Protokoll der Sitzung vom 07.03.2007

(Hildegard Pfaff (SPD): Was für eine Arroganz!)

Damals waren für diesen Bereich 79 Millionen c vorgesehen. Heute sind es über 200 Millionen c. Ich glaube aber, wir sollten diese Debatte nicht nur dazu nutzen, über Zahlen zu reden. Angesichts des Blutdrucks der Kollegin Schulz-Asche ist noch einmal deutlich geworden: Wir haben die Zahl der Betreuungsplätze erhöht.

(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wir doch auch!)

Wir haben sie stärker gesteigert, als das in den anderen westdeutschen Flächenländern der Fall war, weil wir das Thema erkannt haben. Es ärgert Sie natürlich, dass wir mit dem BAMBINI-Programm ab diesem Jahr das letzte Kindergartenjahr beitragsfrei gestellt haben.

(Norbert Schmitt (SPD): Auf Kosten der Kommunen!)

Es ärgert Sie natürlich, dass wir ein 45-Millionen-c-Programm aufgelegt haben, um auch in diesem Jahr 6.000 zusätzliche Plätze für unter Dreijährige fördern zu können. Es ärgert Sie natürlich, wenn Sie daran denken, dass wir, wenn wir den Haushalt für 2008 aufstellen, diese Politik fortsetzen werden, dass wir weiter ausbauen werden, um bis zum Jahre 2010 eine Quote von 20 % zu erreichen.

Wir wissen natürlich – das hat die Kollegin von der Leyen schon gesagt –, dass es damit wahrscheinlich noch längst nicht genug ist, dass wir noch mehr Plätze brauchen. Der Bedarf ist in Hessen schon heute unterschiedlich groß. Die Stadt Frankfurt redet nicht über eine 20-%-Quote, weil sie vor Ort einen ganz anderen Bedarf festgestellt hat. Die Stadt baut die Zahl der Plätze weiter aus. Wir sehen, dass in ländlichen Kommunen an der einen Stelle möglicherweise 10 bis 15 % ausreichend sind, während an anderer Stelle, z. B. in städtischen Gebieten, bereits eine Quote von 25 % erreicht ist, man aber weiß, dass diese Quote noch nicht ausreicht. Dann nimmt diese Kommune wieder an unseren Programmen teil und baut die Zahl der Betreuungsplätze weiter aus. Es ärgert Sie, meine Damen und Herren von der SPD und den GRÜNEN, dass die Landesregierung auf all diesen Feldern längst tätig geworden ist und das auch in Zukunft weiterhin tun wird.

(Beifall bei der CDU – Hildegard Pfaff (SPD): Es ärgert uns, dass Sie große Sprüche machen und nichts aus originären Landesmitteln finanzieren!)

Ich sage es sehr deutlich: Mit einer Quote von 11,5 % stehen wir inzwischen zwar an der Spitze der Flächenländer, aber das reicht uns eben noch längst nicht. Deshalb werden wir diese Quote in den nächsten Jahren weiter steigern.

Wenn man sieht, dass innerhalb von drei Monaten immerhin 365 der 426 hessischen Gemeinden einen Antrag auf U-3-Förderung nach dem BAMBINI-Programm gestellt haben, dann wird deutlich, dass die Kommunen dieses Programm annehmen. Sie wissen, dass wir diesen Weg gemeinsam gehen und sehr schnell umsetzen werden. Im Jahre 2004 waren es 187 Städte, die ein U-3-Angebot vorgehalten haben. Wenn wir über Zahlen reden, liebe Frau Kollegin Schulz-Asche, dann rede ich natürlich über die Zahlen des Statistischen Landesamts vom 31. Dezember 2006, weil die inzwischen vorliegen. Wenn wir genau hinschauen, dann sehen wir, dass wir seit dem 1. Januar 2007 über 110 Betriebserlaubnisänderungen ausgesprochen haben. Diese Betriebserlaubnisänderungen gehen zu einem ganz großen Teil, gerade in den letzten drei Monaten, in den weiteren Ausbau der U-3-Plätze, weil die Kommunen logischerweise vor Ort planen, weil sie das bedarfsgerecht gemeinsam mit uns umsetzen.

Sie haben es selbst angesprochen. Deswegen wundert mich das Lamentieren über die Frage der Finanzierung. Sie waren damals in Berlin als Rot-Grün noch in der Verantwortung, als das Tagesbetreuungsausbaugesetz auf den Weg gebracht wurde. 1 Milliarde c gingen an die Kommunen, um den Ausbau zu forcieren. Wir als Landesregierung haben gesagt: Auch wir werden dort weiter unterstützen und ausbauen, damit es vorangeht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Ypsilanti, zu dem, was Sie aufbauen: Zu der Frage, ob das Kindergeld gekürzt werden soll oder nicht mehr erhöht werden soll, haben Sie eine klare Absage von sogar drei Fraktionen dieses Hauses bekommen.

(Norbert Schmitt (SPD): Glatt die Unwahrheit! – Zuruf der Abg. Hildegard Pfaff (SPD))

Vielleicht sollte man sich das dann doch noch einmal genauer anschauen. Aber anscheinend haben Sie mit Ihren Kollegen, auch mit Ihrem Ministerpräsidenten im Nachbarland, der Ihr Bundesvorsitzender ist, nicht wirklich darüber gesprochen, was Sie dort eigentlich wollen.

(Norbert Schmitt (SPD): Jetzt kommt Ihr Vorschlag! Was ist Ihr Vorschlag? Jetzt machen Sie endlich einen Vorschlag!)

Wollen Sie nun das Kindergeld nicht mehr erhöhen oder die Unternehmenssteuerreform verhindern? Frau Ypsilanti, das ist eine unglaublich spannende Alternative, die Sie hier vorstellen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Hildegard Pfaff (SPD))

Das ist mit niemandem in Ihrer Partei abgesprochen. Es gibt keine Mehrheiten weit und breit. Das sind alles Luftschlösser. Wir handeln, wir bauen aus. Wir unterstützen die Kommunen.

(Norbert Schmitt (SPD): Sie müssen von Luftschlössern reden! Ausgerechnet!)

Sie müssen sich heute aufregen, weil Sie für all Ihre Vorschläge nicht einmal in Ihrer eigenen Partei Zustimmung finden. Das ist das eigentlich Spannende.

(Beifall bei der CDU)

Wir reden hier ganz klar darüber, dass wir Eltern Angebote machen müssen.

(Norbert Schmitt (SPD): Sie reden eben nicht klar, wie Ihre Finanzierungsvorschläge sind!)

Dazu will ich sehr deutlich sagen: Ich bin nicht bereit, über Statistiken zu reden, in denen nur die Krippenplätze abgebildet sind. Zu den Betreuungsplätzen für unter Dreijährige gehören in Hessen völlig gleichwertig die Krippen, die altersübergreifenden Gruppen und die Tagesmütter.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Deswegen rechnen wir auch alle diese Plätze, die wir in den Bereichen ausgebaut haben, mit.

(Petra Fuhrmann (SPD): Genau! Sie rechnen sich schön!)

Nein, wir rechnen uns nicht schön. Wir machen Wahlangebote für Eltern. Eine echte Wahl werden sie haben,

(Norbert Schmitt (SPD): Am 27. Januar haben wir eine echte Wahl!)

wenn tatsächlich alles so ausgebaut ist, dass jeder einen Platz findet, wenn er einen Platz haben will. Das treiben wir weiter voran.

(Michael Boddenberg (CDU), an die SPD gewandt: Was haben Sie gegen Tagesmütter? Das ist doch völlig in Ordnung! – Gegenrufe der Abg. Hildegard Pfaff und Petra Fuhrmann (SPD))

Soweit ich weiß, haben Sie doch selbst auch einmal eine Tagesmutter gehabt. – Frau Fuhrmann schreit bei diesem Thema doch schon wieder dazwischen. Wir wollen das Miteinander ausbauen und die Qualifizierung vorantreiben, aber vor allem die Gleichwertigkeit erreichen, damit Eltern Wahlangebote haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das Gleiche gilt übrigens für die Schulen. Auch dort werden wir die Betreuung und die Ganztagsschulen weiter ausbauen, aber selbstverständlich freiwillig für die Eltern, sodass Eltern ihre eigene Entscheidung treffen können.

(Zuruf der Abg. Heike Habermann (SPD))

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, dass die Debatte ein bisschen kurz gesprungen ist. Wir wollen Betreuungsplätze ausbauen. Aber – Frau Kollegin Henzler und Herr Kollege Reißer haben es angesprochen – in der gesamten Debatte geht es auch um die Frage, wie wir in Deutschland zu dem Leben mit Kindern stehen. Es geht auch darum, wie wir in der Diskussion mit Kindern umgehen. Vielleicht könnten wir uns darauf verständigen, dass wir nicht immer über die Probleme sprechen, sondern vielleicht auch darüber, dass Kinder ein Leben lang eine der schönsten Herausforderungen bedeuten. Das sollte der Gesellschaft wieder bewusst werden.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Dorothea Henz- ler (FDP))

Dazu gehört eben auch das, was Sie in den Debatten immer abqualifizieren und als unwichtig ansehen. Wir sehen das Thema Betreuung als wichtig an. Wir haben das Thema Elterngeld als ein wichtiges Thema gesehen. Aber dazu gehört eben auch, das richtige Klima zu schaffen. Sie tun die Familientage und das Thema „Familienfreundliche Kommunen“ ab.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Das tut kein Mensch! – Petra Fuhrmann (SPD): Was heißt hier „auch“?)

Zum Glück hatte auch Ihre damalige Bundesfamilienministerin Renate Schmidt erkannt, dass wir Bündnisse für Familien brauchen, dass wir in diesem Land neu darüber reden müssen, wie Kinder in einer Gesellschaft akzeptiert sind. Denn das ist die Frage.

(Norbert Schmitt (SPD): Wir wollen, dass jeder Tag Familientag ist! – Zurufe der Abg. Heike Habermann und Brigitte Hofmeyer (SPD))

Herr Schmitt, Sie setzen es aber nicht um. – Die Frage ist, wie Sie auf Themen aufmerksam machen. Sie machen sich darüber lustig, wenn wir über das Thema Kinderlärm reden und darüber, wo ein Kindergarten hinkommt. Aber sprechen Sie einmal mit Kommunalpolitikern vor Ort, welche Probleme es gibt, wenn es darum geht, wo sich Kinder aufhalten können, wer als Erstes dagegen klagt, wie familienfreundlich diese Gesellschaft ist und welches Bild wir davon haben, mit Kindern zu leben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf der Abg. Hildegard Pfaff (SPD))

Ich rate dringend, noch einmal in die Shell-Jugendstudie hineinzuschauen. Die Shell-Jugendstudie zeigt, und zwar sehr deutlich, dass sich junge Menschen einerseits wünschen, eine Familie zu haben, dass sie sagen, dass eine starke Familienorientierung das ist, was man für die Zukunft braucht, um glücklich leben zu können. Das gilt für immerhin 72 %, eine Steigerung um 2 Prozentpunkte gegenüber der letzten Studie. Gleichzeitig wünschen sich aber weniger junge Menschen selbst Kinder, obwohl sie eigentlich das Familienbild favorisieren. Gerade bei jungen Menschen hat der Wunsch nach eigenen Kindern abgenommen, bei jungen Männern im Übrigen noch mehr als bei jungen Frauen. 56 % der jungen Männer und, wenn ich es richtig im Kopf habe, ungefähr 69 % der jungen Frauen wünschen sich Kinder.

Dazu gehört, wie wir ein Leben mit Kindern wieder als attraktives Lebensmodell deutlich nach vorne stellen können. Dazu gehört, wie man das umsetzt und wie wir das an aktuellen Stellen sichtbar machen können, was Kinder für eine Gesellschaft bedeuten. Ich glaube, darauf sollten wir noch wesentlich mehr Gedanken verwenden, damit junge Menschen nicht nur sagen, dass sie in der Familie am glücklichsten leben können, sondern dass sie sich stärker das Modell „Leben mit Kindern“ wünschen.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sehr gut!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich wünsche mir sehr, dass wir auch in diese Debatte einsteigen, dass wir vor Ort schauen, was es bedeutet.

Es hat mich beängstigt, als mich eine Tagesmutter angeschrieben hat, die in einem Haus als Tagesmutter tätig ist, deren Nachbar geklagt hat und eine Mietminderung geltend gemacht hat, weil die Mutter Tagesmutter ist. Noch schlimmer wird es, wenn eine Mietminderung als berechtigt angesehen wird, weil jemand als Tagesmutter arbeitet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, es gehört mit dazu, an genau diesen gesellschaftlichen Veränderungen anzusetzen, wenn wir über die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und von einem Leben mit Kindern sprechen. Wir müssen genau das wieder an allen Stellen verankern, damit es eine Vorfahrt für Kinder gibt.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Liebe Frau Kollegin Schulz-Asche, ich würde mir wünschen, Sie hätten es nicht so gemeint, wie Sie es vorhin gesagt haben. Sie haben gesagt: Wenn Frauen aus dem Beruf aussteigen, sei das eine Dequalifizierung von Frauen. – Ich hoffe, Sie haben sich nur unglücklich ausgedrückt.