Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine totale Sicherheit ist eine totale Unfreiheit. Eine totale Freiheit ist Anarchie. Deshalb muss man das ausbalancieren.
Dafür ist der Datenschutz da. Um das immer wieder präzise auszubalancieren, sind neben den Politikern, die sich damit beschäftigen, natürlich die Behörde des Datenschutzbeauftragten und dessen Person eine ganz große Hilfe.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bedanke mich bei Herrn Prof. Ronellenfitsch nicht nur persönlich im Namen der FDP-Fraktion im Hessischen Landtag, ich bedanke mich auch bei Ihren Mitarbeitern. Ich weiß, wenn wir Fragen haben, werden die auch direkt, auf dem informellen Weg, beantwortet. Ich höre, das ist nicht in allen Bundesländern so, bei anderen Datenschutzbeauftragtenbehörden – ich sage das bewusst, denn andere Bundesländern agieren da eher behördenmäßig. Wir erhalten unsere Fragen beantwortet. Ich bedanke mich dafür, dass Sie bei der Anhörung im Innenausschuss zu dem Gesetzentwurf der FDP-Fraktion zur Novellierung des Hessischen Polizeigesetzes, als es um das Thema Wohnraum- und Telefonüberwachung ging, unsere Rechtsposition bestätigt haben.
Ich hoffe, dass wir uns alle nicht nur bei Ihnen bedanken, sondern dass wir alle auch die Vorschläge abarbeiten und umsetzen, die Sie vorgetragen haben. Das würde Hessen noch ein bisschen moderner, sicherer aber auch freier machen. – Vielen herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Prof. Ronellenfitsch! Der Datenschutz genießt in Hessen einen herausragenden Ruf, einen sehr hohen Rang und wird von sämtlichen Behörden außerordentlich ernst genommen. Herr Prof. Ronellenfitsch, deshalb habe ich mich gefreut, dass Sie in den einleitenden Bemerkungen zu Ihrem Tätigkeitsbericht Folgendes geschrieben haben. Ich zitiere: „Um den Datenschutz ist es nach wie vor nicht schlecht bestellt...“
Ich hätte mir noch gewünscht, dass Sie hineingeschrieben hätten: „Um den Datenschutz steht es in Hessen hervorragend.“ Das haben Sie wahrscheinlich deshalb nicht gemacht, weil dann der kritische Ansatz Ihres Amtsverständnisses nicht so richtig deutlich würde. Man könnte auch sagen: Zu viel Weihrauch schadet dem Heiligen.Von daher sage ich trotzdem: Ich freue mich ausdrücklich über das, was Sie gesagt haben.
Der Datenschutz ist in Hessen sehr gut aufgestellt.Vieles, was ihn betrifft, wird interessanterweise in Plenardebatten sehr emotional vorgetragen.
Wenn man das so hört und es mit den Debatten und Gesprächen vergleicht, die wir im Innenausschuss führen, wo die Öffentlichkeit nicht dabei ist, dann merkt man eines: Die Unterschiede – auch in Sachfragen – sind gar nicht so groß, wie sich das hier gelegentlich darstellt.
Unterschiede gibt es durchaus, aber ernsthaft kann doch niemand bestreiten, dass der Datenschutz in Hessen in sehr guter Verfassung ist – was nicht bedeutet, dass wir über manche Fragen nicht immer wieder neu diskutieren müssten. Genau daher möchte ich Ihnen, Herr Prof. Ronellenfitsch, seitens der Landesregierung für Ihre Arbeit, für die Beratung und auch für die kritischen Bemerkungen herzlichen Dank sagen. Sie haben von dem konstruktiven Dreiecksverhältnis unter den Kreativen gesprochen. Das befruchtet uns alle, um in dieser Sprache zu bleiben. Das bedeutet nicht gleichzeitig, dass wir immer alle einer Meinung wären. Das kann und das darf auch nicht sein. Wir erarbeiten gemeinsame Lösungen, von denen ich überzeugt bin, dass sie vernünftig und klug sind.
Sie haben die Lateiner bemüht, und deshalb will ich einmal die alten Griechen bemühen. Der alte Satz „panta rhei“ – „alles fließt“ – passt doch auch hier. Der Datenschutz ist nicht statisch, er ist nicht in Fels gemauert nach dem Motto: Das müssen wir so machen, und das machen wir immer so. Vielmehr müssen wir auf neue Herausforderungen reagieren.Alte dürfen wir nicht ignorieren, und wir müssen uns in mancherlei Hinsicht auch an Lösungen heranarbeiten.
Ich will einmal zwei Beispiele nennen. Wenn von E-Government die Rede ist – einer totalen Umwälzung auf nun wirklich allen Fronten –, dann wäre es geradezu kindisch, zu glauben, dass das völlig konfliktfrei und ohne kritische Passagen zu diskutieren und umzusetzen wäre. Aber das Entscheidende ist doch – da schaue ich Sie, lieber Herr Siebel, an: Sie haben doch tatsächlich behauptet
ich habe es mir mitgeschrieben –: Der Datenschutz muss öffentlich diskutiert werden und nicht in Hinterzimmern. – Ja, verda... – – Verzeihung.
(Michael Siebel (SPD): Im Anschluss an den Vorschlag, den der Datenschutzbeauftragte gemacht hat! Dann sagen Sie doch, dass Sie den Vorschlag wollen!)
Ich vermag das überhaupt nicht nachzuvollziehen. Was machen wir denn hier gerade? Über den Datenschutz wird doch in Hessen mehr als in jedem anderen Land öffentlich diskutiert.Das ist auch gut so,und das machen wir nicht in Hinterzimmern. Das mag vielleicht Ihrer eigenen Begeisterung oder der Emotio gedient haben.Aber das ist in der Sache Unsinn. In der Sache sind wir doch sehr nah beieinander. Wenn Sie zum E-Government, das der Kollege Staatssekretär Lemke, wie ich finde, hervorragend vertritt, konkret Anstände oder Fragen haben oder hatten, dann bitte ich Sie, mir jetzt zu sagen, wann jemals sie Ihnen nicht beantwortet wurden. Wann jemals wurde Ihnen ein Sachverhalt, auf dessen Erläuterung Sie vernünftigerweise Anspruch hatten, nicht mitgeteilt? – Das ist einfach nicht wahr.
Deshalb möchte ich diese Kritik – auch im Interesse der vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesverwaltung, die sich gerade in diesem Umbruchprozess EGovernment in höchstem Maße persönlich engagieren – in aller Form zurückweisen. Man kann sich hier nicht hinstellen, ein großes Thema madig machen und auf Nachfrage sagen:Wir haben eigentlich nichts Richtiges, aber es klingt ganz gut. Es klingt nicht nur nicht gut, es ist falsch.
Es ist auch schade für das Engagement der Hunderte, die sich in der Landesverwaltung gerade um diesen Sachverhalt bemühen. Ich möchte das im Namen der Landesregierung in aller Form zurückweisen.
Das zweite Beispiel, auch nicht eben neu. Der Tätigkeitsbericht ist hier nur sehr rudimentär angesprochen worden. Das will ich nicht kritisieren. Aber die Rolle des öffentlichen und des privatrechtlichen Datenschutzes ist ein Klassiker der Debatte hier im Haus. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Ich bin in keinster Weise von dem überzeugt, was hier vorgetragen wurde. Ich kann auch nicht einen staatsfreien Raum vertreten. Ich halte es für absurd, dass jemand verantwortlich eingreift, ohne zu verantworten. – Eine unabhängige Stelle, die auf Private zugreift,auch vielleicht – das weiß ich nicht – am Schluss entsprechende Verfügungen und Weisungen erlässt, also Exekutivbefugnisse wahrnimmt, ohne Verantwortung wahrzunehmen, das ist bei mir nicht möglich.
Alles, was die anderen Länder machen, ist der aus meiner Sicht nicht sehr geglückte Versuch, genau dieses Problem irgendwie zu umschiffen. Ich habe immer wieder einen Vorschlag gemacht. Der Datenschutzbeauftragte ist beim Hessischen Landtag tätig. Ihm ist er verantwortlich.Wenn Sie meinen, dass man das alles zusammenführen sollte, dann muss das beim Hessischen Landtag zusammengeführt werden. Es geht aber nicht, dass private Datenschutzaufsicht unabhängig von wem auch immer gestaltet wird und eine Landesregierung dann dafür haftet, ohne dass sie die Chance hat, dies in irgendeiner Weise zu gestalten. Das war vor Jahren so, und das ist bei mir auch heute so.Aber ich bin für eine Diskussion offen.
Das gibt mir Gelegenheit – weil es bisher niemand angesprochen hat, das will ich auch einmal sagen –, zur sehr erfolgreichen Arbeit der Aufsicht über die Privaten im Datenschutz ein paar Bemerkungen zu machen.
In der Stellungnahme der Landesregierung werden Sie auf über 40 Seiten sehen, worum sie sich alles bemüht haben – mit einem deutlichen Zuwachs an Aufgaben,an Fragestellungen und an Beratungsbedarf. Das Herausragendste in mancherlei Hinsicht war im vergangenen Jahr die Fußballweltmeisterschaft. Die Vorbereitung dazu war äußerst intensiv. Da ging es um Fragen wie:Wie gehen wir mit den Karten um? Wie gehen wir mit persönlichen Daten um? Da der Deutsche Fußballbund, die Deutsche Fußballliga und alle anderen nun einmal in Hessen sitzen, waren unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Regierungspräsidium in Darmstadt und der Datenschutzbeauftragte des Landes Hessen in besonderer Weise angesprochen.
Ich möchte mich ausdrücklich bei Ihnen, Herr Prof. Ronellenfitsch, bedanken. Ich weiß sehr wohl, dass nicht alle Datenschutzbeauftragten im Bund und in den Ländern hinsichtlich der Frage „Wie machen wir dieses Weltereignis möglich, und wie gehen wir mit dem Schutz der Daten um?“ so wie Sie – wie ich finde, in sehr kluger Weise – den beiden Aspekten Rechnung getragen haben. Ich will mich ausdrücklich dafür bedanken.
Meine Damen und Herren, wenn das schief gegangen wäre, hätte doch allenthalben die übliche Debatte stattgefunden:Wie kann denn das geschehen? Eine kleinkarierte Diskussion um Personendaten, wenn es um das Große geht, das ist – Gott sei Dank – nicht passiert, sondern das ist in hervorragendem Zusammenwirken geschehen. Dafür will ich mich ausdrücklich bedanken.
Dritte Bemerkung. Es ist, wie ich finde, zu Recht von Ihnen, Herr Prof. Ronellenfitsch, das Thema Internet angesprochen worden. Ich will dazu zwei Bemerkungen machen. Zunächst einmal zu Ihnen, Frau Kollegin Erfurth. Sie haben die Panne bei dem Polizeipräsidium Darmstadt gerügt. Frau Kollegin Erfurth, wenn Sie mir Gelegenheit gäben – ich wollte Ihnen gerade etwas zurufen. Es ist völlig unstreitig ein schwerwiegender Vorgang, davon ist nichts zurückzunehmen. Nicht in Ordnung aber ist, dass Sie das Fehlverhalten eines Einzelnen jetzt umnieten und sagen: Das liegt daran, dass dort die falschen Regelwerke bestehen. Das ist in der mehrstündigen Debatte des Innenausschusses, bei der keine einzige Frage mehr übrig blieb, weder von Rot noch von Grün noch von anderer Seite, selbst von Ihnen nicht, behauptet worden.
Deshalb frage ich mich:Warum behaupten Sie das heute? Es ist ein Sachverhalt, der niemanden glücklich machen kann. Aber es ist schon ein Unterschied, ob jemand, weil er unaufmerksam war, weil er sich in diesem Fall nicht sorgfältig verhalten hat, einen bedauerlichen und schweren Fehler begeht oder ob wir falsche Regelwerke haben. Bisher habe ich von niemandem gehört, dass wir falsche Regelwerke hätten.
Zum Zweiten haben Sie behauptet, der Datenschutzbeauftragte habe die Sache aus der Presse erfahren. Das tut mir auch leid. Aber ich sage es in aller Form: Die Kritik weise ich deutlich zurück. Ich kann nichts dafür, wenn die Presse es eher weiß als wir.Wie wir am Dienstag erfahren haben, hatte es die Presse am Montagabend. Der Landespolizeivizepräsident hat am Dienstagmorgen mit den Mitarbeitern Ihrer Behörde persönlich gesprochen und Sie über den Sachverhalt informiert.
Meine Damen und Herren, ich will es deutlich machen: Ich finde das auch nicht schön. Aber ich habe irgendwo gelesen: „mit Vertuschungstendenz“. Das ist empörend und falsch. Das weise ich in scharfer Form zurück. Sobald sie das erfahren hatten, haben sie sich mit Ihrer Behörde in Verbindung gesetzt. Ich will hier keinen falschen Zungenschlag hineinbringen, aber es kann auch nicht so unwidersprochen stehen bleiben. Wenn Sie dann noch – das will ich abschließend sagen – ein System fordern, das von selbst erkennt, was ins Internet hinein darf, dann muss ich aus Zeitgründen einfach die Bemerkung machen: Wer so etwas fordert, der ist von der Wirklichkeit dieser Probleme ganz weit weg.
Ich stimme mit Ihnen, Herr Prof. Ronellenfitsch, darin überein, dass wir uns um das Thema Internet in vielfältigen Formen noch zu kümmern haben. Ich bin alles andere als glücklich darüber, was dort gesellschaftlich läuft. Ich bin der Überzeugung, die wenigsten Menschen in unserem Lande wissen,was dort läuft.Das ordne ich in das ein, was Sie vorhin „informationelle Balance“ zwischen Staat und Staatsvolk genannt haben. Das ist eine Interdependenz. Das ist nicht nur ein Über-/Unterordnungsverhältnis, wie wir als Juristen das früher genannt haben, sondern das hat viele Facetten.
Wenn wir dort weiterarbeiten – da sage ich Ihnen völlige Offenheit zu –,uns aber immer darüber klar sind,dass Datenschutz kein Superrecht ist, sondern sich in die Gesamtbalance unserer Grundrechte einbindet, dann können Sie sich darauf verlassen, dass die Hessische Landesregierung und alle Kolleginnen und Kollegen, aber auch die nachgeordneten Behörden mit höchster Sorgfalt die große Bedeutung des Datenschutzes nicht nur anerkennen, sondern auch danach arbeiten.
Dann können wir auch beim nächsten Bericht sagen, was der Herr Datenschutzbeauftragte heute gesagt hat: Um den Datenschutz in Hessen ist es sehr gut bestellt.
Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende dieses Tagesordnungspunktes. Wir sind der Empfehlung des Innenausschusses gefolgt und haben den Tätigkeitsbericht diskutiert.
Verehrter Herr Ronellenfitsch, die wunderbare Äußerung des Herrn Innenministers bezüglich des Weihrauchs, der die Ikonen schwärzt, gilt für die orthodoxen christlichen Kirchen. Da Sie aber im übertragenen Sinne bestimmt kein Orthodoxer sind, können wir noch mehr Weihrauch auf Ihr Haupt schütten. Das tun wir hiermit. Herzlichen Dank im Namen des Landtags und der Landesregierung.
Entschließungsantrag der Fraktion der CDU betreffend Kompetenzzentren in Hessen – hier ist die Zukunft – Drucks. 16/6807 –
Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP betreffend Spitzenforschung in Hessen stärken – hessischen Forschungspakt schaffen – Drucks. 16/6841 –
Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Innovationsstrategie für Hessen – Chancen für das Land nutzen – Drucks. 16/6853 –
Dringlicher Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Unterstützung der hessischen Forschungslandschaft – Chance für Hessens Zukunft – Drucks. 16/6854 –
Es ist eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion vorgesehen. Das Wort hat Herr Abg. Boddenberg für die CDUFraktion.