Protokoll der Sitzung vom 04.10.2006

In absoluten Zahlen ausgedrückt heißt das:In diesem Monat waren in unserem Land rund 25.000 Bürger weniger arbeitslos. Gleichzeitig stieg die Zahl der offenen Stellen um fast ein Viertel.

Hessen ist aber auch überdurchschnittlich, was die Arbeitsproduktivität,d.h.den wirtschaftlich messbaren Output unserer Arbeitnehmer, betrifft. Im Jahr 2005 erwirtschaftete jeder hessische Erwerbstätige im Schnitt rund 65.000 c. Damit liegt Hessen bei den Flächenländern mit deutlichem Abstand an der Spitze, z. B. vor unseren Nachbarn in Bayern und Baden-Württemberg.

(Beifall bei der CDU)

Auch nach Einschätzung der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute bleiben die beschriebenen Grundtendenzen der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung – allen Unkenrufen zum Trotz – aufwärtsgerichtet. Nach meiner

Überzeugung werden die in den vergangenen Monaten seitens der Bundesregierung beschlossenen Konsolidierungsmaßnahmen – z. B. die Erhöhung der Mehrwertsteuer und die Abschaffung der Eigenheimzulage; darüber wird, wie ich finde, viel zu pessimistisch diskutiert – nicht zu einer erheblichen Abschwächung der Konjunktur führen.

Diese Einschätzung wird auch vom ifo-Institut geteilt, das in diesem Zusammenhang auf die binnenwirtschaftliche Dynamik, die bereits angesprochen worden ist, sowie auf eine anhaltend hohe Exportdynamik hinweist.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer hat denn immer gegen die Abschaffung der Eigenheimzulage gewettert?)

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen nochmals: Ich warne ausdrücklich davor, den Aufschwung durch überzeichnete pessimistische Prognosen herunterzureden. Dazu gibt es derzeit keinen Anlass. Für unsere Staatsfinanzen wird das von entscheidender Bedeutung für die Zukunft sein.

Zu den finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Der konjunkturelle Aufschwung, der durch das von Bund und Ländern gemeinsam auf den Weg gebrachte Wachstumspaket unterstützt wird,führt über deutlich steigende Steuereinnahmen insgesamt zu einer verbesserten Finanzlage der öffentlichen Haushalte.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)

Im kommenden Jahr wird nach den aktuellen Prognosen das Maastricht-Defizitkriterium für die Neuverschuldung in Höhe von 3 % wieder eingehalten werden.

Trotz der deutlich verbesserten Einnahmesituation der öffentlichen Haushalte darf dies über eines nicht hinwegtäuschen: Die Lage bleibt angespannt. Wir befinden uns nach wie vor in dem Spannungsfeld zwischen der Förderung der Wachstumskräfte und der notwendigen weiteren Konsolidierung. Die mehrere Jahre andauernde strukturelle Unterfinanzierung des Staates hat in den Haushalten tiefe Spuren hinterlassen.Die kumulierten Finanzierungsdefizite der öffentlichen Haushalte betrugen zwischen 2002 und 2005 mehr als 240 Milliarden c. Die Gesamtschuldensumme ist auf 1,45 Billionen c angewachsen.

Eine echte Gesundung der Staatsfinanzen wird sich – das muss aufgrund dieser Zahlen jedem klar werden – selbst bei konsequentester Konsolidierung und weiterhin guten Steuereinnahmen erst mittelfristig einstellen. Das Schiff gewinnt zwar langsam wieder an Fahrt, und wir haben mittlerweile etwas mehr als die sprichwörtliche Handbreit Wasser unter dem Kiel. Es darf allerdings nicht wundern, dass angesichts der lang anhaltenden Flaute in seichten konjunkturellen Gewässern eine Kursänderung und das Aufholen des Rückstands nicht in einem oder zwei Jahren zu schaffen sind. Legt man nämlich die ursprüngliche Planung des Haushaltsjahres 2007 aus dem Jahr 2002 zugrunde, so stellt man fest, dass sich die Mindereinnahmen im Vergleich zur damaligen Schätzung gesamtstaatlich immer noch auf rund 70 Milliarden c belaufen.

Trotz der soeben geschilderten nach wie vor angespannten Situation haben die Hessen in meinen Augen allen Grund, mit Zuversicht und Optimismus in die Zukunft zu blicken. Ich möchte Ihnen das am Verlauf des Haushaltsjahres 2005 kurz verdeutlichen. Das konsequente Einschreiten des Finanzministers in Form des Erlassens einer Haushaltssperre, Mehrerlöse bei der Immobilientransak

tion Leo 1 sowie ein im Herbst deutlich steigendes Steueraufkommen haben im Dezember im Rahmen der Nachtragsberatung dazu geführt, dass die Neuverschuldung, die im Ursprungsetat erstmals wieder innerhalb der Regelgrenzen der Verfassung angesiedelt war, auf 958 Millionen c im Soll abgesenkt werden konnte.

Der tatsächliche Istabschluss des Haushaltes 2005 hat eine nochmalige Absenkung der Neuverschuldung auf 776 Millionen c gebracht. Das war der niedrigste Istwert der Neuverschuldung seit dem Boomjahr 2000. Damit das ganz klar ist – da dieses Herunterreden auch in diesem Haus gepflegt wird –: Im Jahr 2005 war das die zweitniedrigste Verschuldung aller Länder in der Bundesrepublik Deutschland.

(Beifall bei der CDU)

Um auch das zu sagen:Die Neuverschuldung liegt – das ist nicht auf den Euro genau – bei 127 c pro Kopf. Dabei haben wir 272 c pro Kopf in den Länderfinanzausgleich gezahlt. Wir brauchen uns wirklich nicht vor irgendjemandem zu verstecken, sondern wir können sagen, dass wir richtig gut waren.

(Beifall bei der CDU)

All denen – gerade von der sozialdemokratischen Seite –, die immer auf diese Weise antreten, will ich ein schönes Beispiel geben. Wir haben nämlich mittlerweile die Istzahlen aus Rheinland-Pfalz. Rheinland-Pfalz hat bei einem Haushalt, der nur halb so groß wie der unsrige ist, im vorigen Jahr 1,17 Milliarden c Schulden gemacht, wir dagegen 770 Millionen c. Ich habe noch nicht gehört, dass sich ein Sozialdemokrat an dieser Stelle von der rheinland-pfälzischen Politik distanziert hätte. Das sind verheerende Zahlen.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben an der Stelle gute Zahlen. Deswegen brauchen wir uns nicht zu verstecken, sondern ich sage mit einem gewissen Stolz: In schwierigsten Zeiten haben wir das Schiff gut auf Kurs gehalten.

(Zurufe von der SPD)

Der gleichermaßen verfassungsgemäß aufgestellte Haushalt 2006 wurde, ebenso wie der Haushaltsplan 2005, vorsichtig etatisiert.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wie bitte?)

Im vergangenen Jahr habe ich bewusst darauf verzichtet, den Haushalt auf Kante zu nähen – um den ehemaligen Bundesfinanzminister Eichel hinsichtlich seiner damals üblichen Etatisierungspraxis zu zitieren. Bereits im vergangenen Jahr haben wir Wert darauf gelegt, einen realistischen, nichts beschönigenden Haushalt vorzulegen.

Allerdings habe ich schon damals die sich mittlerweile bestätigte Hoffnung gehabt, dass sich das Haushaltsjahr wesentlich günstiger gestaltet, als das bei der Verabschiedung des Haushalts im Januar dieses Jahres sicher absehbar war.Der bisherige Jahresverlauf gibt mir recht.Wegen der bereits beschriebenen Besserung der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen gestalten sich die Steuereinnahmen günstig. Ende Juni lag das Gesamtaufkommen erheblich über dem entsprechenden Wert des Vorjahres. Sollte es nicht zu einem – derzeit nicht absehbaren – Einbruch kommen, bin ich mehr als zuversichtlich, dass wir auch im Haushaltsjahr 2006 deutlich günstiger abschneiden werden, als bei der Verabschiedung geplant.

Trotz der bekannten Risiken, die der Länderfinanzausgleich und seine Zahlungsverpflichtungen bei nicht paralleler Entwicklung des Steueraufkommens in den anderen Bundesländern mit sich bringen, bin ich guter Hoffnung, die Neuverschuldung auch in diesem Jahr unter die Milliardengrenze absenken zu können.

(Zuruf des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

Meine Damen und Herren, wir haben unsere Hausaufgaben in Hessen gemacht. Die Ausgabenseite ist im Griff. Das werden Sie auch beim Nachtragshaushalt sehen. Unser Motto „Vorsichtig planen und anschließend besser abschneiden“ bewährt sich in vollem Umfang.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, deswegen kündige ich Ihnen auch an dieser Stelle schon gleich an: Wir werden Ihnen zur Plenarsitzung im November einen Nachtragshaushalt vorlegen. – Interessant, dass den bisher niemand von der Opposition gefordert hat.

(Reinhard Kahl (SPD): Bei der hohen Neuverschuldung, die Sie im Haushalt haben!)

Wir werden Ihnen einen Nachtragshaushalt vorlegen, der zeigen wird, wie sich unser Motto – ich wiederhole es – „Vorsichtig planen, besser abschneiden“ am Ende auch tatsächlich auswirken wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, ich appelliere hier einmal an die Öffentlichkeit,an den Steuerzahlerbund und Sonstige: Hören Sie doch alle einmal damit auf, zu sagen, der Plan sei das Definierende. Entscheidend ist, was hinten bei der Sache herauskommt.

Das haben wir im Jahr 2005 gezeigt. Auch im Jahr 2006 werden wir zeigen, dass wir wesentlich besser abschneiden; und wir haben eine gute Chance, wie wir jetzt etatisiert haben, dass das auch 2007 der Fall sein wird. Meine Damen und Herren, vorher diese Hoffnungen wecken und hinterher sagen, das interessiert keinen mehr – das ist falsch. Es muss interessieren, was am Ende bei der Sache herauskommt.

(Reinhard Kahl (SPD): Damit haben Sie Erfahrung: 2002 vergessen, 2003 vergessen!)

Deswegen ist es auch jetzt unser Ziel, vorsichtig zu etatisieren und später besser abzuschneiden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, wie Sie sehen, ist es in Hessen jetzt schon fast zur Tradition geworden,bei der Haushaltsaufstellung keine Luftschlösser zu bauen.

(Widerspruch bei der SPD – Norbert Schmitt (SPD): Nein, Sie haben welche gekauft!)

Das haben wir so eingeführt. Beim Haushaltsvollzug holen wir alles heraus, um einen möglichst günstigen Abschluss des Haushaltsjahres zu erreichen.

Übrigens war das hier keineswegs immer so. Bis in die Neunzigerjahre hinein hat man der verfassungskonformen Aufstellung des Haushalts die größte Aufmerksamkeit geschenkt – wie am Ende des Jahres aber tatsächlich abgeschnitten wurde, und darauf kommt es doch im Endeffekt an,stand weniger im Vordergrund der Betrachtung.

(Norbert Schmitt (SPD): Dazu kommen wir noch!)

Meine Damen und Herren,das Haushaltsjahr 1997 ist vielen von Ihnen sicherlich noch in Erinnerung. Die Planaufstellung wies eine Unterschreitung der Verfassungsgrenze von 350 Millionen c aus.Im Haushalts-Ist hatten wir dann eine Überschreitung dieser Grenze um 300 Millionen c. Das ist nicht das Verständnis, das ich von Haushalt habe. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir am Ende gute Zahlen abliefern.

(Reinhard Kahl (SPD): Nennen Sie doch einmal Ihre eigenen Zahlen!)

Ich sage es noch einmal, damit Sie es verinnerlichen: Mit dem Haushalt 2005 waren wir bei der Nettoneuverschuldung das zweitbeste Land in Deutschland. Das kann sich sehen lassen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Jetzt sind wir zwei Jahre weiter!)

Wir liegen übrigens vor Bayern, Baden-Württemberg und vielen anderen Ländern.

(Norbert Schmitt (SPD): Die haben auch nicht für 800 Millionen c Landeseigentum verkauft!)