 137 der Hessischen Verfassung unter dem Stichwort „Konnexitätsprinzip“ zu lesen ist. Wir verursachen hier durch einen Gesetzesbeschluss des Landtags in einem erheblichen Umfang Kosten auf der Ebene der Kreise und Kommunen.Ich nehme doch an,dass der Eintritt für diese Kosten durch das Land Hessen ebenfalls vorgesehen wird.
Meine Damen und Herren, vergessen Sie den Gesetzentwurf.Vergessen Sie die Geschenke,die sich im Vorfeld der Landtagswahl 2008 sicherlich gut machen werden. Ziehen Sie den Gesetzentwurf zurück. Niemand wird ihn ernsthaft vermissen, aber die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes Hessen werden Ihnen dafür sehr dankbar sein, wenn Sie einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der öffentliche Dienst in Hessen hatte in den letzten Jahren unter dieser Landesregierung viel zu leiden. Eine Politik nach Gutsherrenart, das war Ihr Markenzeichen, und so sind Sie auch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umgegangen. Herr Innenminister Bouffier, hauptsächlich Sie habe das zu verantworten. Aber auch der Finanzminister hat es zu verantworten.
Im Rahmen der „Aktion düstere Zukunft“ wurden 9.700 Stellen gestrichen. Das führte zu einer enormen Arbeitsverdichtung. Die Stellenstreichungen sind zum großen Teil das Ergebnis einer falschen Politik dieser Landesregierung. Die dafür eigens eingerichtete Personalvermittlungsstelle PVS, auch Mobbingstelle genannt, ist ein Beispiel dafür, dass Sie Politik nach Gutsherrenart auf dem Rücken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern machen. Das fällt Ihnen jetzt auch die Füße.
Sie haben im Jahre 2003 im Rahmen dieser wunderschönen Aktion eben mal die 42-Stunden-Woche eingeführt – bundesweit einmalig. Das ist wieder einmal ein „Leuchtturm“ in Ihrer Politik. Sie haben das Urlaubsgeld und den größten Teil des Weihnachtsgelds, aber auch Reisekostenpauschalen gestrichen. Auch der Austritt der Landesregierung aus der Tarifgemeinschaft der Länder passt in dieses Bild. Sie haben damit nämlich die Beschäftigten von der Lohn- und Einkommensentwicklung abgekoppelt.
In den letzten Jahren haben die Mitarbeiter der hessischen Landesverwaltung Einkommenseinbußen von insgesamt rund 17 % hinnehmen müssen. Auch das ist ein falsches Signal in die Reihen der Mitarbeiter, aber auch für die Binnenkonjunktur.
Nun haben Sie einen Gesetzentwurf eingebracht. Man könnte meinen, das habe nichts mit der Wahl im Frühjahr 2008 zu tun, Frau Kollegin Zeimetz-Lorz. Nein, Sie zahlen jetzt und wollen im nächsten Jahr noch einmal 250 c brutto zahlen. Das ist eine Reaktion auf die schlechte Stimmung, die Sie irgendwie mitbekommen haben. Es scheint ja ein paar Leute zu geben, auf die Sie noch hören. Die haben gesagt, die Stimmung bei den Mitarbeitern in der Landesverwaltung ist schlecht – zu Recht, füge ich an der Stelle hinzu –, und deshalb wollen Sie ein kleines Trostpflaster geben. Meine Damen und Herren, Sie werfen den Mitarbeitern ein paar Brosamen hin, wenn es Ihnen in den Kram passt.Die Mitarbeiter haben das aber erkannt, und deshalb ist die Reaktion auf diese „tolle“ Segnung eher zurückhaltend und verhalten. Die Mitarbeiter fühlen sich von dieser Landesregierung verschaukelt, und das zu Recht.
Nun könnte man verwegen sein und sagen, die Regierung will damit ihr schlechtes Gewissen beruhigen. Das setzt voraus, dass diese Regierung jemals ein schlechtes Gewissen gehabt hat.
Herr Boddenberg, ich weiß, dass Sie auch an der Stelle beratungsresistent sind. – Geradezu dreist ist die Aussage dieser Landesregierung, mit den Einmalzahlungen wolle man die erhöhte Arbeitszeit von dreieinhalb Stunden pro Woche ausgleichen. Das gleicht dieser Betrag bei Weitem nicht aus. Zweitens bekommen auch die Pensionäre diese Zuwendung. Die haben, da sie schon im Ruhestand sind, keine dreieinhalb Stunden pro Woche mehr gearbeitet.
An der Stelle wird die ganze Argumentation abenteuerlich. Allein die Verlängerung der Wochenarbeitszeit führt bei den Polizeibeamten im Schichtdienst zu einer Mehrbelastung von 14 bis 15 Stunden. – Der Herr Innenminister telefoniert.
Freundlicherweise hat er jetzt aufgehört. Herr Innenminister,die Polizeibeamten schieben 2 Millionen Überstunden vor sich her. Wenn ich mir das Polizeiaufgebot draußen anschaue, muss ich sagen:Wir müssen einmal gemeinsam darüber nachdenken, ob das in dem Umfang notwendig ist. Die Sicherung der Bannmeile ist das eine, aber das große Polizeiaufgebot, das Sie aufgefahren haben, führt auch dazu, dass weiter Überstunden anfallen. Da müssen wir uns schon sehr selbstkritisch fragen, ob Aufwand und Ertrag in einem vernünftigen Verhältnis stehen.
Seit 2003 haben Hessens Beamte unter Ihrer Verantwortung durch die Einführung der 42-Stunden-Woche 9 % weniger Einkommen, durch die Streichung des Urlaubsgeldes und von Sonderzuwendungen wiederum 6 % weniger,durch den fehlenden Inflationsausgleich 2 % weniger. Somit kommen sie auf Einkommenseinbußen in Höhe von 17 %.
Jetzt gibt es einen Gutschein des Landes in Höhe von 1 % zurück. Herr Kollege von Hunnius hat das eben deutlich gemacht.
Weswegen machen Sie das? Einzig und allein deshalb, um gut Wetter bei den Beamten in der hessischen Verwaltung zu machen, weil die Stimmung dort gegen diese Landesregierung ist. Das ist ein ganz falsches Signal. Sie geben nämlich aus parteitaktischen Gründen auf Kosten der Steuerzahler vermeintliche Wahlgeschenke aus.
Es ist geradezu abenteuerlich, wenn die Frau Kollegin Zeimetz-Lorz sich hierhin stellt und behauptet, selbst der Beamtenbund habe das toll gefunden. Wir hatten gestern das Vergnügen, eine Stunde lang mit Vertretern des Beamtenbundes zu reden. Da war eher eine verhaltene Zu
stimmung zu der Einmalzahlung in Höhe von 250 c, um es einmal freundlich auszudrücken. Dazu eine Meldung des Beamtenbundes vom September 2006:
Klar ist aber auch, dass diese mäßige Erhöhung, die prozentual unter 1 % liegt und nicht in das Grundgehalt einfließt, keinesfalls als Ausgleich für den zweistelligen Einkommensverlust angesehen werden kann. Sie stellt auch nicht sicher, dass die hessischen Beamten weiterhin an der allgemeinen Einkommensentwicklung teilnehmen.
Genau das ist der zentrale Punkt. Beamtinnen und Beamte, aber auch Tarifangestellte wollen keine Almosen, sondern sie wollen an der allgemeinen Einkommensentwicklung teilnehmen. Darauf haben sie einen Anspruch, wenn sie gute Arbeit leisten.
Deswegen fordern wir diese Landesregierung auf, endlich zu einer modernen Personalpolitik zurückzukehren, die den Erfordernissen dieses Jahrhunderts Rechnung trägt, denn neben den finanziellen Einbußen gibt es deutliche Einschnitte bei der Mitbestimmung. Heute findet in dieser Sache eine mündliche Verhandlung vor dem Staatsgerichtshof statt. Hessens Beamte haben einen Anspruch auf eine dauerhaft angemessene Vergütung.
Wir sind der festen Überzeugung, und das zeigen auch die ersten Reaktionen: Die Mitarbeiter erkennen, was Sie wollen. Einzig aus wahltaktischen Gründen wollen Sie ihnen jetzt etwas Geld geben. 15 c pro Monat sind eigentlich eine Zumutung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wer 30 Millionen c im Rahmen der „Aktion düstere Zukunft“ Frauenhäusern und anderen Einrichtungen wegnimmt,der verhält sich schäbig gegenüber diesen Einrichtungen. Deswegen sollten Sie auch an der Stelle einmal nachlegen.
Die Landesregierung betreibt auch bei den Beschäftigten in der Landesverwaltung eine Entsolidarisierung durch die Unterscheidung in Beamte, die 42 Stunden arbeiten müssen,Tarifangestellte nach der alten Regelung, die 38,5 Stunden arbeiten müssen, und Tarifangestellte, für die es keine Tarifverträge gibt, die 42 Stunden in der Woche zu arbeiten haben. Das dient nicht der Motivation. Das ist der völlig falsche Ansatz in der Personalpolitik und ein falsches Signal.
Die Reaktionen zeigen es sehr deutlich. Die Mitarbeiter haben verstanden, was Sie wollen, dass Sie aus plumpen wahltaktischen Erwägungen heraus handeln. Deshalb wird Ihnen diese Aktion nicht die Wählerstimmen bringen, die Sie beim letzten Mal noch bekommen haben. Die Mitarbeiter haben gemerkt: Wenn jemand so viel verspricht und so viel Wortbruch betreibt wie diese Landesregierung, muss man bei der nächsten Wahl anderen Parteien eine Chance geben. Nach einem Wahlsieg werden wir zu einer vernünftigen Tarifpolitik in diesem Lande zurückkehren.
Danke, Herr Rudolph. – Herr Frömmrich, ich darf Ihnen für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort erteilen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Zeimetz-Lorz, Sie haben es zwar wieder probiert,aber es wird Ihnen nicht gelingen,mit diesem Gesetzentwurf alles wettzumachen und ein neues Signal an die hessische Beamtenschaft zu senden. Ich glaube, dass Sie den Eindruck haben, Frau Kollegin, dass die Beamtenschaft in Hessen dümmer ist, als sie ist. Die Beamten in Hessen sind nicht dumm.
Das Manöver, das Sie hier anzetteln, wird sehr gut durchschaut. Auch der Beamtenbund weiß sehr genau, welche Wahlversprechen Sie vor der letzten Landtagswahl gemacht haben und welche Wahlversprechen von Ihnen gebrochen worden sind.
Ich bin sehr dafür, dass man auch die Geschichte betrachtet und Revue passieren lässt, wie Sie in den letzten Jahren mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Landes umgegangen sind, wenn man über das redet, was Sie hier als Gesetzentwurf vorgelegt haben, nämlich eine Einmalzahlung von 250 c für jeden Beamten in den Jahren 2006 und 2007 auszuweisen.
Das waren nicht nur die Beamten, sondern auch die Angestellten und die Arbeiter. Das war bei Ihnen die „Operation düstere Zukunft“: der Abbau von 9.700 Stellen und PVS-Vermerke, also Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Sie stigmatisiert haben. Das waren die Streichung des Urlaubsgeldes und die Kürzung des Weihnachtsgeldes auf 60 % sowie die Verlängerung der Arbeitszeit auf 42 Stunden. So schnell werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landes nicht vergessen, wie Sie in den letzten Jahren mit ihnen umgesprungen sind.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Boddenberg (CDU):Wie viele Stunden arbeiten Sie denn pro Woche?)
Herr Kollege Boddenberg, ich finde, dass man sich in diesem Fall mit der Geschichte befassen muss. Offensichtlich wissen Sie nicht mehr, was Sie vor ein paar Jahren mit der „Operation düstere Zukunft“ angerichtet haben.