Die Landesregierung setzt mit dieser Vorlage einen Kurs fort, den wir schon in der Vergangenheit kritisiert haben und der für uns mit zukunftsfähiger Bewirtschaftung von Landesvermögen nichts, aber auch gar nichts zu tun hat.
Kolleginnen und Kollegen von der CDU,wir wollen Ihnen durchaus noch einmal die Gelegenheit geben, in sich zu gehen und diesen Kurs zu korrigieren.
Vielleicht hören Sie mir erst einmal zu,und dann können Sie noch einmal ins Nachdenken einsteigen. – Sie wollen dieses Immobilienpaket an einen Finanzinvestor mit Sitz in Wien verkaufen. Unsere Frage, ob und in welchem Umfang das Geschäft durch den Investor über Steuervorteile finanziert wird oder auch zusätzlich durch Steuervorteile interessant wird, konnte im Haushaltsausschuss nicht überzeugend beantwortet werden.
Für uns bleibt nach wie vor offen, ob und in welchem Umfang Steuerzahlerinnen und Steuerzahler diese Transaktion über Verlustmodelle mitfinanzieren. Diese Frage konnte nicht beantwortet werden.
Meine Damen und Herren, diese Landesregierung vergleicht sich immer gern mit einem Unternehmen der freien Wirtschaft. Gesunde Unternehmen trennen sich von Betriebsgrundstücken in der Regel nur aus steuerlichen oder haftungsrechtlichen Gründen. Da für das Land Hessen nach meiner Kenntnis beides ausscheidet, kann ich nur folgern: Das Land Hessen hat mit einem gesunden Unternehmen nichts gemein, ist damit nicht vergleichbar und muss zu solchen Finanzierungstricks greifen, um Liquidität abzusichern und die Verschuldung nicht noch dramatischer ansteigen zu lassen. Das ist der einzige Grund.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bei VW wäre der Finanzminister schon rausgeflogen! – Minister Karlheinz Weimar: Wie wollen Sie das beurteilen?)
Wir haben zu diesem Verkaufspaket „Leo II“ wie auch zu dem Verkaufspaket „Leo I“ ein umfangreiches Papier bekommen, das auch einiges wiegt.
Das Papier, das wir bekommen haben, ist überschrieben mit: „Wirtschaftlichkeitsberechnung für die Immobilientransaktion ,Leo II’“. Herr Kollege von Hunnius hat es schon zitiert, auch Herr Kollege Caspar. In diesem Paket kommen die Verfasser – wen würde es wundern? – für jedes Objekt zu dem Ergebnis: Der Verkauf ist wirtschaftlich sinnvoll und für das Land vorteilhaft.
Wenn ich mir das anschaue, dann finde ich, dass mit dem Begriff „Wirtschaftlichkeit“ und „Wirtschaftlichkeitsberechnung“ sehr viel Schindluder getrieben wird und dass in diesem Papier der Begriff „Wirtschaftlichkeit“ zu Unrecht verwendet wird, zumindest wenn man die Landessicht betrachtet. Für die Käufer ist es sicherlich hoch rentierlich und wirtschaftlich.
Ich möchte das einmal an einem Beispiel festmachen. Es geht mir in der Liste um die Liegenschaft Nr. 32, ein historisches, zum Stadtbild der Landeshauptstadt gehörendes Gebäude. Die meisten von Ihnen kennen es unter dem Namen „Landeshaus“. Es ist – wie bekannt – derzeit im Besitz des Wirtschaftsministeriums. Dieses Gebäude wurde für staatliche Zwecke 1907 errichtet. Seit 1949 hat dort das hessische Wirtschaftsministerium seinen Sitz. 1990/91 wurde ein moderner Erweiterungsanbau errich
tet, und für dieses Objekt wurde – wenn man so will – ein recht stattlicher Veräußerungserlös erhandelt, knapp 43 Millionen c.
Ja, ich komme darauf noch. – Das ist eine beachtliche Summe, wenn man bedenkt, dass die Gutachten bzw. vorigen Wertschätzungen nur 28,6 Millionen c ergeben hatten. Da kann man einmal sehen, wo Schätzungen landen. Wir hätten sicherlich noch einen höheren Verkaufserlös erhandeln können, wenn man dem Investor zugesagt hätte,wir gingen mit den Mietzahlungen noch hoch.Diese Konnexität können wir Ihnen auch nicht ersparen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): So ist es! – Minister Karlheinz Weimar: Das ändert aber nichts an der Rechnung!)
Herr Finanzminister, zu der Rechnung komme ich noch. – Für dieses Objekt wird die Landesregierung in den nächsten 30 Jahren, Jahr für Jahr ansteigend, zunächst mindestens 2,2 Millionen c Miete jährlich zahlen. Darauf kommt noch die Grundsteuer – in jedem Jahr mindestens rund 67.000 c –, sodass am Ende knapp 2,3 Millionen c im Jahr zu zahlen sind.
Herr Caspar, wahrscheinlich ist die Grundsteuer das Einzige, was wir an diesem Geschäft jemals wieder vereinnahmen werden.
Um die Wirtschaftlichkeit des Verkaufs nachzuweisen, macht die Landesregierung – etwas vereinfachend dargestellt – die folgende Rechnung auf: Bleibt das Gebäude bei uns, wird am Ende der Mietzeit ein Verkaufserlös geschätzt. Davon werden die ebenfalls geschätzten Instandhaltungskosten abgezogen, die das Land normalerweise als Eigentümer zu tragen hätte.Wenn das Ergebnis dieser Berechnung – geschätzter Verkaufswert am Ende der Mietzeit minus Instandhaltungskosten – geringer als der tatsächliche Kaufpreis nach Abzug des Barwertes der Mietzahlungen ist, soll damit die Wirtschaftlichkeit nachgewiesen werden. – Ich gebe zu, ich mute Ihnen ein bisschen viel zu.
Aber darauf kommt es an. Bei dem Nachweis der Wirtschaftlichkeit geht die Landesregierung davon aus, dass diese Immobilie, über die wir jetzt sprechen – nämlich das Landeshaus – am Ende dieser 30 Jahre nur noch ungefähr 1 Million c wert ist.
Ich frage Sie einmal:Wie rechnen Sie? Wir wollen jetzt für 43 Millionen verkaufen, und nach 30 Jahren ist dieses Objekt nur noch ungefähr 1 Million c wert? Ich frage mich, was ist da noch wirtschaftlich, und wie wird das gerechnet?
Von diesem angeblichen wirtschaftlichen Wert im Jahre 2036 werden noch Instandhaltungskosten abgezogen. In jedem Jahr – so wird gerechnet – werden in dieses Projekt mindestens 200.000 c investiert. Das wächst mit der Inflationsrate auf. Im Jahre 2036 werden es 310.000 c sein. Im Jahre 2036, wenn wir dieses so wertvoll instand gesetzte Objekt haben, ist es nur noch 1 Million c wert. Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen: Das ist eine unglaubliche Rechnerei, die mit Wirtschaftlichkeit überhaupt nichts zu tun hat.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))
Herr Milde, das sind die Zahlen aus diesem Papier, das sich Wirtschaftlichkeitsberechnung nennt. Ich referiere diese Zahlen.
oder wir müssen schauen, wie diese Annahme zustande kommt. Diese Berechnung ist weder mit der Alltagserfahrung vereinbar, noch mit der Betriebswirtschaftslehre erklärbar. Schlicht und einfach – ich sage es einmal – sollte ein bestimmtes Ergebnis erreicht werden.Wer so rechnet, der setzt sich dem Verdacht aus, dass ein bestimmtes Ergebnis von Anfang an beabsichtigt war
und dass die angebliche Wirtschaftlichkeit des Verkaufs mit aller Macht nachgewiesen werden sollte. Diesen Verdacht können Sie bisher nicht widerlegen. Herr Minister Weimar, wir haben Ihnen vorgerechnet, dass der Verkauf der Gebäude mehr als kurzsichtig ist und dass der Verkaufserlös aus den Gebäuden weit vor Ablauf der Mietzeit verfrühstückt sein wird. Unsere Berechnung ist zugegebenermaßen eine einfache Amortisationsrechnung.
Das ist so. Das ist eine einfache Amortisationsrechnung. Sie haben uns vorgehalten, dass diese finanzwirtschaftlich nicht haltbar sei. Ich kann Ihnen nur sagen, unsere Methode ist solider, transparenter und einfacher nachvollziehbar als Ihre Berechnung, die mit falschen Annahmen und Parametern nur ein Ziel hat,
Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Diese politische Vorgabe war, kurzzeitig Druck aus dem Haushalt zu nehmen. Dieses Vorgehen ist aus unserer Sicht mehr als durchsichtig.Ich kann nur noch einmal an die Kolleginnen und Kollegen von der CDU appellieren, diesen Unsinn nicht mitzumachen.