Protokoll der Sitzung vom 01.02.2007

Ich kann mich noch daran erinnern, dass in den Diskussionen innerhalb der Koalitionsrunde von CDU und FDP immer wieder ein Sachstandsbericht von Innenminister Volker Bouffier oder vom damaligen Justizminister Christean Wagner gegeben wurde, wie weit wir, das Land Hessen und die Mitarbeiter des Landes Hessen, bei der retrograden Erfassung sind. Wir als Liberale haben immer darauf gedrungen, dass dort heftig nachgeholt wird. Ich bin sehr dankbar, dass die Vorredner festgestellt haben, dass

die FDP eine Rechtsstaatspartei ist, und zwar aus rechtsstaatlichen Gründen.

(Beifall bei der FDP)

Es ist nicht nur so – und das begrüßen und unterstützen wir –, dass mit DNA-Analysen Straftäter herausgefunden werden können, sondern es ist genauso auch zu akzeptieren, dass mit DNA-Analysen Verdächtige von dem Verdacht freigesprochen werden können.

(Beifall bei der FDP)

Das ist eine rechtsstaatlich zu begrüßende doppelte Folge. Wir hatten auch eine Reihe von sehr prominenten Fällen – nicht so sehr im Land Hessen, aber z. B. in südlichen Ländern – , wo zunächst andere verdächtigt worden sind und dann aufgrund der DNA-Analyse festgestellt werden konnte, dass der Staat zunächst den Falschen verdächtigt hat. Man konnte ihn aus dem Verdacht herausnehmen und häufig dann den tatsächlichen Straftäter finden. Ich glaube, zu diesem Themenbereich gibt es wirklich keinen Streit.

Ich möchte auch keinen Streit führen. Aber die Debatte von Herrn Frömmrich verwirrt mich ein bisschen.

(Zuruf von der CDU: Nicht nur Sie!)

Danke. – Auf der einen Seite sagt er, das wäre alles unstrittig und wir wären alle dafür.Auf der anderen Seite erzählt er sechs Minuten von seinem siebenminütigen Beitrag zu einer fünfminütigen Wortmeldung, was das Schlimme daran ist und was man beachten und nicht tun sollte.

(Axel Wintermeyer (CDU): So ist es – typisch grün!)

Daran kann man erkennen, dass das Ganze doch ein bisschen strittig ist. Ich stehe als Liberaler auch dazu, dass das strittig ist. Ich will nicht wie Sie die Situation nur selektiv wahrnehmen, sondern umfassend.Wir haben in der FDP vor drei oder vier Jahren heftige Diskussionen darüber geführt. Diese mündeten dann z. B. auch in den Beitrag von Frau Kollegin Piltz. Sie ist die innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion. Das sage ich, damit das ein bisschen eingeordnet werden kann. Das klang eben ein bisschen witzig. Frau Kollegin Piltz hatte so wie eine Vielzahl von Bundestagskollegen sehr lange eine Auffassung, die besagt hat, dass die DNA-Analyse nur als Ultima Ratio genutzt werden darf. Sie dürfe nur bei ganz schwierigen Fällen und Verbrechen eingesetzt werden.

Wir haben innerhalb der FDP eine sehr heftige Debatte auf einem Bundesparteitag geführt. Ich glaube, er war in Düsseldorf, aber da will ich mich nicht genau festlegen. Dort haben wir eine Meinung herausgebildet, die wir auf dem letzten Bundesparteitag in Köln noch einmal festgeschrieben haben. Aber das war ein Prozess. Jetzt tun Sie doch nicht so, als hätte bei den GRÜNEN kein Prozess dazu stattgefunden.

(Beifall bei der FDP)

Ich habe das Gefühl, dass Sie bei dem Prozess noch viel weiter weg von der Nutzung von DNA-Daten sind als die Liberalen.

Wir sollten uns nicht aus der Vergangenheit herausstehlen. Man kann sogar sagen, dass man stolz darauf sein kann, als Rechtsstaatspartei eine solche Debatte geführt zu haben.Jetzt sagen wir:Jawohl,die DNA-Analyse ist ein Mittel von vielen. Sie ist ein sehr wichtiges Mittel, das in den Werkzeugkasten der Polizei gehört, um auf der einen

Seite Straftaten aufzuklären und auf der anderen Seite vermeintliche Straftäter, die gar keine sind, aus dem Verdacht herauszunehmen.Also muss die Polizei das machen können. Dazu muss man all das aufnehmen, was in der Vergangenheit an Spuren vorhanden war. Das ist dann – und da passt der Spruch wirklich – gut so.

Letzte Bemerkung. Sie können sich daran erinnern, dass wir auf Antrag der FDP-Landtagsfraktion im Januar 2005, also vor fast genau zwei Jahren, eine Debatte geführt haben. Wir haben als Liberale diese Debatte angestoßen, weil einige Mitglieder der CDU – auch ein Mitglied der Landesregierung – festgestellt haben, dass die DNA-Analyse eigentlich gleichzustellen sei mit dem klassischen Fingerabdruck. Dazu sage ich auch heute noch: Nein, das ist falsch.

(Beifall bei der FDP)

Die DNA-Analyse ist kein Äquivalent des klassischen Fingerabdrucks.

(Zuruf von der SPD: Richtig!)

Sie ist mehr. Wenn man sich darüber einig ist, kann man sich letztlich darüber streiten, ob man trotzdem eine entsprechende Erfassung flächendeckend einführt. Aber man muss sich bewusst werden, dass der Fingerabdruck etwas anderes, nämlich etwas viel Begrenzteres ist. Er kann eine viel geringere Aussage über die Persönlichkeit mit ihren Krankheiten und Strukturen treffen als die DNA-Analyse.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb möchte ich Sie bitten, auch hierzu eine fachlich entspannte Diskussion zu führen. Ich höre die Klingel. Ich will auch keine sieben Minuten reden. Deshalb sage ich zum Schluss: Ich bedanke mich bei den Mitarbeitern des LKA und des BKA. Sie haben uns Liberale in den letzten Jahren immer hervorragend beraten. Sie haben uns auch immer wieder zu den fachlichen Problemen beraten, um zu erkennen,was eine DNA ist und was davon gespeichert wird.Es sind ja bei Weitem nicht die ganzen DNA-Schlangen,die dort gespeichert werden,sondern nur ein ganz bestimmter Auszug. Sie haben uns erklärt, was da genutzt wird und wie man Daten schützen kann.

Die heutige Debatte ist schön, weil wir als Hessen gemeinsam sagen können, dass unsere Mitarbeiter nach vorn gekommen sind.Die Debatte ist wichtig,um deutlich zu machen, dass die DNA-Analyse nicht das gleiche ist wie ein Fingerabdruck, sondern mehr. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Innenminister.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die DNAUntersuchung ist eine äußerst erfolgreiche und heute auch nicht mehr wegzudenkende Untersuchungsmethode – sowohl zur Kriminalitätsbekämpfung wie auch zur Kriminalitätsverhütung. Wir in Hessen können außergewöhnlich dankbar und stolz sein. Wir haben den zweiten Platz bei der Trefferquote.

Ich möchte an das anknüpfen, was der Kollege Hahn gesagt hat. Ich bedanke mich ausdrücklich dafür, dass sich der Hessische Landtag mit diesem Sachverhalt beschäftigt. Denn wir können doch eigentlich nur froh und dankbar sein, dass die Polizei so erfolgreich arbeitet. Das könnte eigentlich das ganze Haus tun.

(Beifall bei der CDU)

Was erleben wir von Rot und Grün? – Das ist teilweise sachlich völlig daneben und ein Gequake nach dem Motto: Wir kriegen es einfach nicht hin, selbst wenn die Fakten völlig eindeutig sind, einfach zu sagen, dass die Sache prima ist. Das bringt Ihr nicht über die Lippen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der SPD:Nicht so überheblich!)

Es geht doch nicht darum, sich hier feiern zu lassen, sondern es geht um zwei Dinge.

(Zuruf von der SPD: Sie erzählen Unsinn! – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Frömmrich, Ihnen werde ich das belegen.

Erstens anerkennen wir eine außergewöhnlich qualifizierte, engagierte fachliche Arbeit, die unser Land sicher macht. Es steht dem Hessischen Landtag besonders gut an, das in öffentlicher Sitzung anzuerkennen.

Zweitens müssen wir mit manchen Geschichtsklitterungen aufhören. Mich hat es kaum auf dem Stuhl gehalten,

(Axel Wintermeyer (CDU): So ist es!)

als ich eben gehört habe, das sei alles immer unstrittig gewesen. Meine Damen und Herren, es war meine Entscheidung, das einzuführen. Dieser Teil des Hauses war immer dagegen.

(Axel Wintermeyer (CDU): So ist es!)

Die FDP hat eine differenzierte Haltung eingenommen.

(Günter Rudolph (SPD):Die FDP ist leider nicht in der Regierung!)

Rot und Grün können sich doch heute nicht mit Erfolgen bei Maßnahmen schmücken, die sie früher mit allen Mitteln der Demagogie bekämpft haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Günter Ru- dolph (SPD): Ei, ei, ei!)

Das ist doch wahr. Lieber Herr Rudolph, ich kann in der Aktuellen Stunde nicht auf alles eingehen.

(Nancy Faeser (SPD): Können Sie einmal über Ihre Ausdrucksweise nachdenken?)

Ich will einfach noch einmal auf zwei Punkte hinweisen. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie gerade Rot-Grün in diesen Fragen ständig geschoben werden musste, weil die Fakten und die Wirklichkeit ihre ideologischen Drahtverhaue langsam aber sicher eingeebnet haben. Der betreffende Paragraf der Strafprozessordnung dazu ist nach meiner Erinnerung mindestens viermal geändert worden.Am Anfang ging es nur um Mord und Totschlag. Dann ging es um den Richtervorbehalt – den ich ausdrücklich nicht für notwendig halte. Der Richtervorbehalt wurde dann bei den anonymen Spuren gestrichen. Das ergibt überhaupt keinen Sinn, einen Richtervorbehalt bei anonymen Spuren. Darüber haben wir jahrelang diskutiert.

(Zuruf der Abg. Heike Hofmann (SPD))

Meine Damen und Herren, ich will Sie einmal auf eines hinweisen. Wir haben außergewöhnlich große Erfolge beim Diebstahl. Dort haben wir die mit Abstand größte Erfolgsquote. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass große Teile – und Rot-Grün immer – gesagt haben,der Diebstahl kann überhaupt nicht in Betracht kommen, es muss um ganz schwere Delikte gehen.

Meine Damen und Herren, wir haben auch und gerade die Verpflichtung, den Opfern von Diebstählen zu helfen, indem wir die Täter dingfest machen und ihr weiteres Treiben unterbinden. Deshalb bin ich ausdrücklich dafür, dass wir hier die Anwendung dieses Instituts der DNAAnalyse auch und gerade dort, wo Wiederholungsgefahr besteht, anwenden.

Meine Damen und Herren, der Kollege Frömmrich hat erklärt – ich habe mir das mitgeschrieben –, es habe ausschließlich rückwirkend-aufklärenden Charakter. Das ist blanker Unsinn.

(Beifall des Abg. Peter Beuth (CDU))