Protokoll der Sitzung vom 07.03.2007

Liebe Frau Kollegin Schulz-Asche, ich würde mir wünschen, Sie hätten es nicht so gemeint, wie Sie es vorhin gesagt haben. Sie haben gesagt: Wenn Frauen aus dem Beruf aussteigen, sei das eine Dequalifizierung von Frauen. – Ich hoffe, Sie haben sich nur unglücklich ausgedrückt.

(Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich will auch sehr deutlich machen: Wir wollen niemandem ein Modell vorschreiben. Wir wissen auch, dass junge Frauen, die z. B. als Ärztinnen tätig sind, schnell wieder in den Beruf zurückwollen, weil sie sonst häufig den Anschluss verpassen.

Natürlich müssen wir uns ehrlicherweise fragen, ob wir die von den jungen Leuten gewünschten Modelle alle möglich machen können. Die einen wollen nur für kurze Zeit aus dem Beruf aussteigen, andere länger, wieder andere wollen bereits nach kurzer Zeit zurück in den Beruf und die Nächsten erst später, dann aber nur in Teilzeit arbeiten. Das bleibt eine Herausforderung der Arbeitszeitgestaltung; das ist keine Frage. Aber, Frau Schulze-Asche,

ich verwahre mich vehement gegen Ihre Behauptung, dass Frauen, die bei den Kindern bleiben, sich dequalifizieren. Das Gegenteil ist der Fall: Wer Kinder erzieht und eine Familie managt, hat sich Zusatzqualifikationen erworben. So sehen wir das. So haben wir es in der hessischen Verwaltung umgesetzt, wenn es um Beförderungen geht – und es stünde Ihnen gut zu Gesicht, wenn Sie sich mit uns dafür einsetzten, dass dieses Denken auch in den Unternehmen Einzug halten würde.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Um vorzubeugen, falls Sie mich jetzt falsch verstehen wollen: Auch dort geht es uns nicht darum, wie lange jemand aussetzt. Das entscheidet er selbst. Aber wir sagen: Er hat dadurch eine zusätzliche Qualifikation. Ob das ein Mann oder eine Frau ist, das zählt als eigene Station und wird berücksichtigt. Das ist etwas, was wir in den Unternehmen noch viel, viel stärker verankern müssen,

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Richtig!)

dass es genauso wichtig ist, dass Frauen unterstützt werden, die wieder zurückkommen.

(Norbert Schmitt (SPD): Das sagen ausgerechnet Sie, die Mittel in der „Operation düstere Zukunft“ gekürzt haben! Das ist wirklich unglaublich!)

Sie wissen alle, dass wir bei dem Thema Berufsrückkehrerinnen schauen müssen, dass es diese klaren Brüche dort nicht mehr gibt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Frau Lautenschläger, ein Hinweis: Die Redezeit der Fraktionen ist abgelaufen.

Ich komme zum Ende. – Ich kann Ihnen anbieten: Arbeiten Sie mit uns in diesen Bereichen zusammen. Wir bauen aus. Wir handeln.

(Norbert Schmitt (SPD): Diese Sprüche!)

Wer zu spät kommt, der muss schauen, ob er überhaupt noch Konzepte zu bieten hat. Sehr geehrte Frau Ypsilanti, ich habe hier von Ihnen noch kein schlüssiges Konzept gehört.

(Hildegard Pfaff (SPD): Was ist Ihr Finanzierungskonzept? Dazu haben Sie nichts gesagt!)

Ich bin gespannt, wie Sie mit Herrn Steinbrück die Unternehmenssteuerreform neu verhandeln. Ich bin gespannt, wie Sie mit Herrn Beck neu darüber verhandeln, dass es in Zukunft doch wieder eine Kindergelderhöhung auch mit einer SPD geben soll.

(Zurufe der Abg. Petra Fuhrmann (SPD) und Michael Boddenberg (CDU))

Wir spielen Familien nicht gegeneinander aus, weder die mit schulpflichtigen Kindern noch die mit unter dreijährigen Kindern. Wir wollen, dass junge Menschen wieder Sicherheit empfinden, auch wirtschaftliche Sicherheit.

(Zuruf der Abg. Hildegard Pfaff (SPD))

Deswegen werden wir alles dafür tun, dass sich die Rahmenbedingungen in Deutschland verbessern, dass die Arbeitsplätze sicherer werden, dass wieder mehr Menschen in Arbeit kommen und dass auch das mit dazu beiträgt,

dass mehr Familien gegründet werden. Gleichzeitig werden wir in Hessen unsere Hausaufgaben machen und weiter auch Betreuungsplätze ausbauen, damit für Familien tatsächlich eine Wahlfreiheit besteht.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Frau Ministerin, vielen Dank. – Als Nächste hat Frau Fuhrmann das Wort. Frau Fuhrmann, die Redezeit beträgt fünf Minuten.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Debatte ist wirklich relativ unterirdisch. Zu dem, was Herr Reißer und Frau Lautenschläger ausgeführt haben, kann man an manchen Stellen sagen: willkommen in der Lebenswirklichkeit.

(Beifall bei der SPD – Zuruf der Nicola Beer (FDP))

Jetzt sind Sie endlich auch als Hessen-CDU auf dem Stand von Heiner Geißler im Jahr 1982 angekommen. Das ist ganz prima. Aber Sie ziehen keine Konsequenzen daraus. Da philosophiert die Frau Ministerin erneut über die Wahlfreiheit der Frauen und der Männer heutzutage. Gleichzeitig hat sie einen Bildungs- und Erziehungsplan eingeführt, der gut ist, für den aber keine Ressourcen vorhanden sind. Das BAMBINI-Programm finanziert sie auf Kosten der Kommunen. Gerade die Wiedereinstiegskurse hat sie – das muss ich Ihnen zum Thema Wahlfreiheit sagen – in der „Operation düstere Zukunft“ plattgemacht.

(Beifall bei der SPD – Axel Wintermeyer (CDU): Das stimmt doch gar nicht! – Michael Boddenberg (CDU): Sie wissen es doch besser!)

Gerade Sie müssen über Wahlfreiheit philosophieren. Sie wissen genauso gut wie wir, dass qualifizierte Frauen jedes Jahr, das sie aussteigen, auf den absteigenden Ast bringt. Das wissen auch die Arbeitgeber und die Familien. Sie wissen ganz genau, dass diese Wahlfreiheit in Wirklichkeit nicht besteht. Für die, die einen nicht ganz so qualifizierten Beruf ausgeübt haben, sind die Wiedereinstiegskurse von Ihnen gestrichen worden.

(Norbert Schmitt (SPD): Skandalös!)

Insofern ist es total verlogen, was Sie heute hier abgezogen haben.

(Beifall bei der SPD)

Ein weiterer Punkt: Chaos, Sprechblasen und Nebel. Frau Lautenschläger, wo ist denn Ihr Finanzierungskonzept? Sie kritisieren unseres. Das kann man tun. Konzepte sind dazu da, dass man sie auf den Tisch legt und diskutiert und dann jemand anderes ein besseres vorlegt.

(Ministerin Silke Lautenschläger: Wir setzen es schon längst um, Frau Fuhrmann!)

Frau Lautenschläger, wir warten darauf.

(Beifall bei der SPD – Norbert Schmitt (SPD): Wie immer – auch da Fehlanzeige!)

Wie immer – auch da Fehlanzeige, nicht nur keine Regierungserklärung in all den Jahren.

Meine Damen und Herren, noch einmal zum Thema Wahlfreiheit. Wer hat denn die Wahlfreiheit, eine Tagesmutter zu beschäftigen? Das sind die Gutverdienenden. Das sind die Mütter, die es anders überhaupt nicht hinbekommen, weil die Kindertagesstätten heutzutage mit ihren Öffnungszeiten noch immer nicht auf dem europäischen Standard angekommen sind. Für die Randzeiten sind daher Tagesmütter notwendig. In Frankreich ist das über die Mittagszeit üblich, weil es in der Ecole maternelle keine Mittagsbetreuung gibt. Die Kinder sind zwei Stunden bei einer Tagesmutter und anschließend wieder in der Einrichtung.

Sie reden von Wahlfreiheit. Wer kann sich denn 5 bis 6 å pro Stunde als Regelsatz für die Kinderbetreuung leisten? Natürlich: Ihre Klientel.

(Axel Wintermeyer (CDU): Sie treten doch für Mindestlohn ein!)

Lieber Herr Kollege, es sind doch mehrere Kinder. Was die Lebenswirklichkeit betrifft, haben Sie keine Ahnung.

(Beifall bei der SPD)

Um Sie aufzuklären: Das ist nicht der Stundenlohn einer Tagesmutter, sondern das, was die Eltern für ein Kind bei der Tagesmutter pro Stunde zahlen. In der Regel betreuen Tagesmütter durchaus mehr als ein Kind. Die Lebenswirklichkeit ist bei der CDU noch nicht ganz angekommen.

(Beifall bei der SPD)

Insofern ist das ein Thema für Besserverdienende oder für Randzeiten.

Meine Damen und Herren, ich möchte aber noch ein paar andere Dinge richtigstellen. Sie müssen sich einmal entscheiden, mit welchen Zahlen Sie operieren. Frau MüllerKlepper hat behauptet, Rot-Grün habe 1998 nicht 66, sondern 79 Millionen åausgegeben. Diesen Fehler akzeptieren wir. Sie haben offensichtlich noch ein bisschen mehr in den Topf hineingerechnet als wir.

(Ministerin Silke Lautenschläger: Das sind die Haushaltszahlen gewesen!)

Dann haben Frau Müller-Klepper und die Pressestelle des Hessischen Sozialministeriums behauptet, die CDU bringe im Rahmen des sogenannten BAMBINI-Programms 45 Millionen åfür die Förderung von Tagespflege-, Krippenplätzen und Plätzen in gemischten Gruppen auf. Meine Damen und Herren, Fakt ist: Von den 45 Millionen åstammen 35 Millionen åaus dem KFA und nur 10 Millionen åaus der Offensive für Kinderbetreuung.

(Beifall bei der SPD – Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört!)

Dritter Punkt. Frau Müller-Klepper und die Pressestelle des Hessischen Sozialministeriums behaupten, dass Hessen eine Betreuungsquote von 11,54 % für Kinder unter drei Jahren habe und damit an der Spitze der westdeutschen Flächenländer liege.