Protokoll der Sitzung vom 05.10.2006

Wir werden darüber hinaus – das ist auch schon angesprochen worden – auch Studierenden, die exzellente, herausragende Leistungen beispielsweise beim Leistungssport bringen, Stipendien geben, damit sie die Studienbeiträge zahlen können. Das Gleiche gilt für exzellente und herausragende Aufgabenübernahme im Ehrenamt. Das

wird kommen, dafür werden gerade die Kriterien festgelegt. Das Ganze muss erst im Jahre 2007 umgesetzt werden. Meine Damen und Herren, dafür werden wir als Staat einen Betrag von insgesamt 300.000 c zur Verfügung stellen.

Ich will es zunächst dabei belassen und zusammenfassend feststellen: Wir stellen zusätzliche Mittel für die Hochschulen ein, bei einem ungeschmälerten staatlichen Zuschuss. Das heißt, der Hochschulpakt bleibt bis zum Jahr 2010 bestehen. Das sind Steigerungen des Gesamtvolumens um 10 %, und wir stellen weitere Mittel zur Verfügung. Die Mittel fließen ungeschmälert an die Hochschulen und dienen der Verbesserung der Qualität der Lehre. Es bleiben Spielräume für die Hochschulen, um gewisse Dinge hochschulautonom zu gestalten. Die Partizipation der Studierenden ist sichergestellt. Die Studierenden werden beteiligt. Sie haben mitzubestimmen, wohin das Geld fließt. Wir haben Modalitäten der Darlehensgewährung und der Darlehensrückzahlung,die sicherstellen,dass niemand aus finanziellen Gründen auf sein Studium verzichten muss bzw. in der Rückzahlungsphase unverhältnismäßige Einschränkungen erfahren muss.

Meine Damen und Herren, wir sehen außerdem Stipendien für Leistungssportler, bestimmte Ehrenamtler und natürlich für die Tüchtigen vor, für die 10 % der 150.000 Studenten. Ich hoffe, es werden mehr und auch mehr Absolventen, die es verdienen.

Damit haben wir, hoffe ich, eines erreicht: Wir haben ein Gesetz, das sicherlich beispiellos in der Bundesrepublik ist, und stehen damit spitzenmäßig da. Wir haben besondere Förderungen vorgenommen, und ich glaube, dass wir am Ende sozial gerecht sind mit dem, was wir vorgenommen haben.

Ich bitte um Zustimmung zu diesem Gesetz, damit ein weiterer Schritt für eine wirksame Wissenschaftspolitik in diesem Lande stattfindet. – Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Zu einer Kurzintervention hat Herr Grumbach das Wort.

(Norbert Schmitt (SPD): Wo sind die 10 % Tüchtigen in der Landesregierung? Das sollte man bewerten, und dann werden wir sehen, wer herausfällt!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich gemeldet, als Herr Corts das gründliche Lesen angesprochen hat und dann angefangen hat, über etwas zu reden, was er nicht gelesen hat. Die Studie, aus der zur Frage der Veränderung der Zusammensetzung der Studierenden zitiert wurde, ist eine fortlaufende Untersuchung der deutschen Studierendenwerke, die präzise beschreibt, wie das Experiment, das Studium teurer zu machen, auf Studierende wirkt. Es handelt sich nicht um hessische Zahlen, sondern um bundesweite, und die Studie beschreibt das Experiment, das eine konservativ-liberale Bundesregierung angestellt hat.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)

Indem sie Schritt für Schritt die Bedingungen für BAföG verschlechtert hat, hat sie nachweisbar die Studienchan

cen für Kinder aus dem unteren Drittel der Bevölkerung massiv reduziert.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Minister, verstehen Sie? Wir reden nicht von irgendwelchen Zukunftsvorstellungen, sondern der damalige Kanzler Kohl und seine Minister haben damals vorgemacht, was passiert. Dass Sie das heute zu ignorieren versuchen, spricht dafür, dass Sie nur für einen Teil der Studierenden agieren. Mit Verlaub, Sie haben es eben deutlich gemacht: Wer davon redet, dass nur die 10 % die guten Studierenden sind, der sagt sehr deutlich, was er von den anderen hält. Auch das zeigt, wie Sie denken, Herr Minister.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Danke, Herr Grumbach. – Als Nächster hat Herr Siebel das Wort. Sie haben fünf Minuten Redezeit.

(Norbert Schmitt (SPD): Der Minister sollte eigentlich antworten!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Noch ein paar Bemerkungen zur Verfassung und zu der Frage, die uns im nächsten Jahr beschäftigen wird, wenn die Verfassungsklage seitens der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingereicht wird.

Art.59,den ich hier nicht noch einmal vorlesen möchte,ist in der Anhörung vom Gutachter Dr. Schmehl mit folgenden Worten bewertet worden:

Die verfassungsrechtliche Prüfung kommt zu dem Ergebnis, dass die diesbezüglichen Regelungen in der vorliegenden Fassung nicht mit der Verfassung des Landes Hessen vereinbar sind, da sie – auch unter Berücksichtigung des zur zeitlichen Verschiebung und Abmilderung der Belastungswirkungen im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Kreditanspruchs – nicht den Anforderungen des Art. 59 Abs. 1 Satz 4 HV gerecht werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie Herr Corts schon sagte, haben Sie in das Gesetz einige Änderungen eingefügt. Diese Änderungen sind aber nicht – insofern beziehe ich mich auf die verfassungsrechtlichen Leitsätze, die Sie im Vorblatt Ihres Gesetzentwurfs eingeführt haben – auf die Hessische Verfassung bezogen. Sie haben im Vorblatt unter anderem ausgeführt, dass der Ausgangspunkt für den Gesetzentwurf die verfassungsrechtliche Aussage des Bundesverfassungsgerichts sei,das mit seiner Entscheidung vom 26. Januar 2005 den Ländern den Weg für die Einführung von Studiengebühren bzw. -beiträgen frei gemacht habe.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist überhaupt nicht Gegenstand dessen, was hier zu bewerten ist – ob das Bundesverfassungsgericht irgendeinen Weg frei gemacht hat. Sie haben jedoch dem Bildungsstreben von Studenten in Hessen diese Freiheit genommen. Mit diesem Gesetz haben Sie nicht den Weg dafür frei gemacht.

Es geht um die Hessische Verfassung. Das erste Kernelement der Regelung zum Grundstudienbeitrag besteht darin, dass die mit der Einschreibung eröffneten Möglichkeiten der Wahrnehmung des Lehrangebots in Studiengängen an Hochschulen des Landes generell für entgeltpflichtig erklärt werden,und zwar in einer Höhe von 500 c, und das insgesamt unabhängig von der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Studierenden oder ihrer etwaigen Unterhaltspflichtigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in § 6 Abs. 5 Satz 1 haben Sie eine Änderung vorgenommen, ich zitiere:

Die Hochschulen befreien darüber hinaus Studierende von der Beitragspflicht oder ermäßigen die Höhe des Studienbeitrages, wenn die Erhebung des Beitrages aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls eine unbillige Härte darstellen würde.

Auch diese Änderung in Ihrem Gesetzentwurf bezieht sich nicht auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Studierenden, sondern sie bezieht sich auf etwas anderes, nachzulesen in der Begründung zu dem zitierten § 6 Abs. 1 Satz 5. Dort heißt es:

Die bisherige Kannregelung, die den Hochschulen bei der Entscheidung über eine Befreiung in Härtefällen einen Ermessensspielraum gab, ist auf Wunsch, insbesondere der Behindertenvertretungen, in eine zwingende Vorschrift umgewandelt worden...

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Änderung bezieht sich also nicht auf die von der Hessischen Verfassung in der zitierten Interpretation genannte wirtschaftliche Härte, sondern sie bezieht sich auf die Härte der Behinderung, wobei ich eine solche Regelung für richtig und erwähnenswert halte. Das ist aber nicht das, worum es in der Verfassungsauseinandersetzung gehen wird.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein weiterer Punkt.Als Stoßrichtung der Regelung ergibt sich aus dem Wortlaut und dem systematischen Verhältnis zwischen Art. 59 Satz 1 und Satz 4 – auch das wird eine Rolle spielen – eine Eigenbeteiligungspflicht, die es vergleichsweise Bessergestellten ermöglicht, zu studieren. Würde Satz 4 jedoch prinzipiell die Heranziehung aller erlauben und die soziale Abfederung anderen Regelungen überlassen,liefe Satz 1 hingegen leer.Außerdem kann sich der Begriff der „sozial Schwächergestellten“ im Sinne des Satzes 3, die nach dem Willen der Verfassung im Falle der Begabung Hilfe erhalten müssen, sinnvollerweise nicht mit dem Kreis derjenigen überschneiden, bei denen die Verfassung eine Entgeltpflicht ermöglicht. Es muss also definitiv eine Zone der Schul- und Studiengeldfreiheit bestehen.

Sie haben in § 6 des Gesetzentwurfs den Versuch unternommen, eine solche Zone der Freiheit zu definieren. Aber Sie haben sie wiederum nicht in Bezug auf diejenigen definiert, die wirtschaftlich benachteiligt sind. Sie haben sich in § 6 Abs. 3 auf diejenigen mit überdurchschnittlichen Leistungen bezogen. Zu den Härten nach Satz 5 habe ich schon etwas gesagt. Es ist ehrenswert, dass Sie dort etwas zu den überdurchschnittlichen Leistungen sagen. Es ist ehrenswert, dass Sie etwas zu Härten, beispielsweise durch Behinderungen, sagen. Aber Sie sagen nichts zu der Frage der ökonomischen Leistungsfähigkeit

von Studierenden und der sozialen Härten. Das fordert aber unsere Verfassung.

Herr Siebel, die Redezeit ist abgelaufen. Kommen Sie bitte zum Schluss.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt noch zwei weitere Aspekte, zum einen den des Kreditanspruchs, der nicht mit der Verfassung zu vereinbaren ist.

Schließlich ist – das ist mein letzter Satz – der Studienfonds hier schon verschiedentlich angesprochen worden. Es gibt eine unklare Formulierung zur Finanzierung des Studienfonds. Allein diese unklare Formulierung zur Finanzierung des Studienfonds widerspricht der Hessischen Verfassung, weil es nicht zulässig ist, den Studienfonds aus Beiträgen zu finanzieren,auch wenn dazu die Möglichkeit besteht.

Gestern haben Sie im Ausschuss noch einmal gesagt, bis 2010 gibt es überhaupt keinen Studienfonds.Allein schon dieser Punkt wird das Gesetz vor dem Staatsgerichtshof zu Fall bringen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der SPD – Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke sehr,Herr Siebel.– Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Meine Damen und Herren, wir hatten eine verbundene Debatte zu zwei Gesetzentwürfen, zum einen zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der FDP für ein Gesetz zur Stärkung der Finanzautonomie der hessischen Hochschulen und zum anderen zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der CDU für ein Gesetz zur Einführung von Studienbeiträgen an den Hochschulen des Landes und zur Änderung weiterer Vorschriften.

Ich lasse zuerst über den Gesetzentwurf der Fraktion der FDP für ein Gesetz zur Stärkung der Finanzautonomie der hessischen Hochschulen, Drucks. 16/6037 zu Drucks. 16/5983 zu Drucks. 16/5671, abstimmen.Wer dem Gesetzentwurf der FDP-Fraktion in dritter Lesung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Fraktion der FDP.Wer ist dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Die Fraktionen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben den Gesetzentwurf abgelehnt. Damit ist er insgesamt abgelehnt.

Ich lasse nun abstimmen über den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU für ein Gesetz zur Einführung von Studienbeiträgen an den Hochschulen des Landes und zur Änderung weiterer Vorschriften, Drucks. 16/6038 zu Drucks. 16/5984 zu Drucks. 16/5747. Es ist namentliche Abstimmung beantragt vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.Ich lasse über den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Änderungsantrags der Fraktion der CDU, Drucks. 16/6018 abstimmen.

Wir rufen jetzt namentlich auf. Wer zustimmen möchte ich, stimmt mit Ja, wer ablehnen möchte, stimmt mit Nein. So einfach ist das.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank für die Hilfe! – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Was darf man noch sagen? – Namensaufruf – Abstimmungsliste siehe Anlage 1)

Das Präsidium war sich schnell über das Ergebnis einig. Wir hatten alle drei sehr schnell die gleichen Zahlen. Zugestimmt haben 55, mit Nein gestimmt haben 44, und es gab sieben Enthaltungen. Damit ist das Gesetz in dritter Lesung angenommen.

(Beifall bei der CDU)

Wir fahren in der Tagesordnung fort und kommen zu Punkt 4:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Zusammenführung und Änderung von Vorschriften der Kinder- und Jugendhilfe – Drucks. 16/6059 –

Zur Einbringung des Gesetzentwurfs darf ich Frau Staatsministerin Lautenschläger das Wort erteilen. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir legen Ihnen heute einen Gesetzentwurf für ein Hessisches Kinder- und Jugendhilfegesetz vor, das in diesem Bereich umfassende Regelungen für Kinder und Jugendliche vornimmt und das damit das Gesetz aus dem Jahr 1989 ablösen soll.

Mit diesem Gesetzentwurf erfüllen wir die Vorgaben des Bundes im Rahmen des Tagesbetreuungsausbaugesetzes und des Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetzes, also des TAG und des KICK, um es vereinfacht zu sagen.