Protokoll der Sitzung vom 23.11.2006

(Beifall bei der SPD)

2,8 Millionen Beschäftigte im Einzelhandel und ihre Familien sind betroffen. Ich möchte Ihnen die Überschrift eines sehr netten Artikels zitieren. Da heißt es: „Kinder freut es, wenn Eltern Zeit haben“. Das war ein sehr schöner Artikel. Er bezog sich auf eine Untersuchung über die Lebenszufriedenheit von Kindern.

(Unruhe)

Frau Kollegin Fuhrmann, entschuldigen Sie mich bitte noch einmal ganz kurz. Es ist nach wie vor unerträglich laut hier. Ich bitte Sie noch einmal eindringlich, Ihre Gespräche einzustellen oder vor die Tür zu gehen. – Herzlichen Dank.

Frau Präsidentin, die CDU-Fraktion und die Regierung haben es überhaupt nicht wahrgenommen, was Sie gerade sagten.

In diesem Artikel ist jedenfalls ein Zitat von Frau Lautenschläger enthalten. Da heißt es: „Kinder brauchen gemeinsames Essen,begleiteten Medienkonsum und Unterstützung beim Lernen.“ Frau Lautenschläger, dem stimmen wir ausdrücklich zu. Das sagten Sie und machten mit diesem Gesetzentwurf genau das für alle beschäftigten Eltern im Einzelhandel unmöglich.

(Andrea Ypsilanti (SPD): So ist es!)

Meine Damen und Herren, das ist ein absolut verlogener Vorgang.

(Beifall bei der SPD)

Dann frage ich noch einmal lebenspraktisch: Wer geht denn schon mit Kindern nach 20 Uhr einkaufen? Da gehören die Kinder nämlich an den gemeinsamen Abendbrottisch,wenn es ihn gibt,oder aber in das Bett,und zwar in das eigene.

(Gerhard Bökel (SPD): Ernährungswissenschaftler sagen: früher!)

Das heißt: Sie machen hier Politik für Singles, und zwar für gut verdienende Singles.Das erklärt in Teilen auch den doch orientierungslosen Schlingerkurs der GRÜNEN.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Ich erinnere nur an Frau Perschbacher, die genau wie Frau Wagner früher der Meinung war, Erlebniseinkäufe seien dringend 24 Stunden freizugeben. Das hat sie ge

sagt. Das erklärt auch die Äußerung des kleinen Annexes der CDU, nämlich der FDP.

Meine Damen und Herren, es bleibt dabei: Diese gesetzliche Regelung ist familienfeindlich. Sie ist frauenfeindlich. Sie ist arbeitnehmer- und arbeitnehmerinnenfeindlich. Sie ist mittelstandsfeindlich; das sollte vielleicht noch die FDP interessieren. Sie hebelt Tarifverträge aus – sie wird jedenfalls dazu beitragen – und ist zutiefst unsozial.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir nehmen allerdings zur Kenntnis, dass Sie mit dem Kopf durch die Wand wollen. Das haben Sie deutlich genug gesagt.Aber ich sage Ihnen:Wer mit dem Kopf durch die Wand will, hat oftmals Beulen, Platzwunden und manchmal auch Schädelbrüche.

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Sie hören nicht auf uns als SPD. Vielleicht hätten Sie auf die Anzuhörenden hören sollen. Die waren auch, bis auf ein, zwei Ausnahmen, unisono gegen Ihren Gesetzentwurf. Gerade heute hat uns wieder ein Brief erreicht, der gemeinsam von ver.di, der Katholischen Arbeitnehmerbewegung, Herr Kollege Gerling, und von der Kolpingfamilie Limburg unterschrieben worden ist. In diesem Schreiben wird daran appelliert, dieses Gesetz nicht zu verändern. Ich sage Ihnen: Wenn Sie das nicht tun – es spricht wenig dafür –,dann ist das heute ein schwarzer Tag für den Einzelhandel in Hessen, für alle Beschäftigten im Einzelhandel,

(Zuruf des Abg.Axel Wintermeyer (CDU))

für deren Familien, für die Kunden, die künftig nicht mehr wissen, wer wann wo geöffnet haben wird. Im Übrigen haben die Kundinnen und Kunden in Zukunft auch nicht mehr Geld in der Tasche.

(Günter Rudolph (SPD): So ist es!)

Sie haben genauso viel Geld in der Tasche. Sie können nicht mehr ausgeben, Sie können es nur anders verteilen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Fuhrmann. – Das Wort hat nun Frau Sozialministerin Lautenschläger.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben diesen Gesetzentwurf im Landtag sehr ausführlich diskutiert. Wir haben gemeinsam Änderungen aufgenommen, was den Sonntagsschutz betrifft, und haben den Sonntag deutlich stärker geschützt, als es bis heute der Fall war.Wir sind als Landesregierung nach wie vor der Auffassung – wie fast alle um uns herum liegenden Länder –, dass es richtig ist, den Ladenschluss freizugeben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das heißt ganz klar, dass der Einzelhandel selbst entscheidet, wann er öffnet, dass vor Ort auf die Kundenwünsche eingegangen wird und dass, wenn wir heute das Gesetz verabschieden, wir es den hessischen Einzelhändlern ermöglichen, im Weihnachtsgeschäft über ihre Öffnungszeiten zu entscheiden und davon auch zu profitie

ren.Wir als Landesregierung werden es sicherstellen, dass das Gesetz tatsächlich zum 1. Dezember angewendet werden kann. Ich denke, das ist ein wichtiger Schritt. Sonst hätte in kurzer Zeit die Diskussion mit den Einzelhandelsverbänden darüber begonnen, warum es in den umliegenden Bundesländern, wie Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen oder Baden-Württemberg, geht und in Hessen nicht.

Wir wollen diese Möglichkeit auch für unsere Einzelhändler und für die Kundinnen und Kunden. Wir wollen, dass dort der Wettbewerb aufgenommen werden kann. Ich kann es nur zum letzten Mal hier wiederholen:Die Arbeitnehmerschutzgesetze haben selbstverständlich alle weiter Bestand. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen.

Dann kommen wir zur Abstimmung.Wer diesem Gesetzentwurf in dritter Lesung seine Zustimmung geben möchte, bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CDU und FDP.Wer ist dagegen? – SPD und GRÜNE.Damit ist dieser Gesetzentwurf in dritter Lesung angenommen und wird zum Gesetz erhoben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir kommen nun zu Tagesordnungspunkt 10:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU für ein Hessisches Gesetz über Einmalzahlungen in den Jahren 2006 und 2007 an Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter und Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger – Drucks. 16/6344 zu Drucks. 16/5940 –

Berichterstatter ist Herr Kollege Bellino, dem ich nun für die Berichterstattung das Wort erteile.

(Clemens Reif (CDU): Stimmt das, dass Wowereit durchgefallen ist? – Weitere Zurufe von der CDU – Unruhe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen,ich darf Sie bitten,dem Berichterstatter zuzuhören, damit Sie überhaupt erfahren, worüber wir hier gleich reden werden.

(Zurufe von der CDU)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Innenausschuss empfiehlt dem Plenum, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung unter Berücksichtigung des Änderungsantrags der Fraktion der CDU, Drucks. 16/6166, anzunehmen.

Der Gesetzentwurf war dem Innenausschuss, federführend, und dem Haushaltsausschuss, beteiligt, in der 110. Plenarsitzung am 13.September 2006 überwiesen worden. Der Änderungsantrag der Fraktion der CDU, Drucks. 16/6166, war dem Innenausschuss am 1. November 2006 vom Präsidenten überwiesen worden.

Der Haushaltsausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner Sitzung am 27. September 2006 behandelt und einvernehmlich beschlossen, dem federführenden Innenaus

schuss die Formulierung einer Beschlussempfehlung an das Plenum zu überlassen.

Zuvor wurde der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, eine mündliche Anhörung im Zusammenwirken mit dem federführenden Innenausschuss durchzuführen, mit den Stimmen der CDU gegen die Stimmen der SPD,des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP abgelehnt.

Der Innenausschuss hat zu dem Gesetzentwurf eine schriftliche Anhörung durchgeführt.

Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf zuletzt in seiner Sitzung am 15. November 2006 behandelt und mit den Stimmen der CDU gegen die Stimme der FDP bei Enthaltung von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die eben genannte Beschlussempfehlung ausgesprochen.

Zuvor war der Änderungsantrag der Fraktion der CDU, Drucks. 16/6166, einstimmig bei Enthaltung von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP angenommen worden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Bellino für die Berichterstattung. – Als erster Redner hat sich Herr Kollege Rudolph für die SPDFraktion zu Wort gemeldet. Die Redezeit beträgt zehn Minuten.